Abweichende persönliche Stellungnahme

des Abgeordneten Kogler

gemäß § 42 (5) GOG

zum Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäss § 32e (2) GOG zur Untersuchung der Gebarung des Bundeskanzler­amtes und der anderen Zentralstellen (Bundesministerien) seit 4. Februar 2000 hinsichtlich der Vollziehung aller dienst-, besoldungs- und pensions­rechtlichen Bestimmungen einschließlich des Ausschreibungsgesetzes 1989 insbesondere hinsichtlich der Personen im politischen Nahebereich (zB Ministerbüros) der Regierungsmitglieder


A. Einleitung

Am 9. März 2001 haben ein Viertel der Mitglieder des Nationalrats gemäß § 32e (2) GOG das Verlangen auf Prüfung der Gebarung des Bundeskanzleramtes und der anderen Zentralstellen (Bundesministerien) seit 4. Februar 2000 hinsichtlich der Vollziehung aller dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Bestimmungen einschließlich des Ausschreibungsgesetzes 1989 insbesondere hinsichtlich der Personen im politischen Nahebereich (zB Ministerbüros) der Regierungsmitglieder gestellt.

B. Beratungen und Beschlüsse des Ständigen Unterausschusses

Der Ständige Unterausschuss nahm seine Beratungen über den Prüfungsauftrag am 5. April 2001 auf.

Weitere Sitzungen fanden am 19. April, 21. Juni, 28. Juni, 27. September, 18. Oktober, 7. November sowie 4. Dezember 2001 statt.

In der Sitzung am 5. April wurde trotz des ausdrücklichen Ersuchens von SPÖ und Grünen, den Vorsitz im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses aus demokratiepolitischen Gründen einem Vertreter der Oppositionsfraktion zu überlassen, FPÖ-Abgeordneter Reinhart Gaugg mit den Stimmen der FPÖ- und ÖVP-Fraktionen zum Obmann gewählt.

Über die Vorlage von Unterlagen seitens der Ministerien konnte im Unterausschuss kein Einvernehmen erzielt werden. In der Sitzung am 21. Juni 2001 blieb ein Antrag des Abgeordneten Brix auf umfassende Beantwortung ausgewählter Fragenkomplexe durch die Ministerien in der Minderheit. Statt dessen wurden mit den Stimmen der Regierungsfraktionen beschlossen, alle Ministerien zu ersuchen, dem Unterausschuss bis längstens 25. Mai 2001 einen Erhebungsbericht zu übermitteln. Die Bundes­ministerien für Justiz, Wirtschaft und Arbeit sowie äussere Angelegenheiten übermittelten die jeweiligen Erhebungsberichte nicht fristgemäß.

Ebenso wenig wie über die Vorsitzführung konnte im Unterausschuss über die Ladung von Auskunfts­personen Einvernehmen erzielt werden.

In der Sitzung am 19. April blieb ein Antrag des Abgeordneten Brix in der Minderheit, die LeiterInnen der Büros sämtlicher Bundesminister sowie sämtlicher Staatssekretäre als Auskunftspersonen zu laden. Einstimmig beschlossen wurde hingegen die Ladung der LeiterInnen der Präsidialsektionen sämtlicher Bundesministerien und des Bundeskanzleramtes.

In der Sitzung am 21. April blieb ein Antrag des Abgeordneten Kräuter auf Ladung von Bundesminister Haupt, Bundesministerin Forstinger sowie Haupts ehemaliger Kabinettchefin Ute Fabel in der Minderheit. Ebenso ein Antrag des Abgeordneten Kogler auf Ladung von Bundesministerin Forstinger, Bundes­minister Haupt, Bundesminister Bartenstein, Bundesministerin Gehrer, Ute Fabel, Sektionschef Kellner (Rechnungshof) sowie jener Prüfungsleiter des Rechnungshofes, die jeweils die Ministerbüros für Wissenschaft und Verkehr (BMVA), Arbeit, Gesundheit und Soziales (BMAGS), wirtschaftliche Angelegenheiten (BMwA) sowie Unterricht und kulturelle Angelegenheiten (BMUK) der Regierung Klima einzelgeprüft haben.

Mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen wurde hingegen ein Antrag der Abgeordneten Trinkl und Trattner auf Ladung von Sektionschef Okresek (BKA-Verfassungsdienst), Sektionschef Kellner (Rech­nungshof), Staatssekretär Dr. Finz sowie Bundesminister Dr. Böhmdorfer angenommen. Der ursprünglich von den Abgeordneten Trinkl und Trattner gestellter Antrag auf Ladung von „einem Bundesminister bzw. Staatssekretär“ jeweils von ÖVP und FPÖ (neben Sektionschef Okresek und Sektionschef Kellner) wurde seitens der Antragssteller wegen mangelnder Konformität mit der Geschäftsordnung des Nationalrats nach längerer Beratung der Koalitionsfraktionen wieder zurückgezogen und durch den später beschlossenen Antrag ersetzt.

In der Sitzung am 28. Juni brachte der Abgeordneten Kräuter erneut einen Antrag auf Ladung der BundesministerInnen Haupt und Forstinger sowie Ute Fabel ein. Der Abgeordnete Kogler brachte einen Antrag gemäß § 18 GOG auf Anwesenheit der MinisterInnen Haupt und Forstinger bei der gegen­ständlichen Sitzung sowie einen weiteren Antrag auf Ladung von Ute Fabel ein. Nach Ablehnung des Kogler-Antrags gemäß § 18 GOG verließen die VertreterInnen von SPÖ und Grünen aus Protest den Unterausschuss. Die verbleibenden Fraktionen von FPÖ und ÖVP lehnten in der Folge mit ihren Stimmen auch die beiden weiteren genannten Anträge ab.

In der Sitzung am 27. September brachten die Abgeordneten Kräuter und Kogler erneut einen Antrag gemäß § 18 GOG auf Anwesenheit von Bundesministerin Forstinger bei der gegenständlichen Sitzung ein. Weiters brachten die beiden Abgeordneten einen weiteren Antrag auf Ladung der Bundesminister Haupt und Bartenstein zur nächsten Sitzung ein. Die Abgeordneten Trinkl und Trattner stellten ihrerseits den Antrag, für die gegenständliche Sitzung folgende Auskunftspersonen zu laden: Dr. Waltraud Kotschy (BKA), Sektionschef Kellner (RH), Staatssekretär Finz, Bundesminister Böhmdorfer, Sektionschef Niesner (BMaA), Sektionschef Bauer (BMsSG), Sektionschef Handler (BMWA), Sektionschef Harasek (BMLV), Sektionschef Mahringer (BMBWK) sowie Sektionschef Haslinger (BMF). Während die beiden Anträge der Abgeordneten Kräuter und Kogler in der Minderheit blieben, wurde der Antrag der Abgeordneten Trinkl und Trattner mit den Stimmen der FPÖ- und ÖVP-Fraktionen angenommen. Die VertreterInnen der SPÖ und der Grünen verliessen daraufhin aus Protest den Unterausschuss.

In der Sitzung am 18. Oktober beantragte der Abgeordnete Kräuter in zwei Anträgen einmal mehr die Anwesenheit von Bundesministerin Forstinger sowie Bundesminister Haupt bei der gegenständlichen Sitzung. In einem dritten Antrag verlangte der Abgeordnete Kräuter die Ladung von Bundesminister Bartenstein bei der Sitzung am 7. November. Die Abgeordneten Trinkl und Trattner beantragten einmal mehr die Ladung von Staatssekretär Finz, Bundesminister Böhmdorfer sowie weiterer Sektionschefs für die Sitzung am 7. November. Der Abgeordnete Kogler beantragte einmal mehr die Ladung der BundesministerInnen Forstinger und Haupt sowie Ute Fabel. Nachdem alle drei Anträge des Abge­ordneten Kräuter sowie der Antrag des Abgeordneten Kogler in der Minderheit blieben und lediglich der Antrag der Angeordneten Trinkl und Trattner eine Mehrheit fand, verließen die VertreterInnen von SPÖ und Grünen aus Protest den Unterausschuss.

Auch in der Sitzung am 7. November brachte der Abgeordnete Kogler vier Anträge ein, je einen auf Ladung von Bundesministerin Forstinger, Bundesminister Haupt, Bundesminister Bartenstein sowie Ute Fabel. Alle vier Anträge wurden erneut von den Fraktionen von FPÖ und ÖVP abgelehnt.

Insgesamt hat der Ständige Unterausschuss folgende Auskunftspersonen angehört:

BM Dr. Dieter Böhmdorfer

Staatssekretär Dr. Alfred Finz

MR Dr. Waltraud Kotschy (BKA)

Sektionschef Mag. Wilhelm Kellner (Rechnungshof)

Botschafter Dr. Peter Niesner (BMaA)

Sektionschef Dr. Werner Bauer (BMsSG)

Sektionschef Dr. Heinz Handler (BMWA)

OR Dr. Eduard Hauser (BMLV)

Sektionschef Dr. Peter Mahringer (BMBWK)

Sektionschef Dr. Kurt Haslinger (BMF)

Sektionschef Dr. Wolfgang Kellner (BMJ)

Sektionschef Mag. Emmerich Bachmayer (BMöLS)

Gen.Sekr. Dr. Friedrich Rödler (BMVIT)

Sektionschef Dr. Hans-Günther Gruber (BMLFUW)

Sektionschef Dr. Manfred Matzka (BKA)

Sektionschef Dr. Theo Thanner (BMI)

C. Verfahren des Ständigen Unterausschusses

Von Beginn des Unterausschusses bis nach der Sommerpause, also während der ersten vier Sitzungen des Unterausschusses, wurden keine Auskunftspersonen angehört. Insgesamt wurden lediglich an zwei Sitzungstagen – dem 27. September sowie dem 18. Oktober – Auskunftspersonen angehört.

Je acht Mal haben die Fraktionen von FPÖ und ÖVP Ladungen der BundesministerInnen Forstinger und Haupt, sechs Mal jene von Haupts ehemaliger Kabinettchefin Ute Fabel sowie vier Mal die Ladung von Bundesminister Bartenstein mit ihren Stimmen verhindert.

Die auf Antrag der Fraktionen von FPÖ und ÖVP übermittelten Erhebungsberichte der Ministerien erwiesen sich mangels Vergleichbarkeit und starker Differenzen hinsichtlich Umfang und Informations­gehalt als wenig brauchbar. Darüber hinaus übermittelten die Bundesministerien für Justiz, Wirtschaft und Arbeit sowie äußere Angelegenheiten die jeweiligen Erhebungsberichte nicht fristgemäß an den Unter­ausschuss.

D. Prüfung der Gebarung der Ministerien

Arbeitsleihverträge

In der Vergangenheit hat der Rechnungshof Arbeitsleihverträge wiederholt wegen verschiedener Pro­bleme kritisiert. Seiner Ansicht nach seien Leihverträge nur unter folgenden Voraussetzungen zu rechtfertigen:

„Sofern alle erforderlichen Voraussetzungen, wie zB Bindung einer entsprechenden Planstelle erfüllt wurden, erachtete der RH Arbeitsleihverträge allerdings nur dann für zulässig, wenn die Arbeitskräfte­überlassung

–   für einen begrenzten Zeitraum,

–   ohne unvertretbare Folgekosten und

–   beschränkt auf besondere fachliche Funktionen erfolgt.“ (Rechnungshof-Sonderbericht Ministerbüros, S 20).

In den Erhebungsberichten gaben die verschiedenen Ressorts an, zu den jeweiligen Stichtagen folgende Anzahl von Arbeitsleihverträgen abgeschlossen zu haben:

Bundeskanzleramt (inklusive Büro von Vizekanzlerin und Staatsekretariat):

Kabinett des Bundeskanzlers: Laut Erhebungsbericht waren zum Stichtag 1. Mai 2001 von den vier Arbeitsleihvertragsverhältnissen im Kabinett von Bundeskanzler Schüssel zwei mit „einer gesetzlichen Interessensvertretung, eines mit einer Nichtregierungsorganisation im Umweltbereich und eines mit einer Bank“ abgeschlossen.

Büro von Vizekanzlerin Riess-Passer: Im Büro der Vizekanzlerin gab es laut Bundeskanzleramt-Erhebungsbericht zum Stichtag 1. Mai 2001 vier Arbeitsleihverträge, zwei davon mit „der Parteiakademie einer politischen Partei, einer mit dem Bildungswerk einer freiwilligen Interessensvertretung und einer mit einer Personalbereitstellungsfirma“.

Im Büro von Staatssekretär Morak gab es laut Erhebungsbericht zum Stichtag 1. Mai 2001 zwei weitere Leihverträge, einer mit „einem Handelsunternehmen“, einer mit „dem Bildungswerk einer freiwilligen Interessensvertretung“.

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (BMaA):

Im Kabinett von Außenministerin Ferrero-Waldner gab es laut Erhebungsbericht zum Stichtag 1. Mai 2001 weder Sonder- noch Leihverträge.

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK):

Nach Auskunft des BMBWK waren zum Stichtag 1. Mai 2001 zwölf Personen im Kabinett der Bundesministerin tätig, neun davon in den vom Erhebungsbericht betroffenen Einstufungen. Zwei der neun Personen sind über Arbeitsleihverträge mit einem Verein und einer Gebietskörperschaft beschäftigt.

Bundesministerium für Finanzen (BMF):

Im Erhebungsbericht gibt das Bundesministerium für Finanzen den Stichtag 1. Mai 2001 sieben Arbeitsleihverträge (Stand 1. Mai 2001) im Ministerbüro an, ein weiterer sei bei Staatssekretär Finz angesiedelt.

Fünf der sieben vom BMF abgeschlossenen Leihverträge hätten das Arbeitskräfteüberlassungsunter­nehmen „Flexwork“, eine Tochter des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF) zum Ver­tragspartner, je einer sei mit dem Amt der Kärntner Landesregierung und der Technologie-Land Kärnten GmbH abgeschlossen.

Der Leihvertrag im Büro von Staatssekretär Finz soll ebenso mit Flexwork abgeschlossen worden sein.

Leihverträge für Sekretariat und Bürohilfskraft widersprechen Rechnungshof-Kriterien

Aus dem vom BMF übermittelten Erhebungsbericht geht ua. hervor, dass Bundesminister Grasser in seinem Kabinett auch zwei SekretariatsmitarbeiterInnen sowie eine Bürohilfskraft mittels Arbeitsleih­vertrag beschäftigt. Dies wiederspricht eindeutig den Kriterien des Rechnungshofes, unter welchen Bedingungen Arbeitsleihverträge zulässig sind (siehe oben).

Bundesministerium für Inneres (BMI):

Gegenüber dem Rechnungshof-Unterausschuss gibt Innenminister Strasser an, zwei seiner 15 Kabinetts­mitarbeiterInnen seien mit Stand 20. April 2001 über Leihverträge „mit unterschiedlichen Vertrags­partnern“ beschäftigt. Angaben über diese Vertragspartner wurden seitens des BMI nicht gemacht.

Bundesministerium für Justiz (BMJ):

Im Erhebungsbericht gibt Justizminister Böhmdorfer an, mit Stichtag 1. Mai 2001 in seinem Kabinett zwei Leih- und drei Sonderverträge abgeschlossen zu haben. Je ein Leih- und ein Sondervertrag würden sich jeweils auf eine Sekretariatskraft beziehen. Wie bei BM Grasser widerspricht diese Vorgangsweise auch bei BM Böhmdorfer den Kriterien des Rechnungshofes für den Abschluss von Leihverträgen.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW)

Der Bericht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) umfasst – den umfangreichen Anhang ausgenommen – lediglich vier Seiten. Im Erhebungs­bericht gibt das BMLFUW für den Stichtag 1. April 2001 für das „Ministerbüro, der direkt unterstellten Organisationseinheiten und der im Aktivstand befindliche Sektionsleiter“ vier Arbeitsleihverträge sowie zwei Sonderverträge an.

Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV):

Im Kabinett von Verteidigungsminister Scheibner bestünden laut Erhebungsbericht des BMLV keine Arbeitsleihverträge, jedoch wurde mit einem Mitarbeiter der Parlamentsdirektion ein Sondervertrag abgeschlossen.

Bundesministerium für öffentliche Leistungen und Sport (BMöLS):

Im gemeinsamen Büro der Vizekanzlerin und Bundesministerin für öffentliche Leistungen und Sport waren laut Erhebungsbericht des BMöLS zum Stichtag 1. Mai 2001 13 MitarbeiterInnen tätig, von denen vier über einen Arbeitsleihvertrag und zwei weitere mittels Sondervertrag beschäftigt sind.

Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMsSG):

Arbeitsleihverträge

Insgesamt gibt es im BMsSG laut Erhebungsbericht zum Stichtag 1. Mai 2001 elf Arbeitsleihverträge, sieben davon im Kabinett von Minister Haupt, vier weitere bei Staatssekretär Waneck. Angaben, mit welchen Organisationen diese Verträge abgeschlossen wurden, werden seitens des BMsSG nicht gemacht.

Die Causa Fabel

Die Problematik der Leihverträge wurde nicht zuletzt durch den Fall Ute Fabel, die ehemalige Kabinettchefin von Sozialminister Haupt, öffentlich erkennbar. Fabel, die wie sich später herausstellte, fälschlicherweise einen akademischen Grad angegeben hatte, war über einen zwischen dem Sozial­ministerium und dem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RFW) abgeschlossenen Arbeits­leihvertrag im Kabinett Haupt tätig. Beim RFW war Fabel jedoch nie beschäftigt. Gegenüber der Öffentlichkeit hat Fabel zusätzlich angegeben, kein Einzelfall gewesen zu sein. Auch sei es ihr freigestellt worden, beim RFW oder bei der Industriellenvereinigung angestellt zu werden.

Zu Fragen nach ihrem Einkommen als Kabinettchefin des Sozialministers hatte Fabel noch im Frühjahr dieses Jahres behauptet, rund 200 000 S monatlich bezogen zu haben. Im Herbst 2001 wurde im Rahmen eines Gerichtsverfahrens jedoch bekannt, dass ihre Einkünfte weit über dem genannten Betrag lagen. Nach eigenen Angaben will Fabel allein im Februar dieses Jahres 273 000 Schilling bezogen haben. An monatlichen Überstunden wurden von ihr monatlich bis zu 164 000 S verrechnet.

Hohe Überstundenabrechnungen im Büro von Staatssekretär Waneck

Aus dem Erhebungsbericht des BMsSG geht hervor, dass im Kalenderjahr 2000 „insgesamt 35 Mitar­beiterInnen der Zentralstelle des BMsSG mehr als 240 Überstunden finanziell abgegolten“ wurden. In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage gibt Sozialminister Haupt am 5. Juni 2001 an, dass „ein(e) ReferentIn des Büros des Herrn Staatssekretärs“ zum Stichtag 30. April 2001 monatlich durchschnittlich 146,12 Überstunden leiste und diese auch verrechne. Pro Jahr ergibt dies rund 1 753 Überstunden.

Sozialminister Haupt konnte in keiner Phase dieser Affäre von sich aus und rechtzeitig die entsprechen­den Zahlen und Daten dem parlamentarischen Gremien vorlegen. Dies ist ein besonderer Hinweis darauf, dass die interne Revision, speziell in diesem Ressort, entweder de facto gar nicht existiert, jedenfalls aber nicht funktioniert.

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT):

Arbeitsleihverträge

Von den 20 MitarbeiterInnen im Büro von Infrastrukturministerin Forstinger waren laut Erhebungsbericht des BMVIT zum Stichtag 30. April 2001 14 über einen Leihvertrag beschäftigt. Mit welchen Organi­sationen die Leihverträge abgeschlossen wurden, darüber gibt das BMVIT – im Erhebungsbericht – keine Auskunft.

Aus der Beantwortung parlamentarischer Anfragen geht jedoch hervor, dass es sich bei den Vertrags­partnern des BMVIT ua. um das Bildungswerk der Industrie (BWI), die FPÖ Steiermark sowie die Röhrig High Tech Plastics AG, ein Unternehmen des FPÖ-Förderers Hofmann handelt.

Generalsekretär Rödler wiederum gab in seiner Aussage am 18. Oktober an, dass im Kabinett von Bundesministerin Forstinger derzeit 14 MitarbeiterInnen tätig seien, von denen sieben über Leihverträge beschäftigt seien. Auskünfte über die verleihenden Organisationen blieb auch Rödler schuldig.

Einer der über einen Arbeitsleihvertrag im Ministerinnenbüro tätigen Mitarbeiter ist Forstingers Kabinett­chef Hans-Jürgen Miko. Er wird von der Firma „Flexwork“, einer Tochter des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF) an das BMVIT verliehen. Auch bezieht Miko das höchste Gehalt aller Kabinettchefs der FPÖ-ÖVP-Koalition und kann sich noch einer Reihe von Zusatzeinkünften aus seiner Tätigkeit in mehreren Aufsichtsräten erfreuen. Wie beim BMsSG im Fall Fabel ist auch bei Miko nicht ersichtlich, warum seitens des BMVIT das Instrument der Arbeitsleihe gewählt wurde.

Mehr als 11 000 Überstunden im Jahr 2000

Das BMVIT gibt im Erhebungsbericht an, dass für das Jahr 2000 durch 22 Mitarbeiter der gesamten Zentralleitung mehr als 240 Überstunden pro Kopf abgerechnet worden seien. Diese 22 Mitarbeiter hätten im Jahr 2000 insgesamt 11 411 Überstunden geleistet. Im Schnitt ergibt dies rund 519 Überstunden pro Mitarbeiter.

Hohe Personalfluktuation im Forstinger-Kabinett

Mangels Anwesenheit der Ministerin konnte der Unterausschuss die Gründe für den Abgang von nunmehr bereits 19 Forstinger-MitarbeiterInnen nicht klären. Ebenso wenig die Umstände der Einrichtung eines Generalsekretariats im BMVIT sowie die Vorgänge rund um die Besetzung dieses Postens und den letzt­lichen Verbleib des Generalsekretärs nach bereits angekündigtem Rückzug.

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA):

Grundsätzlich muss der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit mit 23. Mai datierte und am 28. Mai in der Parlamentsdirektion eingelangte, lediglich drei Seiten umfassende Erhebungsbericht für den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofes sowohl in der Form als auch bezüglich seines Inhalts als völlig unzureichend angesehen werden.

Arbeitsleihverträge

Im Erhebungsbericht gibt das BMWA an, dass mit Stichtag 1. Mai 2001 zehn der 15 MitarbeiterInnen des Kabinetts von Minister Bartenstein über Arbeitsleihverträge beschäftigt seien. Ein weiterer Mitarbeiter habe einen Sondervertrag. Zusätzlich seien im sieben Personen umfassenden Büro von Tourismus-Staatssekretärin Rossmann drei weitere Leih- und zwei Sonderverträge vorhanden. Mit welchen Institutionen die Leihverträge abgeschlossen wurden, darüber schweigt sich das BMWA in seinem Erhebungsbericht aus. Aus der Beantwortung parlamentarischer Anfragen geht aber hervor, dass die Arbeitsleihverträge ua. mit dem Bildungswerk der Industrie (BWI), der Wirtschaftskammer Österreich sowie der Wirtschaftskammer Niederösterreich abgeschlossen wurden.


BMWA-Sektionschef Dr. Heinz Handler erklärte am 27. September gegenüber dem Unterausschuss, dass in den Kabinetten von Wirtschaftsminister Bartenstein und Staatssekretärin Rossmann im Hinblick auf die ReferentInnen „die überwiegende Zahl über Arbeitsleihverträge angestellt“ sei. Diese Arbeitsleihverträge seien nicht einheitlich gestaltet, die Qualifikationen der über Leihverträge beschäftigten Personen werde üblicherweise nicht überprüft.

BM Bartenstein bereits in der Vergangenheit vom Rechnungshof kritisiert

BM Bartenstein wurde schon in seiner Funktion als Minister für Umwelt, Jugend und Familie der rot-schwarzen Koalition vom Rechnungshof in dessen Sonderbericht über die Ministerbüros wegen überzahlter Leih- und Sonderverträge sowie Problemen bei der Abrechnung von Spesen kritisiert. In einem Fall sprach der Rechnungshof sogar von einer „Umgehung besoldungsrechtlicher Vorschriften“.

E. Zusammenfassung und politische Bewertung

Die Weigerung der Koalitionsfraktionen, MinisterInnen als Auskunftspersonen zu laden, verhinderte die vollständige Untersuchung der Gebarung der Bundesministerien in wesentlichen Personalangelegen­heiten. Die politische Verantwortung war ohne Anwesenheit der jeweiligen MinisterInnen nicht zu klären.

Die von den Fraktionen von FPÖ und ÖVP gewählte Vorgangsweise, eine Ladung von MinisterInnen zu verhindern, hat dem Unterausschuss die Erfüllung seines Auftrags verunmöglicht. Eine derartige Vorgangsweise beschädigt das Ansehen des Parlaments und seiner eigens eingerichteten Kontrollgremien und dafür vorgesehenen Instrumente, wie den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses. Da es keineswegs Aufgabe einer Oppositionspartei ist, mittels Scheinverhandlungen zur Legitimation der Vorgänge in den MinisterInnenbüros der blau-schwarzen Koalition beizutragen, haben die Grünen wiederholt aus Protest gegen diese untragbare Vorgangsweise der Mehrheitsfraktionen die Sitzungen des Unterausschusses verlassen.

Die SPÖ-ÖVP-Koalition hatte nach Angaben des Rechnungshofes zum Stichtag 1. Oktober 1998 Leihverträge mit 53 MitarbeiterInnen der Ministerbüros. Anstatt die vom Rechnungshof wiederholt kritisierte Praxis der Arbeitsleihverträge nach Möglichkeit zu reduzieren, wurde diese von der blau-schwarzen Koalition offenbar sogar noch ausgeweitet. Da die Erhebungsberichte jedoch so gestaltet sind, dass sie sowohl hinsichtlich ihres Stichtages als auch ihres Inhaltes kaum miteinander vergleichbar sind, ist eine genaue Eruierung der Anzahl der Arbeitsleihverträge in den Kabinetten der blau-schwarzen Koalition auf Grundlage der von den Ministerien vorgelegten Unterlagen nicht möglich.

Der Fall der ehemaligen Kabinettchefin von Sozialminister Haupt, Ute Fabel, hat aber jedenfalls gezeigt, dass die Revisionsabteilungen der Ministerien derzeit nur eingeschränkt handlungsfähig sind.

Zentrale Fragen, wie etwa jene nach den Organisationen, mit denen die Ministerien der FPÖ-ÖVP-Koalition Arbeitsleihverträge abgeschlossen haben, wurden mit wenigen Ausnahmen in den Erhebungs­berichten nicht beantwortet und konnten auch im Zuge der Beratungen des Unterausschusses nicht geklärt werden. Damit bleiben nicht zuletzt Fragen nach etwaiger illegaler Parteienfinanzierung bzw. der Finanzierung von Vorfeldorganisationen politischer Parteien weiterhin offen.