956 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 7. 1. 2002

Bericht

des Ausschusses für Sportangelegenheiten


über den Antrag 335/A der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. 419/1996, sowie die Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 134/1999, geändert werden


Die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Arnold Grabner, Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Antrag am 30. November 2000 im Nationalrat eingebracht und wie folgt erläutert:

1. Allgemeines

Die Abgeordneten Dr. Kräuter, Grabner, Ing. Gartlehner haben sowohl in der XIX. als auch in der XX. Gesetzgebungsperiode diesbezügliche Anträge eingebracht, deren Beschlussfassung von Seiten der ÖVP verhindert wurde. Nunmehr wurde neuerlich in der XXI. Gesetzgebungsperiode der Antrag 134/A eingebracht, der die Öffnung von Forststraßen mit einer Mindestbreite von 1,5 m für Radfahrer vorsieht.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

Seit Entwicklung des Skilaufs ist das Radfahren mit Sicherheit die größte Sportbewegung Österreichs. Mindestens drei Millionen Österreicher benützen regelmäßig dieses Sportgerät. Mehr als 1 Million Radfahrer besitzt ein Mountainbike, wovon wiederum rund 50% dieses auch auf Forststraßen benützen wollen. Bei der derzeitigen Gesetzeslage ist die Benützung nur auf wenigen Strecken erlaubt – weit mehr als hunderttausend Kilometer an Forststraßen dürfen von Freizeitradlern nicht befahren werden.

Das de facto herrschende Mountainbikeverbot stellt aber auch die österreichische Tourismuswirtschaft vor ein ernstes Problem. Im Gegensatz zu Österreich ist die Benützung von Forststraßen nämlich in Bayern, der Schweiz, Südtirol, Italien, Frankreich und Liechtenstein grundsätzlich erlaubt. Da Österreich mit den genannten Ländern in einem touristischen Wettbewerb steht, soll dieser Nachteil beseitigt werden.

Der vorliegende Initiativantrag soll lediglich ermöglichen, dass sich das Parlament mit diesem Thema befasst. In den Ausschussberatungen wird nicht nur zu beraten sein, inwieweit das Befahren von Forststraßen mit Fahrrädern ermöglicht werden soll, sondern auch, welche begleitenden Maßnahmen insbesondere im Bereich des Zivilrechts notwendig sind, etwa betreffend die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB und eine allfällige Gefährdungshaftung von Mountainbikern gegenüber Fußgängern.

In einem Hearing am 31. Oktober 2000 wurde der Antrag 134/A umfassend besprochen, wobei die Mehrheit der geladenen Sachverständigen sich für eine Änderung der strikten Verbotssituation ausgesprochen hat.

Von Seiten der sozialdemokratischen Abgeordneten wurde für die nächste Sitzung des Sportausschusses im Dezember 2000 die Einbringung eines Antrages betreffend begleitende Maßnahmen zur Öffnung der Forststraßen angekündigt; diese Ankündigung wird mit dem gegenständlichen Antrag umgesetzt.

2. Zu den einzelnen Bestimmungen:

Änderung des Forstgesetzes

a) Grundbemerkung und § 33 Abs. 1

Die legistischen Vorschläge sollen für den Antrag der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Arnold Grabner, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen auf Änderung des § 33 Abs. 1 des Forstgesetzes ergänzende Begleitmaßnahmen darstellen. Der oberste Grundsatz bei der Erstellung dieser Vorschläge ist ihre rechtliche und politische Umsetzbarkeit. Es wurde vom Gedanken einer ,minimal invasiven Operation‘ in Bezug auf die Gesamtrechtsordnung ausgegangen.

b) Strafbestimmungen

Analog zur Änderung des § 33 Abs. 1 sollte auch der Straftatbestand in § 174 Abs. 1 lit. b Z 4 entsprechend erweitert werden, um eine verwaltungsstrafrechtliche Handhabe gegen das unbefugte Aussperren von Radfahrern zu haben. Durch eine Änderung der Forstlichen Kennzeichnungsverordnung (zuletzt geändert mit BGBI. II, Nr. 67/1997) könnte auch auf diesem Gebiet eine Anpassung durchgeführt werden. Sichergestellt sollte werden, dass die derzeit aufgestellten Fahrverbotstafeln mit den Zusatztafeln ,Gilt auch für Radfahrer‘ durch solche, die dem neuen § 33 Abs. 1 konform sind, ersetzt werden. Gedacht wäre etwa an eine Tafel ,Gilt nicht für Radfahrer‘ oder ,Ausgenommen: Radfahrer‘. Im Gesetzgebungs­prozess wäre abzuklären, ob dafür nicht eine zusätzliche Verordnungsgrundlage etwa in einem neuen § 33 Abs. 7 (,Wenn die Unzulässigkeit des Befahrens einer Forststraße gekennzeichnet wird, ist durch eine Zusatztafel auf die Ausnahme für Radfahrer hinzuweisen. Das Nähere bestimmt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung‘) zu schaffen wäre, da zweifelhaft ist, ob die derzeitige Verordnungsermächtigung des § 34 Abs. 10 das abdecken kann.

c) Allgemeine Haftungsbestimmungen

Es wäre verlockend, eine scheinbar ,glatte‘ Lösung zu wählen: Mountainbiking auf eigene Gefahr. Das hätte entweder durch eine Ausdehnung des allgemeinen Haftungsregimes des § 176 Abs. 1 (,hat selbst auf alle ihm durch den Wald, im Besonderen auch durch die Waldbewirtschaftung drohenden Gefahren zu achten‘) auf die Forststraßenbenützung erreicht werden können oder dadurch, dass man dem § 1319a ABGB einen weiteren Absatz angefügt hätte, der die Haftung aus dem Verschuldensgrund der groben Fahrlässigkeit auf Forststraßen ausgeschlossen hätte. Damit hätte man aber eine Ausnahme von der Wegehalterhaftung des § 1319a ABGB geschaffen, die nicht nur einen groben Eingriff in die Einheit der zivilrechtlichen Haftungsordnung gebracht hätte, sondern auch verfassungsrechtlich (bei einer Prüfung auf Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz) problematisch gewesen wäre. Ein mindestens ebenso gravierender Nachteil wäre gewesen, dass damit die Rechtsposition der Wanderer auf Forststraßen gegenüber der derzeitigen Rechtslage enorm verschlechtert worden wäre.

Es wurde daher eine Lösung gewählt, die der derzeitigen Rechtslage, wie sie auf Grund der Recht­sprechung des OGH besteht, denkbar nahe kommt und keinen gravierenden Eingriff in das bestehende Rechtssystem bewirkt. Der OGH hat in Auslegung des § 1319a Abs. 1 letzter Satz ABGB judiziert, dass zwar entsprechend dem Gesetzeswortlaut für den mangelhaften Zustand eines Weges nicht gehaftet werden muss, wenn der Schaden bei einer unerlaubten, besonders auch widmungswidrigen, Benützung des Weges entstanden ist, dass man sich aber dennoch dann auf den mangelhaften Zustand des Weges als Anspruchsgrundlage berufen kann, wenn der Schaden auch bei einer erlaubten, widmungsgemäßen Benützung entstanden wäre.

Der Kern der vorgeschlagenen Lösung ist, dass der Gefahr einer Erweiterung des Haftungsrisikos für Forststraßenerhalter durch die generelle Öffnung aller Forststraßen mit einer Mindestbreite von 1,5 m für Radfahrer nicht durch eine Änderung des Verschuldensgrades (auf bloße Vorsatzhaftung), sondern durch eine gesetzliche Festlegung des Haftungsumfanges begegnet wurde. Das bedeutet, dass Forststraßenerhalter ihre Straßen weiterhin nur in so einem Zustand halten müssten, dass Fußgänger nicht gefährdet werden. Eine darüber hinausgehende Pflicht, auch für die wesentlich schnelleren und möglicherweise unfallgefährdeteren Radfahrer Vorkehrungen bezüglich des Wegezustandes zu treffen, bestünde nicht.

Eine besondere Schwierigkeit, die sich heute im Gegensatz zu früheren legistischen Bemühungen in Sachen Radfahren auf Forststraßen stellt, ist, dass der Tatsache Rechnung getragen werden muss, dass zurzeit einige Forststraßen auf Grund einer rechtsgeschäftlichen Erklärung bereits für die Allgemeinheit freigegeben sind. Für die Benützung dieser Straßen wird (wenn auch zumeist noch nicht von den Radfahrern selbst) ein Entgelt geleistet. Unabhängig von der hier nicht zu klärenden Frage, ob allenfalls ein derartiger Vertrag zu Gunsten Dritter die strenge Vertragshaftung auslösen würde, wäre es ungerecht und wahrscheinlich auch gleichheitswidrig, hier den Forststraßenerhalter auch von der ohnehin relativ milden Wegehalterhaftung zu entbinden. Für ,Naturradwege‘ würde daher weiterhin § 1319a ABGB gelten. Dort (Abs. 2) ist ua. normiert, dass die Frage, ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist, sich danach richtet, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist.

Änderung der StVO

a) Geltungsbereich

Ähnliches gilt für die Neuregelung des StVO-Geltungsbereiches. Auch hier würden ,Naturradwege‘ von der ,Privilegierung‘ einer reduzierten StVO-Geltung ausgenommen. Für die auf Grund des Gesetzes freigegebenen Forststraßen ist eine ,Rumpf-StVO‘, die im Wesentlichen die allgemeinen Fahrregeln umfasst, ausreichend. Das hätte Vorteile für die Forststraßenerhalter (keine Anbringungs- und Kostentragungspflicht für Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs, keine Notwendigkeit einer straßenpolizeibehördlichen Bewilligung zur Benützung der Straße zu verkehrsfremden Zwecken, keine Kennzeichnungspflicht für Verkehrshindernisse, keine Möglichkeit zur Entfernung von Verkehrshindernissen durch die Straßenpolizeibehörde, keine Bewilligungspflicht für Arbeiten auf oder neben der Straße und keine Ausästungspflicht), aber auch für die Radfahrer, für die auch der VI. Abschnitt (Besondere Vorschriften für den Verkehr mit Fahrrädern und Motorfahrrädern) nicht gelten würde. Für das Mountainbiking auf ,Naturradwegen‘, wo ja die volle StVO gelten würde, wäre zu überlegen, ob nicht auch hier geringere Ausstattungserfordernisse für die Mountainbiker betreffend die Ausrüstung der Fahrräder vorgesehen werden könnten. Rechtstechnisch ließe sich das durch die Übernahme von Mountainbikes in die Rennfahrradverordnung erreichen.

Freilich wäre es auch denkbar gewesen, die Forststraßen generell von der StVO auszunehmen. Auf Grund der Anordnung der subsidiären Geltung durch den derzeitigen § 1 Abs. 2 wäre damit ein ähnliches Ergebnis erzielt worden. Diesen Straßen, auf denen unzweifelhaft ,öffentlicher (Fußgänger-)Verkehr‘ stattfindet, mit einem Federstrich willkürlich die StVO-Geltung abzuerkennen, wäre aber wohl ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Einheit der Rechtsordnung gewesen. Nur am Rande sei noch darauf hingewiesen, dass es ein umfassendes Problem der ,merkwürdigen‘ Geltung der StVO auf bestimmten Landflächen gibt: Kraft gesetzlicher Anordnung und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt die StVO derzeit auf Wegen innerhalb von Parkanlagen ebenso wie auf hochalpinen Wanderwegen. Es wäre unter Umständen zu überlegen, hier die Kluft zwischen der Rechtslage und der Vollziehbarkeit zu schließen.

b) Begriffsbestimmungen

Die Einführung des ,Naturradweges‘ in die StVO bietet die gesicherte rechtliche Basis für gekenn­zeichnete Mountainbikestrecken im Wald, wie sie zurzeit auf Grund von Vereinbarungen mit den Forststraßenerhaltern bereits bestehen. Überdies sollte es damit ermöglicht werden, dass auch landwirtschaftliche Güterwege in ähnlicher Weise zur Verfügung gestellt werden können. Für Naturrad­wege würde die StVO in vollem Umfang gelten. Eine Kennzeichnung von Mountainbikestrecken sollte aber nur durch ,neutrale‘ Tafeln oder Tafeln nach der Forstlichen Kennzeichnungsverordnung (BGBl Nr. 179/1976 idF 67/1997) erfolgen, nicht jedoch mit der StVO-Tafel ,Radweg‘, weil § 8 Abs. 4 StVO das Befahren von derart gekennzeichneten Wegen mit anderen Fahrzeugen verbietet (und damit der forstliche Bringungsverkehr rechtlich verunmöglicht würde). Auf anderen Privatwegen müsste auf den zulässig bleibenden Fahrzeugverkehr (zB zu Bewirtschaftungszwecken oder Hauszufahrt) vorsichtshalber ausdrücklich hingewiesen werden.

c) Fahrordnung auf Straßen mit besonderen Anlagen

Der neue Absatz 4a des § 8 StVO würde weitgehend wortgleich dem letzten Satz des § 68 Abs. 1 (Verhalten der Radfahrer) bzw. dem § 88a Abs. 3 (Rollschuhfahren) der StVO entnommen und soll für den Nutzungskonflikt mit Fußgängern durch eine klare Vorrangregelung für Wanderer Vorsorge treffen. Durch diese gesetzliche Regelung könnte wohl eine gegenseitige Beeinträchtigung der verschiedenen Gruppen von potentiellen Forststraßenbenützern vermieden werden, wodurch der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen würde, dass er das Ziel im Auge hat, den Erholungswert des Waldes insgesamt möglichst hoch zu halten. Dies würde auch der verfassungsgerichtlichen Judikatur zum Thema ,§ 33 Forstgesetz und verfassungsrechtlicher Gleichheitssatz‘ entgegenkommen.“

Der Ausschuss für Sportangelegenheiten hat den gegenständlichen Antrag in seinen Sitzungen am 25. Jänner und am 19. Dezember 2001 in Verhandlung genommen.

Als Berichterstatter im Ausschuss fungierte der Abgeordnete Dr. Günther Kräuter.

In der Sitzung am 25. Jänner 2001 wurde ein Unterausschuss zur Vorbehandlung des Antrages 134/A der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und des Antrages 335/A der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. 419/1996, sowie die Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 134/1999, geändert werden, eingesetzt.

Dieser Unterausschuss hat sich mit dem gegenständlichen Antrag in seinen Sitzungen am 15. März, am 6. Juni und am 19. Dezember 2001 befasst. In der Sitzung des Unterausschusses vom 19. Dezember 2001 wurden folgende Experten gehört: Jürgen Pail, Dr. Othmar Thann, Generalsekretär Dr. Peter Lebersorger, Dipl.-Ing. Peter Kapelari, Anton Pfeffer, Generalsekretär Dr. Christian Brawenz und Dipl.-Ing. Christian Hlavac.


An den Debatten im Unterausschuss beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Reinhold Lexer, Georg Schwarzenberger, Dieter Brosz, Ing. Kurt Scheuch, Arnold Grabner, Werner Miedl, Johannes Zweytick, Dr. Peter Wittmann, Jakob Pistotnig, Beate Schasching, Christian Faul und der Obmann des Unterausschusses Mag. Dr. Udo Grollitsch.

Nachdem im Unterausschuss kein Einvernehmen erzielt wurde, berichtete der Obmann des Unterausschusses Mag. Dr. Udo Grollitsch dem Ausschuss in seiner zweiten Sitzung vom 19. Dezember 2001 mündlich über das Ergebnis seiner Verhandlungen.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Antrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Sportangelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2001 12 19

                                 Reinhold Lexer                                                           Mag. Dr. Udo Grollitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann