Vorblatt


Probleme:

Das zweitinstanzliche Rechtsmittelverfahren für das vom Bund zu vollziehende Abgabenrecht und Finanzstrafrecht wird derzeit von den sieben Finanzlandesdirektionen wahrgenommen. Die Entscheidungen werden entweder in weisungsfreien Senaten oder durch weisungsgebundene Einzelbeamte getroffen, wobei die Zuordnung nur historisch erklärbar ist.

Ziele:

Errichtung einer unabhängigen Verwaltungsbehörde für die gesamten zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren für Steuerangelegenheiten, Zoll und Finanzstrafsachen. Damit können folgende Ziele erreicht werden:

      Erhöhung des Rechtsschutzstandards, der sowohl mit der Finanzgerichtsbarkeit in anderen EU-Staaten als auch mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Inland (UVS, UBAS) vergleichbar ist.

      Stärkung der Bürgerrechte (Unabhängigkeit der Rechtsmittelbehörde, faire und schnelle Verfahren vor unabhängigen Organen).

Lösungen:

Gesetzliche Regelung der Rahmenbedingungen für die Organisation der neu geschaffenen unabhängigen Verwaltungsbehörde „unabhängiger Finanzsenat“ und entsprechende Adaptierung der Bundesabgabenordnung, des Zollrechts-Durchführungsgesetzes und des Finanzstrafgesetzes.

Alternativen:

Beibehaltung des Status Quo einschließlich der möglicherweise verfassungswidrigen Unterscheidung zwischen Entscheidungen durch weisungsgebundene Einzelbeamte und weisungsfreie Senate.

EU-Konformität:

Die Regelungen des Entwurfes sind EU-konform.

Finanzielle Auswirkungen:

Allgemeines

Die Schaffung eines unabhängigen Finanzsenats erfolgt mit dem Anspruch, das gesamte zweitinstanzliche Rechtsmittelwesen der Steuer- und Zollverwaltung in einer eigenständigen Behörde zu konzentrieren. Der bisher in den Finanzlandesdirektionen in Mischverwendung mit dem Fachbereich wahrgenommene Rechtsmittelbereich wird aus den Finanzlandesdirektionen herausgelöst. Auf Grund der bestmöglichen Nutzung von Synergien zur Finanzverwaltung wird die Errichtung des unabhängigen Finanzsenats weitgehend kostenneutral erfolgen. Der Personalbedarf wird grundsätzlich aus dem Personalbestand der Finanzlandesdirektionen gedeckt. Die Infrastruktur des unabhängigen Finanzsenats sowie diverse Supportleistungen (zB Beschaffungswesen, EDV, Buchhaltung) werden im Hinblick auf Synergieeffekte ebenfalls von den Finanzlandesdirektionen zugekauft.

Personalaufwand

Der Bedarf der für die Rechtssprechung erforderlichen Mitarbeiter wurde auf Grund einer Personalbedarfsberechnung mit 236 Vollbeschäftigungsäquivalenten festgelegt und wird in der Anfangsphase aus dem Personalbestand der Finanzverwaltung aufgenommen. Der Personalaufwand der Finanzverwaltung sinkt um die vom unabhängigen Finanzsenat aufzunehmenden Mitarbeiter. Insgesamt entsteht dadurch lediglich eine geringe Erhöhung des Personalaufwandes, die aus einer Harmonisierung der Bewertung resultiert. Durch die Konzentration der Rechtsmittelbearbeitung (Trennung vom Fachbereich) und die steigende Eigenverantwortung (Ausbau der monokratischen Entscheidungsmöglichkeiten) ist mit einer Effizienzsteigerung zu rechnen.

Die Berechnung des Personalbedarfs für den unabhängigen Finanzsenat basiert auf den Kennzahlen des Rechtsmittelcontrolling sowie einer Erhebung der Erledigungszeiten für die einzelnen Rechtsmittelbereiche. Der konkrete Personalbedarf wurde im Rahmen einer Best-Practice-Auswertung ermittelt. Die Berechnungen erfolgten getrennt nach den Bereichen betriebliche Veranlagung (Umsatz-, Einkommen- und Körperschaftsteuer, Sonstige), Arbeitnehmerveranlagung, Arbeitgeber/Lohnsteuer, Gebühren, Einhebung, Einbringung, Finanzstrafsachen, Bewertung, Familienlastenausgleich, sonstige Steuerrechtsmittel und Zollrechtsbehelfe – und getrennt nach Finanzlandesdirektionen (Zoll-Regionen). Die Auswirkungen auf Grund der geplanten Änderungen im Verfahrensablauf (kontradiktorisches Verfahren, Antragsmöglichkeit auf Senatsentscheidung in bisherigen monokratischen Fällen usw.) wurden im Schätzungsweg berücksichtigt.


Sachaufwand

Die Unterbringung erfolgt an den bisherigen Standorten der sieben Finanzlandesdirektionen. Nach Maßgabe der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten wird eine räumliche Trennung von der übrigen Finanzverwaltung vorgenommen. Bauliche Maßnahmen werden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Sparsamkeit nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Die Bundesobjekte stehen im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft. Die Miet- und Betriebskosten sowie die Heizkosten werden im Verhältnis zur Gesamtnutzfläche anteilsmäßig vom unabhängigen Finanzsenat getragen.

Die Infrastruktur des unabhängigen Finanzsenats sowie diverse Supportleistungen (zB Beschaffungswesen, EDV, Buchhaltung) werden im Hinblick auf Synergieeffekte von den Finanzlandesdirektionen zugekauft. Sonstige Dienste wie Vermittlung, Reinigung, Postabfertigung verbleiben bei den Finanzlandesdirektionen und werden ebenfalls zugekauft. Das erforderliche Inventar wird im Wege des Sachgüteraustausches durch den unabhängigen Finanzsenat übernommen und von diesem verwaltet. Die den Außenstellen überlassenen Inventargegenstände sind von der Inventarverwaltung der jeweiligen Finanzlandesdirektion als Gegeninventar mit entsprechender Kennzeichnung weiterzuführen.


Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Ausgangslage:

Das zweitinstanzliche Rechtsmittelverfahren für das vom Bund zu vollziehende Abgabenrecht und Finanzstrafrecht wird derzeit von den sieben Finanzlandesdirektionen wahrgenommen. Die Entscheidungen werden entweder in Senaten (weisungsfrei) oder durch Einzelbeamte (weisungsgebunden) getroffen (Zuordnung nur historisch erklärbar).

Ausgangslage für das Reformvorhaben sind:

      Unterschiedliche Rechtsschutzstandards in Verwaltungsangelegenheiten im Inland;

      Unabhängige Rechtsmittelbehörden in der Mehrzahl der EU-Staaten;

      das Regierungsübereinkommen, das die Reform des Rechtsmittelverfahrens vorsieht (u.a. Verbesserung des Rechtsschutzes, verstärkte monokratische Entscheidungen);

      Keine sachgerechte Differenzierung zwischen monokratischen Entscheidungen und Senatsentscheidungen.

Ziel der Reform:

Errichtung einer unabhängigen Verwaltungsbehörde für die gesamten zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren (unabhängiger Finanzsenat mit Zuständigkeit für Berufungen in Abgabensachen, Beschwerden in Zollangelegenheiten und Rechtsmittel in Finanzstrafverfahren) mit folgenden Zielsetzungen:

      verstärkte Angleichung der Rechtschutzstandards an jene des unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) und der unabhängigen Verwaltungssenate der Länder (UVS),

         Insbesondere:

      keine Mischverwendungen (Fach- und Rechtsmittelagenden) der Mitglieder des unabhängigen Finanzsenats zB § 3 Abs. 2 UBASG,

      dienst- und besoldungsrechtliche Regelungen, um die erforderliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (insbesondere Enthebung durch Beschluss der Vollversammlung wie zB § 4 Abs. 3 UBASG, definitives, öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, wie zB § 13 UBASG, gesetzliche Sicherung der besoldungsrechtlichen Stellung der Mitglieder durch eigene Richtverwendungen wie zB beim unabhängigen Bundesasylsenat),

      verstärkte Angleichung der Rechtschutzstandards an die für civil rights maßgebenden Grundsätze des Art. 6 Abs. 1 MRK, obwohl nach herrschender Rechtsmeinung derzeit Abgabenangelegenheiten nicht als civil rights im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK qualifiziert werden,

      Erfüllung der Kriterien eines Gerichtes im Sinne des Art. 234 EGV (Vorabentscheidungen) bzw. im Sinne des Art. 47 Abs. 2 der (wenn auch rechtlich unverbindlichen) Charta der Grundrechte der Europäischen Union (wonach jede Person das Recht darauf hat, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird),

      Entlastung des VwGH und des VfGH,

      Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit im Sinne des Art. 126b Abs. 5 B-VG im abgabenbehördlichen Berufungsverfahren,

      keine (für Gerichtsverfahren typische) Zugangsbeschränkungen, wie insbesondere Gebührenpflicht, Kostenersatzregelungen für den Fall des „Nichtobsiegens“ oder anwaltlicher Vertretungszwang,

      Beibehaltung für das Verwaltungsverfahren typischer Rechtschutzinstrumente (zB Devolutions­antrag, Säumnisbeschwerde, VfGH-Beschwerde zur Anfechtung von Gesetzen und Verordnungen),

      Schaffung einer flexiblen Behördenorganisation und flexibler Abläufe, um unter Berücksichtigung der spezifischen Struktur des unabhängigen Finanzsenats den jeweiligen Erfordernissen einer effizienten und effektiven Verwaltungsführung entsprechen zu können.

      Zur Erledigung der Rechtsmittel 2. Instanz sind für den Geschäftsbereich Zoll (Bescheide der Zollämter) Berufungssenate in den Finanzlandesdirektionen und den Hauptzollämtern eingerichtet. Diese Berufungssenate enthalten bereits Elemente, die der Unabhängigkeit der Entscheidungen dienen. Dennoch gelten ebenfalls eine Reihe von in den anderen Geschäftsbereichen vorgebrachten Argumente zur Verbesserung der Ist-Situation, wie Effizienzsteigerung, Erhöhung der Rechtsschutzstandards, Erfüllung internationaler Rechtsschutzkriterien und die Verkürzung der Verfahrensdauer.

      Aus diesen und auch verwaltungsökonomischen Gründen sollte eine organisatorische Integration des gesamten zweitinstanzlichen Rechtsmittelwesens von Finanz- und Zollverwaltung erfolgen. Die entsprechenden geltenden Regelungen des Zollrechts-Durchführungsgesetzes werden so angepasst, dass einerseits der angestrebten organisatorischen Integration und weitestgehenden Verfahrensabstimmung zwischen den Geschäftsbereichen, andererseits den aus dem EG-Zollrecht und der speziellen Rechtsmaterie vorgegebenen Besonderheiten für die Abwicklung von Rechtsmittel entsprochen werden kann. Die vorgeschlagenen Änderungen des Zollrechts-Durchführungsgesetzes gliedern daher die derzeitigen Verfahrensabläufe im Geschäftsbereich Zoll, die sich in der Vergangenheit bewährt haben (kassatorische Entscheidungsmöglichkeiten, eigene Zollsenate wie bisher ohne Laienbeteiligung, die Entscheidung durch Senat oder Einzelbeamten, das kontradiktorische Verfahren) in die neue einheitliche Organisationsform ein.

Besonderer Teil

Zu Artikel I (Bundesgesetz über die Errichtung eines unabhängigen Finanzsenates – UFSG):

Zu § 1 (Einrichtung):

Die Geschäftsbereiche (Steuer, Zoll und Finanzstrafrecht) geben Auskunft über die sachliche Organisationsstruktur des unabhängigen Finanzsenates, treffen aber keine Aussage über seine sachliche Zuständigkeit und sind mit dieser auch nicht völlig deckungsgleich (zB Zoll – Außenhandels-, Marktordnungs- oder Altlastensanierungsangelegenheiten). Soweit es der Rechtsmittelanfall zulässt, sind für jeden Geschäftsbereich eigene Berufungssenate zu bilden.

Die in alphabetischer Reihenfolge genannten Außenstellen (Landessenate) legen eine dezentrale örtliche Organisationsstruktur des unabhängigen Finanzsenates fest. Durch sieben Standorte im Bundesgebiet wird das Interesse einer bürgernahen Verwaltung gewahrt und gleichzeitig eine den Sacherfordernissen angepasste Rechtsmittelerledigung ermöglicht.

Außerhalb des Sitzes gelegene Außenstellen stellen dislozierte Dienststellenteile des unabhängigen Finanzsenates dar. Der Standort Wien wird ebenfalls als Außenstelle (Landessenat) bezeichnet, um die einschlägigen Regelungen über die Außenstellenversammlung auch auf Wien anwenden zu können.

Zu § 2 (Aufgaben):

Die sachliche Zuständigkeit des unabhängigen Finanzsenates und das anzuwendende Verfahren sind in den jeweiligen materiellen und formellen Abgabengesetzen und dem Finanzstrafgesetz 1958 geregelt.

Zu § 3 (Zusammensetzung, Ernennung der Mitglieder):

In den Absätzen 1 bis 3 sind die Funktionsträger, eingeteilt in haupt- und nebenberufliche Mitglieder, taxativ aufgezählt. Die Voraussetzungen der Mitgliedschaft zum unabhängigen Finanzsenat sind für die hauptberuflichen Mitglieder im UFSG und für die nebenberuflichen Mitglieder, wegen Unterschieden in den drei Geschäftsbereichen, in der Bundesabgabenordnung und im Finanzstrafgesetz geregelt.

Begrifflich sind Präsident und Vorsitzende Funktionsbezeichnungen für hauptberufliche Mitglieder in bestimmten qualifizierten Verwendungen.

Die Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Ausübung des Rechtes zur Ernennung von Bundesbeamten in der Fassung vom 17. Jänner 1995, BGBl. 54/1995 (Delegierungsnorm), findet für die hauptberuflichen Mitglieder keine Anwendung; ihre Ernennung erfolgt unmittelbar durch den Bundespräsidenten (Art. 65 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 67 Abs. 1 B-VG). Die Bundesregierung hat für bestimmte Funktionsgruppen ihre Vorschlagsbefugnis mit Ministerratsbeschluss vom 30. Juli 1924 in der Fassung Punkt 34/3 vom 19. September 1995 auf den zuständigen Bundesminister übertragen.

Die im Abs. 7 und 8 genannten Voraussetzungen treten zu den allgemeinen und besonderen Ernennungserfordernisse des § 4 in Verbindung mit der Anlage 1 des BDG hinzu und nicht an deren Stelle. Die Ernennung der hauptberuflichen Mitglieder erfolgt daher entsprechend der Erfüllung dieser Ernennungserfordernisse auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A1 bzw. A oder auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A2 bzw. B. Die auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A2 bzw. B ernannten Beamten werden folglich dauernd auf einem einer höheren Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz verwendet (§ 20). Hierfür gebührt den Beamten eine Verwendungszulage bzw. höhere Funktionszulage. Es ist davon auszugehen, dass die Auswahl der Bewerber mit der Grundausbildung für den Gehobenen Finanzdienst oder Zolldienst eher die Ausnahme darstellen wird. Es ist aber aus Gründen der Gleichbehandlung mit außenstehenden Bewerbern, die über die Berufsbefugnis als Wirtschaftstreuhänder auch ohne einschlägiges Universitätsstudium verfügen, notwendig, auch Bewerbern aus dem öffentlichen Dienst ohne Universitätstudium, den Zugang zur Funktion eines hauptberuflichen Mitgliedes zu ermöglichen.

Zur weiteren Erhöhung der Objektivität bei der Ämtervergabe wird der Anwendungsbereich des Ausschreibungsgesetzes auf alle hauptberuflichen Mitglieder ausgedehnt. Die Ausschreibung des Präsidenten ist als § 3-Ausschreibung und die Ausschreibung der Vorsitzenden und der sonstigen hauptberuflichen Mitglieder als § 4-Ausschreibung zu qualifizieren.

Im Interesse einer künftigen ausgewogenen und unparteiischen Zusammensetzung des unabhängigen Finanzsenates scheint es erstrebenswert, dass in Zukunft ein Teil der Vorsitzenden und sonstigen hauptberuflichen Mitglieder als Quereinsteiger aus dem Stand der Wirtschaftstreuhänder kommt.

Zu § 4 (Angelobung):

Das Gelöbnis ist vergleichbar dem Amtseid bei anderen Verwaltungssenaten oder Gerichten. Es handelt sich um eine deklaratorische Erklärung zur Verfestigung einer unabhängigen Funktionsausübung. Die Angelobung von nebenberuflichen Mitgliedern des UFS kann vom Präsidenten gemäß § 10 Abs. 4 erster Satz delegiert werden, was sich in der Praxis als zweckmäßig erweisen wird.

Zu § 5 (Unvereinbarkeit):

Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem § 3 UBASG. Die §§ 17 bis 19 sowie 78a und 78b BDG 1979 über die Außerdienststellung und Dienstfreistellung für bestimmte politische Funktionen finden Anwendung. Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen sind dem Präsidenten zu melden. Die Unvereinbarkeit ist im Einzelfall von der Vollversammlung zu prüfen und gegebenenfalls ist von der Vollversammlung die Amtsenthebung zu beschließen.

Zu § 6 (Enden des Amtes):

Die Endigungsgründe einschließlich der Enthebungsgründe entsprechen jenen des § 4 Abs. 2 und 3 UBASG. Die Amtsenthebung führt zum Funktionsverlust, aber nicht automatisch auch zur Beendigung des aktiven bzw. öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Erst an die Amtsenthebung anknüpfend sind von der zuständigen Dienstbehörde die erforderlichen weiteren Dienstrechtsmaßnahmen vorzunehmen.

Zu § 7 (Vollversammlung):

Die Obliegenheiten und das Verfahren der Vollversammlung des unabhängigen Finanzsenates und der Vollversammlung des UBAS sind inhaltlich weitgehend identisch. Eine qualifizierte Mehrheit für Amtsenthebungen ist ist lediglich bei Amtsenthebungen mit Ausnahme des § 6 Abs. 3 Z 2 (schriftliches Ansuchen um Amtsenthebung) vorgesehen, um dem erhöhten Schutzbedürfnis des betroffenen Mitgliedes Rechnung zu tragen. Aus § 19 ergibt sich, dass für die Abstimmung in Disziplinarangelegenheiten – für die Vollversammlung oder für einen damit befassten Ausschuss – die Regelung des § 102 BDG 1979 im Sinne einer lex spezialis anzuwenden ist (Einstimmigkeit für Disziplinarstrafe der Entlassung).

Das Einberufungsrecht zu einer Vollversammlung hat der Präsident oder ein Drittel der Mitglieder der Vollversammlung. Die Durchführung der Einberufung obliegt dem Präsidenten.

Im Interesse einer effizienten und effektiven Aufgabenerledigung ist vorgesehen, dass Angelegenheiten von nicht grundsätzlicher Bedeutung, die nur eine Außenstelle des unabhängigen Finanzsenates betreffen, durch Versammlung der hauptberuflichen Mitglieder dieser Außenstelle (Außenstellenversammlung) behandelt und erledigt werden sollen. Beschlüsse der Vollversammlung dürfen dadurch aber nicht berührt werden.

Zu § 8 (Bildung von Ausschüssen):

Aus den vorgenannten Gründen und zur Sicherstellung administrierbarer Verfahren (beispielsweise im Falle komplexer Amtsenthebungen oder Disziplinarverfahren) ist erforderlich, dass die Vollversammlung Ausschüsse bildet und Aufgaben an diese überträgt. Die Vollversammlung kann einem Ausschuss bzw. den selben Mitgliedern eines Ausschusses auch mehrere Aufgaben übertragen (zB Ausschuss für Unvereinbarkeiten und Amtshebungen).

Die Wendung „ausgewogene Zusammensetzung“ im Abs. 3 zweiter Satz bedeutet unter anderem, dass im Fall der Bildung eines Ausschusses für nur eine Außenstelle bevorzugt Mitglieder dieser Außenstelle zu Ausschussmitgliedern bestellt werden. Die angesprochene Wendung bedeutet beispielsweise auch, dass in einem allenfalls zu bildenden Zollausschuss jene Mitglieder, die über eine einschlägige Zollausbildung verfügen, bevorzugt vertreten sind. Damit soll jenen Bediensteten einer Außenstelle bzw. eines Bereiches, die von der Arbeit eines Ausschusses wesentlich betroffen sind, genügend Mitsprache zur Wahrung ihrer Interessen zukommen.

Ausgenommen in Disziplinarangelegenheiten ist der Präsident Ausschussvorsitzender. Er kann an seiner Stelle im Einvernehmen mit der Vollversammlung für einen Ausschuss einer Außenstelle den Vorsitzenden eines Berufungssenates als Ausschussvorsitzenden bestellen.

Für jedes Ausschussmitglied – auch für den Ausschussvorsitzenden – sind in erforderlicher Anzahl und in festgelegter Reihenfolge Ersatzmitglieder (Ersatzvorsitzende) zu bestellen. Während der Personenkreis der Ausschussvorsitzenden gesetzlich festgelegt ist, können die Ersatzvorsitzenden uneingeschränkt aus dem Kreis der Mitglieder der Vollversammlung gewählt werden.

Die im § 7 Abs. 3 bis 7 geregelten Grundsätze der Geschäftsführung in der Vollversammlung gelten sinngemäß auch für die Geschäftsführung in den Ausschüssen. Mindesterfordernis für die Beschussfähigkeit eines Ausschusses ist die Anwesenheit des Vorsitzenden und zweier weiterer Mitglieder.

Zu § 9 (Beschlussfassung auf schriftlichem Wege):

Im Hinblick auf die bundesweite Zuständigkeit und die dezentrale Organisationsstruktur des unabhängigen Finanzsenates erfordert ein ökonomisches Verwaltungshandeln die Möglichkeit anlassgerechter Erledigungsformen. Dazu gehört, dass Abstimmungen auch im schriftlichen Wege oder im Wege automationsunterstützter Datenübertragung vorgenommen werden können, wenn kein sachliches Erfordernis für die Abhaltung von Sitzungen besteht. Ausdrücklich davon ausgeschlossen sind Amtsenthebungen nach § 6 Abs. 2 Z 1 und Z 5 und Disziplinarangelegenheiten.

Zu § 10 (Leitung):

Der unabhängige Finanzsenat wird vom Präsidenten geleitet. Alle Angelegenheiten des inneren Dienstes des unabhängigen Finanzsenates unterstehen dem Präsidenten. Der Präsident kann nach Abs. 2 und 4 Leitungsaufgaben nach den Erfordernissen des unabhängigen Finanzsenates, insb. im Hinblick auf seine dezentrale Organisationsstruktur, auf andere Mitglieder übertragen. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben, wie auch die Leitung der Außenstelle erfolgt im unmittelbaren Weisungszusammenhang mit dem Präsidenten. Damit sollten die aus der Zusammenfassung in eine Behörde resultierenden Synergien genutzt und Doppelgleisigkeiten verhindert werden können.

Neben der Leitung des inneren Dienstes obliegen dem Präsidenten auch grundsätzliche Verfahrensangelegenheiten, zB die Entscheidung über Ablehnungsanträge (§§ 265 Abs. 2 BAO) sowie die Entscheidung über Abberufungen und Ernennungen nach § 266 BAO.

Zu § 11 (Geschäftsverteilung):

Für die Erlassung der Geschäftsverteilung ist grundsätzlich die Vollversammlung zuständig. Die Vollversammlung kann diese Aufgabe auch an einen Ausschuss, den sie für diesen Zweck zu errichten hat (§ 8), übertragen. Die Wendung „grundsätzliche Regelung der Geschäftsverteilung“ im Abs. 3 bedeutet, dass die Vollversammlung die Verteilung auf die Außenstellen im Steuer- und Finanzstrafbereich vornimmt und die Geschäftsverteilung an den einzelnen Standorten in diesen Bereichen zweckmäßigerweise von den Außenstellenversammlungen getroffen werden. Für den Zollbereich werden nähere Regelungen durch einen sinnvollerweise zu bildenden Ausschuss getroffen werden, um die derzeit geltende Regionenaufteilung weiterhin aufrecht erhalten zu können. Die Vollversammlung könnte für eine standortspezifische Ausführungsregelung der Geschäftsverteilung auch Außenstellenausschüsse bilden. Die inhaltlichen Anforderungen an die Geschäftsverteilung des unabhängigen Finanzsenates sind in den Abgabenvorschriften und im Finanzstrafgesetz geregelt.

Zu § 12 (Geschäftsordnung):

Die näheren Regelungen über die Führung der Geschäfte des unabhängigen Finanzsenates werden von der Vollversammlung in der Geschäftsordnung festgelegt.

Zu § 13 (Tätigkeitsbericht):

Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem § 12 UBASG.

Zu den §§ 14 (Dienstbehörde) und 15 (Geschäftsapparat, Personal und Sachmittel):

Die Aufnahme des unabhängigen Finanzsenates in die Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 stellt unter anderem sicher, dass im Stellenplan ein eigener Planstellenbereich für den unabhängigen Finanzsenat ausgewiesen wird. Weiters knüpft sich an diese Bestimmung die Anwendung des Bundeshaushaltsgesetzes und der einschlägigen Verordnungen.

Der Präsident übt in erster Instanz die Diensthoheit über die dem unabhängigen Finanzsenat zur Dienstleistung zugewiesenen Bediensteten aus. Diese bestehen aus den hauptberuflichen Mitgliedern und dem sonstigen Personal.

Zu § 16 (Allgemeines):

Die dienst- und besoldungsrechtlichen Sonderbestimmungen im UFSG gelten nur für die hauptberuflichen Mitglieder. Nur für diese Bedienstetengruppe besteht das Erfordernis einer verstärkten Absicherung ihrer Rechtsstellung. Die Bestimmung orientiert sich an § 13 Abs. 1 bis 4 UBASG. Die Ernennung zum hauptberuflichen Mitglied setzt nicht die Überleitung von Beamten der Allgemeinen Verwaltung in die Besoldungsgruppe des Allgemeinen Verwaltungsdienstes voraus.

Das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung des Beamten gilt für die dauernde wie für die vorübergehende Änderung des Dienstortes (Versetzungen und Dienstzuteilungen).

Zu § 17 (Arbeitszeit, Dienstort):

Mit der Bestimmung wird die dienstrechtliche Grundlage für eine örtliche Flexibilisierung der Dienstverrichtung (für eine geeignete Form der Telearbeit einschließlich der Heimarbeit) geschaffen. Für diese Form der Dienstflexibilisierung, die mit der Dienstzeit in einem engen Zusammenhang steht, sind im Tätigkeitsbereich von Rechtsmittelbehörden bereits positive Vorerfahrungen und vergleichbare Regelungen im Landesdienst (zB § 17a Gesetz über den UVS im Land NÖ) vorhanden.

Die Einführung eines flexiblen Arbeitsmodelles ist nur zulässig, wenn für den Dienstgeber dadurch keine Nachteile entstehen (insbesondere Mehrkosten, Leistungsmängel). Die Kostenbeurteilung hat in einer Gesamtbetrachtung zu erfolgen, sodass durch zusätzliche Aufwendungen, wenn ihnen annähernd vergleichbare Ersparnisse oder andere vermögenswerte Vorteile gegenüberstehen, Telearbeit nicht ausgeschlossen ist.

Die Durchführung von Telearbeit erfolgt auf Basis eines Gestattungsverhältnisses. Kein Bediensteter hat einen Anspruch auf Gewährung oder Beibehaltung dieser Dienstverrichtungsform, ebenso kann sie nicht gegen seinen Willen aufgetragen oder fortgesetzt werden (Zustimmungserfordernis des Dienstnehmers).

Auf dem Grundgedanken des Vorteilsausgleiches beruht, dass der Bedienstete auf die Gewährung eines Kostenersatzes aus dem Titel der Telearbeit keinen Rechtsanspruch hat. Vorteilsausgleich bedeutet für den Dienstgeber, dass er in dem Umfang, in dem er einen Vorteil aus dieser Dienstverrichtungsform zieht, eine Entschädigung gewähren kann. Auf Seiten des Dienstnehmers sind ebenso allfällige Kosten den persönlichen Vorteilen gegenüberzustellen.

Auswärtige Dienstverrichtungen, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit „Telearbeit oder Heimarbeit“ stehen, zB Vornahme eines Augenscheines oder andere auswärtige Verfahrenshandlungen, sind von der Regelung nicht berührt.

Zu § 18 (Leistungsfeststellung):

Die Mitglieder der Leistungsfeststellungskommission sind in Ausübung ihres Amtes weisungsfrei (§ 88 Abs. 4 BDG). Gegen den Bescheid der Leistungsfeststellungskommission steht kein ordentliches Rechtsmittel zu (§ 87 Abs. 6 BDG). Da der unabhängige Finanzsenat auch Dienstbehörde ist, bedarf es Sonderregelungen wie im § 15 UBASG nicht.

Zu § 19 (Disziplinarverfahren):

Die Regelung ist an § 13 Abs. 6 des UBASG angelehnt. Der unabhängige Finanzsenat ist auch Dienstbehörde, weshalb die Bestimmungen über das abgekürzte Disziplinarverfahren (§§ 131, 132 BDG) anwendbar bleiben. Eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der Mitglieder ist damit nicht verbunden.

Die Vollversammlung oder ein von ihr bestellter Ausschuss tritt an die Stelle der Disziplinarkommission und des Disziplinarsenates im Sinne der §§ 98, 100 und 101 BDG. Die Anwendung des § 102 BDG wird durch die Sonderregelung des § 19 nicht ausgeschlossen.

Zu § 20 (Zuordnung der Funktionen):

Die Arbeitsplätze sind gemäß § 137 BDG 1979 zu bewerten. Durch die Aufnahme eigener Richtverwendungen für den Präsidenten und die sonstigen hauptberuflichen Mitglieder in den Richtverwendungskatalog der Anlage 1 des BDG 1979 wird die besoldungsrechtliche Stellung der Mitglieder gesetzlich abgesichert. Eine vergleichbare dienstrechtliche Regelung zur Untermauerung der Unabhängigkeit der Mitglieder des unabhängigen Finanzsenates wurde auch beim unabhängigen Bundesasylsenat vorgenommen.

Zu den §§ 21 bis 27:

Diese Paragrafen beinhalten Übergangs- und Schlussbestimmungen.

§ 21 soll für die Gründungsphase ermöglichen, dass Bedienstete der Verwendungsgruppen A1 bzw. A und A2 bzw. B, die schon bisher im zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren mit gleichen oder weitgehend identischen Aufgaben befasst waren, nach einem auf diesen Anlass zugeschnittenen und beschleunigten Auswahlverfahren, auf eine Funktion im unabhängigen Finanzsenat ernannt werden können. Bediensteten der Verwendungsgruppen A2 bzw. B steht in diesem Fall – ebenso wie bisher – für die Ausübung einer höherwertigen Funktion eine Verwendungszulage bzw. eine höhere Funktionszulage zu. Die Überleitung erfolgt mit Zustimmung der Bediensteten nach Maßgabe ihrer Eignung (Bestenprinzip) nach dem Urteil interner Expertenkommissionen, die für diesen Zweck gebildet werden.

Zu Artikel II (Bundesabgabenordnung):

Zu Z 1 (§ 25):

Der Angehörigenbegriff ist vor allem für die Befangenheit (§ 76 BAO, § 72 FinStrG) und für Aussageverweigerungsrechte (§ 171 BAO, § 104 FinStrG) bedeutsam. Der Normzweck derartiger Bestimmungen spricht für eine Erweiterung des Angehörigenbegriffes insbesondere auf Cousin/Cousine, Lebensgefährten und Geschiedene.

Die Einbeziehung von Verwandten vierten Grades in der Seitenlinie im § 25 Abs. 1 Z 2 BAO erfolgt weiters im Interesse einer Übereinstimmung mit § 7 Abs. 1 Z 1 AVG (Befangenheit) bzw. mit § 49 Abs. 1 Z 1 AVG (Verweigerung der Zeugenaussage) sowie mit § 72 Abs. 1 StGB und mit § 20 Z 2 JN.

§ 25 Abs. 1 Z 5 BAO ist nach dem Vorbild des § 72 Abs. 2 StGB formuliert. Eine Lebensgemeinschaft liegt auch bei zwei Personen gleichen Geschlechts vor (vgl. Jerabek, in Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 72 Tz 13).

Die Formulierung im § 25 Abs. 2 BAO erfolgt in Anlehnung an § 152 Abs. 1 Z 2 StPO und an § 321 Abs. 2 ZPO.

Zu Z 2 (§ 44):

Begünstigungsbescheide nach § 44 Abs. 2 BAO werden in der Praxis nicht von Amts wegen, sondern nur über (in der Regel als „Antrag“ bezeichnete) Anregung erlassen. Nicht zuletzt deshalb erscheint die Normierung einer Antragsgebundenheit zweckmäßig. Überdies stellt die Antragsgebundenheit sicher, dass auf eine (im Ermessen liegende) Maßnahme gemäß § 44 Abs. 2 BAO gerichtete Anbringen der Entscheidungspflicht unterliegen.

Die Änderung in der Zuständigkeitsbestimmung (im § 44 Abs. 2 letzter Satz BAO) erfolgt, weil nunmehr (vgl. § 243 BAO) auch Finanzlandesdirektionen in einigen Angelegenheiten Abgabenbehörden erster Instanz (in funktioneller Sicht) sind.

Zu Z 3 (§ 52):

Die Erwähnung des Bundesgesetzes über den unabhängigen Finanzsenat (UFSG) im § 52 BAO stellt sicher, dass der unabhängige Finanzsenat eine Abgabenbehörde im Sinn des § 49 BAO ist.

Zu Z 4 (§ 52a):

Ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit berührt nach § 75 BAO nicht die Zuständigkeit des Finanzamtes im Rechtsmittelverfahren, das den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb zweckmäßig, weil Zweifelsfragen bezüglich der örtlichen Zuständigkeit zur Erledigung einer Berufung vermieden werden und dem Berufungswerber die Möglichkeit genommen wird, während des Berufungsverfahrens (zB durch Wohnsitzwechsel) einen Übergang der Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz zur Berufungserledigung herbeizuführen. Diese Überlegungen gelten gleichermaßen, wenn sich nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die sachliche Zuständigkeit etwa als Folge des § 8 Abs. 2 AVOG oder der Organkreisverordnung (BGBl. II Nr. 458/1999) ändert.

Zu Z 5 (Überschrift vor § 53):

Die Änderung ist eine Folge des Entfalles des § 74 BAO und der Novellierung des § 75 BAO.

Zu Z 6 und 7 (§§ 74 und 75):

Der Entfall des § 74 BAO und die Neutextierung des § 75 BAO tragen dem Umstand Rechnung, dass die zweitinstanzliche Berufungserledigung und die Erledigung von Devolutionsanträgen nunmehr nur mehr einer Behörde, nämlich dem unabhängigen Finanzsenat obliegt.

Der unabhängige Finanzsenat hat (nach § 1 Abs. 3 UFSG) Außenstellen an den Sitzen der sieben Finanzlandesdirektionen. Dem Wesen einer Behörde entsprechend ist die Aufgabenverteilung innerhalb dieser Behörde und somit die örtliche „Zuständigkeit“ der Standorte nicht auf Gesetzesstufe zu regeln; sie wird sich aus der Geschäftsverteilung (§ 11 UFSG, § 270 BAO) ergeben. Nicht zuletzt im Interesse der Parteien wird sich die Geschäftsverteilung grundsätzlich am derzeitigen § 74 BAO bzw. § 85d Abs. 1 ZollR-DG zu orientieren haben.

Zu Z 8 (§ 76):

Für die Befangenheit von Organwaltern der Abgabenbehörden soll (nach dem Vorbild des § 7 Abs. 1 Z 3 AVG und des § 20 Z 4 JN) nicht mehr entscheidend sein, vor wieviel Jahren der Organwalter als Vertreter der Partei bestellt war.

Die zweite Erweiterung der „absoluten“ Befangenheitsgründe soll insbesondere verhindern, dass Organwalter, die den Inhalt des angefochtenen Bescheides durch Weisung beeinflusst haben, im Berufungsverfahren über die Richtigkeit dieser Weisung entscheiden.

Zu Z 9 (§ 78):

Die Änderung berücksichtigt, dass der Vorlageantrag nunmehr ein Legalbegriff ist sowie dass er im Abs. 2 (statt im Abs. 1) des § 276 BAO geregelt ist.

Zu Z 10 (§ 117):

Nach derzeitiger Rechtslage (§ 307 Abs. 2 BAO) besteht lediglich bei Wiederaufnahme des Verfahrens ein Schutz der Partei vor Verböserungen, die sich insbesondere aus Änderungen der Rechtsprechung ergeben könnten. Ein solcher Vertrauensschutz soll nicht nur bei Wiederaufnahme, sondern generell bei allen Abänderungen (zB gemäß § 295 BAO) und Aufhebungen (zB gemäß § 299 BAO) gelten. Dieses Vertrauen der Partei soll etwa auch im Zusammenhang mit Selbstberechnungen und mit der Einreichung von Abgabenerklärungen geschützt werden.

§ 117 BAO schützt das Vertrauen der Partei in Rechtsauslegungen der Höchstgerichte unabhängig davon, ob der Bescheid in der Begründung auf die Judikatur hinweist. Entscheidend ist, ob die dem erstmals beispielsweise über die Abgabe absprechenden Bescheid zugrunde gelegte Rechtsansicht im Ergebnis mit der (vor seiner Erlassung ergangenen) Rechtsprechung übereinstimmt; dies unabhängig davon, ob die Partei oder die Abgabenbehörde diese Judikatur kennen.

Das Abstellen auf die formale Bezeichnung als „Richtlinie“ vermeidet (im Unterschied zum derzeitigen § 307 Abs. 2 BAO) Zweifel, was ein allgemeiner Erlass ist (bzw. wann eine bloße Einzelerledigung vorliegt). Dies dient der Rechtssicherheit. Die Bezeichnung als „Richtlinie“ hat nichts mit dem Umfang des Erlasses zu tun. In Hinkunft werden somit auch Erlässe, die nur wenige Seiten umfassen, als Richtlinien zu bezeichnen sein.

Ebenso wie der bisherige § 307 Abs. 2 BAO normiert § 117 BAO keine Bindung an Judikatur oder an Erlässe. Lediglich „rückwirkende“ Konsequenzen aus (für die Partei nachteiligen) Änderungen der Judikatur oder als Richtlinien bezeichneter Erlässe werden vermieden.

§ 117 BAO ändert nichts am Grundsatz von Treu und Glauben im Zusammenhang mit (sich als unrichtig erweisenden) im Einzelfall erteilten Rechtsauskünften der zuständigen Abgabenbehörde.

Zu Z 11 (§ 148):

Die Ausstellung von Prüfungsaufträgen (im Sinn des § 148 BAO) durch die Rechtsmittelbehörde ist mit dem Wesen einer unabhängigen Verwaltungsbehörde, die keine Oberbehörde ist, nicht vereinbar. Siehe auch Erläuterungen zu § 279 BAO.

Zu Z 12 (§ 201):

Die Neufassung des § 201 BAO dient primär der Harmonisierung der Rechtswirkungen (insbesondere im Bereich des Rechtsschutzes) von Selbstberechnungen und von Veranlagungsbescheiden.

Erstmalige Festsetzungen von Selbstberechnungsabgaben (zB von Dienstgeberbeiträgen) sollen somit grundsätzlich nur innerhalb jener Fristen (und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen) zulässig sein, in denen bei Veranlagungsabgaben die Abgabenbescheide gemäß § 299 BAO aufhebbar sind bzw. Wiederaufnahmen der betreffenden Verfahren in Betracht kommen.

Maßnahmen nach § 299 BAO und nach § 303 Abs. 4 BAO liegen im Ermessen. In gleicher Weise sollen Festsetzungen gemäß § 201 BAO im Ermessen liegen. Bei der Ermessensübung werden jene Kriterien heranzuziehen sein, die bei der Ermessensübung für Aufhebungen nach § 299 BAO und für Verfügungen der Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidungsrelevant sind (zB Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, Treu und Glauben, Verwaltungsökonomie).

Die erstmalige Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben hat zwingend zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen einer beantragten Wiederaufnahme (abgesehen von einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren) vorliegen. Dies bewirkt einen Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage.

Ebenso soll (zur „Harmonisierung“ mit dem Berufungsrecht) die Festsetzung dann nicht (nur) im Ermessen liegen, wenn der Abgabepflichtige die Festsetzung innerhalb eines Monates ab Bekanntgabe der Selbstberechnung beantragt.

Die Normierung eines Antragsrechts in § 201 Abs. 1 BAO vermeidet Verschlechterungen der Rechtsposition des Abgabepflichtigen (vor allem hinsichtlich der Entscheidungspflicht), die sich ansonsten daraus ergeben könnten, dass nunmehr die Festsetzung der Selbstberechnungsabgaben grundsätzlich nicht mehr zwingend zu erfolgen hat (sondern im Ermessen liegt).

Die zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben derselben Abgabenart in einem Abgabenbescheid wird (im § 201 Abs. 4 BAO) auf Abgaben eingeschränkt, für die der Abgabenanspruch im selben Kalenderjahr entstanden ist. Dies soll ua. die automationsunterstützte Festsetzung von Säumniszuschlägen (zB bei Dienstgeberbeiträgen) erleichtern.

Die Neufassung des § 201 BAO lässt den Vorrang spezieller Bestimmungen anderer Abgabenvorschriften (wie zB § 21 Abs. 3 UStG 1994, § 5 Abs. 3 Elektrizitätsabgabegesetz) unberührt.

§ 201 BAO gilt dem § 202 BAO zufolge sinngemäß für Abgaben, bei denen die Selbstberechnung einem Haftungspflichtigen (zB dem Arbeitgeber für die Lohnsteuer) obliegt, somit auch für solche Abgaben betreffende, auf § 202 BAO gestützte Haftungsbescheide und „Gutschriftsbescheide“.

Zu Z 13 und 14 (§§ 212 und 212a):

Die nunmehrige Verwendung des Begriffes „Vorlageantrag“ im § 212 Abs. 4 BAO und in den Abs. 4 und 5 des § 212a BAO wird durch die entsprechende Änderung des § 276 BAO ermöglicht.

Die ausdrückliche Erwähnung des Basiszinssatzes im § 212 Abs. 2 BAO und im § 212a Abs. 9 BAO trägt dem Umstand Rechnung, dass durch § 1 des BG BGBl. I Nr. 125/1998 der Diskontsatz durch den Basiszinssatz ersetzt wurde.

Zu Z 15 (§ 214):

Die Neufassung des § 201 BAO bedingt die Zitierungsänderung im § 214 Abs. 2 BAO.

Zu Z 16 (§ 230):

Bei dieser Änderung handelt es sich lediglich um eine terminologische Anpassung an § 212 Abs. 1 BAO.

Zu Z 17 (§ 243):

Die Neufassung erweitert die Möglichkeit, Bescheide mit Berufung anzufechten, über die Abgabenbehörden erster Instanz (im organisatorischen Sinn) hinaus auch auf erstinstanzliche Bescheide der Finanzlandesdirektionen. Dies dient der Entlastung der Höchstgerichte. Es betrifft beispielsweise gemäß den §§ 44 Abs. 2 und 71 BAO, § 6a KStG 1988 und § 4 Abs. 4 Z 5 EStG 1988 ergehende Bescheide.

Zu Z 18 (§ 252):

§ 252 Abs. 4 BAO ist insbesondere deshalb entbehrlich, weil die Bindungswirkung an Entscheidungen in Grundlagenbescheiden die Wirksamkeit dieser Bescheide voraussetzt (vgl. zB Ritz, BAO-Kommentar, 2. Auflage, Wien 1999, § 252 Tz 14). Der Wegfall des § 252 Abs. 4 BAO ändert somit nichts daran, dass der etwa für Körperschaftsteuer in Anspruch genommene Haftungspflichtige in der Berufung gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch (§ 248 BAO) auch geltend machen kann, Entscheidungen im dem Körperschaftsteuerbescheid zu Grunde liegenden Feststellungsbescheid (§ 188 BAO) seien unzutreffend.

Zu Z 19 (§ 256):

Die Änderung im § 256 Abs. 1 BAO bewirkt eine Übereinstimmung mit § 115 Abs. 4 BAO und § 280 BAO.

Der unabhängige Finanzsenat ist keine Oberbehörde. Er kann daher keine auf Erledigung von Berufungen gerichteten Weisungen im Sinn des Art. 20 Abs. 1 B-VG erteilen; dies auch dann nicht, wenn er entgegen der Auffassung der Abgabenbehörde erster Instanz der Ansicht ist, eine Berufung sei zurückgenommen worden. Daher ist für Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3 BAO) nicht nur die Abgabenbehörde erster Instanz, sondern auch die Rechtsmittelbehörde sachlich zuständig.

Zu Z 20 (§ 258):

Die Neufassung des § 258 Abs. 2 lit. a BAO erfolgt wegen der Änderungen im § 288 BAO.

Zu Z 21 bis 29 (§§ 260 bis 269):

§ 260 BAO berührt die Zuständigkeiten des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen (zB nach § 31d Abs. 4 FLAG) zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Finanzlandesdirektionen nicht.

Über Berufungen entscheidet der gesamte Berufungssenat vor allem dann, wenn der Berufungswerber dies beantragt. In Anlehnung an den derzeitigen (den Antrag auf mündliche Verhandlung betreffenden) § 284 BAO ist ein solcher Antrag in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung zu stellen. Ein Rechtsanspruch auf Entscheidung durch die vier Mitglieder des Berufungssenates setzt somit einen rechtzeitigen diesbezüglichen Antrag voraus.

Der Ausschluss von Wirtschaftstreuhändern, Rechtsanwälten und Notaren aus den Berufungssenaten (im § 264 Abs. 2 BAO) erfolgt in Anlehnung an § 19 Z 5 (deutsche) FGO. Die weiteren Ausschlüsse folgen im Wesentlichen dem Vorbild des § 3 Abs. 1 UBASG.

§ 262 BAO entfällt, weil diese Bestimmung keine normative Bedeutung mehr hat.

Zu Z 30 (§ 270):

Geschäftsverteilungen sollen grundsätzlich in Anlehnung an den derzeitigen § 74 BAO erfolgen; sie können beispielsweise nach Abgabenarten, Bescheidarten oder nach Finanzämtern vorgenommen werden. Die Entscheidung über die Geschäftsverteilung obliegt grundsätzlich der Vollversammlung (§ 7 UFSG). Die Vollversammlung kann beschließen, dass die lediglich die Außenstellen betreffenden Teile der Geschäftsverteilung von einer Versammlung der dort tätigen hauptberuflichen Mitglieder zu erfolgen hat, sofern die Geschäftsordnung (§ 12 UFSG) derartige Versammlungen vorsieht. Die Vollversammlung kann die Entscheidung über die Geschäftsverteilung auch einem von ihr gewählten Ausschuss (vgl. § 8 UFSG) oder mehreren Ausschüssen (zB jeweils für zwei Außenstellen) übertragen.

Das Prinzip der festen Geschäftsverteilung gilt für den Senatsvorsitzenden, die beiden entsendeten Mitglieder und, sofern der Vorsitzende sich selbst zum Referenten bestimmt, für das zweite hauptberufliche Mitglied des unabhängigen Finanzsenates.

Zu Z 31 (§ 271):

Die Änderung der Verfassungsbestimmung erfolgt unter Berücksichtigung des UFSG.

Die Angelobung entsendeter Mitglieder ist im § 4 UFSG geregelt. Daher sind die bisherigen Bestimmungen über die Angelobung entbehrlich.

Zu Z 32 (§ 273):

Ebenso wie § 85 Abs. 2 BAO und wie die Neufassungen des § 256 Abs. 3 BAO und des § 275 BAO soll auch § 273 Abs. 1 BAO hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit „neutral“ textiert sein; für derartige Maßnahmen sind daher sowohl die Abgabenbehörden erster Instanz als auch die Abgabenbehörden zweiter Instanz sachlich zuständig. Dies macht auch die bisherige Regelung des § 278 BAO entbehrlich.

Die Änderung im § 273 Abs. 2 BAO erfolgt, weil die Unschädlichkeit einer unrichtigen Bezeichnung von Eingaben ein allgemeiner Grundsatz ist. Daher ist eine nur für Berufungen geltende Norm dieses Inhaltes ohne normative Bedeutung (vgl. zB Stoll, BAO-Kommentar, Wien 1994, 268 8) und somit entbehrlich.

Zu Z 33 (§ 274):

Die bisherige Regelung über die „Weitergeltung“ von Berufungen betraf nur vorläufige Bescheide nach § 200 Abs. 1 zweiter Satz BAO, endgültige Bescheide nach § 200 Abs. 2 BAO sowie ändernde Bescheide (insbesondere solche gemäß § 295 BAO), nicht jedoch etwa neue Sachentscheidungen (im Sinn des § 307 Abs. 1 BAO) bei Wiederaufnahme des Verfahrens. Durch die Verfügung der Wiederaufnahme wurde die gegen den früheren (durch die Wiederaufnahme aufgehobenen) Bescheid geri chtete Berufung unzulässig. Dies erwies sich für Abgabepflichtige, die in Unkenntnis dieser Rechtslage den neuen Bescheid nicht mit Berufung anfochten, als nachteilig. Rechtspolitisch ist daher eine Regelung vorzuziehen, wonach auch in einem solchen Fall (und in ähnlichen Fällen) die Berufung als auch gegen den neuen Bescheid gerichtet gilt.

Weiters wird auch hinsichtlich Gegenstandsloserklärung der Anwendungsbereich des § 274 BAO erweitert.

Zu Z 34 (§ 275):

Die Änderung dient der Klarstellung. Entgegen dem bisherigen Wortlaut hat die herrschende Auffassung (vgl. zB VwGH 22. 10. 1997, 93/13/0081) nicht nur die Abgabenbehörde erster Instanz, sondern auch die Abgabenbehörde zweiter Instanz als zur Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen und von Zurücknahmebescheiden zuständig erachtet.

Zu Z 35 (§ 276):

Der in der Praxis übliche Begriff des Vorlageantrages soll (nach dem Vorbild etwa des § 66a Abs. 2 AVG) als Legalbegriff verwendbar sein.

Der neue letzte Satz des § 276 Abs. 4 BAO erweitert den Anwendungsbereich des § 245 Abs. 1 zweiter Satz BAO (Ankündigung einer separaten Begründung), des § 245 Abs. 2 BAO (Antrag auf Mitteilung der ganz oder teilweise fehlenden Begründung) und des § 255 BAO (Rechtsmittelverzicht).

Als Folge der sinngemäßen Anwendbarkeit des § 273 Abs. 1 BAO obliegt die Zurückweisung von unzulässigen oder verspäteten Vorlageanträgen sowohl der Abgabenbehörde erster Instanz als auch der Abgabenbehörde zweiter Instanz. Letzteres ist vor allem deshalb erforderlich, weil dem unabhängigen Finanzsenat kein Weisungsrecht zukommt.

Im Mehrparteienverfahren (zB bei Berufungen gegen gemäß § 188 BAO erlassene Feststellungsbescheide) ist es Sache der Parteien, einander über von ihnen vorgenommene Prozesshandlungen zu verständigen. Der bisherige vierte Satz des § 276 Abs. 1 BAO, der für eine seltene Konstellation eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorsah, ist daher entbehrlich (zumal an die Nichtbeachtung keine verfahrensrechtlichen Konsequenzen geknüpft waren).

Die in der Praxis bewährten, der Beschleunigung der Berufungserledigung dienenden Bestimmungen über die Erlassung zweiter Berufungsvorentscheidungen bleiben unverändert.

Unverändert bleibt auch der Grundsatz, dass Berufungsvorentscheidungen nur zulässig sind, wenn keine Formalentscheidungen (zB Zurückweisungen nach § 273 BAO) zu erfolgen haben, sowie die Art der Entscheidungsbefugnis (nur reformatorische Entscheidung).

Der dritte Satz des § 276 Abs. 6 BAO stellt klar, dass die Berufungsvorlage die sachliche Zuständigkeit des Finanzamtes zur Erlassung von Berufungsvorentscheidungen nicht berührt. Ebenso verliert die Abgabenbehörde erster Instanz durch die Berufungsvorlage nicht ihre Zuständigkeit zur Erlassung von Zurückweisungsbescheiden (§ 273 BAO), Zurücknahmebescheiden (§ 85 Abs. 2 BAO und § 275 BAO), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3 BAO und § 274 BAO) sowie von Aussetzungsbescheiden gemäß § 281 BAO.

Die Verständigungspflicht des letzten Satzes des § 276 Abs. 6 BAO betrifft beispielsweise nachträglich erlassene Grundlagenbescheide und den Widerruf einer Vollmacht.

Das rechtspolitische Ziel eines kontradiktorischen (zweitinstanzlichen) Berufungsverfahrens erfordert die Normierung der Parteistellung jener Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Parteirechte dieser „Organpartei“ („Amtspartei“) ergeben sich etwa aus den §§ 83 Abs. 1, 90, 115 Abs. 2, 183 Abs. 4, 278 Abs. 1, 284 Abs. 4, 285 Abs. 2 zweiter Satz und 285 Abs. 6 erster Satz BAO. Siehe ergänzend § 292 BAO (Amtsbeschwerderecht an VwGH).

Die Organpartei ist keine „Partei (§ 78)“. Der die Parteistellung ausschließende Klammerausdruck ist zB in den §§ 278 Abs. 2 und 281 BAO vorgesehen.

Zu Z 36 (§ 277):

Ein gemeinsames Verfahren etwa dann, wenn ein Bescheid von mehreren Berufungswerbern angefochten ist, setzt voraus, dass nicht zum Teil durch den Referenten (namens des Berufungssenates) und zum Teil durch den gesamten Berufungssenat zu entscheiden ist.

Zu Z 37 (§ 278):

Zu den Grundsätzen eines fairen Verfahrens im Sinn des Art. 6 Abs. 1 MRK gehört ua. die Möglichkeit der Ablehnung von Mitgliedern des Tribunals. Daher wird das Recht, Mitglieder der Berufungssenate wegen Vorliegens von Befangenheitsgründen (§ 76 Abs. 1 BAO) abzulehnen, im § 278 BAO vorgesehen. Nach dem Vorbild des § 73 FinStrG wird ein solches Ablehnungsrecht auch der Abgabenbehörde erster Instanz eingeräumt.

Das nunmehr im § 278 Abs. 2 BAO vorgesehene Ablehnungsrecht wegen Wettbewerbsgefährdung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 283 Abs. 4 BAO.

Die Entscheidung über den Ablehnungsantrag ist eine verfahrensleitende Verfügung im Sinn des § 94 BAO. Der betreffende Bescheid ist daher nicht abgesondert anfechtbar.

Zum Entfall des bisherigen § 278 BAO siehe die Erläuterungen zu § 273 BAO.

Zu Z 38 (§ 279):

Die Änderung in § 279 Abs. 2 BAO stellt sicher, dass nicht nur die Behörde, deren Bescheid mit Berufung angefochten ist, sondern auch eine andere Abgabenbehörde erster Instanz mit Ermittlungen beauftragt werden darf. Dies betrifft etwa die Vornahme eines Augenscheins (§ 182 BAO), der im Allgemeinen vom „ortsnächsten“ Finanzamt vorzunehmen sein wird.

Solche Ermittlungsaufträge sind unabhängig davon zu befolgen, ob einem auf Art. 22 B-VG gestützten Amtshilfeersuchen entsprochen werden müsste (somit unabhängig von einer Prüfung der Erforderlichkeit, Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit). Ein solcher Auftrag könnte auch die Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung umfassen (vgl. auch die Erläuterungen zu § 148 BAO).

Oberbehördliche Weisungen (zB einer Finanzlandesdirektion) auf Nichtbefolgung solcher Aufträge des unabhängigen Finanzsenates wären unzulässig (weil ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Rechtsmittelbehörde).

§ 279 Abs. 3 BAO (Ladung zu Erörterungstermin) lehnt sich an das Vorbild des § 79 Abs. 1 Z 1 FGO an. Ein Rechtsanspruch auf Ladung bzw. auf Durchführung einer solchen „Erörterung“ besteht nicht. Die Ladung ist keine (erzwingbare) Vorladung im Sinn des § 91 BAO.

Zweck eines „Erörterungstermines“ könnte etwa die Erörterung von erforderlichen Beweisaufnahmen oder die Beibringung von Beweismitteln sein; hiedurch könnte auch eine Entlastung einer mündlichen Berufungsverhandlung erfolgen. Eine „Streitbeilegung“ könnte beispielsweise durch Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens, durch Aufhebung gemäß § 299 BAO oder durch Zurücknahme der Berufung oder des Vorlageantrages erfolgen. In Betracht könnte auch eine Einschränkung des Berufungsbegehrens in Verbindung mit der Zustimmung zur Erlassung einer zweiten Berufungsvorentscheidung kommen. § 279 Abs. 3 BAO ist keine Rechtsgrundlage für rechtsverbindliche Zusagen (zB des Finanzamtes oder des Zollamtes), für Verzichte des Abgabengläubigers auf Abgabenansprüche oder für öffentlichrechtliche Verträge („Vergleiche“).

Zu Z 39 (§ 281):

Die Änderung des § 281 BAO, wonach nicht nur die Abgabenbehörden zweiter Instanz, sondern auch die Abgabenbehörden erster Instanz Aussetzungen verfügen können, erfolgt aus verwaltungsökonomischen Überlegungen.

Nach dem Vorbild des § 216 Abs. 3 der Wiener Abgabenordnung wird der Partei das Recht eingeräumt, durch Antrag auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens die Wirksamkeit von Aussetzungsbescheiden der Abgabenbehörde erster Instanz zu beenden.

Zu Z 40 (§ 282):

§ 282 Abs. 1 BAO bestimmt, in welchen Fällen die Erledigung von Berufungen nicht durch den Referenten, sondern durch die vier Mitglieder des Berufungssenates zu erfolgen hat.

Verlangen des Referenten nach § 282 Abs. 1 Z 2 BAO liegen im Ermessen. Das Vorliegen der besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art und der grundsätzlichen Bedeutung sind nach dem Vorbild des § 6 Abs. 1 FGO als Voraussetzung für solche Verlangen gefordert. Eine Verbindung im Sinn des vorletzten Satzes des § 282 Abs. 1 BAO kommt etwa im Interesse der im § 307 Abs. 1 BAO vorgesehenen Verbindung zweier Bescheide in Betracht.

§ 282 Abs. 2 BAO regelt für Fälle, in denen die Entscheidung grundsätzlich dem gesamten Berufungssenat obliegt, wer zunächst für Amtshandlungen insbesondere im Ermittlungsverfahren zuständig ist.

Das Ermittlungsverfahren obliegt (zunächst) dem Referenten, somit dem hauptberuflichen Mitglied des unabhängigen Finanzsenates, dem die Erledigung der Berufung zugeteilt wurde. Dies gilt auch für die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2 BAO und § 275 BAO) und für Aussetzungen der Entscheidung über die Berufung gemäß § 281 BAO.

Die genannten Rechte stehen „zunächst“ dem Referenten zu; dies berührt die Zuständigkeit des gesamten Berufungssenates selbst zur Fällung derartiger Entscheidungen nicht. Gegen solche Bescheide des Referenten besteht kein Rechtszug an den gesamten Berufungssenat.

Zu Z 41 bis 43 (§§ 283 bis 285):

Die Änderungen in den §§ 283 bis 285 BAO sind zum Teil lediglich terminologischer Art. Das bisher im § 283 Abs. 4 BAO vorgesehene Ablehnungsrecht wegen Wettbewerbsgefährdung ist nunmehr im § 278 BAO geregelt.

Mündliche Berufungsverhandlungen können auch dann stattfinden, wenn die Entscheidung über die Berufung dem Referenten namens des Berufungssenates obliegt. Nach dem Vorbild des § 127 Abs. 3 FinStrG sind solche Verhandlungen nicht öffentlich (dies ergibt sich aus der Nichtnennung des § 285 Abs. 3 BAO im § 284 Abs. 5 BAO).

Aus verwaltungsökonomischen Überlegungen wird (im § 284 Abs. 3 BAO) in Anlehnung an den (für unabhängige Verwaltungssenate geltenden) § 67d Abs. 4 AVG geregelt, bei Vorliegen welcher Voraussetzungen eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben darf. Ein solches Unterbleiben wäre etwa zweckmäßig, wenn in der Berufung lediglich die Verfassungskonformität einer einfachgesetzlichen Bestimmung bestritten wird.

Das rechtspolitische Ziel, den Kriterien des Art. 6 Abs. 1 MRK weitgehend zu entsprechen, erfordert die grundsätzliche Öffentlichkeit mündlicher Berufungsverhandlungen. Die Ausschlussgründe (§ 285 Abs. 3 BAO) sind ähnlich wie im § 127 Abs. 2 FinStrG bzw. in Anlehnung an den letzten Satz des Art. 6 Abs. 1 MRK geregelt.

Das rechtspolitische Ziel des kontradiktorischen Verfahrens bedingt insbesondere das Recht der Teilnahme der Abgabenbehörde erster Instanz an mündlichen Berufungsverhandlungen. Von der Normierung einer (sanktionslosen) Pflicht zur Teilnahme wird Abstand genommen. Dennoch wird de facto die Teilnahme obligatorisch sein, um den angefochtenen Bescheid zu „verteidigen“. Welcher Organwalter der Abgabenbehörde erster Instanz als Vertreter auftritt, ist eine innerorganisatorische (nicht in der BAO zu regelnde) Angelegenheit. Die Abgabenbehörde erster Instanz kann sich auch durch eine andere Person (zB durch einen Bediensteten der Finanzlandesdirektion) vertreten lassen.

Das grundsätzliche Verbot des Zutritts bewaffneter Personen (§ 285 Abs. 4 BAO) entspricht im Wesentlichen § 171 ZPO und § 228 Abs. 1 StPO.

§ 285 Abs. 5 erster Satz BAO entspricht im Wesentlichen § 228 Abs. 4 StPO sowie der für Gerichte und unabhängige Verwaltungssenate geltenden Rechtslage des § 22 Mediengesetz. Zusätzlich erscheint ein grundsätzliches Verbot von Tonaufnahmen zweckmäßig.

Das im § 285 Abs. 6 BAO statuierte Recht des Berufungswerbers, Fragen etwa an Zeugen zu stellen, gehört zu den Grundsätzen eines fairen Verfahrens im Sinn des Art. 6 Abs. 1 MRK (vgl. zB EGMR 19. 12. 1990, Nr. 26/1989/186/246, Delta gegen Frankreich). Dieses Recht steht auch der Abgabenbehörde erster Instanz zu.

§ 285 Abs. 7 BAO entspricht dem derzeitigen § 285 Abs. 3 BAO (abgesehen von der dortigen Normierung der Nichtöffentlichkeit der Verhandlung).

Zu Z 44 (§ 286):

Die Beratung und Abstimmung des (derzeitigen) Berufungssenats hat nach der Rechtsprechung (zB VwGH 15. 1. 1997, 94/13/0002) stets den gesamten Spruch der Berufungsentscheidung zu umfassen. Dies bedingt bei zeitaufwendigen (hinsichtlich der Berechnungsmethode unstrittigen) Abgabenberechnungen, die wegen Abweichung auf Grund des Abstimmungsergebnisses im Berufungssenat vom vorbereiteten Erledigungsentwurf notwendig sind, unter Umständen eine Vertagung der Verhandlung. Dies verzögert die Berufungserledigung und führt zu einem Mehraufwand.

Daher erscheint es zweckmäßig, dem Berufungssenat das Recht einzuräumen, seine Entscheidung ausnahmsweise auf die Kernentscheidungen (zB 20% statt 25% Privatanteil bei 300 Gesellschaftern einer KG) zu beschränken, wenn die genaue Ermittlung der Bemessungsgrundlagen bzw. der Höhe der Abgabe zeitaufwendig (jedoch die Methode der Berechnung nicht strittig) ist. Diesfalls ist die genaue Berechnung vor der schriftlichen Ausfertigung der Berufungsentscheidung unter der Verantwortung des Vorsitzenden durchzuführen (und in der Ausfertigung einzuarbeiten). Dies dient der Verwaltungsökonomie, ohne Rechtsschutzinteressen des Berufungswerbers zu beeinträchtigen.

Zu Z 45 und 46 (§§ 287 und 288):

Die Änderungen sind zum Teil bloß terminologische bzw. Folgen des Umstandes, dass der Berufungssenat nur mehr aus vier Mitgliedern besteht. Letzteres erfordert eine Regelung darüber, was bei Stimmengleichheit geschieht; diesfalls gibt nach § 287 Abs. 2 zweiter Satz BAO die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Die bisher nur für Berufungsentscheidungen (somit für meritorische Erledigungen) geltenden (zum Teil über die Anforderungen der §§ 93 und 96 BAO hinausgehenden) Inhaltserfordernisse sind auch für Formalerledigungen (zB Zurückweisungen) von Berufungen zweckmäßig.

Zu Z 47 (§ 289):

Der unabhängige Finanzsenat ist (nach § 1 Abs. 1 UFSG) zwar eine Verwaltungsbehörde, jedoch keine Oberbehörde. Daher hat er kein Weisungsrecht (im Sinn des Art. 20 Abs. 1 B‑VG) gegenüber der Abgabenbehörde erster Instanz. Der zweite Satz des § 289 Abs. 1 BAO (Weisung auf Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) hat somit zu entfallen.

Sofern kein Zurückweisungsgrund (§ 273 BAO) vorliegt und weder ein Zurücknahmebescheid gemäß § 85 Abs. 2 BAO oder § 275 BAO zu erlassen ist noch eine Gegenstandsloserklärung gemäß § 256 Abs. 3 BAO oder § 274 BAO zu erfolgen hat, ist grundsätzlich reformatorisch („in der Sache selbst“) zu entscheiden. Dieser Grundsatz soll weiter gelten.

Sind Ermittlungen zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes erforderlich, deren Durchführung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz unzweckmäßig erscheint (und wären Aufträge gemäß § 279 Abs. 2 BAO oder Amtshilfeersuchen nicht zweckdienlich), so wird der Rechtsmittelbehörde die Möglichkeit kassatorischer (zurückverweisender) Erledigungen eingeräumt. Diese Art der Erledigung von Berufungen liegt im Ermessen (§ 20 BAO) der Behörde. Der Aufhebungsbescheid ist bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts anfechtbar.

Die Bindung an die für die Aufhebung maßgebliche Rechtsansicht wird in Anlehnung etwa an § 161 Abs. 4 FinStrG bzw. an die diesbezügliche Rechtsprechung ausdrücklich (im vorletzten Satz des § 289 Abs. 1 BAO) geregelt.

Die im § 289 Abs. 3 BAO geregelte Bindung an die für meritorische Berufungserledigungen (= Beru­fungsentscheidungen) maßgebliche Rechtsanschauung erfolgt im Interesse des Gleichklanges mit dem neuen § 289 Abs. 1 vorletzter Satz BAO.

Zu Z 48 (§ 290):

Die Ergänzung stellt den Vorrang der „Bindungsnorm“ (§ 289 Abs. 3 BAO) auch im Anwendungsbereich des § 290 Abs. 2 BAO (Wirkung einer Berufungsentscheidung bei der Berufung des Haftungspflichtigen gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch auch gegenüber dem Primärschuldner) sicher.

Zu Z 49 (§ 291):

Die Möglichkeit des Bundesministers für Finanzen, an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates (nach § 22 VwGG) in ein Beschwerdeverfahren einzutreten, ist mit einer Unabhängigkeit dieser Behörde unvereinbar.

Zu Z 50 (§ 292):

An Stelle des Präsidenten der Finanzlandesdirektion wird nunmehr (wegen des rechtspolitischen Zieles eines kontradiktorischen Berufungsverfahrens) der Abgabenbehörde erster Instanz das Recht zur Erhebung einer Beschwerde beim VwGH eingeräumt. Ebenso wie die derzeitige Präsidentenbeschwerde kann auch diese Amtsbeschwerde den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften beim VwGH anfechten.

Es wird Sache der Oberbehörden sein, dafür Sorge zu tragen, dass derartige Amtsbeschwerden eher selten (im Wesentlichen nur bei Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung) eingebracht werden. Eine Mehrbelastung des VwGH im Vergleich zur derzeitigen – dieses Instrument nur sehr sparsam einsetzenden – Verwaltungspraxis bei Präsidentenbeschwerden soll keinesfalls eintreten.

Die dem § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG materiell derogierende Fristenregelung des § 292 dritter Satz BAO erscheint unzweckmäßig. Die Frist für die Amtsbeschwerde richtet sich somit nach § 26 Abs. 1 Z 4 VwGG. Dies stellt sicher, dass die Abgabenbehörde erster Instanz vom Beginn des Fristenlaufes Kenntnis erlangt bzw. dass die Beschwerdefrist nicht vor einer solchen Kenntnis ablaufen kann.

Zu Z 51 bis 54 (§§ 293 bis 294):

Nach dem Vorbild des § 293b BAO wird in den §§ 293 und 293a BAO ein Antragsrecht vorgesehen. Diese Anträge unterliegen der Entscheidungspflicht (§ 311 Abs. 1 BAO).

Bei Übergang der örtlichen Zuständigkeit (§ 73 BAO) war zweifelhaft, ob auch die Zuständigkeit für auf die §§ 293, 293a und 294 BAO gestützte Maßnahmen übergegangen ist. Der Wortlaut dieser drei Bestimmungen sprach dagegen. Eine solche Rechtslage war nicht zweckmäßig. Daher werden diese Bestimmungen entsprechend abgeändert (zB Wegfall des Wortes „ihrem“ im § 293 BAO).

Auf § 293b BAO gestützte Berichtigungen von Bescheiden, die vom gesamten Berufungssenat erlassen wurden, dürfen nur durch den Senat erfolgen. Dies ist auch für Berichtigungen gemäß § 293 BAO rechtspolitisch geboten. Daher entfällt der bisherige Abs. 2 des § 293 BAO; siehe auch § 282 Abs. 3 BAO.

Zu Z 55 bis 57 (§§ 299 bis 301):

Die Neufassung des § 299 BAO dient insbesondere der Verwaltungsökonomie. Aufhebungen durch Finanzämter erfordern einen geringeren Verwaltungsaufwand als solche durch Finanzlandesdirektionen oder durch das BMF. Daher wird die sachliche Zuständigkeit für derartige Maßnahmen den Abgabenbehörden erster Instanz übertragen. Dies berührt das Weisungsrecht (Art. 20 Abs. 1 B-VG) der genannten Oberbehörden nicht.

Insbesondere das rechtspolitische Ziel einer verstärkten Angleichung der Rechtsschutzstandards an die für civil rights maßgebenden Grundsätze des Art. 6 Abs. 1 MRK erfordert, dass Entscheidungen der Berufungsbehörde nicht durch eine Verwaltungsbehörde aufgehoben werden können. Auch aus diesem Grund werden Bescheide der Abgabenbehörden zweiter Instanz durch die Neufassung des § 299 BAO von seinem Anwendungsbereich ausgenommen.

Die für Aufhebungen grundsätzlich maßgebliche Frist wird auf 1 Jahr ab Bekanntgabe (insbesondere ab Zustellung) des Bescheides (bisher: 1 Jahr ab Rechtskraft im formellen Sinn) verkürzt. Die Aufhebungstatbestände werden verringert. Aufhebungen nach § 299 BAO können nur mehr wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes erfolgen, somit beispielsweise nicht mehr lediglich wegen Verletzungen der Begründungspflicht (des § 93 Abs. 3 lit. a BAO) oder wegen Unzuständigkeit einer Abgabenbehörde. Das Berufungsrecht der Partei etwa wegen Unzuständigkeit eines Finanzamtes wird durch die Änderungen der Aufhebungstatbestände in keiner Weise berührt.

Aufhebungen nach § 299 BAO sind (im Unterschied zur bisherigen Rechtslage) keine Maßnahmen der Dienstaufsicht, auf die wesensmäßíg kein Rechtsanspruch bestehen kann. Dieser Umstand sowie das Ziel der Übereinstimmung mit den §§ 201, 293, 293a und 293b BAO sprechen dafür, auch für auf § 299 BAO gestützte Maßnahmen ein Antragsrecht der Partei vorzusehen.

Während nach derzeitiger Rechtslage Aufhebungsbescheide nur mit Beschwerde beim VfGH und VwGH angefochten werden können, sind solche Bescheide durch die Änderung des § 299 BAO mit Berufung anfechtbar. Dies dient auch der Entlastung der Höchstgerichte.

Die Pflicht zur Verbindung des aufhebenden Bescheides mit dem den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid folgt dem für Wiederaufnahmen geltenden § 307 Abs. 1 BAO. Der neue § 299 Abs. 3 BAO entspricht § 307 Abs. 3 BAO.

Klaglosstellungen (§ 300 BAO) durch Aufhebungen mit VwGH- oder VfGH-Beschwerde angefochtener Bescheide durch die belangte Behörde sollen wie bisher nicht nur wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sondern auch wegen aller (bisher im Abs. 1 des § 299 BAO erwähnten) Rechtswidrigkeiten (zB wegen Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften) möglich sein. Dies dient der Entlastung der Höchstgerichte. Im Unterschied zum Berufungsverfahren sind im Beschwerdeverfahren der Gerichtshöfe Verletzungen von Verfahrensvorschriften nicht sanierbar.

Die für Aufhebungen gemäß den §§ 299 und 300 BAO maßgeblichen Fristen sind im § 302 BAO geregelt.

Zu Z 58 (§ 302):

Anstelle der Aufzählung „Maßnahmen gemäß den §§ 293, 293a, 293b, 294, 295, 298 und 299 Abs. 4“ treten die Worte „Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen“. Die Aufzählung war nämlich unvollständig; es fehlte die Erwähnung beispielsweise der §§ 200 Abs. 2, 212 Abs. 2, 212a Abs. 9 und 214 Abs. 5 BAO.

Ungeachtet des Wegfalles des § 299 Abs. 4 BAO sind wie bisher Aufhebungen von Bescheiden, die im Widerspruch mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen (insbesondere mit Doppelbesteuerungsabkommen) – allerdings nur mehr wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes – stehen, abweichend von sonstigen auf § 299 BAO gestützten Aufhebungen, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig.

Die Neufassung des § 302 Abs. 2 BAO trägt primär den Änderungen der §§ 299 und 300 BAO Rechnung.

Zu Z 59 und 60 (§§ 303 und 303a):

Die Änderung des § 303 Abs. 1 lit. b BAO erfolgt im Interesse des Gleichklanges mit § 217 Abs. 7 BAO und mit § 308 Abs. 1 BAO.

Die Änderung des § 303a Abs. 1 lit. d BAO berücksichtigt die Änderung im § 303 Abs. 1 BAO.

Zu Z 61 (§ 305):

Die Änderung im § 305 Abs. 1 BAO erfolgt, weil der Zuständigkeitsübergang nunmehr nicht bereits mit Einlangen des (zulässigen) Devolutionsantrages, sondern (grundsätzlich) erst mit Ablauf der „Nachfrist“ des § 311 Abs. 3 BAO eintritt.

Zu Z 62 (§ 307):

§ 307 Abs. 2 BAO ist wegen des neuen § 117 BAO, der nicht nur bei Wiederaufnahmen dem Vertrauensschutz der Partei dient, entbehrlich. Ein „Umnummerieren“ des Abs. 3 des § 307 BAO erscheint – nicht zuletzt im Interesse der Benützer von elektronischen Rechtsinformationssystemen und von Fachliteratur – unzweckmäßig.

Zu Z 63 und 64 (§§ 308 und 310):

Die Änderungen berücksichtigen die Novellierung des § 276 BAO („Vorlageantrag“ im Abs. 2 geregelt).

Zu Z 65 (§ 311):

Der Wegfall der Worte „in Abgabenvorschriften vorgesehenen“ im § 311 Abs. 1 BAO trägt dem Umstand Rechnung, dass die Entscheidungspflicht nach herrschender Ansicht (vgl. zB Ritz, BAO-Kommentar, 2. Auflage, Wien 1999, § 311 Tz 7, mwN) nicht nur dann besteht, wenn ein Anbringen in Abgabenvorschriften vorgesehen ist. Die Entscheidungspflicht besteht beispielsweise auch dann, wenn das Anbringen zurückzuweisen ist (zB VwGH 21. 2. 1990, 84/13/0218). Auch Anträge auf Erlassung von nicht gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Feststellungsbescheiden als notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung für die Partei sind entscheidungspflichtig (zB VfGH 17. 10. 1967, G 23/66).

Der in der Praxis übliche Begriff des Devolutionsantrages soll (nach dem Vorbild des § 73 Abs. 2 AVG) als Legalbegriff verwendbar sein.

Unterschiedliche Devolutionsfristen je nachdem, ob das Anbringen eine Abgabenerklärung ist, erscheinen rechtspolitisch bedenklich.

Der Auftrag der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Nachholung des „versäumten“ Bescheides nach § 311 Abs. 3 BAO lehnt sich an das Vorbild des (Säumnisbeschwerden betreffenden) § 36 Abs. 2 VwGG an.

Sonderregelungen für Maßnahmen nach den §§ 295, 296 und 298 BAO sind durch die allgemeine Erweiterung der Devolutionsmöglichkeit auf Verletzungen von Amts wegen zu beachtender Verpflichtungen zur Bescheiderlassung entbehrlich. Mangels ins Gewicht fallender praktischer Bedeutung entfällt der bisherige § 311 Abs. 5 BAO.

Die sich aus § 243 BAO ergebende Erweiterung des Anwendungsbereiches der Bestimmungen über Devolutionsanträge auf Bescheide der Finanzlandesdirektionen erfolgt im Interesse der Entlastung des VwGH (Verhinderung von Säumnisbeschwerden bei erstinstanzlicher Säumigkeit von Finanzlandesdirektionen etwa bei der Erlassung von Bescheiden nach § 4 Abs. 4 Z 5 EStG 1988). In jenen Fällen, in denen der unabhängige Finanzsenat nicht Berufungsbehörde ist (vgl. § 260 BAO und die diesbezüglichen Erläuterungen), obliegt ihm auch nicht der Rechtsschutz bei Verletzung der Entscheidungspflicht.

Die im § 311 Abs. 6 BAO angeordnete sinngemäße Anwendung einiger für Berufungen geltender Bestimmungen betrifft etwa die Geschäftsverteilung, die Weisungsfreiheit, die Senatszuständigkeit, das Ablehnungsrecht wegen Befangenheit und wegen Wettbewerbsgefährdung sowie die mündliche Verhandlung.

Zu Z 66 (§ 323):

Der Übergang der Zuständigkeit von den bisherigen Abgabenbehörden zweiter Instanz auf den unabhängigen Finanzsenat betrifft alle am 1. Oktober 2002 offenen Verfahren (insbesondere unerledigte Berufungen).

Nach der bisherigen Rechtslage waren Anträge auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat ebensowenig wie Anträge auf mündliche Verhandlung im bisherigen Bereich monokratischer Entscheidungszuständigkeit vorgesehen. Solche Anträge können bis 31. Oktober 2002 nachgeholt werden; sie können zwar bereits ab dem Tag nach Kundmachung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes 2002 im Bundesgesetzblatt gestellt werden; sie wirken aber erst ab 1. Oktober 2002.

Zu den vor 1. Oktober 2002 erforderlichen (und daher zulässigen) Maßnahmen gehören beispielsweise Beschlüsse über Geschäftsverteilungen.

Zu Z 67 (§ 324):

Die Aufhebung der §§ 117 und 118 BAO durch das Budgetbegleitgesetz 2001 macht die Erwähnung dieser Bestimmungen in der Vollziehungsbestimmung entbehrlich.

Zu Artikel III (Zollrechts-Durchführungsgesetz):

Zu Z 1 (§ 85b Abs. 1):

Die taxative Aufzählung der maßgeblichen Bestimmungen der BAO entfällt. Es gilt somit die in Abs. 3 des § 85b Regelung, dass die Bestimmungen der BAO sinngemäß anwendbar sind, sofern nicht entgegenstehende Vorschriften bestehen.

Zu Z 2 (§ 85b Abs. 3):

Es erfolgt für das Rechtsbehelfsverfahren der ersten Stufe eine Anpassung an die – parteifreundlichere – Regelung des § 85c Abs. 67 für jenes der zweiten Stufe vor dem unabhängigen Finanzsenat, demnach eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht abzuweisen ist, wenn diese Verletzung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Berufungsbehörde zurückzuführen ist. Anstelle einer taxativen Aufzählung der maßgeblichen Bestimmungen der BAO wird generell auf die Bestimmungen der BAO hingewiesen, die sinngemäß anzuwenden sind, sofern das ZollR-DG keine Sonderregelungen enthält.

Zu Z 3 (§ 85c):

Abs. 1:

Als Rechtsbehelf der zweiten Stufe ist nunmehr die Beschwerde an den unabhängigen Finanzsenat zulässig. Da in zollrechtlichen Angelegenheiten das Rechtsbehelfsverfahren – im Unterschied zum steuerrechtlichen Rechtsmittelverfahren – auf Grund des EG-Rechts zwingend zweistufig zu sein hat, wurde die Bezeichnung Beschwerde für den Rechtsbehelf der zweiten Stufe zur Unterscheidung gegenüber der Berufung als Rechtsbehelf der ersten Stufe beibehalten.

Der Staatsbürger hat immer Anspruch auf qualitativ höchstwertige und rasche Rechtsmittelerledigungen. Dieses Qualitätserfordernis setzt aber auch eine entsprechende mengenmäßige Auslastung der Referenten zur Garantie der erforderlichen Erfahrungen in den einzelnen Rechtsbereichen, wie sie von den Zollbehörden zu vollziehen sind, voraus. Aus diesen Gründen ist es empfehlenswert, wenn die Geschäftsverteilung für die Bildung der Berufungssenate, die für zollrechtliche und sonstige durch die Zollbehörden zu vollziehende Angelegenheiten zuständig sein sollen, weiterhin in Anlehnung an den bisherigen § 85d ZollR-DG dem Konzept der Zuständigkeitseinteilung in größere Regionen folgt.

Abs. 2:

Die Einbringung der Beschwerde erfolgt nun nicht mehr bei den Finanzlandesdirektionen, sondern bei einer der Außenstellen des unabhängigen Finanzsenates, bzw. im Fall der Beschwerde gegen eine Berufungsvorentscheidung auch bei der Behörde, die diese erlassen hat.

Abs. 3:

Es gilt der Grundsatz der Entscheidung durch ein Einzelorgan. Der Berufungssenat hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers oder einer der Beschwerde beigetretenen Person durch alle drei Mitglieder zu entscheiden. Es kann aber auch das mit dem Verfahren als Referent betraute Einzelorgan die Entscheidung durch den gesamten Senat bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen beschließen.

Abs. 4:

Im Rechtsbehelfsverfahren nach dem ZollR-DG sollen die Berufungssenate aus drei Mitgliedern bestehen. In Hinblick auf die spezielle Thematik des Zollrechts und der sonstigen von den Zollbehörden zu vollziehenden Regelungen ist eine Laienmitwirkung weiterhin nicht vorgesehen. Darüber hinaus haben die Erfahrungen bestätigt, dass die bisherige Abwicklung den Bedürfnissen der Rechtsmittelwerber in einer auf den internationalen Warenverkehr abgestellten Spezialmaterie entspricht. Zudem sind die von den Zollbehörden zu vollziehenden Angelegenheiten überwiegend unmittelbar oder mittelbar durch Gemeinschaftsrecht geregelt; die Kenntnis gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften durch Laien ist jedoch weit weniger zu erwarten als die Kenntnis vor allem nationaler Regelungen, wie im Steuerbereich.

Die Senatsmitglieder sollen eine Berufserfahrung in einer der einschlägigen Angelegenheiten aufweisen, wodurch ebenfalls den speziellen Rechtsbereichen der dem ZollR-DG unterliegenden Rechtsmittelverfahren Rechnung getragen werden soll.

Abs. 5:

Eine mündliche Verhandlung kann auf Antrag oder auch von Amts wegen durchgeführt werden. Im Fall eines diesbezüglichen Antrages ist – im Unterschied zur Regelung der BAO – in Fortführung der bisherigen Vorgangsweise jedenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Da die Erledigung von Beschwerden zusammengefasst für jeweils drei Bundesländer erfolgt, sollen im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung bei der Auswahl des Verhandlungsortes auch die Interessen der Partei Berücksichtigung finden.

Abs. 6:

Die Berufungssenate als Berufungsbehörden der zweiten Stufe entscheiden auf Grund EG-rechtlicher Vorgaben zwingend auch bei Beschwerden wegen Säumnis der Berufungsbehörden der ersten Stufe. Die in § 311 Abs. 2 bis 6 BAO vorgesehenen Regelungen (Devolutionsantrag) kommen daher nicht zur Anwendung.

Abs. 7:

Das Recht auf Erhebung einer Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wird nunmehr von den Berufungsbehörden der ersten Stufe ausgeübt, wodurch zu erwartenden Strukturänderungen entsprochen wird.

Abs. 8:

Enthält eine generelle Verweisung auf die Bestimmungen der BAO zum Verfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat, die allerdings – da sie Besonderheiten der Berufungsfälle vor den Zollbehörden nicht berücksichtigen – nur sinngemäß anzuwenden sind und dann nicht gelten, wenn das ZollR-DG entgegenstehende Regelungen enthält.

Zu Z 4 (§ 85d):

Die bisherigen Bestimmungen des § 85d werden durch die Regelungen der BAO und des UFSG hinfällig. Die Verfassungsbestimmung des Abs. 7 ist entsprechend den Erfordernissen des neuen unabhängigen Finanzsenates zu ändern; die Bezeichnung Abs. 7 fällt dabei weg.

Zu Z 5 (§ 85e):

Die Regelung über den Reisegebührenersatz ist für Mitglieder der Berufungssenate nach § 85c weiterhin anwendbar, die bisherigen Berufungskommissionen fallen weg.

Zu Z 6 (§ 120 Abs. 1h und 1i):

Enthalten die In-Kraft-Tretens-Bestimmungen sowie Übergangsregelungen für noch offene Berufungs­fälle.

Zu Artikel IV (Änderung des Bundesgesetzes vom 25. Jänner 1989 über die Ausschreibung bestimmter Funktionen und Arbeitsplätze sowie die Besetzung von Planstellen im Bundesdienst und über die Änderung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (Ausschreibungsgesetzes 1989 – AusG):

Zu Z 1 und 2 (§ 3 Z 5):

Diese Anpassung ist auf Grund der Errichtung des Unabhängigen Finanzsenates als eigene Dienstbehörde erforderlich. Gleichzeitig wird das in der früheren Fassung angeführte Hauptpunzierungs- und Probieramt, welches mit BGBl. I Nr. 24/2001, aufgelöst wurde, aus der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 eliminiert.

Zu Z 3 (§ 90 Abs. 2 Z 21):

Die Änderung tritt gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Unabhängigen Finanzsenat, BGBl. I Nr. XXX/2002, mit 1. Oktober 2002, in Kraft.

Zu Artikel V (Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991):

Zu Z 1 (Art. II Abs. 2 Z 13):

Diese Anpassung ist auf Grund der Errichtung des Unabhängigen Finanzsenates als unabhängige Verwaltungsbehörde für das gesamte – bisher bei den Finanzlandesdirektionen angesiedelte – zweitinstanzliche, abgaben- und finanzstrafrechtliche Rechtsmittelverfahren erforderlich:

Zu Z 2 (Art. XII Abs. 13):

Die Änderung tritt gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Unabhängigen Finanzsenat, BGBl. I Nr. XXX/2002, mit 1. Oktober 2002 in Kraft.

Zu Artikel VI (Finanzstrafgesetz):

Zu Z 1 (§§ 7 und 184):

Auf Grund der Änderung des Jugendgerichtsgesetzes durch Artikel I des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 19/2001 gilt als Jugendlicher, wer das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat. Auf Grund der Verweisungsbestimmung des § 24 FinStrG gilt dieser Begriff des Jugendlichen auch für das FinStrG. Die im § 7 Abs. 3 geregelte verzögerte Reife ist dem Begriff des Jugendlichen ebenso anzupassen wie die Regelung des § 184 über den Jugendstrafvollzug.

Zu Z 2 (§ 62):

Der auf Grund des Bundesgesetzes über den unabhängigen Finanzsenat an die Stelle der Finanzlandesdirektionen als Rechtsmittelbehörde tretende unabhängige Finanzsenat erfordert zunächst textliche Anpassungen im FinStrG. So wird die Finanzlandesdirektion als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz durch den unabhängigen Finanzsenat ersetzt (§ 62 Abs. 1).

Weiters ist innerhalb des unabhängigen Finanzsenates eine Abgrenzung zwischen den von den Berufungssenaten in Finanzstrafsachen und den von den einzelnen Senatsmitgliedern durchzuführenden Rechtsmittelverfahren vorzunehmen. Dabei sollen keine Änderungen in der Durchführung der mündlichen Verhandlung und in der Entscheidungsfällung durch den Berufungssenat eintreten; er soll nach wie vor über Berufungen gegen Erkenntnisse der Spruchsenate sowie auf Antrag auch über Berufungen gegen Erkenntnisse eines Einzelbeamten der Finanzstrafbehörde erster Instanz entscheiden. Die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens vor der mündlichen Verhandlung soll dem Vorsitzenden des Berufungssenates zugewiesen werden (§ 62 Abs. 2).

Die Entscheidung über andere Rechtsmittel, also Berufungen gegen Entscheidungen des Einzelbeamten der Finanzstrafbehörde erster Instanz und Beschwerden gegen alle anderen Bescheide der Finanzstrafbehörde erster Instanz soll auf den Vorsitzenden oder das andere hauptberufliche Mitglied des Berufungssenates übertragen werden, wobei die Abgrenzung deren Aufgabenbereiche in der Geschäftsverteilung vorzunehmen ist. Diese Rechtsmittel wurden bisher im Rahmen der monokratischen Organisationsform von einem hiezu beauftragten Beamten der Finanzlandesdirektion bearbeitet (§ 62 Abs. 5).

Die den Vorsitzenden der Berufungssenate vorbehaltenen Entscheidungen über Beschwerden gegen erstinstanzliche Festnahme-, Beschlagnahme- und Hausdurchsuchungsbescheide sowie faktische Amtshandlungen erfahren keine Änderung; sie sind nunmehr aus systematischen Gründen ausdrücklich im § 62 Abs. 3 genannt.

Zu Z 3 (§ 65):

Im § 65 Abs. 2 wird als Sitz der Berufungssenate der unabhängige Finanzsenat anstelle der Finanzlandesdirektionen bestimmt. Die Verknüpfung der Aufgabenbereiche der Berufungssenate mit den im Bundesgesetz über den unabhängigen Finanzsenat vorgesehenen Außenstellen ist Sache der Geschäftsverteilung.

Zu Z 4 (§ 66):

Durch die Änderung des § 66 Abs. 1 soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nicht nur die Mitglieder der Berufungssenate, sondern auch der Präsident, der Vizepräsident, die Vollversammlung und allfällige Ausschüsse als weisungsfreie Organe Aufgaben nach den Bestimmungen des FinStrG zu besorgen haben.

Die Änderungen des Abs. 2 sollen die Verwendung der Vorsitzenden des unabhängigen Finanzsenates auch als Vorsitzende der Berufungssenate in Finanzstrafsachen ermöglichen. Da diese Vorsitzenden zufolge ihrer Ernennungserfordernisse, ihrer Weisungsfreiheit, ihrer Bestellung auf Dauer und der Unvereinbarkeitsbestimmungen des Bundesgesetzes über den unabhängigen Finanzsenat die Anforderungen an einen zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten erfüllen, können ihnen die bisher von Richtern des Dienststandes besorgten Aufgaben als Vorsitzende der Berufungssenate übertragen werden. Die Funktion soll ebenso wie die des anderen hauptberuflichen Mitgliedes des Berufungssenates an die schon bisher geforderte Qualifikation der Befähigung zum höheren Finanzdienst geknüpft sein.

Zu Z 5 (§ 67):

Am Bestellungsmodus der Mitglieder der Spruchsenate ist keine Änderung vorgesehen, ebenso nicht an jenem der nebenberuflichen Mitglieder der Berufungssenate, nämlich der Laienbeisitzer. Die hauptberuflichen Mitglieder der Berufungssenate sind wie die anderen hauptberuflichen Mitglieder des unabhängigen Finanzsenates nach den Bestimmungen des bezüglichen Bundesgesetzes zu bestellen.

Zu Z 6 (§ 68):

Die Festlegung der Anzahl der Spruch- und Berufungssenate und deren Geschäftsverteilung soll dem Grunde nach keine Änderung erfahren. Nur soll die Entscheidung über die Anzahl der Berufungssenate und die Zuteilung der Senatsmitglieder in Form einer festen Geschäftsverteilung künftig dem unabhängigen Finanzsenat obliegen. Die Bestimmung der Anzahl der Spruchsenate und die Zuteilung der Senatsmitglieder soll wie bisher den jeweiligen Finanzlandesdirektionen obliegen. Neu ist, dass die feste Geschäftsverteilung für die Berufungssenate nicht nur für die Senate gilt, sondern auch für die Senatsmitglieder, denen die Verfahrensführung und Entscheidungsfällung anstelle des Senates obliegt.

Zu Z 7 (§ 70):

Infolge Wegfalls der Funktion der Finanzlandesdirektion als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz ist die dienstrechtliche Zuständigkeit der Finanzlandesdirektion für Angelegenheiten der Vergütungsbemessung für die richterlichen Senatsvorsitzenden an den Amtsbereich der Finanzlandesdirektion zu knüpfen.

Die Bemessung der Vergütung für die Laienbeisitzer soll im Abs. 2 ausdrücklich geregelt werden; es ist die Finanzlandesdirektion für die Laienbeisitzer der Spruchsenate und der unabhängige Finanzsenat für die Laienbeisitzer der Berufungssenate zuständig.

Zu Z 8 (§ 71):

Die Angelobungsbestimmungen des § 4 des Bundesgesetzes über den unabhängigen Finanzsenat sollen nicht nur für die Mitglieder der Berufungssenate, sondern auch für die Mitglieder der Spruchsenate gelten, wobei aber die Zuständigkeit der Präsidenten der Finanzlandesdirektionen für die Angelobung der Spruchsenatsmitglieder schon aus verwaltungsökonomischen Gründen beibehalten werden soll.

Zu Z 9 (§ 74):

Die bisher dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion vorbehaltenen Entscheidungen über bestimmte Ablehnungsanträge in Finanzstrafsachen sollen auf den Präsidenten des unabhängigen Finanzsenates übertragen werden. Soweit im erstinstanzlichen Finanzstrafverfahren der Vorstand der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu entscheiden hat, soll dies derjenige sein, bei dem der Spruchsenat eingerichtet ist.

Zu Z 10 (§ 99):

§ 120 FinStrG sieht eine Beistandspflicht auch der Dienststellen der Post- und Telegraphenverwaltung für Zwecke des Finanzstrafverfahrens vor. Zufolge Ausgliederung der Fernmeldeangelegenheiten in die Telekom Austria AG einerseits und die Zulassung diverser anderer Betreiber öffentlicher Telekommunikationsdienste andererseits bietet § 120 FinStrG keine ausreichende Rechtsgrundlage für Auskünfte über Stammdaten nach dem Fernmeldegesetz. Da derartige Auskünfte für finanzstrafrechtliche Zwecke unverzichtbar sind, soll eine für alle Betreiber geltende Rechtsgrundlage für einschlägige Auskünfte geschaffen werden. Sie ist dem § 53 Sicherheitspolizeigesetz nachgebildet.

Zu Z 11 (§ 120):

§ 158 Abs. 4 BAO sieht die automationsunterstützte Einsichtnahme der Abgabenbehörden in automationsunterstützt geführte Bücher (Grundbuch, Firmenbuch) und Register (zB Zentrales Melderegister) vor. Da solche Einsichtnahmen auch für Zwecke des Finanzstrafverfahrens erforderlich sind, soll dies auch dafür ermöglicht werden.

Zu Z 12 (§ 127):

Das Verbot von Fernseh- und Hörfunkaufnahmen sowie sonstiger Film- und Fotoaufnahmen von Verhandlungen entspricht dem im § 22 Mediengesetz für Verhandlungen der Gerichte und unabhängigen Verwaltungssenate normierten Verbot. Tonaufnahmen sollen zur Erleichterung der Abfassung der Verhandlungsniederschrift möglich sein.

Zu Z 13 (§ 152):

Entsprechend dem Berufungsrecht gegen Erkenntnisse im Senatsverfahren soll dem Amtsbeauftragten auch das Beschwerderecht gegen Bescheide des Spruchsenates bzw. des Spruchsenatsvorsitzenden eingeräumt werden.

Zu Z 14 (§ 157):

Aus verfahrensökonomischen Gründen soll die Möglichkeit des Verzichts des Beschuldigten und des Nebenbeteiligten auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung auch im Rechtsmittelverfahren gegeben sein.

Entsprechend der einschlägigen Regelung über die Beschlussfassung in den Berufungssenaten in Abgabensachen im § 287 Abs. 2 BAO soll im Hinblick auf die gleichartige Senatsbesetzung in Finanzstrafsachen auch in diesen Berufungssenaten das Dirimierungsrecht des Senatsvorsitzenden gelten.

Zu Z 15 (§ 159):

Die Bestellung des Amtsbeauftragten im erstinstanzlichen Senatsverfahren soll wie schon bisher grundsätzlich auch für das Rechtsmittelverfahren gelten. Da dieser Amtsbeauftragte jedoch nicht verfügbar sein kann oder aber im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Einzelbeamten noch kein Amtsbeauftragter bestellt worden ist, hat der Vorstand der Finanzstrafbehörde erster Instanz in diesen Fällen aus Anlass der Vorlage eines Rechtsmittels an den unabhängigen Finanzsenat einen Amtsbeauftragten zu bestellen.

Zu Z 16 (§ 162):

Die Rechtsmittelentscheidung ist vom Vorsitzenden des Berufungssenates oder – an Stelle des bisher vorgesehenen Präsidenten der Finanzlandesdirektion – von dem die Entscheidung erlassenden Senatsmitglied zu unterfertigen.

Zu Z 17 (§ 169):

Da der richterliche Vorsitzende des Berufungssenates durch einen Vorsitzenden des unabhängigen Finanzsenates ersetzt werden soll, kommt dem Berufungssenat nicht mehr die Eigenschaft einer Kollegialbehörde nach Art. 133 Z 4 B-VG zu. Damit ist aber von Verfassungs wegen die Parteibeschwerde gegen Entscheidungen des Berufungssenates zulässig, sodass es keiner besonderen Regelung über die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf.

Das Recht der Erhebung der sogenannten Präsidentenbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof soll auf den Amtsbeauftragten übertragen werden, und zwar nicht nur gegen Senatsentscheidungen, sondern auch gegen Entscheidungen eines Senatsmitgliedes.

Zu Z 18 (§ 170):

Die grundlegende Umgestaltung der Bestimmungen der BAO über die Aufhebung von Bescheiden im Aufsichtsweg erfordert eine Neufassung der bezüglichen Bestimmungen des § 170 Abs. 2. Im Finanzstrafverfahren soll nämlich die bisherige Rechtslage, die – abgesehen von der Möglichkeit der Bescheidberichtigung nach § 170 Abs. 1 – nur eine Aufhebung von Entscheidungen im Aufsichtsweg unter der Bedingung des Verböserungsverbotes erlaubt, im Hinblick auf den besonderen Stellenwert der Rechtskraft im Strafverfahren grundsätzlich beibehalten werden.

Entsprechend dem Verbot der Aufhebung von Entscheidungen der Berufungssenate sollen auch Entscheidungen der Senatsmitglieder im Aufsichtsweg nicht aufgehoben werden dürfen. Aus verfahrensökonomischen Gründen soll aber der Berufungssenat bzw. ein Senatsmitglied eine von ihnen erlassene Entscheidung aus den für die Aufhebung im Aufsichtsweg geltenden Gründen ändern oder aufheben können, wenn die Entscheidung beim Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof angefochten wird.

Zu Z 19 (§ 265):

Die Abs. 1b und 1c enthalten die In-Kraft-Tretens-Bestimmungen. Alle am 1. Oktober 2002 bei den Finanzlandesdirektionen offenen Rechtsmittelverfahren sollen auf den unabhängigen Finanzsenat übergehen. Aus verwaltungsökonomischen Gründen sollen die bereits bestellten Mitglieder der Spruchsenate sowie die Laienbeisitzer der Berufungssenate bis zum Ablauf ihrer Bestellungsdauer im Amt bleiben.

Zu Artikel VII (Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz):

Zu Z 1 (§ 4)

Um die Flexibilität im Bereich der Finanzverwaltung zu erhöhen, soll der Bundesminister für Finanzen auch die Ermächtigung zur Erlassung von Verordnungen bekommen, nach denen Aufgaben der Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis an Finanzämter mit besonderem Aufgabenkreis übertragen werden.


Zu Z 2 (§ 15):

Dem Wegfall der funktionellen Zuständigkeit der Finanzlandesdirektionen als Finanzstrafbehörden zweiter Instanz ist auch in der diesbezüglich auf das Finanzstrafgesetz verweisenden Bestimmung des § 15 Rechnung zu tragen.

Zu Z 3 (§ 17a):

§ 17a Abs. 6 enthält die In-Kraft-Tretens-Bestimmung.

Zu Artikel VIII (Änderung des Bundesfinanzgesetzes):

Die Anfügung der neuen Überschreitungsermächtigung des Artikel V Abs. 1 Z 22 dient der Bereitstellung der erforderlichen Budgetmittel im Zusammenhang mit der Einrichtung des unabhängigen Finanzsenats.

Die Änderung der Bezeichnung bestehender Titel und Paragraphen sowie die Einfügung von neuen Paragrafen und Voranschlagsansätzen ist für die ordnungsgemäße Verrechnung auf Grund des Bundesgesetzes über den unabhängigen Finanzsenat erforderlich.

Der Gesetzesbeschluss betrifft die Änderung des Bundesfinanzgesetzes, weshalb gemäß Art. 42 Abs. 5 B‑VG dem Bundesrat keine Mitwirkung zusteht.