1057 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 19. 3. 2002

Bericht

des Verkehrsausschusses


über die Regierungsvorlage (873 der Beilagen): Änderungsurkunde zur Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion (Genf 1992), geändert durch die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Kioto 1994) samt Anlage; von der Konferenz der Regierungsbe­vollmächtigten (Minneapolis 1998) angenommene Änderungen samt Anlage, Erklärungen und Vorbehalte


Die Satzung und der Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion, die am 22. Dezember 1992 in Genf beschlossen und am 14. Oktober 1994 in Kioto sowie am 5. November 1998 in Minneapolis geändert wurden, regeln auf weltweiter Basis die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Telekommunikation und legen den für die internationalen Telekommunikationsdienste notwendigen Rahmen fest. Der Internationale Fernmeldevertrag wird von den in der Internationalen Fernmeldeunion zusammengeschlossenen Mitgliedstaaten beschlossen. Die internationale Fernmeldeunion wurde 1865 als „Welttelegraphenverein“ gegründet; Österreich gehört zu den Gründerländern. Sie hat ihren Sitz in Genf; zur Zeit gehören ihr 189 Mitgliedstaaten an. Seit 1947 ist die Union eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen.

Am 6. November 1998 haben die Mitgliedstaaten der Internationalen Fernmeldeunion anlässlich der „Conférence de Plénipotentiaires“ (Konferenz der Regierungsbevollmächtigten) in Minneapolis eine Reihe von Änderungen der Satzung und des Vertrages beschlossen. Gemäß den Teilen II der von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten in Minneapolis 1998 beschlossenen Urkunden über die Änderungen der Satzung und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion Genf 1992 und der von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten in Kioto 1994 beschlossenen Änderungen dieser Satzung und dieses Vertrages treten die in Minneapolis vereinbarten Änderungen am 1. Jänner 2000 zwischen den Mitgliedern der Union in Kraft, die zu diesem Zeitpunkt Vertragspartei der Satzung und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion Genf 1992 sind und die bis zu diesem Tag eine Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde bezüglich der in Minneapolis beschlossenen Änderungsurkunden hinterlegt haben. Für die übrigen Mitglieder werden die Änderungen der Satzung und des Vertrages gemäß Art. 55 Abs. 8 der Satzung in Verbindung mit Art. 52 Abs. 3 der Satzung und Art. 42 Abs. 9 des Vertrages in Verbindung mit Art. 52 Abs. 3 der Satzung mit dem Tag der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Generalsekretär der Union wirksam.

Art. 54 der Satzung enthält Regeln über die Verbindlichkeiten der von den zuständigen weltweiten Funkkonferenzen und weltweiten Konferenzen für Internationale Fernmeldedienste angenommenen Vollzugsordnungen sowie über die vorläufige und endgültige Verbindlichkeit von durch diese Konferenzen revidierten Vollzugsordnungen.

In der beim Generalsekretär der ITU zu hinterlegenden Ratifikationsurkunde bezüglich der Änderungen der Satzung und des Vertrages wird klargestellt, dass sich der von den Mitgliedsländern der Europäischen Union eingelegte Vorbehalt Nr. 2 nicht auf den Vorrang des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auf den Vorrang des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bezieht.

Die Änderungsurkunden von Minneapolis 1998 stellen keinen politischen Staatsvertrag dar, sie enthalten jedoch gesetzändernde und gesetzesergänzende Regelungen und bedürfen daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B‑VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Sie bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG.

Die Änderungsurkunden enthalten keine verfassungsändernden Bestimmungen. Sie sind der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Die Änderungsurkunden enthalten keine dem EU-Recht widersprechenden Bestimmungen.

Analog der Kundmachung des Gesamtvertragswerkes gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG wären auch die vorliegenden Änderungsurkunden gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG durch Auflage im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zur öffentlichen Einsichtnahme kundzumachen.

Die weltweiten und sich ständig rascher vollziehenden Veränderungen im Telekommunikationsumfeld, die fortschreitende Liberalisierung sowie der vermehrte Einfluss der privaten Bereiche haben es erforderlich gemacht, diesen neuen Anforderungen auch im Rahmen des Internationalen Fernmeldevertrages gerecht zu werden, um die Stellung der Internationalen Fernmeldeunion zu festigen. Durch die Zusammenarbeit von leitenden Vertretern der Verwaltungen und führenden Vertretern der Industrie soll erreicht werden, dass künftige Entwicklungen erkannt werden und entsprechende Berücksichtigung in der Arbeit der Union finden. Die Schaffung einer Partnerschaft zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor hat deshalb eine immer bedeutender werdende Rolle für die Union im Hinblick auf die Einführung von Aktivitäten im Bereich der Telekommunikation, sodass neue Technologien weltweite Verbreitung finden können.

Dieser Anforderung wurde deshalb auch mit den Änderungen der Satzung und des Vertrages von Minneapolis 1998 Rechnung getragen.

Die beschlossenen Änderungen betreffen insbesondere:

1.      die Öffnung der Union für den privaten Sektor,

2.      die Finanzen der Union,

3.      Struktur- und Organisationsfragen.

Zu Punkt 1:

1. Öffnung der Union für den privaten Sektor

Der Zweck der Union wurde gemäß Art. 1 lit. abis der Satzung dahingehend erweitert, dass die Teilnahme von Rechtsträgern (zB Unternehmen) und Organisationen an den Arbeiten der Union zu fördern und zu verstärken und eine fruchtbare Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen diesen und den Mitgliedstaaten sicherzustellen ist. Rechtsträger und Organisationen (Sektormitglieder gemäß Randnummer 1001 B der Anlage zur Satzung) in diesem Sinne sind gemäß dem geänderten Art. 19 Abs. 1 lit. a und b des Vertrages ua. alle anerkannten Betriebsunternehmen (wie private Betreiber von Telekommunikationsnetzen) und industriellen Unternehmen (wie Hersteller von Telekommunikationsgeräten) sowie alle anderen Rechtsträger, die sich mit Fragen des Fernmeldewesens befassen und die zur Teilnahme an den Arbeiten eines Sektors zugelassen sind.

Der geänderte Art. 2 der Satzung stellt klar, dass die Internationale Fernmeldeunion eine zwischenstaatliche Organisation ist, in der die Mitgliedstaaten und die Sektormitglieder zusammenarbeiten, um den Zweck der Union zu erfüllen.

–      Sektormitglieder sind in Zukunft gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. b der Satzung grundsätzlich berechtigt, bei der Annahme von Fragen und Empfehlungen sowie bei Beschlüssen bezüglich der Arbeitsweise und der Verfahren des betroffenen Sektors mitzuwirken. Es erfolgt eine weitgehende Gleichberechtigung von Sektormitgliedern und Mitgliedstaaten bei der Arbeit der Studienkommission gemäß Art. 20 Abs. 5bis des Vertrages.

–      Gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. a der Satzung dürfen Sektormitglieder zukünftig Vorsitzende und Vizevorsitzende für die Versammlungen und Tagungen der Sektoren sowie für die weltweiten Konferenzen für die Entwicklung des Fernmeldewesens stellen.

–      Vertreter der Sektormitglieder können sich an den Arbeiten der beratenden Gruppe für das Funkwesen, der beratenden Gruppe für die Standardisierung im Fernmeldewesen und der beratenden Gruppe für die Entwicklung des Fernmeldewesens beteiligen (Art. 11A Abs. 1, Art. 14A Abs. 1 und Art. 17A Abs. 7 des Vertrages).

Zu den Aufgaben der beratenden Gruppen gehört es,

–      Prioritäten, Programme, Abläufe, finanzielle Fragen und Strategien innerhalb des jeweiligen Sektors zu prüfen (Art. 11A Abs. 2 Z 1, Art. 14A Abs. 2 Z 1 und Art. 17A Abs. 8 Z 1 des Vertrages),

–      die Fortschritte bei der Durchführung des Arbeitsprogramms zu prüfen (Art. 11A Abs. 2 Z 2, Art. 14A Abs. 2 Z 2 und Art. 17A Abs. 8 Z 2 des Vertrages) und

–      Leitlinien für die Arbeit der Durchführung des Arbeitsprogramms zu prüfen (Art. 11A Abs. 2 Z 3, Art. 14A Abs. 2 Z 3 und Art. 17A Abs. 8 Z 3 des Vertrages).

–      Rechtsträger oder Organisationen können auf Beschluss der Versammlung oder der Konferenz eines Sektors auch als assoziierte Teilnehmer zu den Arbeiten einer bestimmten Studienkommission oder der ihr untergeordneten Gruppen zugelassen werden (Art. 19 Abs. 11 des Vertrages).

Zu Punkt 2:

2. Finanzen der Union

Bisher haben die Konferenzen der Regierungsbevollmächtigten der Internationalen Fernmeldeunion gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. c der Satzung den Höchstbetrag aller Ausgaben der Union für die Zeit bis zur nächsten Konferenz der Regierungsbevollmächtigten festgesetzt. Angesichts zunehmender Haushaltsprobleme der Mitgliedsländer und um eine größere Planungssicherheit für die Regierungen zu erreichen, wird zukünftig die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten gemäß Art. 28 Abs. 3bis Z 4 erster Satz der Satzung die Obergrenze für die Höhe der Beitragseinheit festlegen. Auf der Grundlage der daraufhin von den Mitgliedstaaten gewählten Beitragsklassen (vgl. Art. 28 Abs. 3bis Z 4 zweiter Satz und Z 5 der Satzung) genehmigt die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten erst dann den Finanzplan zur Union gemäß Art. 28 Abs. 3bis Z 6 der Satzung. Das Volumen des Haushalts der Union wird damit nicht nur von der Ausgaben-, sondern auch von der Einnahmenseite geprägt. Durch dieses Verfahren soll sichergestellt werden, dass nur solche Aktivitäten in den Finanzplan eingestellt werden, zu deren Finanzierung auch Mittel zur Verfügung stehen.

Zu Punkt 3:

3. Struktur- und Organisationsfragen

–      Weltweite Funkkonferenzen und Funkversammlungen werden zukünftig normalerweise alle zwei bis drei Jahre (bisher alle zwei Jahre) einberufen (Art. 13 Abs. 2 der Satzung).

–      Die Zahl der Mitglieder im Funkregulierungsausschuss wurde von bisher neun auf höchstens entweder zwölf Mitglieder oder auf die Anzahl von Mitgliedern, die dem Prozentsatz von 6% der Gesamtzahl der Mitgliedstaaten entspricht, erhöht, je nachdem welche Zahl größer ist. Die entsprechende Regelung wurde aus dem Vertrag in die Satzung (Art. 14 Abs. 2) übernommen.

–      Die Geschäftsordnung der Konferenzen und der anderen Tagungen wird von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten angenommen (Art. 32 Abs. 1 der Satzung und Art. 32 des Vertrages). Sie ist jedoch nicht mehr im Vertrag enthalten.

–      Die Zahl der Mitgliedstaaten des Rates (zur Zeit 46 Mitglieder) wird von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten festgelegt (Art. 4 Abs. 1 des Vertrages). Diese Zahl darf 25% der Gesamtzahl der Mitgliedstaaten nicht überschreiten (Art. 4 Abs. 2 des Vertrages).

Von den Erklärungen und Vorbehalten wurden durch Österreich folgende Texte in den Abschnitten Nr. 1 bis Nr. 5 der Beilage A unterzeichnet:

Diese sind Vorbehalte, die zum Teil bereits zum früheren „Internationalen Fernmeldevertrag von Genf (1992)“ abgegeben worden sind (Nr. 1 und Nr. 3). Österreich hat erklärt, die von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998) angenommenen Urkunden in Übereinstimmung mit ihren aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft abgeleiteten Verpflichtungen anzuwenden (Nr. 2). Österreich hat weiters erklärt, nicht damit einverstanden zu sein, dass zwischen Satellitennetzen, über die Staatsfernmeldeverbindungen übertragen werden, und anderen Satellitennetzen ein Unterschied gemacht wird (Nr. 4). Ein weiterer abgegebener Vorbehalt bezieht sich auf die Eintragungen in den Plänen der Anhänge 30 und 30A der Vollzugsordnung für den Funkdienst. In diesem Vorbehalt ist festgehalten, dass sich die Eintragungen auf Verwaltungen beziehen und dass kein Unterschied zwischen kommerziellen und anderen Systemen gemacht werden darf (Nr. 5).

Der Verkehrsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 13. März 2002 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Ing. Wilhelm Weinmeier sowie der Ausschussobmann Mag. Reinhard Firlinger.


Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages zu empfehlen.

Weiters beschloss der Ausschuss einstimmig, dem Nationalrat einen Antrag betreffend die Kundmachung des Vertragswerkes (Art. 49 Abs. 2 B-VG) vorzulegen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.      Der Abschluss des Staatsvertrages: Änderungsurkunde zur Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion (Genf 1992), geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kioto 1994) samt Anlage; Von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998) angenommene Änderungen samt Anlage, Erklärungen und Vorbehalte (873 der Beilagen) wird genehmigt.

2.      Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG ist dieser Staatsvertrag dadurch kundzumachen, dass dieser beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden aufliegt.

Wien, 2002 03 13

                              Johann Kurzbauer                                                       Mag. Reinhard Firlinger

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann