Vorblatt

Probleme:

Änderung des § 29 Abs. 2 Z 5 KAG auf Grund eines vor dem EuGH anhängigen Verfahrens gegen Österreich. Hohe Arzneimittelkosten in den Krankenanstalten. Unklarheiten im Zusammenhang mit der verschuldensunabhängigen Patientenentschädigung. Kein/e Behindertenvertreter/in in der Ethikkommission vorgesehen.

Ziel:

Anpassung des § 29 Abs. 2 Z 5 KAG an das EU-Recht. Eindämmung der Arzneimittelkosten in den Krankenanstalten. Klarstellungen im Rahmen der verschuldensunabhängigen Patientenentschädigung. Aufnahme einer/es Behindertenvertreters/in in die Ethikkommission.

Inhalt:

Einhebung der 0,73 € auch von SonderklassepatientInnen. Ausweitung der Entschädigung auf alle PatientInnen jener Krankenanstalten, die 0,73 € einheben. Im § 29 Abs. 2 Z 5 KAG entfällt das Wohnsitzerfordernis. Einrichtung von Arzneimittelkommissionen im Zusammenhang mit der Auswahl und des Einsatzes von Arzneimitteln.

Alternativen:

Hinsichtlich der Anpassung des § 29 Abs. 2 Z 5 KAG keine Änderung der Rechtslage und Abwarten des aller Voraussicht nach verurteilenden Erkenntnisses des EuGH. Hinsichtlich der verschuldensunabhängigen PatientInnenentschädigung Beibehaltung der bestehenden Unklarheiten.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Änderung der §§ 8c und 27a sowie die Anpassung des § 29 Abs. 2 Z 5 können zu geringen Mehrkosten führen. Die Einrichtung von Arzneimittelkommissionen kann kurzfristig zu Mehrkosten führen, denen aber mittel- bis langfristig Einsparungspotenziale durch eine effiziente, sinnvolle und ökonomische Verwendung von Arzneimitteln gegenüberstehen. Näheres siehe Erläuterungen.

EU‑Konformität:

Der Entwurf sieht zum einen Maßnahmen vor, zu denen der Bund auf Grund zwingender Vorschriften des Gemeinschaftsrechts verpflichtet ist, zum anderen Regelungen, die nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union fallen.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

I.

In der Ethikkommission gemäß § 8c KAG ist ein/e Vertreter/in organisierter Behinderter derzeit nicht verbindlich vorgesehen. Da behinderte Menschen spezifische Interessen und Bedürfnisse haben und von neuen Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie der Anwendung neuer medizinischer Methoden wesentlich betroffen sein können, soll den Ethikkommissionen zwingend ein/e Vertreter/in organisierter Behinderter angehören.

II.

Gemäß § 27a KAG sind Patienten der Sonderklasse von der Leistung des Spitalskostenbeitrages einschließlich der seit 1. Jänner 2001 zusätzlich einzuhebenden  0,73 € (10 S) befreit. Dies führt dazu, dass PatientInnen der Sonderklasse eine verschuldensunabhängige Entschädigung zusteht, obwohl sie den dafür vorgesehenen zusätzlichen Kostenbeitrag in der Höhe von 0,73 € (10 S) pro Verpflegstag nicht zu leisten haben.

Da es für diese unterschiedliche Behandlung keinen sachlich gerechtfertigten Grund gibt, soll nunmehr auch von Patienten der Sonderklasse dieser Betrag (0,73 € bzw. 10 S pro Verpflegstag) eingehoben werden.

Weiters ist dieser für die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung zu verwendende Betrag gemäß § 27a in Verbindung mit § 40 Abs. 1 lit. d auch von Krankenanstalten einzuheben, die nicht über Landesfonds abgerechnet werden, etwa den Unfallkrankenanstalten der AUVA. Die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung ist derzeit jedoch auf PatientInnen der Fondskrankenanstalten beschränkt. Daher soll nunmehr die Entschädigung den PatientInnen all jener Krankenanstalten zustehen, die dafür gemäß § 27a eine Beitrag einheben.

III.

In den letzten Jahren sind am Arzneimittelsektor vor allem auf Grund des immer rascheren medizinischen und technischen Fortschritts sowie der immer größer werdenden Palette von Arzneimitteln die Kosten deutlich stärker als in anderen Bereichen des Gesundheitswesens gestiegen.

Während aber im niedergelassenen Bereich zumindest für KassenvertragsärztInnen Vorgaben hinsichtlich der zweckmäßigen und ökonomischen Verschreibweise von Arzneimitteln in Form von verbindlichen Richtlinien des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bestehen, fehlen solche im Krankenanstaltenbereich weitestgehend.

Aber gerade in Krankenanstalten werden naturgemäß große Mengen an Arzneimittel verbraucht. Andererseits beeinflussen Krankenanstalten zum Teil auch die Verschreibungen von Arzneimitteln im niedergelassenen Bereich. Denn PatientInnen, die in Krankenanstalten mit bestimmten Arzneimitteln behandelt wurden, wollen diese Arzneimittel, falls erforderlich, verständlicherweise auch nach ihrem Krankenhausaufenthalt von niedergelassenen ÄrztInnen verordnet bekommen.

Aus den angeführten Gründen erscheinen verbindliche Vorgaben für Krankenanstalten hinsichtlich der Anschaffung und des Umgangs mit Arzneimitteln sinnvoll. Da jedoch die Menge, der Einsatz und die verwendeten Arzneimittel vom Zweck, dem Leistungsangebot und der Größe der Krankenanstalt abhängen sowie auf Grund der Kompetenzverteilung, können diese bundesgesetzlichen Vorgaben nur grundsätzlicher Natur sein.

Um den Verantwortlichen in den Krankenanstalten fundierte Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stellen zu können, sollen zur Beratung Arzneimittelkommissionen in den Krankenanstalten eingerichtet werden.

IV.

Bisher durften auf Grund des § 29 Abs. 2 fremden Staatsangehörigen – also auch Angehörigen von EWR-Staaten – die tatsächlichen Behandlungskosten in folgenden Fällen nicht verrechnet werden:

1.      Fälle der Unabweisbarkeit (§ 22 Abs. 4), sofern sie im Inland eingetreten sind,

2.      Flüchtlingen, denen im Sinne des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, Asyl gewährt wurde, und Asylwerbern, denen im Sinne des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bescheinigt wurde,

3.      Personen, die in Österreich in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind oder Beiträge zu einer solchen Krankenversicherung entrichten, sowie Personen, die nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen in der Krankenversicherung als Angehörige gelten,

4.      Personen, die einem Träger der Sozialversicherung auf Grund von zwischenstaatlichem oder überstaatlichem Recht über soziale Sicherheit zur Gewährung von Sachleistungen nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zugeordnet sind und

5.      Personen, die Staatsangehörige von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) sind und die in Österreich einen Wohnsitz haben.

Durch die vorgenommene Anpassung des § 29 Abs. 2 Z 5 an das EU-Recht ist es in Zukunft nicht mehr möglich, Staatsangehörigen von EWR-Vertragsparteien die tatsächlichen Behandlungskosten in Rechnung zu stellen. Diesen Personen sind nunmehr – im Sinne des europarechtlichen Gleichbehandlungsgebotes – wie nicht sozialversicherten Österreichern die amtlich festgesetzten Pflegegebühren zu verrechnen.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Aufnahme von BehindertenvertreterInnen in die Ethikkommmission kann bei den Krankenanstaltenträgern zu einem unwesentlichen Mehraufwand (Reisekosten, Sitzungsgeld) führen.

Im Zusammenhang mit der Ausweitung der Einhebung des Beitrags für die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung auf SonderklassepatientInnen kann es für die Krankenanstaltenträger zu einem geringfügigen Mehraufwand kommen. Jedoch wurde die Gleichstellung der SonderklassepatientInnen mit PatientInnen der allgemeinen Gebührenklasse von den Bundesländern wiederholt gefordert. Durch die Ausdehnung der Entschädigung auf Krankenanstalten, die nicht von Landesfonds finanziert werden, jedoch gemäß § 27a den Beitrag von 0,73 € (10 S) einzuheben haben, kann es bei den für die Leistung der Entschädigung zuständigen Stellen zu einem geringfügigen Mehraufwand kommen.

Durch die vorgenommene Anpassung des § 29 Abs. 2 Z 5 an das EU-Recht ist es in Zukunft nicht mehr möglich, Staatsangehörigen von EWR-Vertragsparteien die tatsächlichen Behandlungskosten in Rechnung zu stellen. Diesen Personen sind nunmehr – im Sinne des europarechtlichen Gleichbehandlungsgebotes – wie nicht sozialversicherten Österreichern die amtlich festgesetzten Pflegegebühren zu verrechnen.

Da aber schon bisher den meisten EWR-Bürgern entweder gemäß Z 1, 3 oder 4 nur die amtlich festgelegten Pflegegebühren verrechnet werden durften, ist von der vorgenommenen Anpassung nur eine relativ kleine Personengruppe betroffen.

Überdies haben die meisten Bundesländer von der Möglichkeit, bestimmten EU-Bürgern für die Behandlung in österreichischen Krankenanstalten die tatsächlichen Behandlungskosten zu verrechnen, ohnehin nicht Gebrauch gemacht. Dies geht aus den von den Bundesländern im Vertragsverletzungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen bzw. den einschlägigen Verordnungen hervor.

Die möglichen Mehrkosten bzw. Mindereinnahmen durch die vorgenommene EU-Rechtsanpassung können vom Bund nicht ermittelt bzw. geschätzt werden.

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass Rechtsvorschriften, die zur Umsetzung des EU-Rechts erforderlich sind, von der Anwendung des Konsultationsmechanismus ausgenommen sind.

Die durch die Einrichtung von Arzneimittelkommissionen entstehenden zusätzlichen Kosten sind zunächst von der Zahl der eingerichteten Arzneimittelkommissionen und deren Zusammensetzung abhängig. Weiters hängen die Kosten von der näheren Ausgestaltung der Geschäftsordnungen ab. Durch die Einrichtung und Tätigkeit der Arzneimittelkommissionen kann mittel- bis langfristig mit Kosteneinsparungen im Arzneimittelbereich gerechnet werden.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG (Heil- und Pflegeanstalten).

Besonderer Teil

Zu Art. 1 Z 1 (§ 8c Abs. 4):

Den Ethikkommissionen hat in Zukunft auch ein/e Vertreter/in organisierter Behinderter anzugehören.

Zu Art. IArt. und 4 (§§ 19a und 40 Abs. 1 lit. c und d):

Um den Verantwortlichen in den Krankenanstalten fundierte Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stellen zu können, sieht Abs. 1 die Einrichtung von Arzneimittelkommissionen in Krankenanstalten vor. Die Landesgesetzgebung kann vorsehen, dass eine Arzneimittelkommission auch für mehrere Krankenanstalten eingerichtet werden kann. Dies wird vor allem für Träger, die mehrere Krankenanstalten betreiben, und für Zusammenschlüsse mehrerer Träger (zB Verbünde) in Frage kommen.

In Abs. 2 sind die Aufgaben festgehalten, die Arzneimittelkommissionen jedenfalls wahrzunehmen haben. Darüber hinaus kann ihnen die Landesgesetzgebung zusätzliche Aufgaben (zB Kontrollaufgaben, vgl. Abs. 8) übertragen.

Trotz des grundsätzlichen Ausführungsspielraumes des Landesgesetzgebers wird auf die Notwendigkeit einer für die Versorgung der PatientInnen möglichst umfassenden Arzneimittelliste hingewiesen. Dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, die Informationen aus den Arzneimittellisten auch auf einer vergleichenden Basis zu halten.

Der Landesgesetzgeber kann – bei sachlicher Rechtfertigung – eine Einschränkung der Arzneimittelliste auf Arzneimittel bestimmter Indikationsgruppen bzw. Wirkstoffgruppen vornehmen. Dies kann dann gegeben sein, wenn in manchen Krankenanstalten/Abteilungen bestimmte Arzneimittel den Großteil an Arzneimittelausgaben bewirken und Kostendämpfungsmaßnahmen auch durch eine Beschränkung auf diese erzielbar wären. Die Verpflichtung des Abs. 5 wäre diesfalls auf diese Arzneimittel eingeschränkt.

Die Grundsätze, die die Arzneimittelkommissionen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, zu berücksichtigen hat, sind in Abs. 3 demonstrativ aufgezählt. Die Landesgesetzgebung kann daher weitere Grundsätze vorsehen.

Die in den Ziffern 1 bis 3 festgehaltenen Grundsätze ergeben sich schon aus dem geltenden KAG (vgl. etwa § 16 Abs. 1 lit. d und § 8 Abs. 2).

Mit Ziffer 4 soll sichergestellt werden, dass die Arzneimittelkommissionen bei Universitätskliniken auch deren Aufgaben im Rahmen der universitären Forschung und Lehre berücksichtigen.

Der Abs. 4 legt fest, dass bei der Erarbeitung von Richtlinien über die Beschaffung und den Umgang mit Arzneimitteln neben den in Abs. 3 angeführten Grundsätzen auch auf die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit Bedacht zu nehmen ist. Im Zusammenhang mit der Ziffer 1 ist etwa vorzusehen, dass von mehreren im Preis gleichen Arzneimitteln das geeignetste oder von mehreren therapeutisch gleichwertigen Arzneimitteln jenes, das die geringsten Kosten verursacht, gewählt wird. Abs. 4 gilt nicht für private gewinnorientierte Krankenanstalten.

Die Grundsätze für den Arzneimitteleinsatz sollen auch für private Krankenanstalten, die ökonomischen Vorgaben allerdings nur für gemeinnützige Krankenanstalten gelten.

Vorstellbar im Zusammenhang mit Abs. 4 Z 3 ist, den Empfehlungen der Medikation an den weiterbehandelnden Arzt bzw. den/die Patienten/in selbst (im Arztbrief, Kurzbrief, Entlassungsbrief usw.) den Hinweis aufzunehmen, dass der weiterbehandelnde Arzt statt der konkreten Empfehlung ein gleich wirksames, aber anders benanntes Medikament verwenden kann, insbesondere um die Verunsicherung des/der Patienten/in auszuschließen.

Abs. 6 sieht vor, dass der Landesgesetzgeber nähere Vorschriften über die Arzneimittelkommission, insbesondere deren Zusammensetzung, über die Geschäftsordnung, die Einberufung der Kommission, die Verhandlungsführung sowie die von der Kommission allenfalls wahrzunehmenden Kontrollaufgaben erlassen kann. Die Zusammensetzung der Arzneimittelkommissionen hat deren Aufgabenstellung Rechnung zu tragen.

Abs. 7 verpflichtet die Landesgesetzgebung sicher zu stellen, dass die Mitglieder der Arzneimittelkommissionen bei der Ausübung ihres Amtes keinen Weisungen unterliegen.

Zu Art. 1 Z 3 (§ 27a Abs. 5 und 6):

Im Zusammenhang mit der verschuldensunabhängigen Patientenentschädigung ist nunmehr auch von PatientInnen der Sonderklasse ein Betrag von 0,73 € (10 S) pro Verpflegstag einzuheben.

Der für die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung zu verwendende Betrag gemäß § 27a in Verbindung mit § 40 Abs. 1 lit. d ist auch von Krankenanstalten einzuheben, die nicht über Landesfonds abgerechnet werden, etwa den Unfallkrankenanstalten der AUVA. Eine Entschädigung ist allerdings nur für PatientInnen von Fondskrankenanstalten möglich. Daher wird weiters klargestellt, dass die Entschädigung nunmehr den PatientInnen all jener Krankenanstalten zusteht, die dafür gemäß § 27a einen Beitrag einheben.

Hinsichtlich des Zeitpunktes der Inkraftsetzung dieser Bestimmungen wird davon ausgegangen, dass dieser zwischen den Ländern – wie schon bisher alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der verschuldensunabhängigen Patientenentschädigung – akkordiert wird.

Zu Art. 1 Z 5 (§ 29):

Auf Grund einer Beschwerde eines deutschen Staatsbürgers, der sich durch die Bezahlung einer Pflegegebühr für einen Aufenthalt seiner Ehefrau in einem österreichischen Krankenhaus, die höher als jene war, die einem österreichischen Selbstzahler verrechnet würde, im Sinne des Art. 6 EGV als diskriminiert erachtete, ersuchte die Kommission das damalige BMAGS um Stellungnahme.

In einer ersten Stellungnahme verwies das BMAGS darauf, dass die gegenständliche Angelegenheit nicht dem Gemeinschaftsrecht unterliege und daher eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 6 EGV nicht vorliegen könne.

Allerdings besteht nach ständiger Judikatur des EuGH diese nationale Autonomie nur insofern, als nicht andere Grundsätze des EG-Vertrages (wie eben zB die Dienstleistungsfreiheit) dadurch beeinträchtigt werden (hinsichtlich der Verneinung des Ausschlusses des gesamten Gesundheitsbereichs von der Niederlassungsfreiheit siehe zB das Urteil vom 7. Mai1986, Rechtssache C-131/85, Gül, Slg. 1986, 1573, aber hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit auch das Urteil in der Rechtssache Kohll vom 28. April 1998).

Während der Anlassfall bereinigt werden konnte (dem Beschwerdeführer wurde entsprechend weniger verrechnet), bestehen seitens der Kommission EU-rechtliche Bedenken gegen die angewandten Bestimmungen des Bundes- und des Landeskrankenanstaltengesetzes, da auch das Kriterium eines inländischen Wohnsitzes eine Beschränkung der Freizügigkeitsrechte, der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellen kann. Auf Grund dieser Bedenken leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein (Nr. 99/4064).

Nach Einholung einer Stellungnahme des betroffenen Bundeslandes und Befassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst wurde der EU-Kommission eine Stellungnahme übermittelt. In dieser wurde die österreichische Gesetzeslage und Vorgangsweise damit gerechtfertigt, dass Personen, die ihren Wohnsitz in Österreich haben, hier auch Steuern zahlen und die Errichtung sowie der Betrieb von Krankenanstalten etwa zur Hälfte aus Steuermitteln finanziert werden.

Allerdings unterscheiden sowohl das Bundes-KAG als auch die Landes-KAG zwischen nicht sozialversicherten ÖsterreicherInnen, die keinen Wohnsitz in Österreich haben, und nicht sozialversicherten EU-BürgerInnen ohne Wohnsitz in Österreich.

Der EuGH hat die passive Dienstleistungsfreiheit (wenn sich der Dienstleistungsempfänger in einen anderen Mitgliedstaat begibt) auch auf die Nachfrage nach medizinischen Leistungen ausgeweitet (vgl. zB Urteil vom 31. Jänner 1984, verbundene Rechtssachen C-286/82 und C-26/83, Luisi und Carbone, Slg. 1984, 379,). Weiters hat der EuGH, etwa in seinem Urteil vom 29. April 1999, Rechtssache C-224/97, Ciola, das Verbot ausgesprochen, für Dienstleistungsempfänger auf den Wohnort im Inland abzustellen. Aber auch in der Rechtssache Cowan hat der EuGH klar hinsichtlich des Verbotes der direkten Diskriminierung von Dienstleistungsempfängern auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit entschieden.

Im Lichte dieser Judikatur ist wohl auch die durch § 29 Abs. 2 Z 5 ermöglichte unterschiedliche Behandlung von EWR-Bürgern und ÖsterreicherInnen auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit und/oder das Abstellen auf den Wohnort im Inland nicht EU-rechtskonform. Dies betonten Vertreter der EU-Kommission auch in zwei „Paketsitzungen“. Nachdem seitens Österreich bis jetzt weder die beabsichtigte Änderung des § 29 Abs. 2 Z 5 noch ein konkreter Zeitplan für eine entsprechende Änderung vorgelegt werden konnte, hat die EU-Kommission gegen Österreich eine Klage beim EuGH eingebracht.

Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht ist bei einem Verfahren unter Umständen zu befürchten, dass die gesamte Tarifstruktur in Österreich auf dem Prüfstand stünde. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang relevant, dass für Sozialversicherte eine dritte Tarifstruktur besteht (Abrechnung über Landesfonds). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 3. Oktober 2000, Rs C-411/98, Ferlini, entschieden, dass unterschiedliche Tarife für Sozialversicherte und Nichtversicherte eine verbotene Diskriminierung darstellen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der EuGH im drohenden Vertragsverletzungsverfahren dieses Urteil anwenden würde und damit – bewusst oder unbewusst – Ausländern einen Anspruch auf Behandlung zu denselben Tarifen wie Sozialversicherten geben würde.

Die Tragweite eines solchen Urteils kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Betroffen wären dadurch nicht nur die Krankenanstalten, sondern sämtliche eigenen Einrichtungen der Sozialversicherungsträger bis hin möglicherweise zu den Tarifen für die Behandlung durch im medizinischen Bereich tätige Freiberufler (zB Ärzte). Auch wäre zu befürchten, dass möglicherweise die in der Rechtssache Ferlini noch nicht vom Gerichtshof behandelten Fragen des EG-Wettbewerbsrechts Berücksichtigung fänden (Kartell- oder Monopolverbot auch im Gesundheitsbereich?). Ein Urteil in diesem Zusammenhang würde das gesamte österreichische Gesundheitssystem in Gefahr bringen.

Daher ist eine entsprechende sofortige Korrektur der Rechtslage (Novellierung des KAG) und eine Vermeidung eines Urteils dringend notwendig. Dies insbesondere auch deswegen, weil eine Verurteilung Österreichs auf Grund der derzeit vorgesehenen höheren Tarife auch für EG-AusländerInnen ohne Wohnsitz in Österreich mit 99%iger Sicherheit erfolgen würde, da kaum EG-rechtlich haltbare Argumente für die Beibehaltung dieser Rechtslage ins Treffen geführt werden könnten.

Die Voraussetzung dafür, dass die EK die Klage nicht einbringt bzw. zurückzieht, ist die rasche Übermittlung eines konkreten Gesetzesvorschlages zur gemeinschaftsrechtskonformen Bereinigung der österreichischen Rechtslage verbunden mit einem Zeitplan hinsichtlich der Umsetzung. Die Möglichkeit einer allfälligen Klagsrücknahme durch die EK besteht bis zur mündlichen Verhandlung.

Da die meisten Bundesländer von der Möglichkeit, bestimmten EU-Bürgern für die Behandlung in österreichischen Krankenanstalten die tatsächlichen Behandlungskosten zu verrechnen, ohnehin keinen Gebrauch machen, ist eine Anpassung der Bestimmung an das EU-Recht ohne großen Aufwand möglich.

Hinsichtlich der dadurch entstehenden Mehrkosten bzw. Mindereinnahmen wird auf den Punkt „Kosten“ im allgemeinen Teil der Erläuterungen verwiesen.

 



Textgegenüberstellung

Geltende Fassung:

Vorgeschlagene Fassung:

Artikel 1

Artikel 1

(Grundsatzbestimmungen)

(Grundsatzbestimmungen)

§ 8c. Abs. 1 bis 3 und 5 bis 8 unverändert.

§ 8c. Abs. 1 bis 3 und 5 bis 8 unverändert

(4) Die Ethikkommission hat sich aus Frauen und Männern zusammenzusetzen und mindestens zu bestehen aus:

(4) Die Ethikkommission hat sich aus Frauen und Männern zusammenzusetzen und mindestens zu bestehen aus:

           1. bis 5. …

           1. bis 5. …

           6. einem Patientenvertreter (§ 11e) und

           6. einem Patientenvertreter (§ 11e),

           7. einer weiteren, nicht unter Z 1 bis 6 fallend Person, die mit der Wahrnehmung seelsorgerischen Angelegenheiten in der Krankenanstalt betraut ist oder sonst über die entsprechende ethische Kompetenz verfügt.

           7. einen Vertreter der organisierten Behinderten und


 

           8. einer weiteren, nicht unter Z 1 bis 6 fallend Person, die mit der Wahrnehmung seelsorgerischen Angelegenheiten in der Krankenanstalt betraut ist oder sonst über die entsprechende ethische Kompetenz verfügt.

 

Arzneimittelkommission

 

§ 19a. (1) Die Träger von Krankenanstalten haben hinsichtlich der Auswahl und des Einsatzes von Arzneimitteln Arzneimittelkommissionen einzurichten. Die Landesgesetzgebung kann vorsehen, dass eine Arzneimittelkommission auch für mehrere Krankenanstalten eingerichtet wird.

 

(2) Die Arzneimittelkommission hat insbesondere folgende Aufgaben:

 

           1. Erstellen einer Liste der Arzneimittel, die in der Krankenanstalt Anwendung finden (Arzneimittelliste);

 

           2. Adaptierung der Arzneimittelliste,

 

           3. Erarbeitung von Richtlinien über die Beschaffung von und den Umgang mit Arzneimitteln.

 

 

 

(3) Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hat die Arzneimittelkommission insbesondere nachstehende Grundsätze zu berücksichtigen:

 

           1. Für die Anwendung der Arzneimittel ist ausschließlich der Gesundheitszustand der Pfleglinge maßgeblich.

 

           2. Die Auswahl und Anwendung der Arzneimittel darf nur nach den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft erfolgen.

 

           3. Die Erstellung der Arzneimittelliste hat unter Bedachtnahme auf den Anstaltszweck und das Leistungsangebot so zu erfolgen, dass die gebotene Versorgung der Pfleglinge mit Arzneimitteln sicher gestellt ist.

 

           4. Bei Krankenanstalten, die ganz oder teilweise der Forschung und Lehre einer medizinischen Fakultät dienen, ist darüber hinaus zu gewährleisten, dass diese ihre Aufgaben auf dem Gebiet der universitären Forschung und Lehre uneingeschränkt erfüllen können.


 

(4) Bei der Erarbeitung von Richtlinien über die Beschaffung und den Umgang mit Arzneimitteln ist neben den Grundsätzen gemäß Abs. 3 auch auf die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit Bedacht zu nehmen, insbesondere, dass

 

           1. von mehreren therapeutisch gleichwertigen Arzneimitteln das ökonomisch günstigste gewählt wird;

 

           2. gegebenenfalls statt der Verordnung von Arzneimitteln überhaupt andere, therapeutisch gleichwertige Maßnahmen, die zweckmäßiger und wirtschaftlicher wären, ergriffen werden;

 

           3. bei der Verordnung von Arzneimitteln für die Versorgung nach der Entlassung von mehreren therapeutisch gleichwertigen Arzneimitteln das im Falle einer entgeltlichen Beschaffung ökonomisch günstigere gewählt und, wenn medizinisch vertretbar, das vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger herausgegebene Heilmittelverzeichnis und die darin enthaltenen Richtlinien für die ökonomische Verschreibweise berücksichtigt werden.

 

(5) Die Landesgesetzgebung hat die Träger von Krankenanstalten zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die in der Arzneimittelliste enthaltenen Arzneimittel in der Krankenanstalt Anwendung finden und dass bei Abweichung von der Arzneimittelliste im Einzelfall die medizinische Notwendigkeit dieser Abweichung der Arzneimittelkommission nachträglich zur Kenntnis zu bringen und zu begründen ist.

 

(6) Die Landesgesetzgebung kann nähere Vorschriften über die Arzneimittelkommission, insbesondere deren Zusammensetzung, über die Geschäftsordnung, die Einberufung der Kommission, die Verhandlungsführung sowie die von der Kommission allenfalls wahrzunehmenden Kontrollaufgaben erlassen.

 

(7) Die Arzneimittelkommission hat sich eine Geschäftsordnung zu geben. Weiters hat die Landesgesetzgebung sicher zu stellen, dass die Mitglieder der Arzneimittelkommissionen in Ausübung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen unterliegen.

§ 27a. (1) bis (4) …

§ 27a. (1) bis (4) …

(5) Zusätzlich zum Kostenbeitrag gemäß Abs. 1 und zum Beitrag gemäß § 2 ist für jeden Verpflegstag, für den ein Kostenbeitrag gemäß Abs. 1 eingehoben wird, ein Beitrag von 0,73 € einzuheben.

(5) Zusätzlich zum Kostenbeitrag gemäß Abs. 1 und zum Betrag gemäß Abs. 2 ist von sozialversicherten Pfleglingen der allgemeinen Gebührenklasse und von Pfleglingen der Sonderklasse ein Beitrag von 0,73 € einzuheben. Dieser Beitrag darf pro Pflegling für höchstens 28 Kalendertage in jedem Kalenderjahr eingehoben werden. Von der Beitragspflicht sind jedenfalls Personen, für die – abgesehen von der Sonderklassegebühr gemäß § 27 Abs. 4 Z 1 – bereits ein Kostenbeitrag nach anderen bundesgesetzlichen Regelungen geleistet wird, die Anstaltspflege im Fall der Mutterschaft, im Krankheitsfall im Zusammenhang mit der Mutterschaft oder als Folge der Niederkunft in Anspruch nehmen sowie jene Personen ausgenommen, für die eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist, wobei die Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die Art und Dauer der Erkrankung zu berücksichtigen sind.

(6) Der Betrag gemäß Abs. 5 wird von den Trägern der Krankenanstalten eingehoben und zur Entschädigung nach Schäden, die durch die Behandlung in Fondskrankenanstalten entstanden sind und bei denen eine Haftung des Rechtsträgers nicht eindeutig gegeben ist, zur Verfügung gestellt.

(6) Der Betrag gemäß Abs. 5 wird von den Trägern der Krankenanstalten eingehoben und zur Entschädigung nach Schäden, die durch die Behandlung in diesen Krankenanstalten entstanden sind und bei denen eine Haftung des Rechtsträgers nicht eindeutig gegeben ist, zur Verfügung gestellt.

§ 29. (1) …

§ 29. (1) …

(2) Weiters kann die Landesgesetzgebung bestimmen, dass die Landesregierung bei der Aufnahme fremder Staatsangehöriger statt LKF-Gebühren oder Pflege-(Sonder-)Gebühren sowie Kostenbeiträge die Bezahlung der tatsächlich erwachsenden Behandlungskosten vorsehen kann. Dies gilt nicht für

(2) Weiters kann die Landesgesetzgebung bestimmen, dass die Landesregierung bei der Aufnahme fremder Staatsangehöriger statt LKF-Gebühren oder Pflege-(Sonder-)Gebühren sowie Kostenbeiträge die Bezahlung der tatsächlich erwachsenden Behandlungskosten vorsehen kann. Dies gilt nicht für

           1. bis 4. …

           1. bis 4. …

           5. Personen, die Staatsangehörige von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) sind und die in Österreich einen Wohnsitz haben.

           5. Personen, die Staatsangehörige von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) sind.

§ 40. (1) Für die Einrichtung und den Betrieb privater Krankenanstalten gelten die Bestimmungen der Hauptstücke A und B zur Gänze und die des Hauptstücks C wie folgt:

§ 40. (1) Für die Einrichtung und den Betrieb privater Krankenanstalten gelten die Bestimmungen der Hauptstücke A und B zur Gänze und die des Hauptstücks C wie folgt:

                a) und b) …

                a) und b) …

                c) Die §§ 16, 23 Abs. 1, 24 Abs. 1 zweiter und dritter Satz, 24 Abs. 2 und 4, 26, 27, 32 und 35 Abs. 3.

                c) Die §§ 16,19a, ausgenommen Abs. 4, 23 Abs. 1, 24 Abs. 1 zweiter und dritter Satz, 24 Abs. 2 und 4, 26, 27, 32 und 35 Abs. 3.

               d) Die §§ 27a und 28 Abs. 3 finden nur für gemeinnützige Krankenanstalten (§ 16) Anwendung

               d) Für gemeinnützige Krankenanstalten (§ 16) finden darüber hinaus auch die §§ 19a Abs. 4, 27a und 28 Abs. 3 Anwendung.

(2) …

(2) …