Vorblatt

Problem:

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Iran werden gegenwärtig noch durch kein Abkommen vor dem Eintritt internationaler Doppelbesteuerungen geschützt. Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen macht jedoch den Abschluss eines solchen Abkommens erforderlich.

Ziel:

Durch das Abkommen soll die auf Grund der Überschneidung der nationalen Steuerrechte Österreichs und dem Iran bewirkte Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in einer den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens und der internationalen Steuervertragspraxis entsprechenden Weise beseitigt werden.

Inhalt:

Das Doppelbesteuerungsabkommen orientiert sich inhaltlich an Grundsätzen, die vom Fiskalausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet wurden und mittlerweile internationale Anerkennung gefunden haben.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Attraktivität Österreichs als Zielland für Investitionen wird erhöht, weil das Abkommen durch die verbindliche Regelung über die Aufteilung der Besteuerungsrechte und über die Methode der Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung jene Rechtssicherheit gewährleistet, die ein wesentliches Entscheidungskriterium für en unternehmerisches Engagement darstellt.

Finanzielle Auswirkungen:

Negative finanzielle Auswirkungen des Abkommens auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Das Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich zum Abschluss solcher Abkommen zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das vorliegende Abkommen ist ein gesetzändernder Staatsvertrag und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Überdies ist gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, da Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden. Es hat nicht politischen Charakter und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Alle seine Bestimmungen sind zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich ausreichend determiniert, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

Mit der Islamischen Republik Iran besteht derzeit keine Regelung zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Angesichts der wachsenden Wirtschaftsbeziehungen Österreich zu diesem Staat ist die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerungen durch den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vordringlich geworden. Es soll damit auch der Standort Österreich für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem Staat gestärkt werden.

Es wurden daher am 21. Jänner 2002 in Wien Verhandlungen mit dem Iran aufgenommen, die zur Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfes eines Doppelbesteuerungsabkommens geführt haben.

Das Abkommen folgt in allen wesentlichen Punkten dem Konzept des OECD-Musterabkommens (im Folgenden „OECD-MA“). Das Abkommen wird für Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Geltung haben. Die Betriebstättendefinition folgt mit einer einzigen Ausnahme (Auslieferungslager gelten als Betriebstätte) der Definition des OECD-MA. Die betriebstättenbegründende Baustellenfrist beträgt daher in OECD-konformer Weise zwölf Monate. Die Betriebstättenregel betreffend die Besteuerung gewerblicher Gewinne folgt ebenfalls dem OECD-Konzept. Das Besteuerungsrecht des Quellenstaates bei Dividenden ist auf 5% (im Schachtelverhältnis bei 25%iger Mindestbeteiligung) bzw. auf 10% (im Streubesitzfall) eingeschränkt. Das Quellenbesteuerungsrecht für Zinsen ist mit 5% begrenzt, wobei es jedoch gelungen ist, weitreichende Steuerbefreiungen im Quellenstaat (für Exportförderungskredite und vor allem für Zwischenbankzinsen) auszuverhandeln. Das Quellenbesteuerungsrecht für Lizenzgebühren beträgt ebenfalls 5%. Als Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird österreichischerseits grundsätzlich die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt sowie auf iranischer Seite die Anrechnungsmethode vorgesehen. Die steuerliche Amtshilfe wird auf den „kleinen“ Informationsaustausch (zur bloßen Abkommensanwendung) eingeschränkt. In den als travaux préparatoires maßgeblichen Agreed Minutes bekannte sich die iranische Seite zur Anwendung des OECD-Kommentars bei der Auslegung der OECD-konformen Bestimmungen des Abkommens.

Im Zuge der Verhandlungen ist es gelungen, in allen wesentlichen Bereichen günstigere oder zumindest nicht schlechtere Bedingungen auszuverhandeln, als sie iranischerseits anderen DBA-Partnerstaaten zugestanden worden sind. Dem Vernehmen nach wird das österreichisch-iranische Doppelbesteuerungsabkommen das erste vom Iran ausverhandelte neuere Abkommen mit einem EU-Staat sein, was Österreich angesichts der günstigen Eckdaten des Abkommens zweifellos einen Standortvorteil gegenüber den anderen EU-Staaten verschaffen kann.

Mit dem In-Kraft-Treten des Staatsvertrages werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Das Abkommen ist ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit auf natürliche und juristische Personen anzuwenden, die in einem der beiden Staaten gemäß Art. 4 ansässig sind.

Zu Art. 2:

In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für alle in beiden Vertragsstaaten in Geltung stehenden oder künftig erhobenen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Zu Art. 3:

Dieser Artikel enthält die in Doppelbesteuerungsabkommen üblichen OECD-konformen Begriffsumschreibungen.

Zu Art. 4:

Diese Bestimmungen enthalten in Abs. 1 die OECD-Grundsätze für die Umschreibung des Begriffes der Ansässigkeit. Die Abs. 2 und 3 sehen die OECD-konformen Lösungen für Ansässigkeitskonflikte bei natürlichen Personen (Abs. 2) und bei juristischen Personen (Abs. 3) vor.

Zu Art. 5:

Dieser Artikel beinhaltet in grundsätzlich OECD-konformer Fassung die Definition des Begriffes der „Betriebstätte“. Montagebetriebstätten (einschließlich Überwachungstätigkeiten) gelten ab einer Dauer von mehr als zwölf Monaten als Betriebstätte. Abweichend vom OECD-Konzept fallen Auslieferungslager nicht unter die Ausnahmetatbestände der Betriebstätte (Abs. 4 lit. a und b).

Zu Art. 6:

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen in dem Staat besteuert, in dem sich das betreffende Vermögen befindet.

Zu Art. 7:

Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte an gewerblichen Gewinnen gilt die allgemein anerkannte OECD-Regel, derzufolge gewerbliche Gewinne, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dort nur insoweit besteuert werden dürfen, als sie einer in diesem Staat gelegenen Betriebstätte zurechenbar sind. Hiefür sind der Betriebstätte jene Gewinne zuzurechnen, die sie unabhängig von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, hätte erzielen können (Fremdenverhaltensgrundsatz).

Zu Art. 8:

Diese Bestimmungen sehen in Anlehnung an die international übliche Zuteilung der Besteuerungsrechte vor, dass Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen nur in dem Staat besteuert werden dürfen, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel befasst sich mit verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle). Er sieht in OECD-konformer Weise vor, dass in diesen Fällen die Steuerbehörden eines Vertragsstaats Gewinnberichtigungen vornehmen dürfen, wenn wegen der besonderen Beziehungen zwischen den Unternehmen nicht die tatsächlichen steuerlichen Gewinne ausgewiesen werden.

Zu Art. 10:

Das Besteuerungsrecht für Dividenden wird in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem der Dividendenempfänger ansässig ist (Ansässigkeitsstaat). Daneben wird auch dem Quellenstaat der Dividenden ein (eingeschränktes) Besteuerungsrecht zugeteilt, welches im Fall von Portfoliodividenden mit 10% und im Fall von Schachteldividenden bei einem Beteiligungsverhältnis von mindestens 25% mit 5% begrenzt wird.

Die in Abs. 3 vorgesehene Definition des Begriffes „Dividenden“ ist OECD-konform.

Auch der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen.

Abs. 5 schließt die so genannte „exterritoriale Dividendenbesteuerung“ aus.

Zu Art. 11:

Das Besteuerungsrecht für Zinsen wird OECD-konform dem Ansässigkeitsstaat des Zinsenempfängers zugewiesen (Abs. 1). Daneben wird gemäß Abs. 2 auch dem Quellenstaat der Zinsen ein mit 5% begrenztes Besteuerungsrecht eingeräumt.

Abs. 3 sieht eine Quellensteuerfreiheit für Zinsen im öffentlichen Bereich vor. Darüber hinaus sieht Abs. 3 Quellensteuerfreiheit für Zwischenbankenzinsen und für Zinsen aus Exportförderungskrediten vor. Art. 11 gilt ohne ausdrückliche Erwähnung auch für Anteile eines echten stillen Gesellschafters.

Zu Art. 12:

Das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren wird dem Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebührenempfängers zugewiesen (Abs. 1). Daneben wird gemäß Abs. 2 auch dem Quellenstaat der Lizenzgebühren ein mit 5% begrenztes Besteuerungsrecht eingeräumt. Der Lizenzgebührenbegriff in Abs. 3 ist weiter gefasst als im OECD-Musterabkommen und umfasst Vergütungen für die Benutzung oder das Rechte auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen.

Zu Art. 13:

Dieser Artikel enthält in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem OECD-MA die üblichen Regelungen für die Besteuerung der Gewinne aus Vermögensveräußerungen. Für die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Transportmitteln im internationalen See- und Luftverkehr ist – entsprechend der Regelung in Art. 8 – der Sitzstaat des Transportunternehmens besteuerungsberechtigt.

Zu Art. 14:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dürfen dort insoweit besteuert werden, als sie einer in diesem Staat gelegenen festen Einrichtung zuzurechnen sind. Die Zuteilungsregel folgt damit den OECD-Grundsätze, wie sie m OECD-MA vor 2000 vorgesehen waren und auch in alle älteren Abkommen Österreichs Eingang gefunden haben.

Zu den Art. 15, 18 und 19:

In diesen Artikeln ist die Aufteilung der Besteuerungsrechte an Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geregelt. Nach Art. 15 werden private Aktivbezüge, das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 19 fallen, im Allgemeinen in jenem Staat besteuert, in dem die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird. Art. 15 Abs. 2 enthält hiebei die Ausnahmebestimmung für kurzfristige Auslandstätigkeit.

In Anwendung der OECD-Grundsätze ist gemäß Art. 18 das Besteuerungsrecht für private Ruhebezüge (das sind solche die nicht unter Art. 19 fallen) und für Sozialversicherungspensionen dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen.

Aktiv- und Ruhebezüge, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, dürfen gemäß den in Art. 19 übernommenen OECD-Grundsätzen im Allgemeinen nur in jenem Staat besteuert werden, in dem sich die auszahlende öffentliche Kasse befindet. Diese Regelung steht unter Ortskräftevorbehalt (Abs. 1 lit. b). Abs. 1 gilt auch für die Mitglieder der Außenhandelsstellen der Vertragsstaaten.

Zu Art. 16:

Das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge wird entsprechend dem OECD-Musterab­kommen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem die Gesellschaft, die die Aufsichtsratsbezüge auszahlt, ihren Sitz hat.

Zu Art. 17:

Für die Besteuerung der Künstler und Sportler werden die OECD-Grundsätze übernommen. Danach steht jenem Staat das Besteuerungsrecht zu, in dem der Künstler oder Sportler persönlich auftritt (Abs. 1). Dieses Quellenbesteuerungsrecht geht auch dadurch nicht verloren, dass die Einkünfte nicht unmittelbar dem Künstler oder Sportler sondern einem zwischengeschalteten Rechtsträger zufließen (Abs. 2). Abs. 3 sieht Steuerfreiheit im Quellenstaat für öffentlich geförderte Kultur- oder Sportveranstaltungen vor. Durch eine Protokollbestimmung wird klargestellt, dass die Steuerbefreiung von öffentlich geförderten Kulturveranstaltungen im Quellenstaat nicht nur für die einzelnen Mitwirkenden, sondern auch für die dahinter stehenden Trägerkörperschaften von Orchestern und Theatern gilt.

Zu Art. 20:

Durch diese Bestimmung werden auf OECD-Basis die den Auslandsstudenten aus dem Ausland zufließenden Zuwendungen steuerfrei gestellt.

Zu Art. 21:

Dieser Artikel sieht in OECD-konformer Weise vor, dass dem Ansässigkeitsstaat des Einkommensempfängers das Besteuerungsrecht an allen Einkünften zugewiesen wird, für die im Abkommen keine besondere Zuteilungsregel vorgesehen ist.

Entsprechend der Fassung des österreichischen Musterabkommens sieht Abs. 3 Steuerfreistellung von bestimmten Zahlungen im Rahmen gesetzlicher Versorgungsrechtsansprüche im Ansässigkeitsstaat vor, wenn diese Zahlungen nach dem Recht des Quellenstaats von der Besteuerung ausgenommen sind. Durch eine Protokollbestimmung wird ausdrücklich geregelt, dass die in Abs. 3 genannten (in beiden Staaten von der Besteuerung ausgenommen) Einkünfte auch nicht für Zwecke des Progressionsvorbehalts (vgl. Art. 23 Abs. 3) herangezogen werden dürfen.

Zu Art. 22:

Dieser Artikel regelt in OECD-konformer Weise die Besteuerung des Vermögens. Dabei werden die für die Besteuerung der Einkünfte maßgeblichen Grundsätze auch auf die Besteuerung des jeweils zugehörigen Vermögens übertragen.

Zu Art. 23:

In diesem Artikel werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird:

Österreich wendet hiebei auf OECD-Grundlage die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt an. Nur im Falle von Quellenbesteuerungsrechten für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, wird die Doppelbesteuerung nach der Anrechnungsmethode vermieden.

Der Iran wendet das Anrechnungsverfahren an.

Zu Art. 24:

Dieser Artikel enthält die OECD-konformen Regelungen über das Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Abs. 1) oder der Kapitalbeteiligung (Abs. 4). Desgleichen ist eine Diskriminierung von Betriebstätten ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen untersagt (Abs. 2).

Das Diskriminierungsverbot gilt für Steuern jeder Art und Bezeichnung (Abs. 5).

Zu Art. 25:

Die Vorschriften dieses Artikels enthalten die international üblichen Grundsätze über das in Streit- oder Zweifelsfällen durchzuführende Verständigungsverfahren.

Zu Art. 26:

Dieser Artikel sieht vor, dass sich die beiden Vertragsstaaten auf OECD-Grundlage verpflichten, alle Auskünfte auszutauschen, die für die richtige Durchführung des Abkommens erforderlich sind („kleiner“ Informationsaustausch).

Zu Art. 27:

Dieser Artikel regelt in klarstellender Weise das Verhältnis des Doppelbesteuerungsabkommens zu den völkerrechtlich privilegierten Personen.

Zu Art. 28 und 29:

Diese Bestimmungen betreffen den zeitlichen Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens.