Vorblatt

Problem:

Derzeit fehlt eine Rechtsgrundlage für den Amtshilfeverkehr in Zollsachen mit dem Iran auch im nicht vergemeinschafteten Bereich, um die Erfassung der Waren im grenzüberschreitenden Verkehr und die Erhebung der Abgaben zu verbessern sowie den Schmuggel von Waren einschließlich Drogen entschiedener zu bekämpfen.

Ziel:

Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Zollverwaltungen ist das Mittel, diese Bemühungen wirksamer zu gestalten. Da der Wirtschaftsverkehr mit der Islamischen Republik Iran zunimmt und der Iran die Handelsbeziehungen zu EU-Staaten intensivieren will, bestand auf beiden Seiten großes Interesse am Zustandekommen des Abkommens.

Inhalt:

Das Abkommen sieht eine umfassende Zusammenarbeit (Amtshilfeleistung) der beiden Zollverwaltungen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten vor; ausgenommen bleibt jedoch vor allem die Amtshilfe zur Einbringung von Abgaben und anderen Geldleistungen sowie die justitielle Rechtshilfe.

Alternative:

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der EU:

Der Abschluss bilateraler Zollamtshilfeabkommen ist EU-konform. Eine Unterrichtung der Europäischen Kommission ist erst nach In-Kraft-Treten des Abkommens vorzunehmen.

Auswirkungen auf Beschäftigung und Wirtschaftsstandort in Österreich:

Es sind keine Auswirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten. Dem Wirtschaftstandort Österreich kann eine bessere Zollkooperation insofern dienlich sein, als Schmuggelimporte hintangehalten werden.

Budgetäre Auswirkungen:

Die Gewährung von Amtshilfe an den Iran wird in Folge der Bearbeitung von Aktenvorgängen nicht konkret messbare Kosten bei Personal- und Sachaufwand verursachen, denen aber in jenen Fällen, in denen eingeholte Auskünfte aus dem Iran zum Abschluss von Abgaben- und Finanzstrafverfahren führen, Einnahmen in nicht vorhersehbarer Höhe gegenüber stehen. Insgesamt ist von einer Kostenneutralität auszugehen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das vorliegende Abkommen ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung des Nationalrates. Es hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Einer Zustimmung des Bundesrates im Sinne des Art. 50 Abs. 1, zweiter Satz, B-VG bedarf es nicht, da keine Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden.

Alle seine Bestimmungen sind der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

Die Zusammenarbeit der Zollverwaltungen zweier oder mehrerer Staaten durch gegenseitige Leistung von Amtshilfe ist ein Mittel, die Erfassung der Waren im grenzüberschreitenden Verkehr und die richtige Erhebung der Zölle und sonstigen Abgaben zu verbessern sowie den auf vielen Gebieten zunehmend festgestellten, eindeutig in organisierter Weise betriebenen Schmuggel entschiedener bekämpfen zu können. Besonders von illegalen Aktivitäten betroffene Warenkreise sind Alkohol, Tabakwaren, Fleisch, Butter und Drogen. In Österreich liegt das Interesse an einem Amtshilfeverkehr in Zollsachen mit dem Iran auch in dem Umstand, dass der Wirtschaftsverkehr zunimmt.

Der Regelungsbereich des Abkommens fällt, soweit nicht auch der vergemeinschaftete Zollbereich abgedeckt wird, in die Zuständigkeit der EG-Mitgliedstaaten. Das Abkommen sieht aber explizit vor, dass die finanziellen Interessen der Europäischen Kommission im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten unberührt bleiben.

Das vorliegende Abkommen erfüllt die gesteckten Ziele und trägt der zunehmenden Internationalisierung der Handelsströme und der damit verbundenen organisierten Zollzuwiderhandlungen Rechnung.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

In Art. 1 werden verschiedene Begriffe definiert. Als Zollverwaltung im Sinne des Abkommens werden österreichischerseits das Bundesministerium für Finanzen und iranischerseits die Iranische Zollverwaltung bestimmt. Die Definition der Zollvorschriften entspricht den schon in bilateralen Amtshilfeabkommen bestehenden und üblichen Regelungen. Auch die Definitionen „ersuchende Behörde“, „ersuchte Behörde“, „Zollzuwiderhandlung“, „Person“ und „personenbezogene Daten“ entsprechen bereits bisher üblichen Formulierungen. Die Definitionen „Auskunft“ und „Information“ tragen der Unterscheidung zwischen verarbeiteten und nicht verarbeiteten Daten Rechnung. Die Definitionen „Suchtgift“, „psychotrope Substanzen“ und „Vorläuferstoffe“ richten sich nach den einschlägigen UN-Konventionen. Bezüglich illegaler Warensendungen und insbesondere der erwähnten Sucht- und Vorläuferstoffe kann auch nach Z 13 eine „kontrollierte Lieferung“ durchgeführt werden.

Zu Art. 2:

Abs. 1 definiert die Zollgebiete der Vertragsparteien (in Österreich das Anwendungsgebiet nach § 3 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes, BGBl. Nr. 659/1994) als territoriale Anwendungsgebiete des Abkommens. Abs. 2 bestimmt als Ziele der gegenseitigen Amtshilfe die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts und die Verhinderung, Ermittlung und Bekämpfung von Zollzuwiderhandlungen. Abs. 3 stellt neben der Beachtung der nationalen Rechtsvorschriften auch auf den Rahmen der rechtlichen und faktischen Möglichkeiten und die Mittel der ersuchten Zollverwaltung ab. Abs. 4 regelt, dass die nach Abs. 2 erteilten Auskünfte in Amtshilfeverfahren nicht nur in Verwaltungs- und Ermittlungsverfahren, sondern auch in gerichtlichen Verfahren verwendet werden dürfen. Abs. 5 schließt die Festnahme von Personen sowie die Einhebung von Abgaben und sonstigen Beträgen von der Amtshilfe im Sinne des vorliegenden Abkommens aus.

Zu Art. 3:

Nach Abs. 1 werden Auskünfte zur Erreichung des Zieles des Abkommens sowohl auf Ersuchen als spontan erteilt. Abs. 2 legt fest, das Ersuchen um Amtshilfe faktisch und rechtlich genau so bearbeitet werden, als ob es um die Vollziehung nationaler Bestimmungen ginge.

Zu Art. 4:

Hier sind Auskunftspflichten sowohl über nationale Zollregelungen und Verfahren als auch über Instrumentarien im Zollbereich, Trends und Schmuggelmethoden als auch über Handlungen, Waren und Transportmittel im Zusammenhang mit einer begangenen oder möglicherweise begangenen oder zukünftigen Zollzuwiderhandlung festgelegt.

Zu Art. 5:

Insbesonders sollen Auskünfte über die Kongruenz von Warenbewegung erteilt werden, ob Einfuhren jeweils ordnungsgemäße Ausfuhren und umgekehrt gegenüber stehen, wobei auch Angaben hinsichtlich des angewendeten Zollverfahrens zu machen sind.

Zu Art. 6:

Auf Ersuchen werden Auskünfte erteilt oder zollamtliche Überwachungen durchgeführt hinsichtlich von:

-      Personen, die derartige Zollzuwiderhandlungen begehen oder in Verdacht stehen sie zu begehen,

-      Transportsendungen und Beförderungsmittel, bei denen Kenntnis oder der Verdacht besteht, dass sie Gegenstand und Mittel zur Begehung von Zollzuwiderhandlungen sind sowie

-      für die Begehung von Zollzuwiderhandlungen benützten Örtlichkeiten, wobei es sich zumeist um Warenlager handeln wird.

Zu Art. 7:

Nach Absatz 1 sind auch Auskünfte über Geschäftsvorgänge zu erteilen, die eine Zollzuwiderhandlung darstellen oder darstellen könnten.

Abs. 2 legt in Fällen, die eine schwere Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellen könnten, eine spontane Informationspflicht fest.

Zu Art. 8:

Originaldokumente dürfen nur in besonderen Fällen verlangt werden. Üblicherweise sollen beglaubigte oder amtsbeglaubigte Ablichtungen übermittelt werden. Erklärende Hinweise sind anzuschließen.

Zu Art. 9:

Zollorgane können auf Ersuchen in einem Verfahren im anderen Vertragsstaat als Sachverständiger aussagen und die notwendigen Zollunterlagen vorlegen, wenn sie von ihrer Zollverwaltung ermächtigt werden. Das Ersuchen um Aussage muss gemäss Abs. 2 exakt konkretisiert sein.

Zu Art. 10:

Die Ersuchen um Amtshilfe werden direkt von den Zollverwaltungen in schriftlicher Form gestellt. Mündliche Ersuchen bedürfen einer umgehenden schriftlichen Bestätigung. Die Übermittlung in elektronischer Form ist zulässig.

Zu Art. 11:

Sofern die ersuchte Zollverwaltung die gewünschten Informationen nicht besitzt, hat sie die Schritte zu ihrer Beschaffung zu unternehmen einschließlich der Befassung einer anderen zuständigen Stelle und der Befragung von Dritten, ansonsten aber mitzuteilen, welche nationale Behörde zuständig ist.

Zu Art. 12:

Abs. 1 sieht vor, dass mit Zustimmung der ersuchten Zollverwaltung Zollorgane der ersuchenden Zollverwaltung in Unterlagen Einsicht nehmen und Ablichtungen herstellen dürfen sowie bei Durchführung der Ermittlungen anwesend sein können, wobei sie aber nur eine beratende Stellung haben und keine amtlichen Befugnisse ausüben dürfen. Dabei dürfen sie unter Assistenz der Beamten des Gebietsstaates auch Räumlichkeiten betreten und Dokumente einsehen.

Nach Abs. 2 müssen sie sich jederzeit ausweisen können.

Nach Abs. 3 wird ein gleichwertiges Schutzniveau wie für die Beamten des Gebietsstaates festgelegt und eine Verantwortlichkeit für allenfalls begangene Straftaten vorgesehen.

Zu Art. 13:

Abs. 1 enthält die allgemeine Datenschutzbestimmung, dass erteilte Auskünfte genau so wie innerstaatliche Auskünfte geschützt werden.

Abs. 2 sieht einen gleichwertigen Datenschutzstandard auf bilateraler Ebene als Voraussetzung für die Übermittlung von Auskünften vor und bestimmt, dass der Datenschutzannex ein integraler Bestandteil des Abkommens ist.

Abs. 3 regelt, dass erhaltene Informationen ausschliesslich für die in diesem Abkommen bestimmten Zwecke einschliesslich der wegen Zollzuwiderhandlungen eingeleiteten Verfahren verwendet werden dürfen.

Nach Abs. 4 muss die vorherige Zustimmung der die Auskunft erteilenden Behörde eingeholt werden, wenn erteilte Auskünfte für andere Zwecke als im Ersuchen ausgeführt verwendet werden sollen.

Abs. 5 sieht vor, dass der Umstand, dass eine Auskunft im Rahmen dieses Abkommens übermittelt wurde, die österreichische Zollverwaltung nicht daran hindert, diese Information gegebenenfalls im Rahmen ihrer Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Kommission an diese weiterzuleiten.

Zu Art. 14:

Eine Zusammenarbeit ist auch bei der Durchführung von kontrollierten Lieferungen vorgesehen (siehe die Definition in Art. 1 Z 13).

Abs. 2 legt fest, dass die Entscheidung über die Durchführung einer kontrollierten Lieferung in jedem Einzelfall zu treffen ist und im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften und Verfahren beider Vertragsparteien und für Zwecke strafrechtlicher Ermittlungen zu erfolgen hat. Zur Durchführung einer kontrollierten Lieferung im Sinne dieses Abkommens bedarf es in Österreich der Zustimmung der zuständigen Justizbehörde und der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit im Bundesministerium für Inneres.

Der Inhalt illegaler Warensendungen kann gemäß Abs. 3 auch gänzlich oder teilweise entfernt oder ersetzt werden.

Zu Art. 15:

Dieser Artikel regelt Amtshilfeverweigerungsgründe, wobei Abs. 1 die allgemeinen Gründe wie die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder andere wesentliche öffentliche Interessen sowie die Gefahr der Verletzung von gesetzlich geschützten Betriebs-, Geschäfts- oder Berufsgeheimnissen anführt.

Abs. 2 regelt den Fall, wenn ein Amtshilfeersuchen laufende nationale Ermittlungen oder Verfahren stören würde, und sieht in diesem Fall bilaterale Konsultationen vor.

Nach Abs. 3 ist die Verweigerung von Amtshilfe oder ihre zeitliche Verschiebung unverzüglich zu begründen.

Abs. 4 sieht vor, dass nur insoweit ein Anspruch auf Amtshilfe besteht, als es sich um Ersuchen handelt, die auch die ersuchende Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit leisten könnte.

Zu Art. 16:

Außer den Kosten für Sachverständige sowie für nicht der Verwaltung angehörende Dometscher und Übersetzer wird kein Kostenersatz geleistet. Sollten aber besonders hohe Kosten bei Erledigung des Ersuchens anfallen, so nehmen die Zollverwaltungen Kontakt auf.

Zu Art. 17:

Nach Abs. 1 ist ein unmittelbarer Verkehr zwischen den zuständigen Behörden vorgesehen. Nach Abs. 2 dürfen einvernehmlich Durchführungsbestimmungen festgelegt werden.

Gemäß Abs. 3 und 4 sollen Meinungsverschiedenheiten auf Ebene der Zollverwaltungen ausgeräumt werden, erst dann soll der diplomatische Weg beschritten werden.

Zu Art. 18 bis 20:

Diese Artikel enthalten die üblichen Schlussbestimmungen des In-Kraft-Tretens, der Kündigung und hinsichtlich einer allfälligen Revision des Abkommens.