Vorblatt

Problem:

Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs wurde von Österreich am 28. Dezember 2000 ratifiziert. Es wird im Hinblick auf die am 11. April 2002 erfolgte Hinterlegung der 60. Ratifikations­urkunde am 1. Juli 2002 in Kraft treten. Das Statut verpflichtet die Vertragsstaaten, mit dem Internationalen Strafgerichtshof umfassend zusammenzuarbeiten. Darunter fällt insbesondere die Verpflichtung zur Rechtshilfeleistung und zur Überstellung von Beschuldigten. Darüber hinaus kann die Bereitschaft erklärt werden, verurteilte Personen zum Strafvollzug zu übernehmen. Um diesen Zusammenarbeitsverpflichtungen vollinhaltlich nachkommen zu können, ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Zwar wird das Statut infolge Ratifikation durch Österreich nach dessen In-Kraft-Treten unmittelbar anwendbar sein und sind die Bestimmungen, insbesondere Teile 9 (Internationale Zusammenarbeit) und 10 (Vollstreckung), klar genug ausgestaltet, um auch direkt angewandt zu werden. Im Interesse der Rechtssicherheit und leichteren Lesbarkeit durch den Rechtsanwender erscheint die Umsetzung in einem eigenen Bundesgesetz dennoch angezeigt, zumal einzelne Bestimmungen des Statuts durch die Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs noch näher determiniert werden. Soweit dies mit den Bestimmungen des Statuts vereinbar ist, wurden die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten vom 13. Juni 1996, BGBl. Nr. 263/1996, sinngemäß übernommen.

Problemlösung:

Schaffung eines Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof.

Alternativen:

Keine.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Notwendigkeit der Annahme der §§ 7, 19, 37 und 44 im Verfassungsrang.

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Kosten:

Die Anwendung der Bestimmungen zur Erfüllung der Österreich treffenden völkerrechtlichen Verpflichtungen wird zu (sehr begrenzten) Mehrausgaben des Bundes führen. Solche Mehrausgaben werden hauptsächlich durch die Bereitschaft verursacht, vom Internationalen Strafgerichtshof verurteilte Personen zum Strafvollzug zu übernehmen. Derzeit ist nicht absehbar, wieviele Personen vom Internationalen Strafgerichtshof zu Freiheitsstrafen verurteilt werden und welche von ihnen zum Strafvollzug nach Österreich überstellt werden. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass jährlich Kosten für höchstens fünf Strafgefangene zusätzlich anfallen werden. Die Mehrkosten werden demnach 109 000 Euro nicht übersteigen und im Budget des Bundesministeriums für Justiz bedeckt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bisher zwei von den Ad-hoc-Tribunalen für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda verurteilte Person zum Strafvollzug nach Österreich überstellt wurden.

Verhältnis zu EU-Recht:

Durch diesen Gesetzentwurf wird EU-Recht nicht berührt.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs wurde am 17. Juli 1998 von einer von den Vereinten Nationen einberufenen diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz angenommen.

Das Statut sieht die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs vor, dem Gerichtsbarkeit über die nachstehenden Verbrechen zukommen soll:

      Völkermord;

      Verbrechen gegen die Menschlichkeit; und

      Kriegsverbrechen.

Grundsätzlich wurde dem Gerichtshof auch Jurisdiktion über das Verbrechen des Angriffskriegs (Aggression) übertragen, doch kommt deren Ausübung erst in Betracht, wenn dieses Verbrechen im Zuge einer Ergänzung des Statuts anlässlich einer Überprüfungskonferenz näher definiert und Einigung über die Rolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen im Zusammenhang mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit über dieses Verbrechen erzielt wird.

Dem Statut liegt der Gedanke zu Grunde, dass in erster Linie die Staaten selbst berufen sind, ihre Gerichtsbarkeit über die gegenständlichen Verbrechen auszuüben. Dementsprechend besteht Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofs nur für den Fall, dass die primär zur Strafverfolgung zuständigen Staaten dazu nicht Willens oder nicht in der Lage sind (so genannter Grundsatz der Komplementarität).

Das Statut tritt drei Monate nach Hinterlegung der 60. Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen in Kraft. Bisher wurde das Statut von 139 Staaten unterzeichnet und von [67] Staaten, darunter Österreich, ratifiziert. Die österreichische Ratifikationsurkunde wurde am 28. Dezember 2000 hinterlegt. Im Hinblick auf die am 11. April 2002 erfolgte Hinterlegung der 60. Ratifikationsurkunde wird das Statut am 1. Juli 2002 in Kraft treten.

Mit dem gegenständlichen Bundesgesetz sollen völkerrechtliche Verpflichtungen, die sich aus dem Statut ergeben, insbesondere jene zur Rechtshilfeleistung und zur Überstellung von Beschuldigten an den Internationalen Strafgerichtshof, umgesetzt und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, vom Gerichtshof verurteilte Personen zum Strafvollzug zu übernehmen.

Ähnliche Verpflichtungen ergeben sich aus den Statuten der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit Resolution 827 (1993), BGBl. Nr. 37/1995, und Resolution 955 (1994) nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen errichteten Ad-hoc-Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda. Deren Umsetzung erfolgte durch Bundesgesetz vom 13. Juni 1996 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, BGBl. Nr. 263/1996 (in der Folge: ZiGG).

Zwar wird das Statut infolge Ratifikation durch Österreich nach seinem In-Kraft-Treten unmittelbar anwendbar sein und sind die Bestimmungen, insbesondere der Teile 9 (Internationale Zusammenarbeit) und 10 (Vollstreckung), klar genug ausgestaltet, um gegebenenfalls auch direkt angewandt zu werden, doch erscheint es im Interesse der Rechtssicherheit und leichteren Lesbarkeit für den Rechtsanwender angezeigt, das Statut in einem eigenen Bundesgesetz umzusetzen, zumal einzelne Bestimmungen durch die Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs eine nähere Ausgestaltung erfahren.

Das vorliegende Bundesgesetz folgt weitgehend den im ZiGG enthaltenen Regelungen. Die notwendigen Abweichungen ergeben sich aus dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Sie betreffen vor allem das Verfahren zur Überstellung Beschuldigter an den Gerichtshof und sind eine Folge des zuvor erwähnten Grundsatzes der Komplementarität. Auf Grund dessen besteht für die Staaten (und die Beschuldigten) die Möglichkeit, die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs im Hinblick auf die Ausübung nationaler Gerichtsbarkeit über das in Betracht kommende Verbrechen zu bestreiten.

Auf Grund dieser und weiterer Abweichungen kann nicht mit einer bloßen Novellierung des ZiGG das Auslangen gefunden werden. Vielmehr erweist sich die Schaffung eines gesonderten Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof als erforderlich. Eine solche scheint auch deshalb zweckmäßig, weil es sich beim Internationalen Strafgerichtshof – anders als bei den Ad-hoc-Tribunalen – nicht um ein vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen errichtetes Organ, sondern um einen durch völkerrechtlichen Vertrag geschaffenen ständigen Gerichtshof handelt, der überdies nicht nur zur Untersuchung und Verfolgung spezieller Situationen, sondern zur (wenngleich nur komplementären) Verfolgung und Bestrafung sämtlicher unter seine Gerichtsbarkeit fallenden Verbrechen zuständig ist.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Diese Bestimmung enthält die Definition des Begriffs „Internationaler Strafgerichtshof“. Entsprechend Art. 34 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998, BGBl. (in der Folge: Statut), wird festgelegt, dass diese Bezeichnung auch die nach dem Statut errichteten Kammern und die Anklagebehörde, die Mitglieder dieser Einrichtungen sowie das Präsidium und die Kanzlei umfasst. Eine gleichartige Regelung ist in § 1 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1996 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, BGBl. Nr. 263/1996 (in der Folge: ZiGG), enthalten.

Zu § 2:

Abs. 1 statuiert die umfassende Verpflichtung sämtlicher Bundesorgane zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof nach Maßgabe des Statuts und der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs in der jeweils gültigen Fassung. Die einzelnen Formen der Zusammenarbeit werden in Abs. 2 nur demonstrativ aufgezählt. Eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit auch für Landes- und Gemeindeorgane ist nur in der Verfassungsbestimmung des § 19 Abs. 1 normiert.

Die Weitergabe von Informationen, also die Übermittlung und Überlassung von Daten jeder Art, an den Internationalen Strafgerichtshof wird im Hinblick auf die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes ausdrücklich erwähnt. Da die Republik Österreich vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 72, 73 und 93 Abs. 4 des Statuts zur Weitergabe derartiger Informationen völkerrechtlich verpflichtet ist, kommt jedenfalls § 32 Abs. 2 Z 1 Datenschutzgesetz zur Anwendung, wonach ein genehmigungsfreier Datenverkehr vorliegt. Das Statut und die Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs sehen im Übrigen Bestimmungen zum Schutz der Opfer und Zeugen vor, wodurch schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nach Abwägung mit den Rechten des Beschuldigten gewahrt werden können.

Abs. 3 legt die subsidiäre Geltung des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1979 über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl. Nr. 529/1979 (in der Folge: ARHG), fest.

Ähnliche Regelungen sind in § 2 ZiGG enthalten. Der gegenständliche Entwurf geht allerdings darüber hinaus, weil nach dem Statut auch die Verpflichtung zur Vollstreckung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Geldstrafen und vermögensrechtlichen Anordnungen besteht.

Zu § 3:

Diese Bestimmung verweist auf die in Art. 5 des Statuts statuierte (komplementäre) Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs für die Verfolgung und Bestrafung der Delikte des Völkermords, der Kriegsverbrechen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Deliktstatbestände ergeben sich aus Art. 6 bis 8 des Statuts. Nach Art. 25 des Statuts führt auch jede Form der Anstiftung und Beihilfe zur persönlichen Verantwortlichkeit des Täters im Rahmen der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs.

Zu § 4:

Dem Statut liegt der Gedanke zugrunde, dass in erster Linie die Staaten selbst berufen sind, Gerichtsbarkeit über die gegenständlichen Verbrechen auszuüben. Dementsprechend besteht Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofs nach Art. 17 Abs. 1 lit. a und b des Statuts nur für den Fall, dass die primär zur Strafverfolgung zuständigen Staaten nicht Willens oder nicht in der Lage sind, die Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen (Grundsatz der Komplementarität).

Grundsätzlich kann daher konkurrierende Zuständigkeit zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und den österreichischen Gerichten bestehen.

Aus der in Art. 20 des Statuts enthaltenen „ne bis in idem“-Bestimmung ergibt sich allerdings, dass niemand wegen eines der in Art. 5 des Statuts bezeichneten Verbrechen, dessentwegen er vom Gerichtshof bereits verurteilt oder freigesprochen wurde, vor ein nationales Gericht gestellt werden darf. Diese Bindungswirkung tritt nach rechtskräftiger Verfahrensbeendigung durch den Internationalen Strafgerichtshof ein.

Zu § 5:

Diese Bestimmung ist ein Ausfluss des erwähnten Grundsatzes der Komplementarität. Sie sieht für den Fall der Beanspruchung der Zuständigkeit für ein Verfahren durch den Internationalen Strafgerichtshof die Möglichkeit vor, die österreichische Zuständigkeit nach Art. 18 des Statuts geltend zu machen oder eine Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens oder der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs nach Art. 19 des Statuts vorzunehmen. Bei der vorgesehenen Erklärung des Bundesministers für Justiz handelt es sich um eine prozessuale Erklärung vergleichbar den Prozesshandlungen vor EuGH und EGMR und nicht um einen Akt der Vertretung nach außen im Sinne des Art. 65 B-VG.

Abs. 2 führt jene Fälle an, in welchen eine Verpflichtung zur Anfechtung der Zulässigkeit durch Österreich besteht. Zu diesem Zweck ist in Abs. 3 vorgesehen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft dem Bundesministerium für Justiz gemäß § 8 StAG über anhängige Strafverfahren wegen strafbarer Handlungen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen, zu berichten hat.

Abs. 2 Z 2 sieht in Anlehnung an den Text von § 16 Abs. 2 Z 2 ARHG die Möglichkeit vor, von einer Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens abzusehen, wenn das Strafverfahren durch den Internationalen Strafgerichtshof erheblich leichter durchgeführt werden könnte. Zu denken wäre etwa an den Fall, in dem sich das zuständige österreichische Gericht vor Beweisschwierigkeiten sieht, weil sich die Beweismittel überwiegend im Ausland befinden, oder an den Fall, dass der Person neben der dem Überstellungsersuchen zu Grunde liegenden Tathandlung weitere Delikte zur Last liegen, deren gemeinsame Aburteilung durch den Internationalen Strafgerichtshof aus Gründen der Wahrheitsfindung oder der Strafzumessung zweckmäßig erscheint (vgl. § 56 StPO).

Im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 82 Abs. 1 lit. a des Statuts besteht gegen die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs über die Zulässigkeit Beschwerdemöglichkeit. Das wird in Abs. 4 klargestellt.

Für den Fall, dass eine Anfechtung der Zulässigkeit oder der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs nicht erfolgt oder der Internationale Strafgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass seine Zuständigkeit vorliegt, sind alle in Österreich gewonnenen Ermittlungsergebnisse auch ohne besonderes Ersuchen an den Gerichtshof weiterzuleiten. Zu diesem Zweck hat das Gericht eine vollständige Aktenablichtung unter Anschluss allfälliger Beweismittel dem Bundesministerium für Justiz zum Zweck der Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof vorzulegen. Das österreichische Strafverfahren ist zunächst vorläufig einzustellen. Kommt es in der Folge im Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu einer anderen verfahrensbeendenden Entscheidung als einem Schuld- oder Freispruch, so ist das österreichische Strafverfahren nach Abs. 6 beschlussmäßig fortzusetzen.

Zu § 6:

Art. 14 des Statuts sieht die Unterbreitung „einer Situation, in der es den Anschein hat, dass ein oder mehrere der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegende Verbrechen begangen wurden“, durch einen Vertragsstaat an den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs vor.

Festzuhalten ist, dass die Staaten dem Internationalen Strafgerichtshof nach Art. 14 des Statuts keine einzelnen Fälle unterbreiten können, sondern nur Sachverhalte, die Fälle umfassen können.

§ 6 Abs. 1 ermächtigt die Österreichische Bundesregierung, derartige Sachverhalte dem Gerichtshof zur Kenntnis zu bringen.

In Abs. 2 wird klargestellt, dass die Unterbreitung eines Sachverhalts an den Internationalen Strafgerichtshof nicht in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens nach § 5 Abs. 2 vorliegen.

Zu § 7:

Der Wortlaut des Statuts (Art. 89 Abs. 1) lässt keinen Zweifel darüber offen, dass alle Staaten verpflichtet sind, gegebenenfalls auch eigene Staatsangehörige an den Internationalen Strafgerichtshof zu überstellen. Dem gegenüber verbieten die im Verfassungsrang stehenden Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1 und 44 ARHG die Auslieferung und Durchlieferung eigener Staatsbürger. Obgleich sich insbesondere aus den in Art. 102 des Statuts enthaltenen Definitionen ergibt, dass es sich bei der Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof um ein Rechtsinstitut sui generis handelt, welches von der Maßnahme der Auslieferung nach dem ARHG zu unterscheiden ist, scheint die Klarstellung angebracht, dass auch österreichische Staatsbürger an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt werden können. Dies gilt auch für die allfällige Durchlieferung bzw. Durchbeförderung österreichischer Staatsbürger durch Österreich zum Zwecke der Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof oder an einen Staat, der die Strafvollstreckung übernommen hat. Entsprechende Regelungen sind in § 5 ZiGG enthalten. Gleiches muss auch für den Vollzug der vom Internationalen Strafgerichtshof allenfalls über österreichische Staatsbürger verhängten Freiheitsstrafen gelten. Flieht daher eine solche Person aus der zur Vollstreckung über sie verhängten Freiheitsstrafe nach Österreich, so kann sie trotz österreichischer Staatsbürgerschaft wiederum an jenen Staat übergeben werden, der die Strafvollstreckung übernommen hat.

Zu § 8:

Diese Bestimmung enthält eine Geschäftswegsregelung für den Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof. Dabei wird entsprechend § 6 ZiGG festgelegt, dass dieser grundsätzlich unter Vermittlung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten stattfindet.

In dringenden Fällen ist der unmittelbare Verkehr der österreichischen Behörden mit dem Internationalen Strafgerichtshof oder der Verkehr im Weg der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) zulässig. Überdies wird festgelegt, dass die Ersuchen in derartigen Fällen per Telefax oder E-Mail übermittelt werden können. Die auf diese Weise übermittelten Ersuchen müssen allerdings auf dem ordentlichen Weg bestätigt werden, wodurch die notwendige Sicherheit gewährleistet wird. Die gesamte kriminalpolizeiliche Amtshilfe für den Internationalen Strafgerichtshof findet ebenfalls auf dem INTERPOL-Weg statt, sofern nicht der Gerichtshof das Ersuchen auf dem normalen Geschäftsweg an die österreichischen Behörden gerichtet hat.

Auch wenn sich der Internationale Strafgerichtshof in dringenden Fällen unmittelbar an die zuständigen österreichischen Behörden gewandt hat, sind die Erledigungsakten im Wege des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten zurückzustellen. Dadurch wird sowohl eine allfällige Zweigleisigkeit verhindert, als auch eine Koordination des Verkehrs mit dem Internationalen Strafgerichtshof ermöglicht.

In Abs. 4 wird entsprechend der österreichischen Erklärung zu Art. 87 Abs. 2 des Statuts festgelegt, dass den Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und den zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen beglaubigte Übersetzungen in die deutsche Sprache anzuschließen sind. Dem gegenüber bedürfen Erledigungen von Ersuchen und Aktenablichtungen zum Zweck der Verfahrensabtretung an den Internationalen Strafgerichtshof keiner Übersetzung.

Zu § 9:

Diese Bestimmung statuiert in Umsetzung insbesondere der Art. 72, 93 Abs. 3 und 98 des Statuts die Verpflichtung, mit dem Internationalen Strafgerichtshof Konsultationen zum Zweck der Regelung der Angelegenheit zu führen, wenn die Erledigung eines Ersuchens Problemen begegnet. Dies gilt insbesondere in den in Abs. 1 angeführten Fällen, die für den Fall, dass die Angelegenheit im Zuge der Konsultationen nicht bereinigt werden kann, zu einer Ablehnung des Ersuchens berechtigen, was nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Durch die Konsultationen soll der Gerichtshof in die Lage versetzt werden, das Ersuchen in einer Weise abzuändern, dass dessen problemlose Erledigung ermöglicht wird. Im Hinblick darauf, dass die praktische Handhabung insbesondere der in Z 2 bis 4 angeführten Fälle mit Schwierigkeiten verbunden sein könnte und auch eine politische Entscheidung beinhaltet, wird in Abs. 4 festgelegt, dass in derartigen Fällen der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten über die Ablehnung des Ersuchens entscheidet, woraus sich konkludent auch die jeweilige Zuständigkeit zur Durchführung der Konsultationen ergibt. Im Fall des Ablehnungsgrundes der Gefährdung der nationalen Sicherheit erstreckt sich die Einvernehmensherstellung auch auf die sachlich zuständigen Bundesminister für Inneres bzw. für Landesverteidigung. Es versteht sich von selbst, dass der Internationale Strafgerichtshof von einer allfälligen Ablehnung des Ersuchens unter Angabe der Gründe in Kenntnis zu setzen ist.

Zu § 10:

Abs. 1 dieser Bestimmung stellt entsprechend der Regelung von Art. 100 Abs. 1 des Statuts klar, dass die Kosten der Erledigung von Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs von der Republik Österreich zu tragen sind. Die zulässigen Ausnahmen werden in Z 1 bis 5 angeführt, doch kann auf die Geltendmachung dieser Kosten gegenüber dem Gerichtshof unter bestimmten Voraussetzungen verzichtet werden. Von praktischer Bedeutung erscheint die Generalklausel des Abs. 1 Z 5, die es ermöglicht, die zum Teil kostspieligen Untersuchungshandlungen (etwa Telefonüberwachungen oder Videokonferenzen) dem Internationalen Strafgerichtshof nach Konsultationen in Rechnung zu stellen.

Nach Abs. 3 finden die in Abs. 1 enthaltenen Regelungen auf Ersuchen österreichischer Gerichte um Rechtshilfeleistung durch den Internationalen Strafgerichtshof sinngemäß Anwendung.

Zu § 11:

Dieser Artikel statuiert entsprechend Art. 87 Abs. 3 des Statuts die grundsätzliche Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung von Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und der angeschlossenen Unterlagen.

Zu § 12:

Dieser Artikel enthält Regelungen für ein freies Geleit von Personen, die vom Internationalen Strafgerichtshof aus dem Ausland geladen worden sind. Sie haben das Recht auf freie Durchreise durch das Gebiet der Republik Österreich. Im Fall bestehender Fahndungsmaßnahmen wird das Bundesministerium für Inneres rechtzeitig zu verständigen sein, um den erforderlichen Widerruf der Ausschreibung vornehmen zu können.

Die Einführung besonderer fremdenpolizeilicher Bestimmungen erscheint nicht erforderlich. Auch bei bestehenden Aufenthaltsverboten wird den erwähnten Personen die Wiedereinreise in das Bundesgebiet gemäß § 23 Abs. 2 Fremdengesetz zum Zweck der Durchreise nach Den Haag zu ermöglichen sein. Im Übrigen werden Sichtvermerksversagungsgründe nach § 10 Abs. 1 Z 2 bis 7 Fremdengesetz mit Rücksicht auf die Verpflichtung der Republik Österreich zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof nicht vorliegen, weshalb auch ein öffentliches Interesse anzunehmen ist, geladenen Personen einen Sichtvermerk zur Durchreise durch die Republik Österreich zu erteilen.

Ein Missbrauch des freien Geleits soll durch seine strenge zeitliche Begrenzung ausgeschlossen werden. Es entfällt, wenn der Internationale Strafgerichtshof um Festnahme der geladenen Person ersucht.

Eine entsprechende Bestimmung ist in § 8 ZiGG enthalten.

Zu § 13:

Abs. 1 dieser Bestimmung statuiert in Umsetzung der Regelung von Art. 99 Abs. 4 des Statuts das Recht des Internationalen Strafgerichtshofs auf Durchführung selbständiger Ermittlungen auf österreichischem Hoheitsgebiet, sofern diese keine Zwangsmaßnahmen erfordern. In Betracht kommt insbesondere die Erlangung einer Zeugenaussage auf freiwilliger Basis oder die Durchführung eines Augenscheins an einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ort. Einer besonderen Bewilligung der Dienstverrichtung der Mitglieder und Erhebungsbeamten des Internationalen Strafgerichtshofs bedarf es in solchen Fällen nicht. Derartige Ermittlungshandlungen sind den österreichischen Behörden lediglich im Voraus zu notifizieren. Die Vornahme von Zwangsmaßnahmen kommt hingegen ausschließlich auf Grund eines Rechtshilfeersuchens des Gerichtshofs in Betracht, das bei Zulässigkeit der Rechtshilfe von den zuständigen österreichischen Behörden zu erledigen ist.

Nach Abs. 2 wird dem Internationalen Strafgerichtshof die in Art. 3 Abs. 2 des Statuts vorgesehene Möglichkeit eingeräumt, in Österreich Verhandlungen durchzuführen. Einem derartigen Ersuchen kann nur für den Fall widersprochen werden, dass schwere Bedenken im Hinblick auf die Sicherheit der Republik Österreich oder des Gerichtshofs bestehen. Hierüber hat der BM für auswärtige Angelegenheiten zu entscheiden.

Entsprechende Regelungen sind in § 9 ZiGG enthalten.

Zu § 14:

Abs. 1 stellt in Umsetzung von Art. 99 Abs. 1 des Statuts entsprechend § 58 ARHG klar, dass die Rechtshilfe grundsätzlich nach den in Österreich geltenden Vorschriften durchzuführen ist. Die Ablehnungsgründe des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 ARHG finden dabei keine Anwendung. Ersucht der Internationale Strafgerichtshof allerdings um Einhaltung bestimmter, vom österreichischen Verfahren abweichender Formvorschriften, so ist diesem Ersuchen zu entsprechen, wenn diese Vorgänge mit den Grundsätzen des österreichischen Strafverfahrensrechts vereinbar sind.

Nach § 55 Abs. 1 ARHG sind für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen die Gerichte zuständig. Eine Befassung des Rechtshilfegerichts kann jedoch unterbleiben, wenn der Internationale Strafgerichtshof um kriminalpolizeiliche Erhebungen oder Auskünfte ersucht. Darunter fällt insbesondere die Ermittlung von Personen und ihres Aufenthalts.

Über Ersuchen ist die Teilnahme von Mitgliedern und Erhebungsbeamten des Internationalen Strafgerichtshofs an den von den österreichischen Behörden durchzuführenden Rechtshilfehandlungen zulässig. Zu diesem Zweck sind diese von Ort und Zeitpunkt der Durchführung der Rechtshilfehandlung zu verständigen.

Entsprechende Regelungen sind in § 10 ZiGG enthalten.

Zu § 15:

Abs. 1 dieser Bestimmung führt jene Fälle an, die entsprechend Art. 94 f des Statuts zu einem Aufschub der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens berechtigen. Abs. 3 stellt klar, dass in einem derartigen Fall einem Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um Maßnahmen zur Beweissicherung dennoch zu entsprechen ist.

Zu § 16:

Grundsätzlich trifft alle Personen, die vom Internationalen Strafgerichtshof geladen worden sind, die Verpflichtung zum Erscheinen vor dem Gerichtshof. Allerdings enthält das Statut keine Verpflichtung der Staaten, auf freiem Fuß befindliche Personen festzunehmen und dem Internationalen Strafgerichtshof zwangsweise vorzuführen. Die zwangsweise Vorführung von Zeugen innerhalb Österreichs auf Grund eines Rechtshilfeersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs wird dadurch allerdings nicht ausgeschlossen.

Ladungen an in Österreich befindliche Zeugen und Sachverständige kann der Internationale Strafgerichtshof im Wege der Post unmittelbar zustellen. Um diesen Personen die Anreise zum Gerichtshof zu ermöglichen, ist ihnen über Ersuchen vom österreichischen Gericht ein Vorschuss auf die Reisekosten anzuweisen.

Entsprechende Regelungen sind in § 11 ZiGG enthalten.

Bei der in § 16 Abs. 1 vorgesehenen Zustellung auf dem Postweg handelt es sich um ein Recht des Gerichtshofs. Diesem steht es frei, auf dem in § 8 vorgesehenen Geschäftsweg um Veranlassung der Zustellung zu ersuchen (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. d des Statuts).

Der Internationale Strafgerichtshof hat der Zeugenladung entsprechend Regel 190 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs eine Abschrift von Regel 74 betreffend Selbstbelastung in einer Sprache, die der Zeuge vollständig versteht und spricht, anzuschließen. Diese Regel ermöglicht es dem Internationalen Strafgerichtshof, eine Person zur Aussage zu verhalten, auch wenn sie sich dadurch der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen könnte, weil ihr im Gegenzug zugesichert wird, dass sie für die betreffende Aussage vom Gerichtshof nicht strafrechtlich verfolgt werden wird. Gerade in Österreich, welches derartige Regelungen nicht kennt, ist es von Bedeutung, dass die vorgeladene Person auf diese Möglichkeit hingewiesen wird.

Nach Art. 93 Abs. 2 des Statuts ist der Internationale Strafgerichtshof zur Abgabe der Zusicherung berechtigt, dass ein vor dem Gerichtshof erscheinender Zeuge oder Sachverständiger wegen einer vor seiner Ausreise aus dem ersuchten Staat begangenen Handlung nicht verfolgt, in Haft genommen oder sonstigen persönlichen Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit unterworfen wird (so genanntes freies Geleit). Eine derartige Zusicherung ist über Ersuchen der betreffenden Person, des Beschuldigten oder seines Verteidigers durch das Bundesministerium für Justiz einzuholen.

Zu § 17:

Diese Bestimmung führt entsprechend Art. 55 Abs. 2 des Statuts die Rechte verdächtiger Personen, die auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs vernommen werden sollen, und die Pflicht zur Belehrung hierüber an. Diesbezüglich ist insbesondere auf das nach Abs. 1 Z 4 vorgesehene Recht hinzuweisen, in Anwesenheit eines Verteidigers vernommen zu werden, sofern der Verdächtige nicht ausdrücklich und freiwillig darauf verzichtet hat. Ein entsprechendes Recht ist in der österreichischen Strafprozessordnung derzeit nicht enthalten. Hinsichtlich der Möglichkeit des Verdächtigen, sich während der Vernehmung mit dem Verteidiger zu besprechen, wird auf § 245 Abs. 3 StPO verwiesen.

Zu § 18:

Dieser Artikel regelt die in Art. 93 Abs. 1 lit. f des Statuts vorgesehene Überstellung von Häftlingen an den Internationalen Strafgerichtshof zu Beweiszwecken. Diesbezüglich kommen die Bestimmungen des § 54 ARHG sinngemäß zur Anwendung. Die Überstellung eines verhafteten Zeugen kommt daher unter anderem nur in Betracht, wenn dieser der Überstellung zustimmt. Die Zustimmung zur Überstellung ist allerdings nicht erforderlich, wenn sich die zu überstellende Person auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um Übernahme der Strafvollstreckung in Österreich in Haft befindet (Regel 193 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs).

Zu § 19:

Dem Internationalen Strafgerichtshof wird grundsätzlich Einsicht in österreichische Akten gewährt sowie die Anfertigung von Aktenabschriften ermöglicht. Im Hinblick darauf, dass nach § 2 Abs. 1 alle österreichischen Behörden die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof haben, ist auch die Einsicht in Akten der Länder und der Gemeinden denkbar, weshalb die gegenständliche Bestimmung entsprechend § 12 ZiGG als Verfassungsbestimmung ausgestaltet werden soll.

Für Akten, die die Sicherheit des Staates betreffen, wurde allerdings entsprechend Art. 72 in Verbindung mit Art. 93 Abs. 4 des Statuts eine Ausnahmebestimmung geschaffen. Dabei ist abzuwägen, ob bestehende Geheimhaltungsinteressen die Interessen an der Übersendung an den Internationalen Strafgerichtshof beträchtlich überwiegen. Ist dies der Fall, so ist der Gerichtshof um Zusicherung der Geheimhaltung und um Bekanntgabe zu ersuchen, in welcher Weise die Geheimhaltung gewahrt werden wird.

Abs. 4 ermöglicht es, die Akteneinsicht und die Übermittlung von Aktenabschriften abzulehnen, wenn die Geheimhaltung nicht gewährleistet werden kann und für den Fall der Offenbarung zu besorgen wäre, dass die Sicherheit des Staates beeinträchtigt würde. Die Entscheidung darüber ist vom Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem sachlich zuständigen Bundesminister zu treffen.

Die entsprechenden Regelungen finden auch Anwendung, wenn eine Person auf Grund eines Rechtshilfeersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs vernommen wird und die Aussage mit der Begründung verweigert, damit die Offenlegung vertraulicher Informationen betreffend die nationale Sicherheit verhindern zu wollen.

Zu § 20:

Diese Bestimmung enthält Regelungen für den Fall, dass der Internationale Strafgerichtshof um Rechtshilfe durch Übermittlung von Aktenabschriften oder Informationen ersucht, die den österreichischen Behörden von anderen Staaten oder internationalen Organisationen unter dem Vorbehalt der Vertraulichkeit überlassen worden sind. Dabei wird entsprechend Art. 73 des Statuts festgelegt, dass derartige Unterlagen dem Gerichtshof nur mit Zustimmung des Herkunftsstaates bzw. der Herkunftsorganisation übermittelt werden dürfen.

Zu § 21:

Diese Bestimmung ermächtigt die österreichischen Gerichte, den Internationalen Strafgerichtshof entsprechend Art. 93 Abs. 10 des Status um Rechtshilfeleistung in Strafverfahren wegen unter die Jurisdik­tion des Gerichtshofs fallender Verbrechen oder anderer schwerer Delikte nach österreichischem Recht zu ersuchen. Derartige Ersuchen sind dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof vorzulegen. Den Ersuchen und angeschlossenen Unterlagen sind beglaubigte Übersetzungen in eine der Arbeitssprachen des Gerichtshofs, dh. in die englische oder französische Sprache, anzuschließen.

Praktische Bedeutung kommt der Bestimmung insbesondere im Fall einer Zuständigkeitsentscheidung zugunsten der Republik Österreich zu, weil damit sämtliche vom Internationalen Strafgerichtshof gesammelten Unterlagen auch im österreichischen Strafverfahren zur Verfügung stehen.

Zu § 22:

Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um Festnahme oder Haftanordnungen des Gerichtshofs, die den Mindestanforderungen zur Fahndung entsprechen, sind zum Anlass einer Ausschreibung der gesuchten Person im Inland zu nehmen. Die Ausschreibung ist durch das Bundesministerium für Inneres zu veranlassen, welches in Zweifelsfällen in sinngemäßer Anwendung der Fahndungsvorschrift im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Justiz vorzugehen hat.

Im Fall der Ausforschung der gesuchten Person ist das zuständige Gericht zwecks Entscheidung über die Anordnung der vorläufigen Verwahrung zu befassen. Im Hinblick auf die subsidiäre Anwendbarkeit der StPO (vgl. § 2 Abs. 3) kommt unter den Voraussetzungen des § 177 StPO auch ein selbsttätiges Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Betracht.

Entsprechend der Regelung des § 27 Abs. 2 ARHG kann die Befassung des zuständigen Gerichts unterbleiben, wenn die gesuchte Person weder österreichischer Staatsbürger ist noch Grund zur Annahme besteht, dass sie sich in Österreich aufhält.

Eine gleichartige Vorschrift ist in § 13 ZiGG enthalten.

Zu § 23:

Dieser § 14 ZiGG nachgebildete Artikel regelt das Anbot der Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof. Durch den entsprechend Art. 102 des Statuts verwendeten Ausdruck „Überstellung“ wird klargestellt, dass die Überstellung von Beschuldigten an den Internationalen Strafgerichtshof anderen Grundsätzen folgt als der Auslieferungsverkehr zwischen gleichberechtigten Staaten.

Im Auslieferungsverkehr hat sich die Einrichtung des Anbots der Auslieferung bewährt. Dadurch kann schon in einem sehr frühen Verfahrensstadium die Frage geklärt werden, ob eine Auslieferung der betroffenen Person in Betracht kommt. Auch im Verhältnis zum Internationalen Strafgerichtshof ist daher das Anbot der Überstellung von Personen, die im Verdacht stehen, strafbare Handlungen begangen zu haben, die in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fallen, vorgesehen. Dabei wird für den Fall, dass sich der Beschuldigte in Haft befindet, analog der Bestimmung des § 28 Abs. 1 ARHG festgelegt, dass für die    Übermittlung des Überstellungsersuchens eine angemessene Frist zu setzen ist. Im Hinblick auf Regel 188 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs kommt dabei eine Frist von 60 Tagen in Betracht.

Ersucht der Internationale Strafgerichtshof nicht um Überstellung, so bewirkt dies allerdings keine subsidiäre Gerichtsbarkeit nach § 65 Abs. 1 Z 2 StGB. Unabhängig davon ist österreichische Gerichtsbarkeit jedoch dann gegeben, wenn für das betreffende Delikt universelle Jurisdiktion besteht.

Durch Abs. 3 wird klargestellt, dass neben dem Anbot der Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof auch dem Tatortstaat die Auslieferung anzubieten ist. Auch die Vorschriften über die vorläufige Auslieferungshaft, wie sie in § 29 Abs. 1 ARHG vorgesehen ist, bleiben unberührt. Voraussetzung ist aber, dass am Tatort eine geordnete Strafrechtspflege stattfinden kann und ein geregelter Auslieferungsverkehr mit dem Tatortstaat möglich ist.

Im Gegensatz zu § 29 Abs. 1 ARHG sieht der Entwurf keine vorläufige Haft ohne entsprechendes Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs vor. Liegen daher die Voraussetzungen des Abs. 1 vor und ersucht der Internationale Strafgerichtshof nicht um Festnahme oder Überstellung, so kommen die Bestimmungen des § 29 Abs. 1 ARHG zur Anwendung und es kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die vorläufige Auslieferungshaft für eine allfällige Auslieferung der in Österreich betretenen Person an den Tatortstaat verhängt werden.

Zu § 24:

Voraussetzung für eine vorläufige Überstellungshaft nach § 24 ist ein darauf gerichtetes Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs, mit dem nicht gleichzeitig um die Überstellung der gesuchten Person ersucht wird. (Dem gegenüber setzt die Überstellungshaft nach § 26 Abs. 1 ein Ersuchen des Gerichtshofs um Festnahme und Überstellung unter Anschluss der in Art. 91 des Statuts angeführten Unterlagen voraus.) Eine derartige Möglichkeit ist in Art. 92 Abs. 1 des Statuts vorgesehen. Ein Ersuchen des Gerichtshofs um Fahndung zur Festnahme (§ 22) beinhaltet konkludent ein Ersuchen um vorläufige Festnahme für den Fall der Betretung der gesuchten Person im Inland.

Die materiellen Haftvoraussetzungen richten sich ausschließlich nach den Vorschriften über die Untersuchungshaft. So sind sowohl der Tatverdacht als auch die Haftgründe in gleicher Weise zu prüfen, als hätten sich die vom Internationalen Strafgerichtshof mitgeteilten Tatsachen in Österreich ereignet.

Ebenso wie bei der Überstellungshaft nach § 26 kommen bei der vorläufigen Überstellungshaft die Haftfristen des § 181 StPO zur Anwendung Durch die uneingeschränkte Geltung der Strafprozessordnung sind auch die Anwendung gelinderer Mittel und der Erlag von Sicherheitsleistungen grundsätzlich zulässig. Diesbezüglich sind allerdings die Regelungen des § 26 Abs. 5 bis 7 zu beachten.

Abs. 2 regelt das Verhältnis der vorläufigen Überstellungshaft zu anderen Haftarten. Wenn die Haftzwecke durch gleichzeitige Strafhaft, Untersuchungshaft oder Auslieferungshaft erreicht werden können, geht eine solche Haft der vorläufigen Überstellungshaft vor. Letzterer kommt daher subsidiärer Charakter zu, wie dies etwa auch für die Auslieferungshaft nach § 29 Abs. 1 ARHG gilt. Befindet sich eine vom Internationalen Strafgerichtshof zur vorläufigen Festnahme gesuchte Person in Österreich bereits in Straf-, Untersuchungs- oder Auslieferungshaft, so ist ein vorläufiges Überstellungsverfahren einzuleiten und sind in analoger Anwendung des § 25 der Auslieferungs- und Rechtshilfeverordnung (ARHV) die dort bezeichneten Gerichte und Behörden zu verständigen, damit im Falle der Aufhebung der Haft die vorläufige Überstellungshaft verhängt werden kann.

In Abs. 3 wird entsprechend Art. 92 Abs. 3 des Status in Verbindung mit Regel 188 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs festgelegt, dass die vorläufige Überstellungshaft aufgehoben werden kann, wenn das formelle Überstellungsersuchen nicht innerhalb von 60 Tagen ab dem Zeitpunkt der vorläufigen Festnahme übermittelt wird. Festzuhalten ist, dass das Statut für einen solchen Fall keine Verpflichtung zur Aufhebung der vorläufigen Überstellungshaft enthält. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in jenen Fällen, in denen sich das Einlangen des formellen Überstellungsersuchens lediglich um kurze Zeit verzögert, nicht notwendiger Weise mit einer Enthaftung der festgenommenen Person vorzugehen ist. Eine allfällige Enthaftung steht allerdings einer neuerlichen Festnahme und Überstellung nicht entgegen, wenn das Überstellungsersuchen zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt wird.

Abs. 4 enthält die üblichen Verständigungsvorschriften, die es dem Internationalen Strafgerichtshof ermöglichen sollen, auf Haftentscheidungen der österreichischen Gerichte entsprechend zu reagieren.

Ähnliche Regelungen sind in § 16 ZiGG enthalten. Die bestehenden Abweichungen ergeben sich aus dem Statut.

Zu § 25:

Nach dieser Bestimmung besteht entsprechend Art. 92 Abs. 3 des Statuts die Möglichkeit, die festgenommene Person für den Fall ihrer Zustimmung bereits auf Grund des Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um vorläufige Festnahme an den Gerichtshof zu überstellen (so genannte vereinfachte Überstellung). In einem derartigen Fall ist die Übermittlung des formellen Überstellungsersuchens durch den Internationalen Strafgerichtshof entbehrlich.

Abweichend zu § 32 Abs. 2 ARHG wird in Abs. 2 festgelegt, dass die Einwilligung zur vereinfachten Überstellung nicht widerrufen werden kann. Hierüber ist die Person vom Untersuchungsrichter zu belehren.

Zu § 26:

Diese Bestimmung stellt das Kernstück der Regelungen zur Überstellung von Beschuldigten an den Internationalen Strafgerichtshof gemäß Art. 89 Abs. 1 des Statuts dar. Sie ist insoweit § 16 ZiGG nachgebildet, als die Durchführung eines Auslieferungsverfahrens im herkömmlichen Sinne nicht vorgesehen ist. Vielmehr hat der U-Richter bei Vorliegen eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um Festnahme und Überstellung unter der Voraussetzung der Identität zwischen der festgenommenen und der gesuchten Person grundsätzlich die Überstellung anzuordnen. Nicht maßgeblich ist das Vorliegen der üblicherweise geforderten beiderseitigen Strafbarkeit, weil es sich bei den unter die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallenden Delikten um besonders schwere Verbrechen handelt, die völkerrechtlich als solche anerkannt sind. Auch die im Auslieferungsverkehr üblichen Ablehnungsgründe (politische, militärische oder fiskalische Straftat) finden keine Anwendung.

Bei erheblichen Zweifeln an der Identität der festgenommenen mit der gesuchten Person wird der Internationale Strafgerichtshof auf dem in § 8 Abs. 3 vorgesehenen Weg um Übermittlung ergänzender Informationen zu ersuchen sein. Darüber hinaus können andere zweckdienliche Ermittlungen zur Klärung der Identität eingeleitet werden.

Abs. 1 bestimmt, dass bei Vorliegen der darin statuierten Voraussetzungen immer die Haft zu verhängen und grundsätzlich gleichzeitig die Überstellung anzuordnen ist. Allerdings hat die festgenommene Person nach Art. 89 Abs. 2 des Statuts das Recht, die Überstellung auf der Grundlage des in Art. 20 des Statuts festgelegten Grundsatzes ne bis in idem anzufechten. Darüber hinaus sieht Art. 19 des Statuts die Möglichkeit der Anfechtung der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs durch die festgenommene Person oder einen Staat, der Gerichtsbarkeit über die Sache hat, vor. Über ihre Anfechtungsrechte ist die festgenommene Person vom Untersuchungsrichter zu belehren.

Die Anfechtung der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 19 des Statuts setzt im Regelfall konkurrierende Zuständigkeit voraus, sodass davon auszugehen ist, dass sich die zu überstellende Person in einem derartigen Fall bereits auf Grund des innerstaatlichen Verfahrens in Untersuchungs- oder AL-Haft befindet.

Festzuhalten ist, dass einer Anfechtung der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs lediglich in den in § 5 Abs. 2 angeführten Fällen des Vorliegens österreichischer Gerichtsbarkeit aufschiebende Wirkung zukommt. Nur in diesen Fällen muss die Entscheidung über das Überstellungsersuchen aufgeschoben werden. In den übrigen Fällen besteht die Möglichkeit, die Person bereits vor der Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs über dessen Zuständigkeit an den Gerichtshof zu überstellen. Von dieser Möglichkeit sollte in der Regel Gebrauch gemacht werden. Stellt der Internationale Strafgerichtshof in der Folge seine Unzuständigkeit fest, so hat er nach Regel 185 der Verfahrens- und Beweisordnung vorzugehen.

Ficht ein dritter Staat die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs an, so ist nach § 29 betreffend konkurrierende Ersuchen vorzugehen, weil ein derartiger Staat seine Gerichtsbarkeit gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof wohl nur dann erfolgreich beanspruchen kann, wenn die Auslieferung der festgenommenen Person beantragt wurde.

Da das Statut eine weitgehende Verpflichtung zur Überstellung von Personen enthält, ist der Entscheidungsspielraum der Staaten bei der Entscheidung über die Bewilligung der Überstellung äußerst gering. Eine Überprüfung des Tatverdachts oder der Haftgründe durch die österreichischen Gerichte kommt nicht in Betracht.

Zwar hat die festgenommene Person nach Abs. 5 das Recht, bis zur Anordnung der Überstellung ihre vorläufige Enthaftung zu beantragen, doch wird auf Grund der in dieser Bestimmung – entsprechend Art. 59 Abs. 4 des Statuts – angeführten Kriterien, die bei der Entscheidung über einen derartigen Antrag zu prüfen sind, eine Enthaftung wohl nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Das Vorliegen eines begründeten Verdachts gegen die Person und das Vorliegen von Haftgründen kann jedenfalls – entsprechend der in Art. 59 Abs. 4 des Statuts enthaltenen Regelung – nur vom Internationalen Strafgerichtshof geprüft werden. Überdies ist der Internationale Strafgerichtshof von jedem Antrag auf vorläufige Enthaftung in Kenntnis zu setzen, wobei ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Diese ist bei der Entscheidung über den Enthaftungsantrag zu berücksichtigen.

Zufolge der subsidiären Geltung der Strafprozessordnung nach § 2 Abs. 3 richtet sich die Bestellung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Überstellungsverfahren nach den Vorschriften des § 41 Abs. 2 StPO. Im Hinblick auf § 41 Abs. 1 Z 3 StPO besteht jedenfalls notwendige Verteidigung.

Im Gegensatz zu § 16 Abs. 4 ZiGG ist keine Frist für die Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof vorgesehen. Allerdings ergibt sich aus § 27 Abs. 1, dass die festgenommene Person nach Anordnung der Überstellung unverzüglich an den Gerichtshof zu überstellen ist.

Die ausgebauten Rechtsschutz- und Verfahrensgarantien, die sich aus aus dem Statut (etwa Art. 61, 63, 66, 67, 69 und 81 bis 85) sowie insbesondere aus Kapitel 4 bis 6 und 8 der Verfahrensordnung des Internationalen Strafgerichtshofs ergeben, sowie die im Statut enthaltene Verpflichtung zur umfassenden Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof und das Fehlen von Ablehnungsgründen bei Ersuchen um Überstellung ermöglichen es, die Beschwerdemöglichkeiten im innerstaatlichen Überstellungsverfahren erheblich einzuschränken. Eine zeitaufwendige innerstaatliche Rechtskontrolle würde eine rasche Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof und eine Klärung von Zweifelsfragen durch diesen verzögern und läge daher auch nicht im Interesse des Verhafteten. Der Beschluss über die Verhängung der Überstellungshaft und die Anordnung der Überstellung soll daher neben der in Abs. 5 vorgesehenen Möglichkeit nur mit Grundrechtsbeschwerde angefochten werden können. Gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag des Beschuldigten auf vorläufige Enthaftung abgelehnt wird, wurde allerdings im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs einzuräumende Möglichkeit einer wirksamen Beschwerde eine Rechtsmittelmöglichkeit entsprechend § 182 Abs. 4 StPO vorgesehen.

Zu § 27:

Diese Bestimmung folgt weitgehend der Regelung des § 17 ZiGG, weicht jedoch entsprechend Regel 184 der Verfahrens- und Beweisordnung der Internationalen Strafgerichtshofs insoweit von dieser ab, als die Überstellungsmodalitäten im Einvernehmen mit Letzterem festzulegen sind. Um eine rasche Durchführung der Überstellung zu gewährleisten, sollte jedoch darauf hingewirkt werden, die Übergabe grundsätzlich durch österreichische Beamte auf dem Luftweg durchzuführen. Eine Ausnahme ist nur für den Fall vorgesehen, dass der Internationale Strafgerichtshof eine andere Art der Übergabe begehrt oder schwerwiegende Sicherheitsbedenken vorliegen. Hinsichtlich der Kosten der Überstellung wird auf § 10 verwiesen.

Aus § 26 Abs. 5 letzter Satz folgt, dass ein Antrag des Beschuldigten auf vorläufige Enthaftung der Überstellung nicht entgegensteht.

Die Entscheidung des Untersuchungsrichters auf Überstellung der gesuchten Person an den Internationalen Strafgerichtshof ist dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof auf dem in § 8 Abs. 1 vorgesehenen Geschäftsweg vorzulegen.

Dem Bundesminister für Justiz kommt insoweit ein Prüfungs- und Entscheidungsspielraum zu, als er bei Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Anordnung der Überstellung durch den Untersuchungsrichter eine Prüfung durch die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof in Richtung der Ergreifung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach § 33 Abs. 2 StPO veranlassen kann.

Zu § 28:

Diese Bestimmung regelt insbesondere den Fall, dass gegen die zu überstellende Person ein inländisches Strafverfahren oder eine inländische Strafvollstreckung wegen eines anderen Delikts als desjenigen anhängig ist, dessentwegen die Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof angeordnet wurde. Dabei wird in Abs. 1 entsprechend Regel 183 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs klargestellt, dass in derartigen Fällen möglichst nicht mit einem Aufschub der Übergabe gemäß § 37 Z 3 ARHG vorzugehen ist, sondern die Person dem Internationalen Strafgerichtshof unter den mit diesem entsprechend § 38 ARHG zu vereinbarenden Bedingungen vorläufig übergeben werden soll.

Zu § 29:

Dieser Artikel enthält Regelungen für den Fall, dass der Republik Österreich konkurrierende Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und eines anderen Staates betreffend dieselbe Person zukommen. Auf Grund der detaillierten und klaren Regelung dieser Frage im Statut wird diesbezüglich und direkt auf das Statut verwiesen. In einem derartigen Fall entscheidet das Bundesministerium für Justiz anhand der in Art. 90 des Statuts enthaltenen Kriterien, welchem Ersuchen der Vorrang zukommt. Dabei ist in der Regel dem Überstellungsersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs der Vorrang einzuräumen.

Die in Abs. 2 vorgesehene Verständigungspflicht im Falle der Ablehnung oder Zurückziehung eines Auslieferungsersuchens, dem der Vorrang eingeräumt wurde, soll dem Internationalen Strafgerichtshof die Erneuerung des Überstellungsersuchens ermöglichen.

Zu § 30:

Dieser Artikel enthält in Umsetzung von Art. 101 Abs. 1 des Statuts eine im Auslieferungsverkehr übliche Spezialitätsbestimmung, wonach eine an den Internationalen Strafgerichtshof überstellte Person wegen einer anderen, vor der Übergabe begangenen Handlung als jener, die der Überstellung zu Grunde liegt, nicht verfolgt, in Haft genommen oder abgeurteilt werden darf.

Entsprechend der Regelung des Art. 14 Abs. 1 lit. a des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957, BGBl. Nr. 320/1969, kann der Internationale Strafgerichtshof über Ersuchen von den vorgesehenen Beschränkungen befreit werden. Über das Ersuchen entscheidet der Bundesminister für Justiz ohne Befassung des zuständigen Gerichts. Dabei ist die Zustimmung zu erteilen, wenn die betreffende Handlung in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fällt und kein Anlass für eine Anfechtung der Zulässigkeit nach § 5 Abs. 2 besteht.

Zu § 31:

Diese Bestimmung regelt die Durchlieferung von in Haft befindlichen Personen durch Österreich an den Internationalen Strafgerichtshof entsprechend Art. 89 Abs. 3 des Statuts. Über die Durchlieferung entscheidet der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres. Die Erlassung eines besonderen Durchlieferungshaftbefehls ist nicht erforderlich. Die Haft während der Dauer der Durchlieferung findet unmittelbar auf Grund des Gesetzes nach Abs. 1 statt. Eine österreichische Haftanordnung ist im Hinblick auf die vorgesehene unmittelbare Vollstreckung der bestehenden Haftanordnung des Internationalen Strafgerichtshofs nicht erforderlich.

Ein Ersuchen um Bewilligung der Durchlieferung ist entbehrlich, wenn der Luftweg benutzt wird und eine Zwischenlandung auf österreichischem Hoheitsgebiet nicht vorgesehen ist. Kommt es in der Folge zu einer unvorhergesehenen Zwischenlandung, ist die durchzuliefernde Person auf Grund eines vom Untersuchungsrichter zu erlassenden Haftbefehls festzunehmen und der Internationale Strafgerichtshof um Übermittlung eines formellen Durchlieferungsersuchens zu ersuchen, welches innerhalb von 96 Stunden ab dem Zeitpunkt der unvorhergesehenen Zwischenlandung einlangen muss. Andernfalls ist die durchzuliefernde Person zu enthaften. Die Enthaftung steht allerdings einer neuerlichen Festnahme auf der Grundlage eines Ersuchens nach den §§ 24 Abs. 1 oder 26 Abs. 1 nicht entgegen.

Abs. 6 stellt klar, dass die Regelungen über die Durchlieferung grundsätzlich auch auf die in Regel 207 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs vorgesehene Durchbeförderung von in Haft befindlichen Personen durch Österreich an den Gerichtshof oder an einen Staat, der die Vollstreckung einer vom Gerichtshof verhängten Strafe übernommen hat, Anwendung finden.

Eine Frist für das Einlangen des Durchbeförderungsersuchens im Fall einer unvorhergesehenen Zwischenlandung wurde allerdings im Einklang mit der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs nicht vorgesehen. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass es unbillig wäre, eine vom Internationalen Strafgerichtshof rechtskräftig verurteilte Person lediglich deshalb zu enthaften, weil das Durchbeförderungsersuchen nicht fristgerecht übermittelt wird.

Aus § 7 folgt, dass auch die Durchlieferung und Durchbeförderung österreichischer Staatsbürger zulässig ist.

Zu § 32:

Nach Art. 103 Abs. 1 des Statuts hat der Internationale Strafgerichtshof eine Liste jener Staaten zu erstellen, die ihre Bereitschaft zur Übernahme von Verurteilten zur Strafvollstreckung bekundet haben.

Durch Abs. 1 wird die rechtliche Grundlage für das Handeln des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten geschaffen. Die Bereitschaft, Personen, die vom Internationalen Strafgerichtshof verurteilt wurden, zur Strafvollstreckung zu übernehmen, kann hinsichtlich des Zeitpunkts der Übernahme befristet und hinsichtlich der Anzahl und der Art der zu übernehmenden Personen beschränkt werden.

Durch Abs. 2 wird entsprechend Art. 105 Abs. 1 des Statuts klargestellt, dass die vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafen unmittelbar, dh. ohne weitere Verfahrensschritte, vollzogen werden. Eine besondere Umsetzung der Strafe in das österreichische Rechtssystem findet daher nicht statt. Auf den Vollzug der Strafe finden jedoch die österreichischen Bestimmungen über den Strafvollzug Anwendung (Art. 106 Abs. 2 des Statuts). Das bedeutet, dass die verurteilte Person denselben Haftbedingungen unterworfen wird wie Täter, welche für vergleichbare Delikte nach österreichischem Recht verurteilt wurden. Allerdings steht dem Internationalen Strafgerichtshof entsprechend Art. 106 Abs. 1 des Statuts die Aufsicht über die Strafvollstreckung zu. In diesem Zusammenhang ist verurteilten Personen, die zum Strafvollzug übernommen wurden, der ungehinderte und vertrauliche schriftliche Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu ermöglichen.

Für die Fragen der bedingten Entlassung und der Begnadigung enthält § 36 in Umsetzung der Bestimmung von Art. 110 des Statuts besondere Vorschriften. Von Bedeutung erscheint Abs. 4, worin entsprechend Regel 211 Abs. 2 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs vorgesehen wird, dass der Gerichtshof vom Umstand, dass eine zum Strafvollzug übernommene Person nach österreichischem Recht für einen Vollzug in gelockerter Form in Betracht kommt, der mit Arbeiten ohne Bewachung außerhalb der Justizanstalt verbunden wäre, in Kenntnis zu setzen ist. Die Stellungnahme des Internationalen Strafgerichtshofs ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Die Regelungen über die Übernahme der Strafvollstreckung sind weitgehend den entsprechenden Bestimmungen des ZiGG nachgebildet. Allerdings kommt dem Internationalen Strafgerichtshof nach Art. 70 des Statuts auch Gerichtsbarkeit hinsichtlich bestimmter, in Abs. 1 dieser Bestimmung angeführter Straftaten gegen die Rechtspflege zu und können die Staaten auch wegen der dafür verhängten Freiheitsstrafen um Übernahme der Strafvollstreckung ersucht werden. Zur Umsetzung der sich aus derartigen Ersuchen ergebenden Verpflichtungen dient § 40.

Zu § 33:

Besteht eine gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof bekundete Bereitschaft der Republik Österreich, Personen zum Strafvollzug zu übernehmen, so kann der Bundesminister für Justiz nur in besonderen Einzelfällen die Übernahme der Vollstreckung ablehnen, nämlich aus Gründen einer besonderen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Republik Österreich, sofern es sich bei der verurteilten Person nicht um einen österreichischen Staatsbürger handelt. Hierüber wird das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres herzustellen sein. Diese Bestimmung steht mit Art. 103 Abs. 1 lit. c des Statuts im Einklang, wonach ein Staat, der im Einzelfall zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bestimmt wird, den Internationalen Strafgerichtshof umgehend davon in Kenntnis setzt, ob er die vom Gerichtshof vorgenommene Bestimmung anerkennt.

Gegen Entscheidungen des Bundesministers für Justiz im Verfahren zur Übernahme der Strafvollstreckung soll ein Rechtsmittel nicht zulässig sein.

Vorsorge soll auch für den Fall getroffen werden, dass die zur Strafvollstreckung übernommene Person vor Abschluss der Vollstreckung aus der österreichischen Haft flieht. Gegen eine solche Person ist ein Haftbefehl zu erlassen und für den Fall der Ergreifung um Verhängung der Auslieferungshaft zu ersuchen. Die Auslieferung ist aus jedem Staat, in welchen die verurteilte Person geflüchtet ist, zu erwirken, sofern der ersuchte Staat nicht der Überstellung der Person zustimmt oder der Internationale Strafgerichtshof nicht eine andere Entscheidung trifft. In Betracht käme die Entscheidung, dass der Flüchtige den Strafvollzug in einem anderen, vom Gerichtshof bestimmten Staat fortsetzen soll. Die im ersuchten Staat oder beim Internationalen Strafgerichtshof in Haft verbrachte Zeit ist auf die zu verbüßende Strafe anzurechnen. Die Anrechnung erfolgt durch das Vollzugsgericht.

Abs. 6 bestimmt, wie vorzugehen ist, wenn in Österreich Personen aufgegriffen werden, die aus der Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Strafe in einem anderen Staat geflohen sind. In diesen Fällen sollen nicht die vertraglichen Bestimmungen über die Auslieferung zwischen der Republik und dem Vollstreckungsstaat zur Anwendung kommen, vielmehr ist so vorzugehen, als würde die Person an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt werden. Es kommen daher die Vorschriften des vorliegenden Entwurfs über die Überstellung von Personen an den Internationalen Strafgerichtshof zur Anwendung. Diese Vorgangsweise steht mit Regel 225 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs im Einklang.

Zu § 34:

Wird die Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafe durch Österreich übernommen, so findet deren Vollzug entsprechend Art. 108 Abs. 1 des Statuts unter dem Vorbehalt der Spezialität statt. Das bedeutet, dass die verurteilte Person ohne Zustimmung des Internationalen Strafgerichtshofs wegen anderer, vor ihrer Übergabe an die österreichischen Behörden begangener Handlungen nicht verfolgt, bestraft, in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt oder an einen dritten Staat ausgeliefert werden darf. Der Entfall der Spezialitätsbindung richtet sich nach den im Auslieferungsverkehr zwischen den Staaten üblichen Grundsätzen.

Zu § 35:

Die Vollstreckung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafen findet – wie erwähnt – unter Aufsicht des Gerichtshofs statt. Auf Grund dessen hat die zuständige Justizanstalt dem Bundesministerium für Justiz jährlich sowie nach Abschluss der Vollstreckung einen ausführlichen Führungs- und Gesundheitsbericht zu erstatten, der auf dem üblichen Weg an den Internationalen Strafgerichtshof weiterzuleiten ist. Daneben ist dem Bundesministerium für Justiz umgehend zu berichten, wenn der Strafgefangene vor Abschluss der Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus der Haft geflohen oder die Vollstreckung aus sonstigen Gründen nicht mehr möglich ist. Derartige Berichte sind unverzüglich an den Internationalen Strafgerichtshof weiterzuleiten.

Zu § 36:

Nach Art. 110 des Statuts ist der Vollstreckungsstaat nicht berechtigt, den Verurteilten vor Ablauf der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Strafe aus dem Strafvollzug zu entlassen. Der Gerichtshof allein hat das Recht, über eine Herabsetzung des Strafmaßes zu entscheiden. Der Ausdruck „Herabsetzung des Strafmaßes“ wurde bewusst gewählt, um Probleme zu vermeiden, die sich aus der allfälligen Notwendigkeit ergeben könnten, im Fall einer bedingten Entlassung einen anderen Staat mit der Übernahme der Überwachung zu betrauen. Es ist aber festzuhalten, dass den österreichischen Behörden auch keine Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Gewährung einer bedingten Entlassung oder einer Begnadigung zukommt.

Nach Art. 65 Abs. 2 lit. c B-VG steht dem Bundespräsidenten unter anderem in Einzelfällen die Befugnis zur Begnadigung der von den Gerichten rechtskräftig Verurteilten sowie die Milderung und Umwandlung der von den Gerichten ausgesprochenen Strafen zu. Diese Befugnis ist auch dann gegeben, wenn von Österreich die Vollstreckung ausländischer strafgerichtlicher Entscheidungen nach §§ 64 ff ARHG übernommen wird, obwohl der inländischen Anpassungsentscheidung nach § 65 ARHG nicht der Charakter einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht zukommt.

Da die Vollstreckung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Freiheitsstrafen in ähnlicher Weise mit Entscheidung des Bundesministers für Justiz durch Österreich übernommen werden kann, soll durch eine Verfassungsbestimmung klargestellt werden, dass dem Bundespräsidenten hinsichtlich dieser in Österreich zu verbüßenden Freiheitsstrafen kein Gnadenrecht zukommt.

Um dem Internationalen Strafgerichtshof eine Entscheidung über die Herabsetzung des Strafmaßes zur ermöglichen, sind Umstände, die für eine bedingte Entlassung, Begnadigung oder Herabsetzung der Strafe sprechen, dem Gerichtshof von Amts wegen mitzuteilen. Liegt ein Antrag auf bedingte Entlassung, Begnadigung oder Abänderung der Strafe vor, so ist dieser vom Bundesministerium für Justiz dem Internationalen Strafgerichtshof weiterzuleiten. Eine materielle Prüfung der Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung findet dabei nicht statt. Der Internationale Strafgerichtshof entscheidet über den Antrag auf der Grundlage von Art. 110 des Statuts in Verbindung mit Regel 223 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs, wobei die nach § 35 vorgesehenen Berichte über den Strafvollzug als weitere Entscheidungsgrundlage dienen.

Zu § 37:

Nach Art. 104 des Statuts kann der Gerichtshof jederzeit beschließen, einen Verurteilten in eine Vollzugsanstalt eines anderen Staates zu verlegen. Ein Ersuchen des Strafgefangenen, zur Vollstreckung in einen anderen Staat überstellt zu werden, ist dem Internationalen Strafgerichtshof zur Entscheidung zuzuleiten. Einem Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs um Überstellung des Strafgefangenen in einen anderen Staat zur Fortsetzung der Strafvollstreckung ist umgehend zu entsprechen.

Zu § 38:

Nach Beendigung des Strafvollzuges sind bei ausländischen Strafgefangenen häufig fremdenrechtliche Maßnahmen zu vollziehen. Abs. 1 sieht daher vor, dass der Strafgefangene nach Beendigung des Vollzuges der Freiheitsstrafe entweder freizulassen oder der für die Vollziehung fremdenrechtliche Vorschriften zuständigen Behörde zu übergeben ist, sofern weder ein Auslieferungsverfahren noch ein inländisches Strafverfahren anhängig ist, noch Anlass zur Einleitung eines derartigen Verfahrens besteht.

Zu § 39:

Diese Bestimmung enthält Regelungen betreffend die mit der Strafvollstreckung verbundenen Kosten. Dabei wird entsprechend Regel 208 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs klargestellt, dass die gewöhnlichen Kosten des Strafvollzugs von Österreich zu tragen sind.

Zu § 40:

Nach Art. 70 des Statuts kommt dem Internationalen Strafgerichtshof auch Jurisdiktion über bestimmte, in Abs. 1 der erwähnten Bestimmung angeführte Straftaten gegen die Rechtspflege zu. Im Falle der Verurteilung kommt dabei – neben der Verhängung einer Geldstrafe – die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren in Betracht.

In Art. 70 Abs. 2 des Statuts wird klargestellt, dass sich die Bedingungen, unter denen dem Internationalen Strafgerichtshof internationale Unterstützung (Auslieferung und Rechtshilfe) im Hinblick auf wegen derartiger Delikte anhängige Verfahren gewährt wird, nicht nach dem Statut, sondern nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates richten. Dies gilt auch für die Behandlung allfälliger Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung. Dementsprechend ist in Regel 163 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs vorgesehen, dass die Bestimmungen des Statuts betreffend die Übernahme der Strafvollstreckung, mit Ausnahme der Art. 103, 107, 109 und 111, auf die Vollstreckung von Freiheitsstrafen, die wegen Straftaten gegen die Rechtspflege verhängt wurden, keine Anwendung finden. In Umsetzung der entsprechenden Regelung wird in § 40 klargestellt, dass der gegenständliche Entwurf, mit Ausnahme der Bestimmungen der §§ 32 Abs. 1 und 5, 33 Abs. 1 bis 5, und 39 auf die Vollstreckung derartiger Freiheitsstrafen keine Anwendung findet. Das Verfahren richtet sich vielmehr nach den §§ 65 ff ARHG, wobei die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien festgelegt wurde (§ 26 Abs. 1 letzter Satz ARHG).

Zu § 41:

Nach Art. 77 Abs. 2 des Statuts kann der Internationale Strafgerichtshof neben einer Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe verhängen sowie die Einziehung des Erlöses, des Eigentums und der Vermögensgegenstände, die unmittelbar oder mittelbar aus der Straftat stammen, vorbehaltlich der Rechte gutgläubiger Dritter anordnen. Art. 109 Abs. 1 des Statuts sieht vor, dass sich die Vollstreckung derartiger Geldstrafen oder vermögensrechtlicher Anordnungen nach dem Verfahren des jeweiligen innerstaatlichen Rechts richtet. Die Bestimmung des § 41 folgt dementsprechend weitgehend den in §§ 64 ff ARHG vorgesehenen Regelungen. In diesem Zusammenhang ist allerdings festzuhalten, dass nach Abs. 10 der Erlös aus der Vollstreckung von Geldstrafen und vermögensrechtlichen Anordnungen entgegen der Bestimmung des § 64 Abs. 7 ARHG nicht dem Bund zufällt, sondern im Hinblick auf Art. 109 Abs. 3 des Statuts in Verbindung mit Regel 221 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs an den Gerichtshof zu überweisen ist. Die zulässigen Ausnahmen werden in Abs. 9 angeführt.

Abweichend von der Regelung des § 65 Abs. 1 ARHG wird in § 41 Abs. 2 bestimmt, dass eine Anpassung der vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Geldstrafe oder vermögensrechtlichen Anordnung nicht in Betracht kommt (vgl. Regeln 219 und 220 der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs).

Für den Fall der Unmöglichkeit der Vollstreckung der vermögensrechtlichen Anordnung ist auf Wertersatz zu erkennen. Hiefür ist eine gesonderte Entscheidung erforderlich.

Regel 146, Unterregel 5, der Verfahrens- und Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs sieht die Möglichkeit der Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe („Verlängerung der verhängten Freiheitsstrafe“) für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe vor. Die Vollstreckung derartiger Ersatzfreiheitsstrafen richtet sich nach den Bestimmungen betreffend die Übernahme der Vollstreckung von Freiheitsstrafen (§§ 32 ff).

Abs. 11 bestimmt, dass die Regelungen dieses Artikels auch auf die Vollstreckung von Geldstrafen Anwendung finden, die vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Straftaten gegen die Rechtspflege nach Art. 70 des Statuts verhängt wurden.

Zu § 42:

Art. 75 Abs. 2 des Statuts sieht vor, dass der Internationale Strafgerichtshof gegen den Verurteilten eine Anordnung auf Leistung angemessener Wiedergutmachung gegenüber den Opfern oder in Bezug auf die Opfer treffen kann. Nach Abs. 5 der erwähnten Bestimmungen sind derartige Entscheidungen in gleicher Weise wie vom Internationalen Strafgerichtshof verhängte Geldstrafen und vermögensrechtliche Anordnungen zu vollstrecken. Dementsprechend wird in § 42 Abs. 1 und 2 festgelegt, dass sich die Vollstreckung von Wiedergutmachungsanordnungen des Internationalen Strafgerichtshofs, die auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet sind, nach den Bestimmungen des § 41 richtet.

Die Vollstreckung rechtskräftiger Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs auf Rückerstattung von Eigentum oder Erträgen aus strafbaren Handlungen wird in Abs. 3 geregelt. Dabei wird die Rückerstattungsanordnung einer Entscheidung eines auswärtigen Gerichtes nach § 79 Abs. 2 der Exekutionsordnung gleichgestellt.

Zu § 43:

Grundsätzlich besteht für die Opfer der unter die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallenden Delikte die Möglichkeit, ihre Entschädigungsansprüche im Verfahren vor dem Gerichtshof geltend zu machen, und kann der Gerichtshof den Verurteilten nach Art. 75 Abs. 2 des Statuts – wie erwähnt – zur Wiedergutmachung verpflichten. Allerdings sieht Abs. 6 der erwähnten Bestimmung vor, dass der betreffende Artikel nicht so auszulegen ist, als beeinträchtige er die Rechte der Opfer nach innerstaatlichem Recht oder nach dem Völkerrecht. Daraus folgt, dass die Opfer der gegenständlichen Delikte ihre Entschädigungsanprüche auch innerstaatlich geltend machen können.

In Umsetzung der betreffenden Bestimmung wird in § 43 eine Bindungswirkung der Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs für das österreichische zivilgerichtliche Verfahren statuiert. Im Hinblick auf die Aufhebung der Bestimmung des § 268 der Zivilprozessordnung durch den Verfassungsgerichtshof, BGBl Nr. 706/1990, soll dieser Bestimmung Verfassungsrang zukommen.

Zu § 44:

Nach Art. 70 Abs. 1 des Statuts kommt dem Internationalen Strafgerichtshof Jurisdiktion hinsichtlich der in der erwähnten Bestimmung angeführten, vorsätzlich begangenen Straftaten gegen seine Rechtspflege zu. Im Falle derartiger Straftaten richten sich die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit der Staaten allerdings – wie erwähnt – nicht nach den entsprechenden Bestimmungen des Statuts, sondern nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates. Im Hinblick darauf wird dem Internationalen Strafgerichtshof in Art. 70 Abs. 4 lit. b des Statuts die Möglichkeit eingeräumt, die Vertragsstaaten um Übernahme der Strafverfolgung von Straftaten gegen seine Rechtspflege zu ersuchen. Zuständigkeit und Verfahren zur Behandlung derartiger Ersuchen richten sich nach § 60 ARHG. Durch Abs. 2 soll das Vorliegen einer Strafbarkeit nach österreichischem Recht sichergestellt werden.

Zu § 45:

Dieser Artikel enthält die Schlussbestimmungen. Im Hinblick auf Art. 11 des Statuts, wonach sich die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nur auf Verbrechen erstreckt, die nach In-Kraft-Treten des Statuts begangen werden, sind besondere Übergangsregelungen entbehrlich.