1213 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 8. 7. 2002

Bericht

des Justizausschusses


über die Regierungsvorlage (1166 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetz­buch, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Suchtmittelgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Waffengesetz 1996, das Fremdengesetz 1997 und das Telekommunikationsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2002)

Der Justizausschuss hat diese Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 26. Juni 2002 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Werner Miedl die Abgeordneten Mag. Tere­zija Stoisits, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Dr. Josef Trinkl, Dr. Peter Pilz, Mag. Johann Maier, Dr. Harald Ofner, Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Michael Krüger, die Obfrau des Justizausschusses Mag. Dr. Maria Theresia Fekter sowie der Bundesminister für Justiz, Dr. Dieter Böhmdorfer.

Von den Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Harald Ofner wurde ein umfassender Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters stellte die Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits je einen Abänderungsantrag sowie Entschließungsantrag.

Zu den vom Justizausschuss vorgenommenen Änderungen ist Folgendes zu bemerken:

„Zu Art. I (Änderungen des Strafgesetzbuches):

Zu Art. I Z 4 (§ 64 StGB):

Die Änderung der Z 8 ist lediglich eine Zitatberichtigung. Da zufolge der durch Art. I Z 16 lit. c und 24 lit. a bewirkten Änderung künftig auch die – bisher in § 278a Abs. 2 enthaltene – Bestimmung gegen Geldwäscherei zu Gunsten krimineller Organisationen – geregelt ist, muss sich auch das Klammerzitat auf diese Bestimmung beschränken. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden. Auch die neu vorgeschlagenen Z 9 und 10 bleiben unverändert.

Zu Art. I Z 25 (§ 278c):

Die Regierungsvorlage hat im Abs. 1 Z 6 neben den §§ 126 und 126a StGB auch die §§ 126b und 126c für den Katalog der möglichen terroristischen Straftaten vorgesehen. Nach Auffassung des Justizausschusses kommt jedoch eine Aufnahme des § 126c nicht in Betracht, zumal es sich dabei bloß um ein Vorbereitungsdelikt handelt. In Bezug auf § 126b erscheint es hinwieder praktisch kaum vorstellbar, dass ein (nur) diesem Tatbestand zu subsumierender Sachverhalt (dh. eine Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems insbesondere ohne Sachbeschädigungs-, Datenbeschädigungs- oder Gemeingefährdungsvorsatz) zugleich den Charakter einer terroristischen Straftat aufweist.

Zu Art. I Z 27 (§ 320 StGB):

Das ,Vermitteln‘ war zunächst nur im Rahmen der §§ 17 und 18 des Außenhandelsgesetzes 1995 strafbar. Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2001 wurde auch der Anwendungsbereich des Kriegsmaterialgesetzes um diese Tatbegebungsvariante erweitert. Vor dem Hintergrund dieser beiden bereits bestehenden Strafbestimmungen einerseits und dem Regelungszweck des § 320 StGB andererseits erachtet es der Justizausschuss als ausreichend, hier bei der schon bisher verpönten Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial zu bleiben.

Zu Art. II (Änderungen der Strafprozeßordnung 1975):

Zu Art. II Z 2 (§ 83a StPO):

Der Justizausschuss will die bislang mit Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 5. Dezember 2001, JMZ 707.000/34-II.3/2001, den Staatsanwaltschaften auferlegte Pflicht zur Verständigung der  Sicherbeitsbehörden in die für die korrespondierende Verpflichtung der Gerichte vorgesehene gesetzliche Regelung einbeziehen, Somit sollen die Sicherheitsbehörden in allen Fällen benachrichtigt werden, in denen eine Anzeige nicht zu einer Verurteilung geführt hat, um ihnen die Aktualisierung ihrer nach § 57 Abs. 1 Z 6 SPG gespeicherten Daten zu ermöglichen. Sofern in zweifelhaften Fällen die bloße Verständigung über den Verfahrensausgang für die Entscheidung, ob der Datensatz zu löschen oder bloß zu aktualisieren ist (§ 59 Abs. 1 SPG idF SPG-Novelle 2002), nicht ausreichen sollte, hätte die Sicherheitsbehörde die Staatsanwaltschaft im Einzelnen um Auskunft über den Grund der Verfahrensbeendigung zu ersuchen.

Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang festgehalten. dass – im Gegensatz zu entsprechenden Ausführungen der Regierungsvorlage – im Falle einer Verurteilung eine Aktualisierung der in Rede stehenden Daten mit Hilfe des Strafregisters nicht möglich ist, weil dieses keine Anzeigedaten enthält.

Zu Art. II Z 6 (§ 145a StPO);

Gegenüber der Regierungsvorlage will der Justizausschuss klarstellen, dass auch im Fall von Auskünften über den Inhaber eines Bankkontos und darüber ob ein Verdächtiger ein Konto bei dem jeweiligen Kredit- oder Finanzinstitut unterhält, zu begründen ist, aus weichen Gründen diese Auskunft zur Aufklärung der in Rede stehenden Straftat erforderlich und verhältnismäßig ist (Abs. 3 Z 4).

Zu Art. II Z 21 (§ 179a StPO):

Nach Art. 4 Abs. 2 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit ist eine im Fall der Gefahr im Verzug ohne richterlichen Befehl festgenommene Person. sofern sie nicht freizulassen ist, ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch vor Ablauf von 48 Stunden, dem zuständigen Gericht zu übergeben. Dieser verfassungsgesetzlichen Vorgabe gemäß soll die Ausnahmebestimmung des § 179a neben dem Fall einer aus medizinischen Gründen erforderlichen Einlieferung in ein Krankenhaus nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein gerichtlicher Haftbefehl vollzogen wird.

Im Übrigen hegt der Justizausschuss jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Möglichkeit, den Beschuldigten in solchen Fällen im Wege einer Videokonferenz zu vernehmen. Diese Vorgangsweise gewährleistet die von Art. 5 Abs. 3 EMRK verlangten richterlichen Garantien – nämlich dass der Richter von Amts wegen die Zulässigkeit der Haft zu prüfen und gegebenenfalls die Enthaftung anzuordnen hat und dass er daher auch über die entsprechenden Befugnisse zur Freilassung verfügen und sämtliche materiellen Voraussetzungen der Haft prüfen (können) muss – im bestmöglichen Ausmaß. Zudem kann die bislang in § 176 Abs. 2 vorgesehene Möglichkeit der Fristüberschreitung entfallen, so dass betroffene Beschuldigte durch die vorgesehene Regelung insgesamt keinen Nachteil in ihren Rechten erleiden.

Zu Art. VI (Änderungen des Waffengesetzes 1996):

Zu Art. VI Z 5 (§ 62 WaffG):

Die Änderung der Absatzbezeichnungen soll lediglich ein Redaktionsversehen beseitigen. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.“

Weiters beschloss der Justizausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Ausschussfeststellungen:

„Zu Art. II Z 7 und 9 (§§ 149a und 149c StPO):

Zu dem in § 149a Abs. 4 verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf die Ermittlung von Standort- und Vermittlungsdaten (§ 149a Abs. 1 Z 1 lit. a und b StPO) sieht sich der Justizausschuss veranlasst festzuhalten, dass auch bei diesen Ermittlungmaßnahmen eine – bei jedem Grundrechtseingriff gebotene (vgl. MAYER, B-VG2. Art. 8 MRK Anm. III.5; FROWEIN/PEUKERT EMRK2, Vorbem. Zu Art. 8 bis 11 Rz 16 f. S. REINDL, JBI 1999, 795 ff.) – Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen ist. Diese hat in Fällen eines Eingriffes in das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10a StGG und in die Privatsphäre nach Art. 8 EMRK alle Umstände des Einzelfalls konkret zu berücksichtigen. Dabei sind das Gewicht der Straftat und die Aussicht auf deren Aufklärung durch den Grundrechtseingriff (siehe dazu OGH, 12 Os 152/00, JBI 2001, 531 ff.) der Bedeutung dieses Eingriffs und dessen Umfang, dh. der Zahl der von der Überwachung der Telekommunikation betroffenen Personen (welche bei der Rufdatenrückerfassung in erster Linie vom Überwachungszeitraum abhängt), gegenüberzustellen. Auch die Erfolgsaussichten weniger einschneidender Maßnahmen sind zu prüfen.

Zur Reichweite des Verwertungsverbotes nach § 149c Abs. 3 StPO verweist der Justizausschuss auf seine bereits in seinem Bericht zur RV eines BG über besondere Emittlungsmaßnahmen. BlgNR 812 XX. GP, 9 f. zum Ausdruck gebrachte Ansicht, dass damit kein Erkenntnis- oder Ermittlungsverbot verbunden ist. Wenn ein Sicherheitsorgan im Rahmen einer Überwachung Hinweise auf eine geplante oder begangene Straftat erhält, kann eine weitere Ermittlung und Verfolgung in diese Richtung nicht schon deshalb unterbunden werden, weil eine Verwertung dieser Information als Beweis nicht in Betracht kommt; dafür wäre – mit Recht – kaum Verständnis zu erwarten.

Zu Art. VI:

Zu der in Art. VI Z 1 der Regierungsvorlage (Überschrift des § 41 Waffengesetz) nicht näher dargestellten Änderung ist aus Sicht des Justizausschusses festzuhalten, dass der in § 41 Waffengesetz 1996 verankerte Begriff ,größere Zahl‘ von Schusswaffen darunter bislang 20 oder mehr Stück verstand. In strafrechtlichen Bestimmungen wird dieser Begriff jedoch zur Umschreibung von zehn oder mehr Stück verwendet. Die Änderung der Überschrift des § 41 des Waffengesetzes 1996 gestattet nun, in § 50 Abs. 1a des Entwurfes den in strafrechtlichen Bestimmungen üblichen Begriff beizubehalten.“

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Harald Ofner in der diesem Bericht beigedruckten Fassung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Abänderungs- sowie der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits fand hingegen nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 06 26

                                  Werner Miedl                                                    Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau