1244 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Nachdruck vom 13. 8. 2002

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über die Regierungsvorlage (1172 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Fremdenge­setz 1997 (FrG-Novelle 2002) und das Asylgesetz 1997 (AsylG-Novelle 2002) und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden

Das Regierungsprogramm der Bundesregierung sieht in mehreren Bereichen Maßnahmen vor, die unmittelbar und mittelbar das österreichische Fremdenrecht berühren. Einige dieser Maßnahmen, wie zB die effizientere Bekämpfung der Schlepperkriminalität, wurden bereits im Sommer 2000 umgesetzt. Die nunmehrige Novelle dient der Umsetzung der anderen Vorhaben der Bundesregierung in diesem Bereich und fokussiert insbesondere auf die Bereiche

Harmonisierung des Ausländerbeschäftigungsrechts mit dem Fremdenrecht

In diesem Bereich wurde am 13. August 2001 vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und dem Bundesminister für Inneres dem Ministerrat ein Vortrag zur Kenntnisnahme vorgelegt, der von der Bundesregierung beschlossen wurde. Die Eckpfeiler sind:

      Ausweitung der Möglichkeiten, Saisonarbeitskräfte („kurzfristig beschäftigte Fremde“) in Österreich zu beschäftigen, zeitliche Befristung der Gültigkeitsdauer der Bewilligungen;

       Einschränkung der Arbeitsmigration auf selbständig und unselbständig erwerbstätige Schlüsselkräfte;

      Schaffung eines Kriterienkatalogs für deren Zulassung;

      Schaffung eines eigenen Zulassungsverfahrens für Schlüsselkräfte (One-Stop-Shop);

      regionale Kooperationen im Zusammenhang mit Niederlassung von Schlüsselkräften und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit als Pendler;

      Schaffung eines Niederlassungsnachweises, der die Niederlassungsbewilligung nach fünf Jahren ersetzt;

       Verfahrensvereinfachung bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen durch Erteilung durch die Berufsvertretungsbehörden.

Da diese Harmonisierung auch weitreichende Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bedingt, beziehen sich die Verweise auf das AuslBG im Entwurf auf die korrespondierenden Bestimmungen im Entwurf zur Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes.

Maßnahmen zur Verhinderung von Adoptionen eigenberechtigter Fremder, die nicht auf die Herstellung des Eltern-Kind-Verhältnisses gerichtet sind, sondern der Umgehung der fremdenrechtlichen Bestimmungen dienen.

Durch die Schaffung eines Bündels von Maßnahmen gegen Adoptionen eigenberechtigter Fremder zur Umgehung der zuwanderungsrechtlichen Bestimmungen soll – in Entsprechung des Regierungsprogramms – dem Phänomen entgegengewirkt werden, dass sich Drittstaatsangehörige von EWR-Bürgern oder Österreichern ausschließlich deshalb adoptieren lassen, um die fremdenrechtlichen und beschäftigungsrechtlichen Vorteile in Anspruch zu nehmen (quotenfreies Niederlassungsrecht, sofortige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit), die auf Grund des EU-Rechts jedenfalls zu gewähren sind.

Integration

Integration vor Neuzuzug durch Verstärkung der Integrationsbestrebungen, deren Ausformung in der Integrationsvereinbarung dargelegt wird; die Erfüllung der Integrationsvereinbarung ist für Neuzuwanderer und Fremde, die nach dem 1. Jänner 1998 zugewandert sind, verpflichtend vorgesehen.

Das Regierungsprogramm sieht im Kapitel „Integration“ unter Punkt 3. Umfassende Integration nachstehende Maßnahmen vor:

3.1. Zentrale Frage ist der Erwerb guter Sprachkompetenzen in Deutsch. Die Intensität der Sprachförderung muss ausgebaut werden. Durch aktive Integrationsprogramme, die bereits kurz nach dem Zuzug nach Österreich einsetzen und auch verbindliche Deutsch-Sprachkurse vorsehen, soll eine sprachlich-soziokulturelle Integration „von Anfang an“ garantiert werden.

3.2. Schon im Kindergarten sollen kindgemäße Sprachförderungsprogramme geschaffen werden. Besondere Anreize zur Nutzung von Kindergartenangeboten für Eltern mit Kindern, die Defizite beim Erwerb der deutschen Sprache aufweisen (Sprachförderung), sollen überlegt werden.

3.3. Das Erlernen der deutschen Sprache soll im Schuleingangsbereich der Volksschule und an den anderen Pflichtschulen deutlich intensiviert werden (zB Erhöhung des Stundenausmaßes in Deutsch).

3.4. Bei der schulischen Integration soll diese Aufgabenstellung (zB Erhöhung des Stundenausmaßes in Deutsch) Priorität bei der Ressourcenverteilung der zur Verfügung stehenden zirka 2 000 Planstellen besitzen.

3.5. In jenen Bereichen, wo sich Konflikte ergeben können, soll durch eine verbesserte regionale Verteilung dafür gesorgt werden, dass die kulturelle und sprachliche Integration an den Schulen bestmöglich gelingen kann und die Zuzugsvoraussetzungen in allen Bezirken für alle attraktiv gemacht werden.

3.6. In den Klassen soll der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit besonderem Förderbedarf im Bereich der sprachlichen und sozio-kulturellen Integration einen Richtwert von einem Drittel nicht überschreiten.

3.7. Generell sind Wohnungsfragen sowie raumplanerische Fragen zu lösen und zu klären, wie EU-Mittel bestmöglich für Projekte in diesem Rahmen genützt werden können.

3.8. Die Förderung der Integration soll auch durch gemeinsame kulturelle und sportliche Aktivitäten erfolgen.

3.9. Den Abschluss einer erfolgreichen Integration bildet die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Die Kriterien zu deren Erlangung müssen eingehalten werden. Der Weg zur Staatsbürgerschaft soll als integrationsverdichtender Prozess gestaltet werden. Die endgültige Verleihung der Staatsbürgerschaft soll kein reiner Verwaltungsakt sein, sondern entsprechend ausgestaltet werden (feierliche Gestaltung von Einbürgerungsfeiern).

3.10. Voraussetzung soll auch ein nachprüfbarer Nachweis von Deutschkenntnissen und von Grundkenntnissen über Österreich und die Europäische Union sein. Dieser Nachweis kann durch die Bestätigung des erfolgreichen Besuches eines zertifizierten Kurses in der Erwachsenenbildung oder durch die erfolgreiche Ablegung eines Tests erbracht werden.

3.11. Es sollen Überlegungen zu einem Informationspackage („Integrationspackage“) für alle neu zugezogenen Ausländerinnen und Ausländer mit verpflichtendem Charakter angestellt werden.

3.12. Integrationsfördernde Maßnahmen von Seiten der Eltern (Hausaufgabenhilfe) sollen in besonderer Weise unterstützt und bekannt gemacht werden.

3.13. Die bestehenden Institutionen und Vereine sollen in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden und den politischen Verantwortungsträgern zur frühzeitigen Lösung von Konflikten zwischen Österreichern und Zuwanderern beitragen.

Zur Unterstützung dieser Zielsetzungen soll eine Informationsoffensive über Integrationsmaßnahmen gestartet werden. Die laufende Evaluation und Dokumentation aller integrationspolitischen Maßnahmen und eine aussagekräftige Dokumentation des erforderlichen Zahlenmaterials sollen zum Gelingen dieser Informationsoffensive beitragen.

In Entsprechung der Punkte, die die Integrationsvereinbarung betreffen, wurde auf Antrag der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport, der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit und des Bundesministers für Inneres dem Ministerrat am 2. Oktober 2001 ein Vortrag zur Beschlussfassung vorgelegt, der sich mit der Schaffung einer Integra­tionsvereinbarung befasst. Dieser Ministerratsvortrag wurde am 2. Oktober 2001 von der Bundesregierung zur Kenntnis genommen; seine Eckpfeiler sind:

      Definition der Zielgruppen, die von der Integrationsvereinbarung erfasst sind;

      Schaffung von Deutsch-Integrationskursen;

       Kostentragungsregelungen;

      Maßnahmen bei der Nichterfüllung der Integrationsvereinbarung durch den Fremden.

Parallel dazu werden die Angebote zum Spracherwerb im Bildungsbereich verstärkt.

Anpassung an verbindliche EU-Normen (Eurodac-Verordnung, Umsetzung der RL 2001/40/EG des Rates)

Zum Zwecke der Anwendung des Dubliner Übereinkommens ist es erforderlich, die Identität von Asylwerbern und Personen festzustellen, die in Verbindung mit dem illegalen Überschreiten der Außengrenzen der Gemeinschaft aufgegriffen werden. Zur effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens sollte außerdem jeder Mitgliedstaat prüfen können, ob ein Fremder, der sich nicht rechtmäßig in seinem Hoheitsgebiet aufhält, in einem anderen Mitgliedstaat Asyl beantragt hat. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, allen Asylwerbern (in Österreich bereits seit dem Asylgesetz 1991 verpflichtend vorgesehen) und allen Fremden, die in Verbindung mit dem illegalen Überschreiten einer Außengrenze eines Mitgliedstaates aufgegriffen werden, unverzüglich die Fingerabdrücke abzunehmen, wenn diese Fremden mindestens vierzehn Jahre alt sind. Darüber hinaus sind genaue Regeln für die Übermittlung dieser Fingerabdruckdaten, die Speicherung, Aufbewahrung, Vergleich mit anderen Fingerabdruckdaten, die Über­mittlung von Vergleichsergebnissen, die Sperrung und die Löschung aufzustellen.

Diesen Anforderungen der Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften wird im Novellenvorschlag zum Fremden- und Asylgesetz Rechnung getragen.

Darüber hinaus wird die Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen durch den im Entwurf vorgeschlagenen Text umgesetzt.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Juli 2002 in Verhandlung genommen und beschlossen, ein öffentliches Hearing abzuhalten, bei dem folgende Experten gehört wurden: Johannes Seitner (Wiener Integrationsfonds), Andreas Hörtnagl (AMS Innsbruck), Dr. Arnulf Komposch (Polizeidirektion Villach) und Mag. Wilfried Embacher (Rechtsanwalt).

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Terezija Stoisits, Ing. Peter Westenthaler, Paul Kiss, Werner Miedl, Mag. Walter Posch, Dr. Helene Partik-Pablé, Johann Loos, Matthias Ellmauer, Katharina Pfeffer, Emmerich Schwemlein, Karl Freund, Helmut Dietachmayr, Mag. Gisela Wurm, Walter Murauer, Günter Kiermaier, Wolfgang Jung, der Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser und der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein.

Im Zuge der Beratungen brachten die Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde die gegenständliche Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé mit Stimmenmehrheit angenommen.

Mehrheitlich stellte der Ausschuss fest:

Zu Art. 1 Z 7 (§ 8 Abs. 4a FrG):

Berichte der Praxis zeigen, dass es vermehrt zu Adoptionen eigenberechtigter Fremder durch Österreicher (EWR-Bürger) kommt, um dem Erfordernis eines Quotenplatzes bei der Zuwanderung nicht entsprechen zu müssen. Diese Umgehungshandlung ist migrationspolitisch unerwünscht und untergräbt das österreichische Zuwanderungssystem. Aus diesem Grund wird in § 8 ein Absatz eingefügt, der verhindern soll, dass sich adoptierte Fremde, deren Adoption ausschließlich zur Erlangung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels erfolgt ist, im fremdenrechtlichen Verfahren erfolgreich auf diese Adoption berufen. Dies bedeutet, dass ein Antrag auf Erteilung eines Erst- oder weiteren Aufenthaltstitels, der vom Fremden bei der Behörde eingebracht wird und bei dem sich entweder prima vista oder im Zuge des Verfahrens herausstellt, dass auf Grund der Norm des § 8 Abs. 4a eine andere Behörde (zB Bezirksverwaltungsbehörde statt Bundespolizeidirektion) zur Erteilung des Aufenthaltstitels zuständig ist, gemäß § 6 AVG weiterzuleiten ist, die über den Antrag dann entscheidet.

Zu Art. 1 Z 53 (§ 50b Abs. 1 Z 4, 6 und 8 FrG):

Zu Z 4: Die Einfügung der Familienangehörigen ist erforderlich, um auch die Ehegatten und unverheirateten minderjährigen Kinder dieser Schlüsselkräfte, von der Integrationsvereinbarung ausnehmen zu können.

Zu Z 6: Das Sprachdiplom, mit dem Fremde nachweisen, dass sie zur Teilnahme am gesellschaftlichen wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich befähigt sind und somit aus der Integrationsvereinbarung ausgenommen sind, hat dem A1-Niveau des Referenzrahmens des Europarates zu entsprechen. Das heißt, dass auch mit jedem – dem Referenzrahmen des Europarates entsprechenden höherwertigen Diplom – das der Fremde vorlegt (zB A2 oder B1) diese Ausnahme gegeben ist. Die Kostenbeteiligung des Bundes orientiert sich in jedem Fall an den Kosten des mindestens geforderten A1-Niveau. Wenn ein Fremder sich dazu entschließt einen ,höherwertigen‘ Kurs zu besuchen, entspricht die maximale Kostenbeteiligung des Bundes 50% der Kosten, die dem Bund erwachsen würde, wenn der Fremde einen Kurs auf A1-Niveau besucht.

Zu Z 8: Die Anfügung der Z 8 ist erforderlich, um all jene Drittstaatsangehörigen und deren Ehegatten und unverheirateten minderjährigen Kinder, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. i vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen sind, von der Integrationsvereinbarung ausnehmen zu können, wenn sie sich kürzer als 36 Monate in Österreich niederlassen. Von dieser Ausnahme sind gemäß AuslBG betroffen: Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Honorarprofessoren, Gastprofessoren, Lektoren, Instruktoren, Lehrbeauftragte oder Vertragsassistenten an österreichischen Universitäten, an der Akademie der bildenden Künste oder an Kunsthochschulen. Gleiches soll auch für den Personenkreis des § 1 Abs. 2 lit. j AuslBG, also für Personen gelten, die im Rahmen von Aus- und Weiterbildungs- oder Forschungsprogrammen der EU tätig sind.

Zu Art. 1 Z 53 (§ 50d Abs. 5 FrG):

Die Anfügung dieses Absatzes soll sicherstellen, dass der Fonds zur Integration von Flüchtlingen einem zertifizierten Kursträger die Zertifikation während der Gültigkeitsdauer dann entziehen kann, wenn die wesentlichen Voraussetzungen, die der Zertifizierung zu Grunde lagen, nicht mehr erfüllt sind.

Zu Art. 2 Z 3 (§ 35 Abs. 1 AsylG):

Der letzte Satz des Abs. 1 soll zur Umsetzung aus den Verpflichtungen aus der Eurodac-Verordnung gewährleisten, dass die erkennungsdienstliche Behandlung der betroffenen Fremden so zeitnah wie möglich nach dem Stellen eines Asylantrages durchgeführt wird. Darüber hinaus soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass die erkennungsdienstliche Behandlung auch dann von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführt werden kann, wenn der Asylantrag bei den Asylbehörden eingebracht worden ist.

Zu Art. 3 Z 3 (§ 36 Abs. 5 AsylG):

Art. 7 Eurodac-Verordnung sieht die Löschung der Daten von Personen vor, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union erworben haben. Zum Zwecke der Harmonisierung erfolgt daher die Ausdehnung der Löschungsverpflichtung auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union. Einem Bedürfnis der Praxis entsprechend werden die bisher fristauslösenden Verfahrensabschlüsse (rechtskräftige Abweisung oder Zurückziehung) um die Zurückweisung und die Einstellung (§ 30) ergänzt. Zehn Jahre nach rechtskräftigem Abschluss erfolgt die Löschung der elektronisch verarbeiteten Daten und eine Übergabe der Aktenbestände an das Bundesstaatsarchiv. Asylakten beinhalten vielfach Fakten von historischem Interesse und sind aus diesem Grund archivwürdig.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 07 03

      Werner Miedl         Anton Gaál

       Berichterstatter                Obmann