1246 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 8. 7. 2002

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über den Antrag 681/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versammlungsgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden

Der gegenständliche Antrag wurde am 22. Mai 2002 im Nationalrat eingebracht und war wie folgt begründet:

„Derzeit wird in der politischen Diskussion wieder ein generelles Vermummungsverbot bei Demonstrationen gefordert. Vorweg sei betont, dass die Antragsteller jegliche Gewalt bei Demonstrationen ablehnen und es auch für wünschenswert halten, dass sich bei Versammlungen niemand unter Vermummungen verbirgt. Die Antragsteller stehen aber einem generellen Vermummungsverbot ablehnend gegenüber, weil ein solches gegenüber dem Vorteil, allfällige Gewalttäter identifizieren zu können, gravierende Nachteile aufweist:

      Ein generelles Vermummungsverbot ist – nach Erfahrungen in der BRD – fast nicht durchsetzbar;

      der Versuch der Durchsetzung eines Vermummungsverbotes erhöht uU die Gefahr einer Eskalation;

      ein eingehaltenes Vermummungsverbot nimmt den Organen der Sicherheitsbehörde die Möglichkeit, bereits frühzeitig zu erkennen, von wem möglicherweise Gewalt ausgehen könnte;

      jedes Vermummungsverbot greift in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein; Personen, die aus berechtigten Gründen bei Demonstrationen unerkannt bleiben möchten, weil sie Benachteiligungen durch ihren Arbeitgeber befürchten, werden in ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt; ein generelles Vermummungsverbot ist gegenüber einem partiellen, wie von den Antragstellern vorgeschlagenen der schwerwiegendere Eingriff in die Versammlungsfreiheit;

      die Reichweite eines generellen Vermummungsverbotes ist kaum abzustecken; Diskussionen wie in der BRD über Umzüge von Weihnachtsmännern sollten der Exekutive im Hinblick auf ihr Ansehen in der Bevölkerung erspart bleiben.

Wie von allen Experten betont wird, hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein Vermummungsverbot zielführend ist oder nicht. Die Antragsteller schlagen daher eine flexible Regelung vor, die es den Sicherheitskräften ermöglicht, ein Vermummungsverbot dann zu verhängen, wenn dieses es ermöglicht, Ausschreitungen zu verhindern oder Gewalttäter zu verfolgen. Vermummungen sind dann zuzulassen, wenn sie harmlos sind (zB Verkleidungen) oder die Durchsetzung eines Vermummungsverbotes erst zu einer Eskalation führen würde.

Die von den Antragstellern vorgeschlagenen Gesetzesänderungen ermöglichen der Exekutive, für bestimmte Versammlungen (wenn begründete Sorge besteht, Einzelne oder Gruppen würden unter dem Schutz einer Vermummung daran teilnehmen um rechtswidrige Handlungen zu setzen) anzuordnen, daß eine Vermummung nicht zulässig ist.

Diese Befugniss soll die Exekutive sowohl im Vorfeld als auch während der Versammlung haben, um etwaige Eskalationen vermeiden zu können.

Bei dem Begriff „Vermummung“ haben die Antragsteller volks- oder brauchtümliche Maskierungen, Maskierungen zum Scherz, Maskierungen, deren Zweck der Ausdruck der persönlichen Meinung ist, sowie Verhüllungen aus religiösen Gründen nicht vor Augen.

Es soll der Vollzug eines allfällig verhängten Vermummungsverbotes ins Ermessen der Exekutive gestellt werden, da eine solche Entscheidung am besten vor Ort zu treffen ist. Unter Umständen ergeben sich nämlich Situationen, in denen ein Vollzug im Hinblick auf eine Eskalation nicht tunlich erscheint.

Im Zusammenhang mit der Schaffung dieser Befugnis der Exekutive soll gleichzeitig gesetzlich festgelegt werden, daß die Exekutive auf den friedlichen Ablauf von Versammlungen hinzuwirken hat und Eskalationen tunlichst zu vermeiden sind. Auf den friedlichen Ablauf einer Versammlung „hinzuwirken“ hat die Exekutive zB durch Absprachen mit den Versammelten oder durch die Inanspruchnahme von Vermittlertätigkeiten einzelner Personen.

Der bloße Verstoß gegen ein verhängtes Vermummungsverbot ist nach Auffassung der Antragsteller als Verwaltungsstraftatbestand ausreichend sanktioniert. Im Zusammenhang mit Justizstraftaten scheint aus generalpräventiven Gründen die Schaffung eines besonderen Erschwerungsgrundes bei der Strafbemessung angebracht.“

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Initiativantrag in seinen Sitzungen am 5. Juni und 3. Juli 2002 in Verhandlung genommen.

Als Berichterstatter für den Ausschuss fungierte die Abgeordnete Mag. Gisela Wurm.

Im Zuge der Verhandlungen wurde ein öffentliches Hearing betreffend die Einführung eines „Vermummungsverbotes“ abgehalten, an dem Prof. Bernd-Christian Funk, Institut für Staats- und Verfassungsrecht, Unversität Wien; Knut Paul, Vorsitzender des Bundesgrenzschutz-Verbandes in der Gewerkschaft der Polizei des Bundes, Berlin; Dieter-Wolfram Hillebrand, Polizeipräsident des Polizeipräsidiums  Oberbayern, München; Major Ernst Albrecht, Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung; Dipl.-Pol. Rüdiger Bredthauer, Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Polizei, Hamburg; Generalinspektor Franz Schnabl, Bundespolizeidirektion Wien; Mag. Heimo Siegel, Sicherheitsdirektor von Linz;  Brigadier Werner Brinek, Kommandant der WEGA und Univ.-Prof. Dr. Frank Höpfel, Institut für Strafrecht an der Universität Wien, teilnahmen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Werner Miedl, Dr. Helene Partik-Pablé, Rudolf Parnigoni, Dr. Peter Pilz, Günter Kößl, Ludmilla Parfuss, Ing. Peter Westenthaler, Paul Kiss, Mag. Eduard Mainoni, Walter Murauer, Helmut Dietachmayr, Hermann Reindl, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Robert Egghart, Mag. Terezija Stoisits sowie der Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2002 07 03

         Günter Kößl         Anton Gaál

       Berichterstatter                Obmann