1259 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Übergeben am 04.07.2002

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (1126 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (Verwaltungsverfahrensnovelle 2002)

Durch die Neuregelung des Vergaberechts können die Länder die Zuständigkeit im Nachprüfungsverfahren betreffend Vergabeverfahren den unabhängigen Verwaltungssenaten zuweisen. Diese hätten aber in allen Fällen, insbesondere auch im Unterschwellenbereich, durch Kammern zu entscheiden.

Seit vielen Jahren wird von den Ländern die Anhebung der für Strafverfügungen und Anonymverfügungen maßgebenden Obergrenzen gefordert, um durch eine Ausweitung des Anwendungsbereiches dieser abgekürzten Verfahren eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehörden zu erzielen. Die derzeit vorgesehene Betragsgrenze für Organstrafverfügungen hat in der Praxis kaum ein Anwendungsgebiet, da für die praktisch bedeutsamen Bereiche sondergesetzlich andere, fast ausnahmslos höhere Beträge festgesetzt sind.

Mit Wirkung vom 1. Juli 2001 wurde die Altersgrenze für die Erreichung der Volljährigkeit wie auch die Altersgrenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts auf das Ende des 18. Lebensjahres herabgesetzt. Für das Verwaltungsstrafrecht gilt ein Täter aber bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres als Jugendlicher.

Als Lösung wird in der Regierungsvorlage vorgeschlagen:

Ergänzung der im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 enthaltenen Bestimmungen über die Besetzung der unabhängigen Verwaltungssenate.

Anhebung der Strafhöchstbeträge für Strafverfügungen, Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen.

Herabsetzung der Altersgrenze für jugendliche Täter auf die Vollendung des 18. Lebensjahres.

Durch die Ausweitung des Anwendungsbereiches der abgekürzten Verfahren wird es im Bereich der eher geringfügigen Verwaltungsübertretungen zu erheblichen Vereinfachungs- und Entlastungseffekten bei den Verwaltungsstrafbehörden und damit in erster Linie zu Einsparungen für die Länder in der Größenordnung von 6,44 Millionen Euro kommen. Bei Ausschöpfung der Möglichkeiten des EDV‑Einsatzes im Bereich der Erlassung von Anonymverfügungen kann es sogar zu Einsparungen für die Länder in der Größenordnung von 7,62 Millionen Euro kommen.

Die vorgesehenen Änderungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Der Gesetzentwurf unterliegt zur Gänze der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus, BGBl. I Nr. 35/1999.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung des vorgeschlagenen Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 11 Abs. 2 B-VG, hinsichtlich des Verfahrens vor den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern aus Art. 129b Abs. 6 B-VG und hinsichtlich der Besetzung der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern aus Art. 129b Abs. 5 B-VG.

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 4. Juli 2002 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Mag. Johann Maier, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Heribert Donnerbauer, Mag. Terezija Stoisits, und der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Dr. Michael Krüger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991):

Zu Z 1 (§ 67a Abs. 1):

Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Zuständigkeit des Einzelmitgliedes bei Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird auf den Unterschwellenbereich beschränkt. Im Übrigen wird der Wortlaut an die neue Kompetenzbestimmung des Art. 14b Abs. 3 B-VG angepasst (1118 d. B. XXI.GP, 9f). Nach der nunmehr vorgeschlagenen Regelung entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern in Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen einschließlich der Erlassung einstweiliger Verfügungen im Unterschwellenbereich durch Einzelmitglied. Der Begriff „Unterschwellenbereich“ wird in § 67a Abs. 1 in derselben Bedeutung verwendet wie im BVergG [2002] und bezeichnet Auftragsvergaben unterhalb der im BVergG festgelegten Schwellenwerte (§ 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 2 BVergG). Im „Oberschwellenbereich“ bleibt es bei der Kammerzuständigkeit.

Zu Z 2 (§ 78 Abs. 2):

Die vorgeschlagene Änderung enthält eine in der Verwaltungsverfahrensnovelle 2001, BGBl. I Nr. 137/2001, unterbliebene Euro-Anpassung.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages in getrennter Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten angenommen.

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

Der Verfassungsausschuss geht im Zusammenhang mit der Anhebung der Strafhöchstbeträge für Strafverfügungen, Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen davon aus, dass diese Anhebung dazu genutzt wird, mehr Verwaltungsübertretungen durch die abgekürzten Verfahren abzuwickeln, hiebei die Möglichkeiten der elektronischen Aktenführung auszunützen und dadurch Einsparungen für die Verwaltungsstrafbehören zu erzielen, aber nicht generell die einzelnen Strafsätze von Verwaltungsübertretungen zu erhöhen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002-07-04

                  Mag. Dr. Maria Theresia Fekter                                               Dr. Peter Wittmann

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann