1262 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 10. 7. 2002

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (1140 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufe und die Ausbildungen zum medizinischen Masseur und zum Heilmasseur (Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz – MMHmG) erlassen wird, und mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz, das Krankenanstalten-Arbeits­zeitgesetz, das MTD-Gesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

Reformpläne und die Forderung nach einer Neuregelung des Berufs des Heilmasseurs/der Heilmasseurin bestehen schon seit längerer Zeit, da die derzeit geltenden Regelungen des MTF-SHD-G sowohl inhaltlich und fachlich als auch in legistischer Hinsicht nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht werden.

In zahlreichen Sitzungen wurden neue Ausbildungssysteme erarbeitet, die eine größtmögliche praxis- und berufseinstiegsgerechte Ausbildung ermöglichen sollen. Weiters wurde festgestellt, dass der Tätigkeitsbereich um Tätigkeiten, zB anerkannte Spezialmassagen, wie etwa der Lymphdrainage, der Bindegewebsmassage und der Akupunktmassage, erweitert werden sollte. Um eine Qualitätssicherung, insbesondere im Hinblick auf das Wohl der Patienten/Patientinnen, zu erreichen, ist mit dieser Erweiterung des Tätigkeitsbereichs eine Verlängerung der Ausbildungsdauer unumgänglich.

Auch die Möglichkeiten der Berufsausübung wurden den Anforderungen der Praxis angepasst. Entgegen den zahlreichen Vorentwürfen werden im Hinblick auf die Patientenversorgung zwei Berufe geschaffen.

Ein weiterer Eckpunkt der Reform bildet die Durchlässigkeit zwischen den neuen Gesundheitsberufen „medizinischer Masseur“/„medizinische Masseurin“ sowie „Heilmasseur“/„Heilmasseurin“ und den gewerblichen Masseuren/Masseurinnen. Durch wechselseitige Anerkennung der Ausbildung bzw. von Ausbildungsteilen und ergänzende Ausbildung im jeweils anderen Bereich soll durch die Ausbildung im Gesundheitswesen auch eine Berufsausübung auf dem gewerblichen Sektor (Wellnessbereich) und gewerblichen Masseuren/Masseurinnen eine Berufsausübung im Gesundheitsbereich ermöglicht werden.

Von einer Novellierung des MTF-SHD-G, das in weiten Zügen aus dem Jahre 1961 stammt und durch die zahlreichen Novellierungen, insbesondere die Ausgliederung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und der Sanitäter/Sanitäterinnen, und welches durch die Fortentwicklung der Rechtsetzungstechnik nicht mehr den legistischen Anforderungen entspricht, wurde Abstand genommen. Eine Novellierung im Rahmen des MTF-SHD-G hätte zweckdienlicherweise insbesondere mit einer gleichzeitigen Neuregelung aller im MTF-SHD-G verbliebenen Berufe einhergehen sollen, was im Hinblick auf den Umfang der Reformmaßnahmen eine mehrjährige Verzögerung der legistischen Umsetzung zur Folge gehabt hätte.

Folgende Schwerpunkte der Reformmaßnahmen sind zusammenfassend hervorzuheben:

      Schaffung eines eigenständigen Gesetzes für medizinische Masseure/medizinische Masseurinnen und Heilmasseure/Heilmasseurinnen;

      Festlegung von allgemeinen und speziellen Berufsrechten und Berufspflichten;

      Festlegung der Berufsbezeichnungen;

      Erweiterung der Tätigkeitsbereiche und detaillierte Umschreibung der jeweiligen Berufsbilder;

      Schaffung von Spezialqualifikationen;

      umfassende Regelungen über die Berufsberechtigungen und die Berufsausübungen;

      Schaffung eines neuen Ausbildungssystems;

      Festlegung der Ausbildungsbedingungen (Zugang, Ausschluss, Anrechnungen, Prüfungen);

      Neufassung der Nostrifikationsbestimmungen;

      Ergänzung der EWR-Bestimmungen;

      Harmonisierung der gewerberechtlichen und gesundheitsrechtlichen Bestimmungen.

Im Zusammenhang mit der Reform ist der Antrag des Obersten Sanitätsrates in der 5. Vollversammlung der Funktionsperiode 1999 bis 2001 zu erwähnen. In Weiterführung der Bearbeitung des Themas „Ausübung von Lymphdrainage, Ultraschall- und Elektrotherapie durch Heilbademeister und Heilmasseure/Heilbademeisterinnen und Heilmasseurinnen“ empfahl dieses Gremium die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie die Ausbildung des Gesundheitsberufs dahingehend zu erweitern, dass auch eine Berechtigung zur Durchführung dieser Tätigkeiten besteht.

Im Rahmen der Vollziehung des Kranken- und Kuranstaltenrechts (Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG) wird freilich darauf zu achten sein, ob durch das Ausmaß an Organisation eine als „physiotherapeutische Praxis“ bezeichnete Einrichtung nicht tatsächlich bereits eine Krankenanstalt darstellt (siehe auch RdM 2000, 129).

Grundlage für die Bundeskompetenz zur Regelung des Berufs und der Ausbildung zum Heilmasseur bildet Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG.

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 4. Juli 2002 in Verhandlung genommen.

Als Berichterstatter für den Ausschuss fungierte die Abgeordnete Jutta Wochesländer.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Theresia Haidlmayr, Manfred Lackner, Heidrun Silhavy, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Alois Pumberger sowie der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt und der Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck.

Von den Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Dr. Erwin Rasinger wurde ein  Abänderungsantrag betreffend die Art. I, IV, VII bis X mit folgender Begründung eingebracht:

„Zu Art. I Z 2:

In § 17 Abs. 3 ist der fehlende Verweis auf die Möglichkeit der Anrechnung von Ausbildungsinhalten des Moduls B durch Ergänzung des § 22 im Gesetzestext richtig zu stellen.

Im Übrigen ist zu dieser Bestimmung festzuhalten, dass für die inhaltliche und umfangmäßige Gleichwertigkeit die Aktualität der vermittelten Inhalte unter besonderer Beachtung des Stands der medizinischen Wissenschaften und Erfahrung zu berücksichtigen ist. Insbesondere bei länger zurückliegenden Ausbildungen wird daher im Sinne der Qualitätssicherung und im Hinblick auf den rasanten Fortschritt der Medizin ein strenger Maßstab bezüglich der Gleichwertigkeit heranzuziehen sein.

Zu Art. I Z 3 und 4:

§ 78 Abs. 2 sieht eine Verwaltungsstrafe bei Vereitelung der Ausbildung durch den Dienstgeber vor. Es erscheint zweckdienlich, vorerst von einer entsprechenden Strafandrohung Abstand zu nehmen und nach In-Kraft-Treten des Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetzes im Rahmen der Etablierung der neuen Ausbildung praktische Erfahrung in diesem Bereich zu sammeln. Sollte es, wider Erwarten, zu Problemen und sogar zu Missbräuchen kommen, sind im Sinne der General- und Spezialprävention – unbeschadet der Zivilgerichtsbarkeit – entsprechende legistische Maßnahmen im MMHmG zu treffen.

Zu Art. I Z 6:

Zeitliche Beschränkung der qualifizierten Leistungserbringung mit In-Kraft-Treten des Gesetzes.

Zu Art. I Z 1 und 7:

Die Reform des medizinisch-technischen Fachdienstes erfordert auch unter Bedachtnahme auf die Reform der gehobenen medizinisch-technischen Dienste noch umfassenden Diskussionsbedarf. Aus Gleichheitsgründen ist aber bereits derzeit im Hinblick auf die Übergangsregelungen für ,Heilbademeister und Heilmasseure‘/,Heilbademeisterinnen und Heilmasseurinnen‘ eine Übergangsbestimmung auch für diplomierte medizinisch-technische Fachkräfte zu normieren. Das Inhaltsverzeichnis ist dieser Änderung entsprechend richtig zu stellen.

Zu den Art. VII bis X:

Die vorgeschlagenen Änderungen der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen sind ausschließlich redaktioneller Natur.“

Bei der Abstimmung wurde die gegenständliche Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des obgenannten Abänderungsantrages in getrennter Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten angenommen. Mit Stimmenmehrheit wurde folgende Ausschussfeststellung der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Dr. Erwin Rasinger beschlossen:

Der Gesundheitsausschuss stellt fest:

Zu Art. I §§ 2 bis 4 und 7:

„Im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit erhebt sich die Frage der Vorgangsweise im Zusammenhang mit den diesen Berufen zukommenden Berufspflichten, insbesondere der Dokumentations- und Auskunftspflicht. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass der Träger der Krankenanstalt oder sonstigen Einrichtung die Möglichkeit hat, für eine einheitliche Vorgangsweise in diesen Bereichen Vorsorge zu treffen.“

Zu Art. I § 22 Abs. 5:

„Klarzustellen ist, dass im Verordnungswege der genaue Ausbildungsablauf festzulegen sein wird. In bewährter Form sind auch bei dieser Ausbildung im Rahmen der praktischen Ausbildung die theoretischen Lehrinhalte in die berufliche Praxis umzusetzen, wobei eine umfassende Anleitung, Unterstützung und Kontrolle der Auszubildenden gewährleistet sein muss. Die praktische Ausbildung setzt nicht die Absolvierung der gesamten theoretischen Ausbildung voraus; vielmehr ist nur die Vermittlung der jeweiligen erforderlichen theoretischen Kenntnisse Voraussetzung für die praktische Ausbildung. Theoretische Ausbildung einschließlich praktischer Übungen und Pflichtpraktika greifen somit ineinander. Die jeweiligen Inhalte der praktischen Ausbildung bauen auf die bereits vermittelte Theorie einschließlich der im Rahmen der praktischen Übungen erworbenen Fertigkeiten auf.“

Zu Art. I §§ 33, 34 und 35:

„Der Gesundheitsausschuss geht davon aus, dass die Informationspflicht des § 33, die besondere Dokumentationspflicht des § 34 und die Verschwiegenheitspflicht des § 35 voneinander unabhängige Berufspflichten sind, die der Heilmasseur/die Heilmasseurin einzuhalten hat. Um die Informationspflicht zu wahren, ist es erforderlich, dass die notwendigen Daten – unbeschadet der §§ 34 und 35 – dem/der anordnenden Arzt/Ärztin unverzüglich bekannt gegeben werden. Der Arzt/Die Ärztin wird aus medizinischer Sicht in die Lage versetzt, seine/ihre Anordnungen im Hinblick auf die Informationen und Daten des Heilmasseurs/der Heilmasseurin zu hinterfragen. Durch diese qualitätssichernden Maßnahmen wird eine fachgerechte Behandlung und Betreuung des Patienten/der Patientin gewährleistet.“

Ein Antrag auf Ausschussfeststellung der Abgeordneten Heidrun Silhavy wurde abgelehnt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 07 04

                             Jutta Wochesländer                                                         Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann