IV-11 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Mittwoch, 19. September 2001

 

 

 

 

 

 

 

 


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Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XXI. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 19. September 2001

Tagesordnung

1. RAT 10877/01 ELARG 173

Aufzeichnung des Rates

Arbeitsprogramm des belgischen Vorsitzes auf dem Gebiet der Erwei­terung

(36589/EU XXI. GP)

und

Sitzung des außerordentlichen informellen Europäischen Rates in Brüssel vom 21. Sep­tember 2001

2. Antrag der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf Zustim­mung zum Beschluss der Bundesregierung betreffend Fortsetzung der Ent­sendung eines Experten im Rahmen der OSZE-„Spillover“-Überwachungs­mission in Skopje (120/HA)

3. Antrag der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf Zustim­mung zum Beschluss der Bundesregierung betreffend Fortsetzung der Ent­sendung von Militärbeobachtern zur United Nations Mission in Ethiopia und Eritrea (UNMEE) (121/HA)

4. Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend Entsen­dung zur Durchfüh­rung von Übungen und Ausbildungsmaßnahmen im Be­reich der militärischen Landesverteidi­gung; Ausbildung von ABC-Abwehr-Kräften am Übungsplatz Vyskov/Dedice, Tschechische Republik (119/HA)

5. Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Mag. Christine Muttonen und Genossen auf Abhal­tung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 98 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Zukunft des österrei­chischen Films – ein Maßnahmenpaket für den Filmstand­ort Österreich“ (117/HA)

6. Antrag des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf Zustimmung zur Erlassung der Ver­ordnung über die Aufbringung und Gewährung von Beihil­fen zur Abdeckung von Erlösminde­rungen, die infolge der Marktöffnung ent­standen sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen (123/HA)

7. Bericht der Bundesregierung betreffend den Halbjahresbericht des Kura­toriums des Österrei­chischen Versöhnungsfonds (118/HA)

Beginn der Sitzung: 15.07 Uhr

Obmann Dr. Heinz Fischer eröffnet – nach kurzfristig vorgenommener Verlegung des Sit­zungsortes von Lokal V nach Lokal VIII – die Sitzung und begrüßt die Anwesenden, insbeson­dere Herrn Bundeskanzler Dr. Schüssel und Frau Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten Dr. Ferrero-Waldner.

1. Punkt

1. RAT 10877/01 ELARG 173

Aufzeichnung des Rates

Arbeitsprogramm des belgischen Vorsitzes auf dem Gebiet der Erweiterung

(36589/EU XXI. GP)

und

Sitzung des außerordentlichen informellen Europäischen Rates in Brüssel vom 21. Sep­tember 2001

Obmann Dr. Heinz Fischer erteilt nach einem Hinweis auf eine in der heutigen Präsidialkon­ferenz vorgenommene Präzisierung des ersten Tagesordnungspunktes Bundeskanzler Dr. Schüssel das Wort zu einer einleitenden Stellungnahme.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel stellt fest, er werde sich nicht nur zum vorliegenden Arbeitsprogramm der belgischen Präsidentschaft äußern, sondern im Hinblick auf das für 21. September festgelegte Sondertreffen des Europäischen Rates unter Einbeziehung der Außenminister auch die aktuelle Situation ansprechen.

Im Rahmen eines Sonderministerrates gleich am Tag nach den Anschlägen auf Ziele in den USA am 11. September 2001 habe bereits eine klare Solidarisierung mit dem amerikanischen Volk stattgefunden. Vier europäische Sondertreffen seien infolge der Ereignisse kurzfristig ver­einbart worden, von den Außenministern, den Verkehrsministern, den Innen- und Justizminis­tern sowie den Staats- und Regierungschefs unter Einbeziehung der Außenminister. Überdies stehe in wenigen Tagen auch eine ECOFIN-Sitzung bevor.

In der Zwischenzeit habe der NATO-Rat die Beistandsverpflichtung gemäß Artikel 5 ausgeru­fen, welche allerdings, bevor sie operationell gültig werden könne, noch weiterer Beschlüsse bedürfe. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe am 12. September in seinem Be­schluss Nr. 1368 eine sehr scharfe Verurteilung der Anschläge ausgesprochen sowie unter aus­drücklichem Verweis auf die Gefährdung des internationalen Friedens und der Sicherheit die Staaten aufgefordert, den Terror zu bekämpfen. Überdies sei in einer gemeinsamen Erklärung aller Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union die volle Solidarität mit dem amerikanischen Volk und mit der amerikanischen Politik bekräftigt worden.

Mittlerweile sei auch der so genannte Hirtenbrief von Ministerpräsident Verhofstadt über das Thema dieses Sondertreffens eingelangt, und demnach werde es im Wesentlichen um folgende Dinge gehen:

– eine gemeinsame Botschaft an die USA zu formulieren, dass Europa sich in dieser Frage absolut nur an die Seite Amerikas stelle,

– eine klare Unterstützung der Beschlüsse der Vereinten Nationen, der NATO und anderer Staaten; unter Einbeziehung praktisch sämtlicher arabischer Staaten, Russlands und Chinas habe sich hier eine Allianz von 180 Staaten der Welt zusammengefunden, und dies gelte es zu bekräftigen,

– einen international verzahnten Kampf der Sicherheitsbehörden sowie justizielle Zusammen­arbeit gegen den Terror, aufbauend auf noch zu ziehenden Schlussfolgerungen der Innenminis­ter und Justizminister; dies könnte einen europäischen Haftbefehl, europäische Auslieferungs­bestimmungen, die Kooperation der Nachrichtendienste, der Staatspolizei, des Sicherheits­apparates im weiteren Sinn erforderlich machen,

– eine Zusammenarbeit zur Erhöhung der Sicherheitsstandards der Fluglinien in der Luft und auf dem Boden, auch auf den Flughäfen und in der gesamten Abfertigung; dazu habe der Ver­kehrsministerrat bereits einige wichtige Akzente gesetzt, und die internationale Luftfahrtorgani­sation ICAO werde in ihrer Sondertagung von Ende September bis 5. Oktober entsprechende Standards vorschlagen, um ein Maximum an Passagiersicherheit zu garantieren.

Ferner werde eine mögliche militärische Zusammenarbeit erforderlich sein. Dies könne aber für Österreich nicht die Teilnahme an einer Aktion bedeuten, das sei auch nie beabsichtigt gewe­sen. Möglicherweise zur Diskussion stehen könnte eine entsprechende politische Erklärung, und zwar dann, wenn sich die USA – darauf könnten gewisse Indizien hinzielen – zu einer Konzentration ihrer Kräfte entschlössen. Zögen sie etwa teilweise aus dem Kosovo ab, dann müssten wahrscheinlich die Europäische Union und andere europäische Länder dort einstei­gen, um ein Sicherheitsvakuum zu verhindern. Darüber liege zwar noch kein Ansuchen vor, dies könnte aber eine Option sein. Es bedürfte dann eines entsprechenden Beschlusses Öster­reichs, sich an einer solchen Aktion zu beteiligen.

Ein humanitäres Angebot Österreichs sei wohlwollend angenommen worden. Es sei registriert, aber bis zur Stunde noch nicht effektuiert worden. Was der Fall sein könnte, seien Anträge auf Überflugsgenehmigung. Dazu liege ein Gutachten des Verfassungsdienstes und des Völker­rechtsbüros vor, wonach eindeutig sei, dass Österreich in einem solchen Fall – im Zusammen­wirken der UN-Sicherheitsresolution Nr. 1368 mit der EU-Erklärung, dem mit 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Truppenaufenthaltsgesetz und den internationalen Verpflichtungen, die Öster­reich zur Sicherung des Luftraums eingegangen ist – positiv entscheiden würde.

Politisch sei es in der jetzigen Lage von entscheidender Bedeutung, ein klares Signal zu geben. Daneben solle ein Friedensappell an die Parteien im Nahen Osten gerichtet werden.

Bundeskanzler Dr. Schüssel spricht der Außenministerin seinen Dank dafür aus, dass sie schon am zweiten Tag nach diesen Anschlägen mit sämtlichen Ländern in dieser Region Kontakt auf­genommen hat. Dies habe Österreich in die Situation versetzt, einen vollen Überblick über die Bewertung auch sehr kritischer Staaten zur Verfügung zu haben, und dies mache Österreich sicher, dass es im Bündnis für Frieden und Sicherheit wirklich eine breite Koalition gegen den Terror geben könne.

Österreich habe – auch im Kontakt vom Bundeskanzler und der Außenministerin mit dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik der EU Solana – sehr ge­nau registriert, dass massive Appelle an Israel und an die palästinensische Führung ergangen sind, die nun auch Früchte zu tragen begännen. Offenbar sei nun nach Ausrufung eines Waffenstillstandes sowohl von Präsident Arafat als auch von Ministerpräsident Scharon die Möglichkeit eines Treffens in greifbare Nähe gerückt, das zumindest einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Lösung bedeuten könnte. Es wäre auch ein wichtiger Impuls, würde eine gemeinsame Initiative der Europäischen Union, der USA, der UNO, der arabischen Länder sowie Russlands dazu dienen, zu einer Meditation der Streitparteien zu kommen.

Nach innen hin gehe es nun darum, den Menschen in Österreich Sicherheit zu geben, damit es nicht zu Überreaktionen oder gar Übergriffen kommt. Bundeskanzler Dr. Schüssel weist auf ein Treffen von Mitgliedern der Bundesregierung mit wichtige Repräsentanten der verschiedenen Religionsgemeinschaften in Österreich in der vergangenen Woche hin. Es sei sehr wichtig, den Eindruck zu verstärken, dass es keinen „clash of civilizations or religions“ gibt. In Österreich finde traditionell ein Dialog der Religionen zwischen Christentum, Judentum und Islam statt. UNO-Generalsekretär Annan sei auf eine österreichische Einladung hin im Sommer mit einer Gruppe wichtiger Persönlichkeiten zu Besuch nach Salzburg gekommen, und ein aus diesem Treffen heraus entstandenes Dokument werde im November publiziert werden, um den Dialog der Zivilisationen als Kontrapunkt zum „clash of civilizations“ zu bekunden. Die Anregung der Vertreter der Religionsgemeinschaften auf Fortführung dieses österreichischen Dialogs habe die Bundesregierung gerne aufgegriffen.

Hinsichtlich des Programms der belgischen Präsidentschaft über die Erweiterung bestehe die gemeinsame Hoffnung, dass zumindest ein Teil der Kandidatenländer schon an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 werde teilnehmen können. Zu diesem Zweck sei eine spezifische „road map“ angelegt worden, die das Aufgreifen von bestimmten Themenbe­reichen vorsehe. Nach der bisherigen Behandlung von weniger bedeutsamen Fragen stünden nunmehr die Verhandlungen über die wichtigen Kapitel bevor.

Was den Arbeitsmarkt betrifft, sei inzwischen eine Problemlösung auf Grund einer zwischen dem deutschen und dem österreichischen Bundeskanzler in Nizza vereinbarten Initiative gelun­gen. Mit einer siebenjährigen Übergangsfrist, die im Einzelfall verkürzt werden könne und die mit flexiblen innerösterreichischen Mechanismen in Richtung von bilateralen Abkommen verse­hen sei, könne nunmehr eine Lösung angeboten werden, die vor allem den Arbeitnehmern, aber im Dienstleistungsbereich auch den Klein- und Mittelbetrieben die Chance gebe, die Erwei­terung zu einem wirklichen Erfolg zu machen.

In verkehrspolitischer Hinsicht liege nun – nach mehreren Vorstößen Österreichs bei der Euro­päischen Kommission zugunsten neuer Vorschläge für eine gesamteuropäische Lösung – das Weißbuch vor. Es enthalte zwar einige begrüßenswerte Elemente, helfe aber insofern nicht viel, als eine gesamteuropäische Lösung die Einstimmigkeit voraussetze und diese bis Ende 2003 nicht erreichbar sein werde. Daher werde Österreich nach Auslaufen des Transitvertrages eine Übergangsfrist benötigen. Um die österreichischen Rechtspositionen in dieser Hinsicht voll wahren zu können und auch ein Druckmittel in der Hand zu haben, sei mittlerweile eine sorg­fältig vorbereitete Klage Österreichs beim Europäischen Gerichtshof eingebracht worden.

Anfang Oktober werde Kommissarin Loyola de Palacio nach Wien kommen, und es sei auch eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt worden, um die Elemente einer entsprechenden Paket­lösung vorzubereiten. Österreich erhoffe sich, nach den Verhandlungen das Verkehrskapitel abschließen zu können, wenn sich die Kommission verpflichtet habe, die österreichischen Posi­tionen als Übergangsrecht zu übernehmen. Außerdem sollten spätestens mit dem Abschluss der Beitrittsverträge auch die anderen Mitgliedstaaten sowie die Kandidatenländer auf diese gemeinsame Linie eingehen. Damit würde Österreich Zeit gewinnen und hätte auch die Freiheit, ohne Druck von außen an einer gemeinsamen europäischen Lösung zu arbeiten. Österreich erwarte sich von den europäischen Partnern schon deswegen Verständnis, weil es – vielleicht mit Ausnahme Deutschlands – von den zusätzlichen Verkehrsströmen nach der Osterweiterung am meisten betroffen sein werde.

Im Zusammenhang mit dem Energiekapitel bestehe das Problem, dass es derzeit auf euro­päischer Ebene keinen Rechtsbestand gebe, sodass jeder Mitgliedstaat tun könne, was er wolle, ohne sich um verbindliche europäische Standards kümmern zu müssen. Demgegenüber versuche die Bundesregierung – sich eine gemeinsame Position aller im österreichischen Parla­ment vertretenen Parteien zu eigen machend –, zu entsprechenden Sicherheitsstandards zu kommen. Sozusagen durch die Hintertür, nämlich über die „Working Party on Nuclear Safety“ WPNS, und über den mit anderen Ländern bilateral begonnenen Dialog seien Sicherheitsstan­dards jetzt greifbar nahe gerückt. Dieses Thema sei mittlerweile europäisiert worden, es stehe nun außer Frage, dass Kernkraftwerke des alten sowjetischen Typs wie Ignalina, Bohunice und Kosloduj zum Teil mit massiver europäischer Hilfe geschlossen werden sollen.

Auch in der Frage Temelín sei der Dialog mit der Tschechischen Republik noch keineswegs abgeschlossen. Die bisherigen Antworten der tschechischen Regierung seien als absolut nicht befriedigend zu bezeichnen, aber bevor nicht eine gemeinsame Linie gefunden werde, könne der Dialog nicht abgeschlossen werden. Österreich wolle daher, soweit möglich, Unterstützung bei der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament finden, etwa in Form der Einberufung einer internationalen Konferenz durch die Kommission. Selbstverständlich wäre Österreich bereit, an einem Ausstiegsszenario mitzuwirken. Eine Aufforderung des Europäi­schen Parlaments an die Kommission sei bereits erfolgt, auch seien bereits Briefe des öster­reichischen Bundeskanzlers an Kommissionspräsident Prodi und Erweiterungskommissar Verheugen abgesandt worden. Eine Antwort darauf stehe derzeit noch aus. Bundeskanzler Dr. Schüssel erachtet es für wichtig, weiterhin den Weg des Dialogs, aber auch des klaren Ansprechens der österreichischen Sicherheitsbedürfnisse zu gehen.

In ungefähr zwei Wochen werde es soweit sein, dass in den Verhandlungen zum ersten Mal Teile des Landwirtschaftskapitels angesprochen werden, etwa im Bereich Veterinär- und Tier­schutzfragen. Aus österreichischer Sicht werde es der entscheidende Punkt sein, dass die Standards zur Lebensmittelsicherheit keineswegs aufgeweicht werden. Verhandlungen über andere Teile des Landwirtschaftskapitels seien erst für Mitte nächsten Jahres geplant, da würden wohl zunächst die Wahlen in Frankreich abgewartet werden. Erst dann würde es auch um Fragen der Regionalförderung und der Finanzierung gehen.

Mit ihrem Festhalten an dem in Nizza festgelegten Arbeitsplan zeige die belgische Präsident­schaft ihre Bereitschaft, die Verhandlungen nach dem Prinzip einer guten Balance zwischen Qualität und Geschwindigkeit zu führen. Mit einer Demonstration von Konstanz werde den Kandidaten eine klare Botschaft vermittelt, dass es an ihnen liege, die realen Chancen zu einem Abschluss der Verhandlungen zu ergreifen.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) dankt Bundeskanzler Dr. Schüssel für die Bereitschaft, dem Hauptausschuss auch für die Erörterung aktueller Fragen der Sicherheit zur Verfügung zu stehen.

Sie gibt ihrer Erschütterung nach den Anschlägen auf Ziele in den USA am 11. September 2001 Ausdruck; eine solche Dimension sei bis zur letzten Woche einfach unvorstellbar gewesen. Im Nachhang zu diesem schrecklichen Ereignis sei erstmals in der Geschichte der internationalen Völkerfamilie eine Allianz von solcher Breite entstanden, da es nun um die Bekämpfung des Terrorismus gehe. Dies stelle ein zentrales Ereignis für die Zukunft dar. Diese Allianz gelte es jetzt zu erhalten und zu pflegen, da sie bis hin zu den islamischen Staaten, den arabischen Staaten, Russland und China reiche in dem Bestreben, den Terrorismus zu bekämpfen und gemeinsame Maßnahmen zu beschließen. Man dürfe sich nicht mit einer generellen Ermächti­gung, die im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen getroffen wird, zufrieden geben, sondern könne mit einer weltweiten oder die größten Teile der Welt umfassenden Vorgangsweise einen großen Schritt vorwärts in der Sicherheitspolitik erreichen.

Für Österreich sei es unerlässlich, sich in künftigen Debatten in Richtung Bewahrung dieser Allianz einzubringen. Daher hätten die Grünen einen Antrag auf Stellungnahme mit dieser Ziel­setzung eingebracht. Demzufolge sollten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dafür einsetzen, dass diese Allianz gewahrt wird und dass deren Aktivitäten auf der Grundlage von Beschlüssen des Sicherheitsrates erfolgen, sodass nicht der bestehende Beschluss schon als Ermächtigung für alles Weitere dienen könne. Denn die vorliegende Resolution reiche nach Ansicht der Grünen nicht aus, die derzeit im Gang befindlichen Vorbereitungen abzudecken, nämlich sozusagen das Überkippen von Terrorismusbekämpfung in einen konventionellen Krieg zwischen Staaten. Letzteres stehe für die Zukunft zu befürchten, und mit dieser Entwicklung würde man neben der ersten Eskalationsspirale, jener des Terrorismus, eine zweite Eskala­tionsspirale, jene der nationalen Kriege, in Gang setzen.

Mit der Stellungnahme solle erreicht werden, dass Österreich auch Beschlüsse des Sicherheits­rates als Basis für die konkreten Maßnahmen einfordert. Auf solche Mandatierung sei Öster­reich angewiesen in jeder Entscheidung darüber, ob weitere Aktionen aktiv oder passiv mitge­tragen werden. Es sei von zentraler Bedeutung, diesen friedenspolitischen Ansatz zu stärken, der von der Logik des Krieges weggehe und zu einer neuen Logik der Terrorismusbekämpfung hinführe. Käme es nicht dazu, so würden damit zwei Eskalationswege eröffnet werden, die eine große Gefahr für den Weltfrieden bedeuten könnten.

Hinsichtlich des angesprochenen europäischen Haftbefehls fragt Abgeordnete Dr. Lichtenber­ger, was genau dessen Inhalt sein werde und wie den damit verbundenen Missbrauchsmög­lichkeiten begegnet werden solle. Sie ersucht Bundeskanzler Dr. Schüssel ferner um Übermitt­lung des erwähnten Gutachtens des Völkerrechtsbüros in Bezug auf die politische Entschei­dung über etwaige Überflugsansuchen.

Was die Frage der Verkehrspolitik betrifft, stehe zu befürchten, dass das vorliegende Weißbuch kein hinreichender Anlass zum Handeln sein werde. Zu unterstützen sei die österreichische Vorgangsweise, was die Frage des Transitvertrages und einer etwaigen Nachfolgeregelung betrifft, aber damit sei es nicht getan. Würde es nicht gelingen, eine Finanzierung für die Trans­europäischen Netze sicherzustellen, so würde das Verkehrschaos in Mitteleuropa mittelfristig potenziert werden. Dem möge der Hauptausschuss durch Annahme des folgenden Antrags der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kurt Eder auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG betreffend Aufzeichnung des Rates „Arbeitsprogramm des belgischen Vorsitzes auf dem Gebiet der Erweiterung“ entgegenwirken:

„Der Hauptausschuss wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung mögen bei den Verhandlungen

zum Kapitel 9 ‚Verkehr‘ im Rahmen der EU-Erweiterungsvorbereitungen,

zur Revision der TEN-Leitlinien,

zur Gestaltung und Umsetzung aller weiteren einschlägig wirksam werdenden Rechts- und Finanzierungsinstrumente

mit Nachdruck vertreten, dass den Schienenverbindungen zwischen EU‑15 und Beitrittskandi­daten grundsätzlich zeitliche und finanzielle Priorität gegenüber der Erweiterung des Straßen­netzes eingeräumt wird.“

*****

Dieser Schritt müsse jetzt gesetzt werden, sonst würde es einmal mehr zu einem Versäumnis kommen.

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP) spricht der österreichischen Bundesregierung dafür Anerkennung aus, dass sie im Rahmen der jetzigen Krise nicht nur rasch reagiert, son­dern innerhalb kürzester Zeit eine sehr klare Linie entwickelt habe. Diese lasse auf der einen Seite keinen Zweifel darüber entstehen, dass Österreich solidarisch sein werde, und stelle auf der anderen Seite klar, dass es zu keiner Teilnahme Österreichs an Kampfhandlungen kommen werde. Man verlasse sich dabei nicht nur auf internationale Prozesse, sondern habe gleichzeitig bilaterale Kontakte mit der Krisenregion aufgenommen.

Nicht zu verstehen sei hingegen der Wunsch der Grünen, hier etwas, was von Seiten des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bereits klargestellt worden sei, entgegen allen bisheri­gen Stellungnahmen und im Widerspruch zum bisher Üblichen wieder in Zweifel zu ziehen. Der Text des Sicherheitsratsbeschlusses enthalte eindeutig einen Aufruf an alle Staaten zur Zusam­menarbeit, und zwar nicht nur zu dem Zweck, die Verursacher vor die Justiz zu bringen, son­dern auch mit dem Ziel, terroristische Akte zu verhindern. Somit gehe es nicht nur darum, Stellungnahmen abzugeben, sondern auch um konkrete Handlungen gegen Terroristen.

An Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner richtet Abgeordneter Dr. Fasslabend das Ersuchen, zum Inhalt von Resolutionen des Sicherheitsrates mit Bezug auf Beispiele aus der Vergangen­heit – betreffend etwa den Balkan oder andere Krisengebiete – Stellung zu nehmen.

Hervorzuheben seien die Europäisierung, die der österreichischen Bundesregierung in den Kapiteln Energie und Verkehr gelungen sei, sowie der „Melker Prozess“. Der Weg der damit vorgenommenen Einbeziehung europäischer Institutionen möge konsequent fortgesetzt und erfolgreich zu einem Ende gebracht werden.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) hebt die Betroffenheit hervor, die nach wie vor infolge der Ereignisse des 11. September, die in New York und Washington zu dieser hohen Opferzahl geführt haben, bestehe. Nunmehr müsse die Staatengemeinschaft im Sinne ihrer Verantwor­tung versuchen, so rasch wie möglich an die Wurzeln dieses Problems heranzukommen. Dabei sollten eine Analyse und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen in einem weiteren Rah­men ansetzen als bloß an der Frage, wie man kurzfristig des vernetzten internationalen Terrors Herr werden könne. Dabei gelte es auch die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründe ins Auge zu fassen, die zur Entstehung des Terrors führen.

In diesem Sinn habe zum Beispiel Peter Michael Lingens im „profil“ gemeint, es wäre klüger, 60 Milliarden Dollar nicht für einen Anti-Raketenschirm, sondern zur Reduzierung des Gefälles zwischen Reich und Arm zu verwenden. Manche würden in diesem Gefälle eine der Wurzeln regionaler Konflikte erblicken, die sich dann ethnisch, religiös oder durch Terror ausdrücken könnten. Kürzlich habe ein amerikanischer Schriftsteller die Auffassung vertreten, es scheine auch im Umgang der Amerikaner mit den anderen Kulturen und Lebensformen vieles von dem begründet zu sein, was zu diesen Reaktionen führe.

Bei diesen Hinweisen gehe es nicht darum, eine Entschuldigung zu formulieren, sondern zu zeigen, dass in der öffentlichen Diskussion die manchmal fast nur militärisch geprägten Reaktionen zu kurz greifen. Auch könne es nicht isoliert um Sicherheitsmaßnahmen im Flugver­kehr oder um Fragen der Koordinierung von Nachrichtendiensten gehen. Vielmehr müsse die Frage gestellt werden, wie tief die Wurzeln des Terrors gingen und wo man noch anzusetzen habe. Es stehe zu hoffen, dass es beim jetzigen Waffenstillstand im palästinensisch-israeli­schen Konflikt bleiben wird; diese regionalen Konflikte seien auch mit ein Grund für Eskalatio­nen. Selbstverständlich sei nun die Staatengemeinschaft gefordert, entsprechende Schritte zu setzen.

Auf den Antrag der Grünen zurückkommend, erachtet Abgeordneter Dr. Cap den vorliegenden Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen als ein gutes Fundament für die weitere Vorgangsweise. Die Stellungnahmen all dieser Staaten, auch Chinas und Russlands, ließen die Schlussfolgerung zu, dass es auch für künftige Beschlüsse des Sicherheitsrates kein Problem geben dürfte. Im Punkt 6 sei bereits vorgesehen, dass sich der Sicherheitsrat weiterhin mit der Angelegenheit befassen wird. Es werde daher weitere Beschlüsse und konkrete Äußerungen geben. Klar angesprochen werde aber auch die Verpflichtung aller Staaten zur Zusammen­arbeit und dass diejenigen, die den Tätern helfen, sie unterstützen oder ihnen Unterschlupf gewähren, zur Verantwortung gezogen werden sollten. Bereits diese Formulierung sei unmiss­verständlich, jedoch stehe weiteren Beschlüssen nichts entgegen. Für den Antrag der Grünen mangle es allerdings an einer inhaltlichen Grundlage.

Eine der Lehren des 11. September müsse auch für die von Bundeskanzler Dr. Schüssel ange­sprochene Frage der Sicherheitsstandards von Atomkraftwerken gezogen werden. Eigentlich gebe es überhaupt keine sicheren Atomkraftwerke, auch nicht jene nach westlichem Standard, und es wäre falsch, die Illusion zu nähren, dass so genannte Ost-Atomkraftwerke durch Nach­rüsten sicherer gemacht werden könnten. Atomenergie sei grundsätzlich eine unsichere und hoch riskante Technologie, und seit dem 11. September müsse dringend beachtet werden, dass auch Atomkraftwerke Ziele terroristischer Anschläge werden könnten; schon während der Olympischen Spiele in Australien sei ein Anschlag auf einen Atommeiler südlich von Sydney geplant gewesen. Würde etwa ein Großraum-Flugzeug mit 90 000 Liter Kerosin auf ein Atom­kraftwerk abstürzen, könnten die Folgen bis hin zur Kernschmelze im Reaktor reichen. Daher würden die bisherigen Aktivitäten zur Beseitigung dieser Gefahr zu kurz greifen.

Auch sei der „Melker Prozess“ längst gescheitert, und zwar seitens der Tschechischen Repu­blik, seitens der Mitarbeit der tschechischen Seite, seitens der nicht zu Ende gebrachten Um­weltverträglichkeitsprüfung; da seien die Ergebnisse ausgeblieben. Österreich müsse Schritte für einen Ausstieg aus der Atomenergie in der Europäischen Union setzen. Die Mehrheit der Länder der Europäischen Union hätten keine Atomkraftwerke oder seien derzeit – wie Deutsch­land und Schweden – im Begriff, Ausstiegsszenarien zu entwickeln. Österreich habe die poli­tische und moralische Berechtigung, dieses Thema aufzugreifen.

An die Bundesregierung sei daher die Aufforderung zu richten, in den Verhandlungen innerhalb der Europäischen Union Initiativen zu setzen, um für die künftigen Beitrittsländer Ausstiegs­szenarien vorzusehen. Die Angst der Menschen vor den Gefahren der Kernkraft sei berechtigt, und von der österreichischen Bundesregierung könne erwartet werden, dass sie Bündnispartner unter den EU-Ländern sucht, die keinen Gebrauch von der Atomenergie machen, um einen solchen Umdenkprozess in der Europäischen Union herbeizuführen. Darüber möge auch regel­mäßig im Hauptausschuss Bericht erstattet werden. Um über diese Anliegen einen Beschluss zu fassen, bringen die Abgeordneten Dr. Cap und Genossen einen Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23 Abs. 2 B-VG betreffend ein Ausstiegsszenario aus der Atomenergie für die Europäische Union ein.

Mit einem weiteren Antrag auf Stellungnahme habe die SPÖ Anliegen aus einem Greenpeace-Antrag aufgegriffen, allerdings mit einer Korrektur in Bezug auf den Begriff „Stand der Technik“. Denn die Bezugnahme auf einen Stand der Technik, der nicht definiert sei und den es über­haupt nicht gebe – auch keine so genannte offizielle Definition liege dafür vor –, würde letztlich bedeuten, dass es nicht zum Ausstieg aus der Atomenergie käme, sondern vielmehr auch Ost-Atomkraftwerke nachgerüstet werden und für weitere 15 oder 20 Jahre in Betrieb bleiben würden. Dies könne nicht im Interesse Österreichs sein.

In dem Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23 Abs. 2 B-VG der Abgeordneten Dr. Cap und Genossen betreffend ein Ausstiegsszenario aus der Atomenergie für die Europäische Union habe die SPÖ genau formuliert, worum es in den einzelnen Schritten gehen werde und in welchen Punkten Greenpeace richtige Forderungen erhoben habe. Die bloße Konzentration auf den Stand der Technik führe nicht zu dem angestrebten Sicherheitsziel, dafür bedürfe es weitergehender Forderungen nach Ausstiegsszenarien für Europa und auch für die beitritts­werbenden Länder.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) führt aus, er habe am 11. September nach den Anschlägen auf die USA, als der NATO-Rat sehr rasch eine Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 ausgerufen habe und von den Höchstverantwortlichen in den Vereinigten Staaten sehr kriegerische Töne gekommen seien, die Feststellung getroffen, es sei ein Glücksfall, dass Österreich nicht in der NATO ist, da nicht alles wirklich überlegt gewesen sei, was auf amerika­nischer Seite im ersten Schock gesagt wurde.

Nunmehr sei es zu begrüßen, dass es nicht zu Rache und Vergeltung nach dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“ kommen werde, sondern dass nach einer Abkühlungsphase sehr be­dächtig agiert und über die geeigneten Mittel, die zum Ziel führen könnten, gesprochen werde. Es könne nun eine Aufgabe der Europäischen Union sein, darauf aufmerksam zu machen, dass man mit dem Versuch, auch die islamischen Staaten in die Koalition zum Kampf gegen den Terror einzubinden, einer Problemlösung näher kommen werde.

Abgeordneter Dr. Cap habe richtig gesagt, dass ein Krieg gegen den Terror nicht zu gewinnen wäre, wenn es nicht langfristig zur Bekämpfung der Ursachen des Terrors käme. Diese Ur­sachen lägen eindeutig darin, dass es der internationalen Staatengemeinschaft mit all ihrer Politik – Entwicklungshilfepolitik, Handelspolitik und auch Globalisierung – in vielen Ländern der Welt nicht gelungen sei, geeignete wirtschaftliche Voraussetzungen zu schaffen, um dem Terror den Nährboden zu entziehen. Deshalb müsse nun die internationale Staatengemeinschaft einen Startschuss für eine Diskussion zur Überprüfung und Verbesserung dieser internationalen Politik geben.

Es dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, wie der Konflikt im Nahen Osten in Hinkunft behandelt werden solle. Dabei sei es notwendig, dass die beiden Streitparteien endlich in einen Dialog eintreten, und da müsse es auch legitim sein, die Rolle der Vereinigten Staaten zu dis­kutieren und darauf aufmerksam zu machen, dass sie in diesem Konflikt nicht immer die beste Rolle gespielt hätten.

Was das Kernkraftwerk Temelín betrifft, stellt Abgeordneter Mag. Schweitzer fest, es sei von der Bundesregierung gemeinsam mit dem Parlament sichergestellt worden, dass es nicht zum Abschluss des Energiekapitels kommen werde, wenn Temelín nicht den deutschen Standards entspreche. Dies sei eine vertretbare Position, und es bedeute in Wirklichkeit nichts anderes als ein Veto gegen den Beitritt, weil eben, wenn ein Verhandlungskapitel nicht abgeschlossen werde, ein Beitritt nicht möglich sei. Entsprechende Beschlüsse seien sowohl im Parlament als auch auf Regierungsebene gefasst worden. Daher seien weitere Anträge in dieser Angelegen­heit nicht mehr nötig, weil dies nur zu einer Vervielfachung der Beschlüsse führen würde.

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) dankt Bundeskanzler Dr. Schüssel für dessen Infor­mationen und auch dafür, dass im Zuge der tragischen Ereignisse vom 11. September und der Bewältigung der Folgen die Klubobleute aller vier im Parlament vertretenen Parteien zur Dis­kussion eingeladen wurden. Darin habe sich ein gutes Zusammenwirken von Bundesregierung und Nationalrat gezeigt. In Österreich wie auch international seien viele Zeichen der Solidarität mit den Opfern und auch mit den USA zum Ausdruck gebracht worden. Im Kampf gegen die Hydra des Terrorismus sei die gesamte Staatengemeinschaft gefordert. Es sei wünschenswert, dass nunmehr auch die Informationen über die Entscheidungen im Europäischen Rat prompt erfolgen.

Das am Vortag beschlossene und vorgestellte umfangreiche Maßnahmenpaket der Bundes­regierung betreffe nicht nur außenpolitische Maßnahmen wie eine Terrorismus-Konvention, sondern auch eine Reihe innenpolitischer Schritte. Es zeige sich jetzt einmal mehr, dass in einer vernetzten Welt die Grenze zwischen Außenpolitik und Innenpolitik insbesondere im Bereich der Sicherheit und des Terrorismus fließend sei.

Unter Hinweis auf das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Ent­sendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – kurz KSE-BVG –, das Kriegs­materialgesetz und den Artikel 23f der Bundesverfassung stellt Abgeordneter Dr. Khol fest, es seien schon jetzt die nötigen Beschlüsse vorhanden, um die Anforderungen zu erfüllen, welche die Bundesverfassung für Maßnahmen in Unterstützung von UNO-Aktionen vorschreibe. Über die Resolution Nr. 1368 hinaus liege bereits die Resolution Nr. 1333 vom 19. Dezember 2000 vor, die sich ausführlich mit den Taliban und namentlich mit dem Verdächtigen Osama bin Laden beschäftige. Daher könne der Bundesregierung zugestimmt werden, wenn sie diese Resolutionen als taugliche Grundlage für die Unterstützung von internationalen Polizeiaktionen sehe. Was die UNO im Auftrag dieses Mandates beschließe und was von den einzelnen Län­dern sozusagen dieser „Koalition“ von 180 Ländern der Staatengemeinschaft durchgeführt werde, sei nicht Krieg im Sinne des Völkerrechtes, sondern dies seien Maßnahmen auf Grund der UNO-Satzung im Rahmen des siebten und des fünften Hauptstücks. In den Resolutionen seien auch die entsprechenden Schlüsselworte hinsichtlich der Sicherstellung des Friedens und der Sicherheit enthalten.

Wie schon vom Abgeordneten Dr. Cap angesprochen, werde es in dieser Sache voraussichtlich weitere UN-Resolutionen geben. Überdies stehe zu erwarten, dass auch der Europäische Rat weitere Entschließungen und Beschlüsse im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicher­heitspolitik fassen wird, sodass sich Österreich auf sicherem Boden befinde, wenn es die bisher gefassten Beschlüsse als Beschlüsse im Sinne von Artikel 23f beziehungsweise Kriegsmaterial­gesetz und KSE-BVG sehe. Daher werde die ÖVP auch dem entsprechenden Antrag der Abge­ordneten Dr. Lichtenberger nicht zustimmen.

Keine Zustimmung der ÖVP werde auch der verkehrspolitische Antrag finden, da eine eindeu­tige Bevorzugung der Schiene vor der Straße nicht ausreiche. Es bedürfe vielmehr eines um­fassenden Verkehrskonzeptes, wie es auch von der sozialdemokratischen Fraktion schon vorgelegt worden sei.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) erklärt, er stimme in der Einschätzung der angesproche­nen Resolution des Sicherheitsrates mit der Bundesregierung sowie den Abgeordneten Dr. Khol und Mag. Schweitzer im Wesentlichen überein. Es handle sich dabei um einen sehr weitge­henden und interessanten, aber auch weisen Beschluss, da diese Entschließung die Grenze gesetzt habe, dass weitere Schritte ausdrücklich im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September zu erfolgen hätten. Außerdem werde auf die Verantwortung gemäß der UNO-Charta hingewiesen, und drittens deute dieser Beschluss auch den Willen des Sicher­heitsrates an, das Gesetz des Handelns bei sich zu behalten und nicht an irgendjemanden – auch nicht an eine einzige Großmacht – zu delegieren. Es sei daher richtig, dass auf Grund dieses Beschlusses Überflüge über Österreich zu gestatten sind. Die Frage der Neutralität stelle sich in diesem Zusammenhang nicht.

Abgeordneter Schieder vertritt die Meinung, dass ein Veto die Gefahr nicht verringere, die von Kernkraftwerken ausgehe. Österreichs Bestreben müsse es sein, insgesamt mehr Sicherheit in Europa zu schaffen und Maßnahmen gegen jegliche Kernkraftwerke zu setzen. In diesem Zu­sammenhang habe die SPÖ ihre Vorschläge eingebracht. Ein wirklich weitgehenderes Konzept habe darauf abzuzielen, dass Europa auf diese Form der Energieerzeugung verzichtet, sowohl im Westen als auch im ehemaligen Osten.

Obmann Dr. Heinz Fischer bittet die vier Fraktionsführer für eine kurze Besprechung zu sich und unterbricht die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 16.02 Uhr unterbrochen und um 16.04 Uhr wieder aufgenommen.)

Obmann Dr. Heinz Fischer nimmt die Sitzung wieder auf und erteilt Abgeordneter Dr. Glawischnig das Wort.

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne) bringt – so sehr sie infolge der Anschläge vom 11. September auch persönlich bestürzt sei – ihr Befremden über die beinahe oberflächliche Sicht des Problems der Überflugsgenehmigungen zum Ausdruck. Die Analyse der jüngsten Resolution des Sicherheitsrates zeige eindeutig, dass diese in keiner Weise einen Blanko­scheck für Militäraktionen gegen irgendeinen Staat darstelle. Es werde darin kein einziger Zielort genannt. Österreich müsse sich nach wie vor im Rahmen seiner völkerrechtlichen Ver­pflichtungen bewegen, und dazu gehöre eben auch die Neutralität. Die Meinung, dass für Österreich noch immer diese völkerrechtliche Verpflichtung bestehe, habe auch die Bundes­ministerin für Äußeres in Beantwortung einer schriftlichen Anfrage im Budgetausschuss vertre­ten.

Auch die vom Abgeordneten Dr. Khol zitierte Resolution sehe lediglich Sanktionen nach Kapi­tel 7, aber keine Militäraktionen vor, somit ergebe sich daraus keine Vollmacht für eine Militär­aktion. Diese Ansicht werde auch von Völkerrechts-Experten wie Professor Dr. Rotter vertreten. Die Frage der Überflugsgenehmigungen müsse im Rahmen der völkerrechtlichen Verpflichtun­gen Österreichs, also auch der Neutralität, beantwortet werden. Die bisher vorliegenden Resolutionen des Sicherheitsrates würden für ein Abrücken davon nicht ausreichen.

In größerem Zusammenhang betrachtet, könnten Vergeltungsschläge ohne konkrete Beweise und ohne eine behutsame und vorsichtige Diskussion darüber, wie man zur Auslieferung von Straftätern kommen könnte, massive Auswirkungen im Sinn der Destabilisierung ganzer Welt­religionen haben. Deswegen sei es umso mehr die Aufgabe Österreichs, in dieser Diskussion die Stimme der Vernunft zu sein und für Rechte, für Strafverfolgung, auch für einen Weltge­richtshof und ähnliche Instrumentarien einzutreten, aber nicht für einen militärischen Vergel­tungsschlag, der die Situation weiter verschlimmern könnte.

Abgeordnete Dr. Glawischnig zeigt sich davon überzeugt, dass die Anschläge vom 11. Septem­ber große Auswirkungen auf Sicherheitsfragen haben werden, nicht nur in Bezug auf die Flug­sicherung, sondern insgesamt für die Frage der Verletzlichkeit zentralistischer Systeme in modernen Industriegesellschaften. Ein verändertes Bewusstsein werde eine Fülle von Entwick­lungen in Gang setzen, und zwar auch in Sachen Atomkraftwerke. Es sei allerdings seltsam, dass manche einen Terroranschlag gebraucht hätten, um das Bewusstsein zu erlangen, dass Atomkraftwerke eine Risikotechnologie sind.

Befremdlich sei es zum Beispiel, wenn Abgeordneter Dr. Cap nunmehr die Forderung erhebe, der europäische Ausstieg aus der Atomenergie möge zu einem österreichischen Ziel werden – nachdem dies schon über viele Jahre hinweg in präzisen Entschließungsanträgen des National­rates festgehalten worden sei. Aber der jetzt vorgelegte Antrag weiche von der Beschlusslage und dem Konsens im Nationalrat ab, dieses Problem im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zum Energiekapitel auch unter Bezugnahme auf den Stand der Technik mit Tschechien zu besprechen. Der Grund für die dem Konsens im Nationalrat entgegenstehende Ausblendung dieser Frage sei in keiner Weise nachvollziehbar.

Dank für die Arbeit, die sie in den letzten Jahren geleistet hätten, um darauf aufmerksam zu machen, was eine Risikotechnologie für eine Gesellschaft bedeuten könne, spricht Abgeord­nete Dr. Glawischnig der Anti-Atombewegung in Österreich, der Oberösterreichischen Plattform gegen Atomgefahren sowie den Umweltorganisationen Global 2000 und Greenpeace aus. Sie hätten keine Gelegenheit verabsäumt, das Parlament und auch die Politiker außerhalb auf die Verletzlichkeit einer Gesellschaft gegenüber Risikotechnologien aufmerksam zu machen. Auch im Sinn dieser Initiativen bringt Abgeordnete Dr. Glawischnig einen von ihr und der Abgeordne­ten Dr. Lichtenberger ausgearbeiteten Antrag auf Stellungnahme betreffend Weiterführung der österreichischen Anti-Atompolitik im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union ein.

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche) spricht sich gegen den Antrag der Abgeordneten Dr. Lichtenberger und Eder aus. Österreich könne nicht einfach dem Schienenverkehr Priorität einräumen, sondern müsse auch auf die Schienenanschlüsse in den Nachbarländern, insbe­sondere in den Beitrittskandidatenländern, Rücksicht nehmen. Den Verkehrsprognosen sei zu entnehmen, dass Bedarf an allen Verkehrsträgern, also Straßen, Schienen, Wasserstraßen und Flugstrecken, bestehe.

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) äußert sich anerkennend über die Besonnenheit in den öffentlichen Erklärungen von Bundeskanzler Dr. Schüssel zur Frage der Sicherheitsrats­resolution und der Maßnahmen gegen Terroristen. Hervorzuheben sei auch die deutliche Mahnung, nicht unter dem Eindruck dieser Katastrophe und der vielen dabei zu beklagenden Toten eine rasche, emotionale Reaktion in den Vordergrund zu rücken. Eine derartige Vor­gangsweise müsse auch weiterhin beibehalten werden.

Abgeordneter Dr. Khol habe in diesem Zusammenhang dankenswerterweise ausdrücklich von polizeilichen Maßnahmen gesprochen. Dies sei wichtig, denn in zivilisierten Staaten handle es sich da letztlich um eine sicherheitspolizeiliche Aufgabe und eine Justizaufgabe. Zwar mögen zur Durchsetzung dieses polizeilichen und justiziellen Anspruchs gegebenenfalls auch militä­rische Kräfte in Anspruch zu nehmen sein, aber dabei müsse stets klar sein, dass nach rechts­staatlichen Gesichtspunkten vorzugehen ist.

Unter diesen Voraussetzungen erachte die SPÖ mit Bezug auf Punkt 5 der zitierten Resolution des Sicherheitsrates österreichische Überflugsgenehmigungen fürs Erste für gerechtfertigt, wenn die Überflüge diesem Zweck dienten. Würden jedoch weitergehende Schritte wie etwa ein flächenhafter Angriff gesetzt werden, so würde es zu dessen Legitimation jedenfalls des Punktes 6 der Sicherheitsratsresolution bedürfen. Es stelle sich also die Frage, was insgesamt durch diesen Beschluss gedeckt sei, sodass konkret gefragt werden müsse: Sind damit nur Maßnahmen gemeint, die dem Zweck dienen, Terroristen und ihre Helfershelfer dingfest zu machen und einer entsprechenden, letztlich rechtsstaatlichen Sanktion zuzuführen, oder wäre dadurch auch ein Flächenbombardement bestimmter Staaten zu rechtfertigen? Bedürfte es im letzteren Fall eines weiteren Beschlusses des Sicherheitsrates oder nicht?

Was die Verkehrspolitik betrifft, erachte auch die SPÖ das von der Europäischen Kommission vorgelegte Weißbuch für einen erfreulichen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sei dieses Weißbuch ebenso wenig ausreichend wie etwa die am 11. Juli anlässlich des Besuches von drei österreichischen Regierungsmitgliedern gegebene Zusage der zuständigen Kommissarin, sich für eine Nachfolgeregelung nach 2003 einzusetzen. Vielmehr komme es darauf an, die vierzehn anderen Mitglieder für die österreichische Sichtweise zu gewinnen. In dieser Hinsicht habe die Verkehrsministerin die Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft, mit den auf der öster­reichischen Linie liegenden Partnern innerhalb der Europäischen Union zu klaren Vereinbarun­gen zu kommen.

Außerdem leide die österreichische Verkehrspolitik unter einem gewissen Glaubwürdigkeits­mangel, weil die Einführung des Road-Pricing von den Regierungsparteien, insbesondere der ÖVP, verschleppt worden sei. Einen Zwischenruf des Abgeordneten Dr. Khol, dass sich ja der Verfassungsgerichtshof eingeschaltet habe, beantwortet Abgeordneter Dr. Einem mit dem Hinweis auf einen entsprechenden Beschluss des ÖVP-Bundesparteivorstandes vom Frühjahr 1997.

In Sachen Atomkraftwerk Temelín spreche sich die SPÖ gegen eine Vetopolitik aus, weil man mit Vetos nicht sicherstellen könne, dass gefährliche Atomkraftwerke stillgelegt werden. Ein Veto würde nur dazu führen, dass die Tschechische Republik nicht Mitglied der EU wäre, Temelín jedoch weiterhin in Betrieb bliebe. Um zu erreichen, dass dieses Atomkraftwerk nicht weiterbetrieben wird, müsse eine umfassende Strategie gewählt werden, wie die SPÖ sie vorgeschlagen habe.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP) äußert sich dankbar dafür, dass alle wesentlichen Parteien des Nationalrates Unterstützung für die Bundesregierung bekundet hätten, was die Überflugsgenehmigungen und die Haltung zu den international für notwendig befundenen Maßnahmen gegen den Terrorismus anlangt.

Was das Atomkraftwerk Temelín und ein entsprechendes Ausstiegsszenario betrifft, sei die Position Österreichs seit 1979 sehr klar. Die Position, keine Atomenergie in Österreich zuzu­lassen, sei bisher von allen Regierungen konsequent verfolgt worden. Aber in vielen Nachbar­staaten Österreichs werde die Atomenergie genutzt, und es komme darauf an, dass dort die europäischen Sicherheitsnormen eingehalten werden, sei es im Osten oder im Westen. Im Gegensatz zu manchen der hier geäußerten Meinungen sei der „Melker Prozess“ nicht geschei­tert, er sei noch keineswegs abgeschlossen. Nunmehr gelte es mit allem Nachdruck die Einhal­tung der Sicherheitsvorschriften einzufordern. Die ÖVP sei sehr stolz darauf, dass es den öster­reichischen Regierungsvertretern gelungen ist, die Frage Temelín zu einer europäischen Frage zu machen.

Auch die Option eines Ausstiegsszenarios bestehe nach wie vor, dazu brauche Kommissar Verheugen nur die österreichische Anregung aufzugreifen und eine Ausstiegskonferenz einzu­berufen. Damit wäre der nächste wichtige Schritt in Richtung Ausstieg getan.

Bevor Österreich keine befriedigenden Antworten auf die Sicherheitsfragen vorliegen, werde es keinen vorläufigen Abschluss des Energiekapitels geben. Die Drohung mit einem Veto könne – wie vom Abgeordneten Dr. Einem bereits ausgeführt – nicht hilfreich sein, weil damit nur erreicht werden könnte, dass Tschechien nicht der Europäischen Union beiträte und seine Energiepolitik ohne weiteren Dialog fortsetzte. Der Dialog sei jedoch das Wichtigste.

Weitere Entschließungen in dieser Angelegenheit seien nicht erforderlich, daher werde die ÖVP auch den zu diesem Thema vorgelegten Anträgen des Abgeordneten Dr. Cap nicht zustimmen.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) betont, dass die derzeit vorliegenden Be­schlüsse nicht ausreichend seien für ein militärisches Vorgehen gegen einen Staat, wie es sich jetzt in Form der Tendenz abzeichne, von Polizeiaktionen abzurücken. Je länger es jedoch ge­länge, die breite Allianz gegen den Terrorismus zu erhalten, desto größer werde die Chance sein, irgendwann einmal auch die Wurzeln des Terrorismus zu erreichen. Dies stelle eine zent­rale strategische Option dar, die offen zu halten von der österreichischen Bundesregierung aus­drücklich verlangt werden müsse.

Was das Thema Verkehr betrifft, bleibe zu hoffen, dass die österreichischen Koalitionsüberein­künfte nicht den Charakter des Weißbuchs erlangen, der darin bestehe, dass ein bisschen darüber geredet und dann das Gegenteil getan wird.

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ) widerspricht der Auffassung, es bräuchten keine weitergehenden Entschließungsanträge mehr diskutiert zu werden, da bereits Maßnahmen wie beispielsweise der „Melker Prozess“ im Gang seien.

Was die vom Abgeordneten Dr. Trinkl angesprochene Position Österreichs zur Atomenergie seit 1979 betrifft, habe die SPÖ ihre Glaubwürdigkeit zum Beispiel dadurch unter Beweis ge­stellt, dass der frühere Bundeskanzler Dr. Vranitzky für ein atomkraftfreies Mitteleuropa einge­treten sei. Diese Forderung habe die SPÖ in ihren Entschließungsanträgen stets vertreten, darauf habe man sich auch in Drei- oder Vier-Parteien-Anträgen immer einigen können, wie zum Beispiel in den Anträgen, die auf die Kernkraftwerke Krško, Bohunice und Temelín bezogen waren.

Weil – wie hinreichend bekannt – der Energieträgereinsatz dem jeweiligen Staat überlassen bleibe, ob es sich nun um einen EU-Mitgliedstaat handelt oder nicht, sei es dann zu der Diskus­sion über einen Sicherheitsbegriff gekommen, wie es ihn bis dahin in dieser einheitlichen Form nicht gegeben habe. Um Frankreich nicht „wehzutun“, habe man vom „deutschen Sicherheits­standard“ zu sprechen begonnen.

Bei aller Traurigkeit und allem Erschrecken über die Ereignisse in Amerika am 11. September bekomme nunmehr diese Frage für Österreich und auch für Europa eine völlig neue Dimension. Es sei jetzt gleichgültig geworden, wie sicher ein Atomkraftwerk sei oder wo sich dessen Stand­ort befinde – käme es zu terroristischen Angriffen auf Atomkraftwerke, dann könnten diese in ihrer Gesamtheit nicht als sicher eingestuft werden. Das Risiko bei Terrorangriffen sei auch nach Ansicht der Fachleute nicht kalkulierbar. Daher greife die Vetoforderung viel zu kurz; dar­über sei sich die SPÖ mit der ÖVP seit Jahren einig. In den Ländern, die Atomkraftwerke betreiben – sowohl als EU-Mitglieder als auch als Nicht-EU-Mitglieder –, wären diese Kraft­werke stets gleich unsicher.

In Europa liege der Anteil des Stromaufkommens aus Atomkraft derzeit bei ungefähr 30 Pro­zent, daher müsste im Fall eines vollständigen Ausstiegs dieser Anteil ersetzt werden. Die Überkapazität betrage 20 bis 25 Prozent, daher müssten ungefähr 10 Prozent des elektrischen Stroms aus anderen Energieträgern gewonnen werden. Dies wäre auf alle Fälle zu schaffen, auch unter Ausschöpfung aller möglichen Sparmaßnahmen. Die Atomkraft sei in den westlichen Ländern kaum noch gesellschaftsverträglich, weshalb es sukzessive zu Ausstiegsszenarien in den EU-Nachbarländern Österreichs gekommen sei.

Es gebe daher sehr wohl gute Gründe, im Hauptausschuss heute den Anträgen der SPÖ zuzu­stimmen.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel erachtet es für einen gemeinsamen Erfolg der politischen Kräfte, dass in den sehr schwierigen Tagen nach den Terroranschlägen der richtige Ton getroffen wurde. Der Informationsfluss zwischen Bundespräsidenten, Bundesregierung, Nationalratspräsidenten, Parlamentsklubs und allen Ministern sei sehr gut gewesen, die manch­mal notwendige Vertraulichkeit sei voll gewahrt worden. Das Zusammenrücken sowohl in Öster­reich als auch auf der europäischen Ebene und im globalen Maßstab sei ein positives Zeichen. Daran zeige sich auch ein Hoffnungsschimmer derart, dass Globalisierung wichtig und notwen­dig sei.

Zwar sollten jetzt nicht Schauerszenarien gepflegt werden, aber man müsse doch einige Punkte in Betracht ziehen. In den letzten Jahren sei ein dramatischer Anstieg von Selbstmordattentaten zu verzeichnen. Bisher seien es rund 300 gewesen, und nicht alle hätten ihre Wurzeln im Nah­ostkonflikt gehabt. Daher sollte man sich vor einer monokausalen Interpretation hüten. Die beiden am meisten betroffenen Länder seien Sri Lanka und Israel. Zwei Staatsführer seien direkt ermordet worden. Die Hälfte aller Selbstmordanschläge seien von der tamilischen Be­freiungsfront verübt worden. Auch manches andere passe nicht in das vom Abgeordneten Dr. Cap skizzierte Konzept, wie etwa weißer Terror von rechts oder Taten von Verrückten. Es gebe daher sehr viel mehr an Wurzeln des Terrorismus.

Seit einiger Zeit sei bekannt, dass ungefähr zehn Organisationen ganz bewusst Selbstmordan­schläge verüben würden. Die Zahl sei zwar geringer geworden, aber sozusagen die „Treffer­quote“ und die Opferzahl infolge dieser Anschläge sei dramatisch gestiegen. Überdies sei eine Reihe von verheerenden Anschlägen verhindert worden. So sei etwa bei dem Anschlag auf das World Trade Center im Jahr 1993 durch einen Zufall eine Sprengladung nicht explodiert; wäre diese explodiert, dann wäre nach Aussagen von Statikern höchstwahrscheinlich schon damals ein Turm eingestürzt. Auch eine Serie von Millenniums-Attentaten sei geplant gewesen, wiede­rum mit einer Vernetzung bis hinein in den Dunstkreis von Osama bin Laden, und dies sei durch die Aufmerksamkeit eines Zöllners an der kanadisch-amerikanischen Grenze verhindert worden. In einer Reihe von Prozessen, die in den letzten Jahren in Manhattan vom Federal Court abwickelt wurden, hätten Zeugen, denen ein günstigeres Strafausmaß zugestanden worden sei, Aussagen darüber gemacht, was alles geplant und verhindert worden sei, zum Bei­spiel der gleichzeitige Abschuss von zwölf amerikanischen Zivilflugzeugen.

Diese Beispiele hätten nicht den Zweck, den Menschen Angst zu machen, sondern es komme darauf an, aufzuzeigen, dass man dann, wenn es ernst wird, nicht zurückzucken dürfe, sondern die Bereitschaft zeigen müsse, die notwendigen, auch verhältnismäßigen Akzente zu setzen und Aktionen einzuleiten.

Nach Ansicht von Bundeskanzler Dr. Schüssel geht derzeit die größere Gefahr – auch viele Sicherheitsexperten seien dieser Meinung – von den „chemical, biological, nuclear weapons“ aus. Um diese zum Einsatz zu bringen, brauche man keine großen Flugzeuge zu kapern, son­dern dafür seien verhältnismäßig einfache Dinge ausreichend.

Es müsse jetzt über einen europäischen Haftbefehl nachgedacht werden, auch über eine gemeinsame Definition dessen, was Terror ist, sowie darüber, wie man diesen Netzen auf die Spur kommen und die modernen Rasterfahndungs- und Abhörmethoden einsetzen könne. Zwar könne kein Mensch Interesse daran haben, jetzt weltweit in den Demokratien die mühsam erkämpften Bürgerrechte aufzuheben, aber es könne auch nicht so sein, dass jetzt der Kampf gegen die kriminellen Massenmörder nicht geführt wird. Darum handle es sich in Wirklichkeit, nicht um einen Krieg – mit diesem Wort gelte es vorsichtig umzugehen –, sondern um verbre­cherischen Massenmord, und da seien alle Mittel zum Aufspüren dieser Verbrecher notwendig und legitim.

Die angesprochene Sicherheitsratsresolution müsse man in vollem Umfang lesen und dürfe da­bei nichts weglassen. Im Punkt 3 sei ganz klar ein dringender Aufruf an alle Staaten zur Zusam­menarbeit enthalten, um die Täter, die Organisatoren und die Unterstützer der Anschläge vor Gericht zu bringen. Dort werde betont, dass auch diejenigen, die geholfen, unterstützt oder Unterschlupf gewährt hätten, zur Verantwortung gezogen werden, und dies gelte selbstver­ständlich auch für Staaten, die dies getan haben.

In der jetzigen Lage sei kriminalistische Spurensuche notwendig; es seien ein kühler Kopf und eine ruhige Sprache erforderlich. Aber wer am Ende dieser Spurensuche, wenn die Identifika­tion gegeben sei, davor zurückscheuen würde, die notwendigen Mittel einzusetzen, um diese Täter unschädlich zu machen, der verginge sich in Wirklichkeit an der Sicherheit der nächsten Unschuldigen, die „daran glauben“ müssten. Zu den derzeit vermuteten 5 400 Opfern in den USA gehörten wahrscheinlich auch Hunderte Moslems, darunter befänden sich Bürger aus min­destens 35 verschiedenen Staaten. Da reiche es nicht aus, sich mit Resolutionen und einem internationalen Strafgerichtshof zu begnügen, sondern es bedürfe auch der Bereitschaft zur Auslieferung. Würde dann die Auslieferung nicht erfolgen, so wären auch Kommandoaktionen erforderlich, um die Betroffenen „herauszuholen“, und es müsste versucht werden, die Schlupf­löcher und die Netze notfalls auch mit militärischen Mitteln zu zerstören.

Zwar sei stets die Abwägung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel notwendig, aber es gelte auch Folgendes zu bedenken: Wenn jetzt – zu einem Zeitpunkt, zu dem noch über­haupt nichts geschehen sei, sondern Überflüge jederzeit angemeldet und genehmigt werden könnten – die internationale Gemeinschaft dazu aufrufe, die Anstrengungen zu verdoppeln, um Terroranschläge zu verhindern und zu unterdrücken, und sich bereit erkläre, alle notwendigen Schritte, und zwar auch militärische – daher könne man nicht einfach die Interpretation geben, es handle sich um nicht-militärische Schritte –, zu unternehmen, um auf die Terroranschläge zu reagieren und alle Formen des Terrorismus zu bekämpfen, dann handle es sich dabei klarer­weise auch um einen Auftrag an Österreich.

Bundeskanzler Dr. Schüssel stellt fest, er wolle zwar das Wort „Friede“ viel öfter betont wissen, da Friede und Freiheit die zentralen Errungenschaften der Demokratien seien, aber wenn end­lich eine Allianz zustande gekommen sei, die von China über Russland, die arabischen Staaten und Europa bis nach Amerika reiche, dann wäre es absurd, würde sich Österreich an den Rand stellen und nicht einmal die Bereitschaft zeigen, zur Ausführung dieser UN-Sicherheitsratsreso­lution eine ganz moderate Unterstützung durch Gewährung von Überflügen zu leisten. Öster­reich werde sich sicherlich nicht an Kampfeinsätzen beteiligen, wie auch aus der österreichi­schen Verfassungslage klar hervorgehe, aber ebenso klar sei es geradezu die Verpflichtung Österreichs, diese UN-Resolution nach seinen Möglichkeiten zu unterstützen.

Was die Planungen für einen europäischen Haftbefehl betrifft, könne derzeit nichts Genaues gesagt werden, da der Vorschlag der Europäischen Kommission noch nicht vorliege. Voraus­sichtlich werde das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen der Justizbe­hörden die Grundlage dafür bilden. Ein europäischer Haftbefehl solle das derzeit geltende Auslieferungsverfahren zwischen den EU-Staaten ersetzen, sodass in Fällen von Terrorismus – was dies bedeute, müsse selbstverständlich präzisiert werden – eine automatische Auslieferung auch eigener Staatsbürger stattzufinden hätte. Überdies solle ein gemeinsamer Strafrahmen in diesem Bereich vorgeschlagen werden. Darüber werde noch eine sehr intensive Diskussion zu führen sein, und der Hauptausschuss werde darüber genau informiert werden. Bundeskanzler Dr. Schüssel persönlich erachtet dieses Vorhaben der Europäischen Union für sehr vernünftig.

In diesem Zusammenhang werde der Kampf gegen Geldwäsche ein weiteres Thema sein. Österreich habe bereits die Aufhebung der Anonymität durchgeführt und verfüge noch über ein starkes Bankgeheimnis. Aber schon heute werde das Bankgeheimnis nicht angewendet, wenn ein begründeter individueller Strafverdacht gegen eine Person bestehe; dies müsse von der Justiz genehmigt werden. Nunmehr werde zu fragen sein, inwieweit ein Verdacht, der sich inter­national erhärtet, ein nationales Handeln auslösen solle. Österreich könne kein Interesse daran haben, zu einem „safe haven“ für Geldwäscher zu werden. Um eine entsprechende Abgren­zung zu finden, werde man mit großer Sorgfalt vorgehen. Der Hauptausschuss werde darüber in vollem Umfang informiert werden.

In puncto Flugsicherung stellt Bundeskanzler Dr. Schüssel fest, dass der Wiener Flughafen zu den sichersten Flughäfen der Welt gehört. Es stelle sich nun die Frage nach der weiteren Vorgangsweise in Sicherheitsfragen. Diese werde in internationaler Zusammenarbeit zu suchen sein, um insbesondere das Problem des Aufspürens chemischer, biologischer und strahlender Substanzen in Angriff zu nehmen.

Was die Verkehrspolitik betrifft, liege es in der Absicht der Bundesregierung, so schnell wie möglich das Road-Pricing einzuführen. Aber dies werde durch Vorschriften der Europäischen Kommission erschwert, die zum Teil als „abenteuerlich“ zu bezeichnen seien. Wer ein möglichst breit angelegtes System mit möglichst geringen Einnahmenverlusten anstrebe, könne dabei in technischer und zeitlicher Hinsicht in große Schwierigkeiten geraten. Es werde notwendig sein, die Verfahren auf europäischer Ebene zu verkürzen, da sonst manche Beschlüsse auf nationa­ler Ebene ad absurdum geführt werden könnten.

Österreich brauche das Road-Pricing im Sinn einer vernünftigen Kostenwahrheit, weil sonst die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur nicht mehr finanziert werden könnten. Darüber werde es verstärkt Gespräche mit den Landeshauptleuten und den Sozialpartnern geben; ein Gipfeltreffen zu diesen Fragen stehe schon in naher Zukunft bevor. In den österreichischen Planungen werde darauf zu achten sein, dass die Verbindungen zu den Erweiterungsländern garantiert sein müssen.

Was die Transitregelung betrifft, habe Österreich seine Rechte durch Einbringung einer Klage beim Europäischen Gerichtshof gewahrt. Für Anfang Oktober seien Verhandlungen mit der Europäischen Kommission geplant. Bundeskanzler Dr. Schüssel gibt seiner Hoffnung Ausdruck, die Kommission werde den österreichischen Vorstellungen sehr bald zustimmen, damit dann auch die anderen Mitgliedstaaten ihre Einwilligung erteilen. Es wäre falsch, diese Angelegenheit mit dem Verkehrskapitel zu koppeln, jedoch müsse versucht werden, bis zum Abschluss der Beitrittsverhandlungen die Zustimmung der 14 anderen EU-Staaten zu erreichen.

Bundeskanzler Dr. Schüssel widerspricht den Aussagen, in denen der „Melker Prozess“ für gescheitert erklärt wird. De facto bedeute dieser Prozess ja nichts anderes, als dass Österreich weiterhin an Gesprächen mit der Tschechischen Republik über das Kernkraftwerk Temelín fest­hält. Dazu mangle es an einer Alternative, überdies habe das Europäische Parlament diesen Dialog ausdrücklich begrüßt. Was vor dem österreichischen EU-Beitritt gegolten habe, nämlich dass Österreich das Recht habe, selbst über die Wahl seiner Energieträger entscheiden zu können – sodass damals von der Europäischen Union kein Zwang auf Österreich, Atomkraft­werke in Betrieb zu nehmen, habe ausgeübt werden können, was auch als großer Erfolg gewertet wurde –, müsse nun auch in der anderen Richtung gelten. Ein Land dürfe nicht von außen zum Einsatz oder zum Verzicht auf eine bestimmte Energieform gezwungen werden.

Zum Zeitpunkt des österreichischen Beitritts habe in der Europäischen Union keinerlei Kern­kraft-Sicherheitsstandard bestanden, in dieser Hinsicht hätten erst die seither vorgenommenen gemeinsamen Anstrengungen eine Änderung bewirkt. In diesem Zusammenhang spricht Bun­deskanzler Dr. Schüssel auch den Nicht-Regierungsorganisationen für ihre hartnäckige und kritische Arbeit seinen Dank aus. Mittlerweile sei immerhin erreicht worden, dass drei Kernkraft­werke im Abstand von einigen Jahren geschlossen werden, und sozusagen durch die Hintertür seien nunmehr auch Standards ins Blickfeld gerückt. Korrekterweise seien nicht die deutschen Standards verankert worden, weil diese nicht die einzigen Standards für die Europäische Union wären. Österreich habe es sich zum Ziel gesetzt, möglichst weitreichende Standards festzule­gen, und da wäre es wichtig, von Deutschland Hilfe zu bekommen. Bundeskanzler Dr. Schüssel ruft dazu auf, vorhandene Parteienkontakte einzusetzen, um Deutschland in dieser Angelegen­heit als Partner zu gewinnen.

Gemäß Artikel 23e könne der Hauptausschuss bei Vorhaben der Europäischen Union eine Stellungnahme abgeben; es gebe aber kein Vorhaben der Europäischen Union, das auf den Ausstieg aus der Kernkraft abzielen würde. Gegenwärtig seien es neun Mitgliedstaaten, die ent­weder kein Atomkraftwerk betreiben oder den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen haben. Die sechs anderen EU-Länder hätten einen Anteil der Kernenergie an der Stromerzeu­gung von bis zu 70 Prozent zu verzeichnen – sodass der vom Abgeordneten Oberhaidinger angesprochene 30-Prozent-Anteil nur einen Durchschnittswert darstelle –, und sie hätten nicht die Absicht, ihre Kernkraftwerke stillzulegen. Dies müsse man in einer realistischen Einschät­zung der Ausstiegschancen berücksichtigen.

Gegenüber der Tschechischen Republik werde es darauf ankommen, für die weitere Entwick­lung zwei Extremszenarien auszuschließen. Es dürfe weder dazu kommen, dass Tschechien ohne jegliche Veränderung oder Nachrüstung des Kraftwerks Temelín der Europäischen Union beitreten könnte, noch dazu, dass Tschechien nur im Fall der Stilllegung Temelíns EU-Mitglied werden könnte. In beiden Fällen wäre der Status quo in Sachen Temelín das Ergebnis, und dies könne nicht im Interesse Österreichs liegen. Statt dessen werde entweder eine Lösung des Problems im bilateralen Dialog oder die Festlegung hinreichender Sicherheitsstandards im EU-Rahmen anzustreben sein.

Die bevorstehende Diskussion über die Privatisierung in der Tschechischen Republik wäre geeignet, auch im Hinblick auf Temelín eine interessante Option zu eröffnen. Dabei wäre aller­dings darauf zu achten, dass eine eventuelle Vereinbarung über dieses Kernkraftwerk zwischen Österreich und Tschechien nicht etwa im Wege der Privatisierung wieder hinfällig gemacht werden könnte.

Die Grundfrage bestehe jedenfalls darin, eine dauerhafte Lösung unter möglichst weitgehender Einbeziehung der europäischen Ebene zu finden. Im jetzigen Stadium könne auch die Aus­stiegsvariante mit europäischer Hilfe nicht außer Acht gelassen werden. Es werde darauf ankommen, die Europäische Kommission nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen, zumal bereits eine entsprechende Aufforderung des Europäischen Parlaments an die Kommission ergangen sei.

Obmann Dr. Heinz Fischer merkt in seiner Eigenschaft als Mitglied des Hauptausschusses an, dass die angesprochene Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen mit der Formulierung „alle notwendigen Schritte“ einerseits sehr weit gefasst ist, andererseits aber eine Begrenzung derart vorsieht, dass weitere Maßnahmen in Übereinstimmung mit der UNO-Charta zu setzen sind. Daher könne nicht alles und jedes getan werden, was sich irgendein General­stab ausdenken könnte, sondern der Maßstab für die Beurteilung einzelner Maßnahmen sei die UNO-Charta. Dies gelte auch für Maßnahmen der Republik Österreich.

Obmann Dr.  Fischer stellt fest, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließt die Debatte und macht darauf aufmerksam, dass die von Bundeskanzler Dr. Schüssel angespro­chene Verfassungsbestimmung, wonach sich Entschließungen des Hauptausschusses auf konkrete Vorhaben der Europäischen Union beziehen müssen, bisher in einer umfassenden Weise gehandhabt wurde. Die kurze Unterbrechung dieser Sitzung und das Gespräch mit den vier Fraktionsführern habe auch dazu gedient, den Konsens darüber herbeizuführen, dass an dieser Praxis festgehalten wird, und dieser Konsens sei erzielt worden.

In der nunmehr folgenden Abstimmung über die zuvor eingebrachten fünf Anträge auf Stel­lungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG seien von der SPÖ zehn Abgeordnete – der eben­falls anwesende Abgeordnete Dr. Wittmann werde nicht mitstimmen –, von den Freiheitlichen und der ÖVP jeweils acht Abgeordnete und von den Grünen zwei Abgeordnete stimmbe­rechtigt.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kurt Eder auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG betreffend Aufzeichnung des Rates „Arbeitsprogramm des belgischen Vorsitzes auf dem Gebiet der Erweiterung“ – im Zusammenhang mit dem Vorrang für Schienen­verbindungen gegenüber der Erweiterung des Straßennetzes – bleibt in der Minderheit und ist abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Dr. Eva Glawischnig auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG betreffend die Position der Vertreter der österreichischen Bun­desregierung beim Europäischen Rat am 21. September 2001 bleibt ebenfalls in der Minder­heit und ist abgelehnt.

Der Antrag des Abgeordneten Dr. Josef Cap auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG betreffend EU-interne Maßnahmen für einen Ausstieg aus der Atomenergie bleibt in der Minderheit und ist abgelehnt.

Auch der Antrag des Abgeordneten Dr. Josef Cap auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG betreffend ein Ausstiegsszenario aus der Atomenergie für die Europäische Union bleibt in der Minderheit und ist abgelehnt.

Schließlich bleibt auch der Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Dr. Evelin Lichten­berger auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG betreffend Aufzeichnungen des Rates „Arbeitsprogramm des belgischen Vorsitzes auf dem Gebiet der Erweiterung“ zur Weiter­führung der österreichischen Anti-Atompolitik im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union in der Minderheit und ist abgelehnt.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 1, also der öffentliche Teil dieser Sitzung abgeschlossen.

(Es folgen die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 7.)

Schluss der Beratungen zum Tagesordnungspunkt 1: 16.57 Uhr

 

 

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