IV-12 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Mittwoch, 17. Oktober 2001

 

 

 

 

 

 

 

 


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Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XXI. Gesetzgebungsperiode            Mittwoch, 17. Oktober 2001

Tagesordnung

Informelles Treffen der Staats- und Regierungschefs in Gent am 19. Oktober 2001

KOM (01) 553 endg. ELARG 221 Mitteilung der Kommission

Informationsvermerk für den Europäischen Rat über die Halbzeitbewertung der Umsetzung der Erweiterungsstrategie (39709/EU XXI. GP)

und

Bericht der Ständigen Vertretung über die 2372. Ratstagung (Allgemeine Angelegen­heiten) vom 8. Oktober 2001 (39779/EU XXI. GP)

Beginn der Sitzung: 15.02 Uhr

Obmannstellvertreter Dr. Werner Fasslabend eröffnet die Sitzung, begrüßt die Anwesenden, insbesondere Bundeskanzler Dr. Schüssel, und weist darauf hin, dass in der Präsidialkonferenz für diese Sitzung an Redezeiten 29 Minuten für die SPÖ, je 22 Minuten für die Freiheitlichen und die ÖVP sowie 17 Minuten für die Grünen vereinbart worden sind. Dagegen wird keine Einwendung erhoben.

Nach einem Hinweis darauf, dass diese Sitzung des Hauptausschusses eine öffentliche Sitzung ist, erteilt Obmannstellvertreter Dr. Fasslabend Bundeskanzler Dr. Schüssel das Wort zu einer einleitenden Stellungnahme.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel führt aus, dass es sich bei dem bevorstehenden informellen Treffen in Gent nicht um einen regulären Europäischen Rat handelt und dazu nur sehr wenige Dokumente vorliegen. Ursprünglich sei dafür eine interne Aussprache ohne Tabus über die Zukunft Europas vorgesehen gewesen, doch habe sich mit den Geschehnissen vom 11. September 2001 ein neues Hauptthema ergeben. In dieser Woche komme es auf EU-Ebene zu gleich fünf verschiedenen Tagungen unter Teilnahme von insgesamt 60 Regie­rungs­mitgliedern, davon betroffen seien die Verteidigungsminister, die Verkehrsminister, die Finanz­minister gemeinsam mit den Justizministern sowie die Mitglieder des Rates Allgemeine Ange­legenheiten.

Für Gent seien eine Sitzung um 15 Uhr und eine Abendsession geplant, um insgesamt drei Deklarationen – deren Inhalt sei vorläufig noch nicht genau bekannt – vorzubereiten und zu verabschieden, und zwar betreffend die Einführung des Euro, die wirtschaftlichen Auswirkungen seit dem 11. September, worüber voraussichtlich die Europäische Kommission in weiterer Folge ein offizielles Dokument vorlegen werde, und den Terrorismus.

Für die Tagung in Gent sei neuerlich jenes „unglückliche“, vertragsgemäß nicht vorgesehene Format eines informellen Treffens gewählt worden. Teilnehmer seien dort die Staats- und Re­gie­rungschefs sowie der Vorsitzende des Allgemeinen Rates, derzeit also der belgische Außen­minister Michel, und der ECOFIN-Vorsitzende, nämlich der belgische Finanzminister Reynders, ergänzt um die jeweiligen Kommissare. Bundeskanzler Dr. Schüssel spricht sich dagegen aus, weiterhin Tagungen in dieser Form abzuhalten.

Für Gent sei geplant, dass Finanzminister Reynders, der Präsident der Europäischen Zentral­bank Duisenberg und EU-Kommissar Solbes Mira einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Euro-Einführung geben werden.

Größere Bedeutung werde in Gent der Debatte über die Zukunft Europas zukommen. Die grundsätzliche Vereinbarung von Göteborg sehe als neuen Rahmen für diese Debatte ein öffentliches Forum vor, das einem Konventmodell sehr nahe komme, und es stehe zu erwarten, dass dieses Modell im Europäischen Rat von Laeken im Dezember außer Streit gestellt werden wird. Für die am heutigen Tag stattfindende Ratstagung sei ein mündlicher Bericht des Rats­vorsitzenden Michel über die laufenden Vorbereitungen vorgesehen. Österreich habe sich ge­gen eine Einschränkung der Tätigkeit des Konvents auf die vier in Nizza genannten Punkte aus­gesprochen; darüber habe auch im Hauptausschuss schon Konsens bestanden.

Die Zukunftsdebatte werde in Form eines aus zwei konzentrischen Kreisen bestehenden Mo­dells vor sich gehen. Dabei werde der innere Kreis von einem die nächste Regierungskonferenz vorbereitenden Konvent gebildet, bestehend aus Vertretern der nationalen Parlamente, des Europäischen Parlaments, der Regierungschefs und der Europäischen Kommission. Darüber, dass von Anfang an auch die Beitrittskandidaten als aktive Beobachter daran beteiligt werden sollten, werde voraussichtlich ein allgemeiner Konsens hergestellt werden können. Der äußere Kreis werde durch Einbeziehung der Bürgergesellschaft ein breites, offenes Diskussionsforum bilden, welches die Aussprachen im Konvent begleiten werde.

Bundeskanzler Dr. Schüssel spricht sich dagegen aus, den jetzt vorgesehenen Konvent mit jenem Konvent zu vergleichen, der für die Erarbeitung der Charta der Grundrechte gebildet worden war. Im letzteren Fall habe die Auffassung des „Take it or leave it“ dazu geführt, dass die Grundrechtecharta nicht von allen Mitgliedstaaten als verbindliches, allgemein gültiges Do­ku­ment akzeptiert wurde. Daher werde der jetzt vorgesehene Konvent eine Reihe von Optionen zu verschiedenen Themen vorzubereiten haben, über welche dann zu diskutieren sein werde, und zwar auch im Rahmen einer innerstaatlichen Meinungsbildung unter Einbindung der na­tionalen Parlamente.

An weiteren Anforderungen, die dieser Konvent zu erfüllen haben werde, nennt Bundeskanzler Dr. Schüssel ein möglichst großes Maß an Offenheit, einen transparenten und permanenten Rückkoppelungsmechanismus und ein geeignetes Verfahren zur Auswahl der Vertreter der Bür­gergesellschaft. Es werde darauf ankommen, parallel zur Tätigkeit des Konvents immer wieder Rückkoppelungen sowohl mit den einzelnen Ratsformationen als auch mit den Diskus­sio­nen auf nationaler Ebene herzustellen, um damit auch die endgültige Beschlussfassung in der Regierungskonferenz zu erleichtern.

In Gent werde aber auch dieser Punkt nicht im Vordergrund des Treffens stehen, sondern dort werde die Diskussion vor allem über die Bekämpfung des Terrorismus, über die einzelnen Maßnahmen und über die wirtschaftlichen Konsequenzen aus der veränderten Lage geführt werden. Österreich werde voraussichtlich die Beschlüsse des ECOFIN-Rates zum Beispiel für den Bereich der Fluglinien unterstützen. Zu den einzelnen Maßnahmenbereichen würden sehr präzise Stellungnahmen auszuarbeiten sein. Die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit müsse gestärkt werden, dabei werde es insbesondere um die Themen europäischer Haftbefehl, Auslieferung sowie Definition des Terrorismus gehen. Es handle sich um ein enorm ambitiöses Vorhaben, da diese Punkte bis zum nächsten Europäischen Rat Anfang Dezember beschluss­reif sein sollten. Noch vor einigen Wochen seien derartige Veränderungen für unmöglich ge­halten worden.

Geplant sei eine verstärkte Zusammenarbeit der Polizei und der Nachrichtendienste im Infor­mationsbereich, die Erstellung einer Liste terroristischer Organisationen und die Stärkung der Po­sition von Europol, auch im Hinblick auf ein präzises Abkommen für die Zusammenarbeit zwi­schen Europol und US-amerikanischen Behörden. Alle Mitgliedstaaten sollten sich ver­pflichten, möglichst rasch die internationalen Übereinkommen gegen den internationalen Terroris­mus zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Jenes Übereinkommen, das in Österreich noch der Ratifi­zierung bedürfe, sei bereits dem Parlament zugeleitet worden.

Besonderes Augenmerk werde dem Bereich Geldwäsche gewidmet werden, insbesondere im Hinblick auf die Sicherstellung von Vermögenswerten und das Einfrieren von Mitteln terroristi­scher Organisationen. In diesem Sinn habe das Europäische Parlament dem Rechtshilfeab­kommensprotokoll betreffend Geldwäsche bereits zugestimmt.

Bundeskanzler Dr. Schüssel erinnert daran, dass im österreichischen Nationalrat diesbezüglich bereits eine sehr umfangreiche Debatte anhand eines Zehn-Punkte-Programms stattgefunden hat, dessen Umsetzung nun Schritt für Schritt erfolgen werde.

Was in Gent darüber hinaus zur Sprache kommen könnte, sei eine Bekräftigung der „Road Map“ in Bezug auf die EU-Erweiterung. Die belgische Präsidentschaft habe die einzelnen The­men sehr konsequent vorgebracht, und die Europäische Kommission werde voraussichtlich eine Übersicht über den Stand der Implementierung der Erweiterungsstrategie erstellen, sodass nächstes Jahr unter spanischem Vorsitz die Verhandlungen über wichtige Themen wie die Land­wirtschaft, den Institutionenbereich, den Budgetbereich und die Regionalfonds in Angriff genom­men werden könnten.

Derzeit scheine die Einhaltung der laut „Road Map“ vorgesehenen Zeitpläne möglich zu sein. Allerdings sei zu beachten, dass im Jahr 2002 insgesamt zehn Wahlgänge in den EU-Mitglied­staaten und den Erweiterungsländern bevorstehen. Daher handle es sich nach wie vor um einen höchst ambitiösen Zeitplan.

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) hebt – nachdem er Bundeskanzler Dr. Schüssel für dessen Bericht gedankt hat – hervor, dass nach Ansicht der SPÖ diesmal ein Konvent die nächste Regierungskonferenz vorbereiten solle, und zwar unter Rückgriff auf die Erfahrungen, die in dem Konvent zur Ausarbeitung der Grundrechtecharta gesammelt worden sind. Auch wenn die Beratung darüber voraussichtlich nicht im Zentrum des Treffens von Gent stehen werde, sei doch anzunehmen, dass dort Vorstrukturierungen informeller Art für die in Laeken zu erwartenden Ergebnisse getroffen werden. Abgeordneter Dr. Einem äußert Verständnis dafür, dass Bundeskanzler Dr. Schüssel oder auch andere Regierungsmitglieder nicht erfreut über Bin­dungs­beschlüsse des Hauptausschusses seien; daher gelte es einmal mehr, die inhalt­lichen Anforderungen aus Sicht der SPÖ darzustellen.

In der Vorbereitung der nächsten Regierungskonferenz werde es darauf ankommen, dass drei Gruppen in besonderer Weise Berücksichtigung fänden. Analog zur Vorgangsweise im Grund­rechtecharta-Konvent bedürfe es einer organisatorischen Konstruktion, in der nationale Parla­mentarier, Europa-Parlamentarier und Repräsentanten der Staats- und Regierungschefs sowie der Euro­päischen Kommission vertreten seien; von ihnen solle der engere Konvent gebildet wer­den. Darüber hinaus – dies sei auch unstrittig – sollten wegen der zeitlichen Nähe zum Erweiterungstermin auch Vertreter aus den Erweiterungskandidatenländern als diskussions-, aber nicht abstimmungsberechtigte Teilnehmer mit einbezogen werden. Damit solle eine Ra­tifizierung in den betreffenden Ländern nach der Erweiterung erleichtert werden.

Die dritte Gruppe werde von den NGOs gebildet werden. Für diese solle eine strukturierte Form der Kooperation gefunden werden, nämlich gleichsam ein eigener Konvent der NGOs, wobei gegebenenfalls der EU-Wirtschafts- und Sozialausschuss die Rolle einer Mittlerinstanz zwi­schen den beiden Konventen übernehmen könnte. Denn es müsse auch die Zivilgesellschaft auf angemessene Weise eingebunden werden und die Gelegenheit bekommen, die für sie wichtigen Angelegenheiten einzubringen. Der Konvent wiederum solle dieser Gruppe mitteilen können, wie er die Vorschläge beurteile und auf welche Weise er davon Gebrauch machen werde.

Bis zu diesem Punkt bestehe weitgehende Übereinstimmung zwischen den Fraktionen. Es werde jedoch eine der entscheidenden Fragen darin bestehen, wer im Konvent den Vorsitz führen wird. Die dafür bestimmte Persönlichkeit werde über ähnliche sachliche und persönliche Autorität wie Präsident Herzog im Grundrechtecharta-Konvent verfügen müssen. Überdies werde es erforderlich sein, dass dem Konventspräsidium Vertreter der nationalen Parlamente, des Europäischen Parlaments sowie der Staats- und Regierungschefs angehören. Die Arbeits­fähigkeit des Präsidiums müsse hinreichend gewährleistet werden, und dafür biete sich die Vor­gangsweise an, dass je zwei Stellvertreter aus den nationalen Parlamenten und aus dem EU-Parlament nominiert werden.

Die Ausführungen von Bundeskanzler Dr. Schüssel hätten erkennen lassen, dass in Bezug auf die Arbeitsweise des Konvents gewisse Auffassungsunterschiede bestehen. Nach Ansicht der SPÖ müsse der Konvent bestrebt sein, möglichst im Konsens ein Ergebnis zu finden. Dies sei zwar schwierig, aber es wäre absolut unbefriedigend, wenn die vom Konvent vorgeschlagenen Lö­sungen nur auf Mehrheitsentscheidungen hinausliefen. Vielmehr werde es auch im Hinblick auf die Vermeidung von Schwierigkeiten im anschließenden Ratifikationsprozess darauf an­kommen, eine konsensfähige Lösung zustande zu bringen.

Der Arbeitsaufwand in diesem Konvent werde jenen des Grundrechtecharta-Konvents deutlich übertreffen. Für die dorthin entsandten Vertreter werde diese Tätigkeit nahezu eine Vollzeit­be­schäftigung bedeuten, und dies könne auch Schwierigkeiten in der Besetzung mit sich bringen.

Die SPÖ vertrete die Auffassung, dass im Konvent keine Abstimmungen durchgeführt werden sollen, sondern dass auch in diesem Fall das im Grundrechtecharta-Konvent zur Anwendung ge­langte Konsensmodell geeignet sei, um zu einer Lösung zu kommen. Die Kompromisssuche werde im Vordergrund zu stehen haben, um zu vermeiden, dass Entscheidungen durch Ab­stimmungen mit Mehrheiten gegen Minderheiten zustande kommen, was den Wert der Konventsarbeit für die Staats- und Regierungschefs mindern würde.

Voraussichtlich werde es unvermeidlich sein, dass im Konvent – neben den wünschenswerten Konsenslösungen – in einzelnen Fällen auch Optionen für zweit- und drittbeste Lösungen zur Auswahl gestellt werden. Es werde jedoch nötig sein, deren Anzahl möglichst niedrig zu halten. Ein verbindliches Dokument von Seiten des Konvents könne es nach der verfassungs­recht­lichen Lage der Europäischen Union gar nicht geben, da verbindliche Entscheidungen aus­schließ­lich Sache der Staats- und Regierungschefs seien. Es gehe nicht um ein Machtspiel, sondern um ein möglichst konsistentes Ergebnis, welches die Europäische Union voranbringen könne und dessen Erfolg schließlich auch in der Zufriedenheit der EU-Bürger mit der künftigen Leistungsfähigkeit der Union messbar sei, also um eine strukturelle Verbesserung der Entscheidungsfähigkeit der EU zum Zweck besserer, bürgernäherer Problemlösungen.

Die Mitglieder des Konvents würden nicht gegen die Staats- und Regierungschefs arbeiten, sondern nur auf einer anderen, dem Schwerpunkt nach parlamentarischen Ebene tätig sein, und dies ohnehin in permanenter Zusammenarbeit mit den von den Staats- und Regierungs­chefs entsandten Vertretern. Dabei werde es, wie schon von Bundeskanzler Dr. Schüssel dar­gelegt, nicht sinnvoll sein, das Mandat des Konvents ausschließlich auf die vier in Nizza ge­nannten Punkte zu beschränken.

Abgeordneter Dr. Einem betont, dass nach Ansicht der SPÖ der zeitliche Abstand zwischen dem Vorliegen des Konventergebnisses und dem Beginn der Beratungen der Regierungskon­ferenz möglichst kurz sein soll. Nach Abschluss der Konventstätigkeit werde das Ergebnis – einschließlich der allenfalls erarbeiteten Optionen – eine Beratungsgrundlage für die Regie­rungs­konferenz darstellen, und diese werde umso leichter damit umgehen können, je größer der Konsens darüber sein werde.

Voraussichtlich würden die Staats- und Regierungschefs ihre Vertreter in diesem Konvent an eine „kürzere Leine“ als im Grundrechtecharta-Konvent nehmen, damit die jeweiligen Positionen schon in der Vorphase der Regierungskonferenz in angemessenem Umfang einbezogen werden. Ebenso würden die Standpunkte der Parlamente Berücksichtigung finden müssen, um geeignete Grundlagen für die nachfolgende Ratifizierung zu schaffen.

Abgeordneter Dr. Einem appelliert an Bundeskanzler Dr. Schüssel, dem Hauptausschuss darzulegen, inwieweit in den angesprochenen Fragen Übereinstimmung zwischen Bundes­regie­rung und Opposition bestehe, um damit eine Grundlage dafür zu schaffen, dass von Bindungs­beschlüssen abgesehen werden könne.

Was die Bekämpfung des Terrorismus betrifft, bezeichnet Abgeordneter Dr. Einem seine Er­fahrungen aus der jüngsten NATO-Parlamentariertagung in Ottawa als ernüchternd, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Definition von Terrorismus und die Bereitschaft der einzelnen Länder, sich dieses Themas anzunehmen. Jene Staaten, in denen schon seit längerem ge­walttätige Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und bestimmten Gruppen, die eine andere verfassungsrechtliche Einbindung in das Staatsganze wünschen, stattgefunden haben, würden nunmehr hoffen, im Windschatten der jetzigen weltweiten Einigung über die Be­kämpfung des Terrorismus auch ihre jeweiligen innenpolitischen Probleme lösen zu können. Dies werde auch die entsprechenden Debatten in der Europäischen Union mitbestimmen.

Abge­ordneter Dr. Einem erinnert an die Auseinandersetzungen zwischen Spanien und Belgien zu dem Zeitpunkt, als Österreich dem Schengener Abkommen beitrat, und spricht den Wunsch aus, dass die bisher von Bundeskanzler Dr. Schüssel gezeigte Gelassenheit auch hilfreich sein werde, zu sachlichen Lösungen für diese Probleme zu kommen.

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) weist darauf hin, dass das bevorstehende Treffen in Gent weder als formeller noch als informeller Rat deklariert wurde, und erachtet es daher nicht für sinnvoll, vor einem derartigen informellen Treffen eine Sitzung des Hauptausschusses anzuberaumen. Mangels einer Tagesordnung und entsprechender Dokumente könne man des­halb nur, mit einer schweizerischen Bezeichnung, von einem großen „Werweißen“ spre­chen, daher werde in der nächsten Präsidialkonferenz auch darüber zu sprechen sein, ob es sinnvoll sei, unter solchen Bedingungen den Hauptausschuss einzuberufen.

In der Frage des Konvents könne große Übereinstimmung zwischen den Fraktionen festgestellt werden. Allerdings bestehe dabei ein Dilemma in der Frage, wer letztlich mit Bindungswirkung darüber entscheiden solle, was zu geschehen habe, wer also der Souverän sei, der zu einer Ver­tragsveränderung ja oder nein zu sagen habe. Im Konventmodell bleibe letztlich der Staat auch Herr des Vertrages, und es sei wichtig, sich darüber zu verständigen, dass es auch in Zukunft dabei bleiben werde. Denn es seien immer wieder die Lebensinteressen einzelner Länder betroffen, im Falle Österreichs zum Beispiel die Wasserreserven oder die Atompolitik. Abgeordneter Dr. Khol erachtet daher Mehrheitsbeschlüsse in dieser Hinsicht auch nicht im Wege eines Konvents für möglich.

Im Grundrechtecharta-Konvent sei feststellbar gewesen, dass dort Konsens mit Unver­bind­lichkeit korrespondiert habe. Abgeordneter Dr. Khol berichtet, er habe während seiner Mitarbeit im Europarat als Sekretär des Expertenkomitees für Menschenrechte miterlebt, wie etwa Spanier, Franzosen und Briten ganze Grundrechtsbereiche vital bekämpft hätten. Dies habe sich bis heute nicht geändert, es sei sogar noch schlimmer geworden. Minderheitenschutz werde beispielsweise in Frankreich oder in Spanien zu einem sehr schwierigen Unterfangen, sobald es um dessen Einklagbarkeit gehe. Daher habe es von dieser Seite Zustimmung zu der „sehr schönen“ Grundrechtecharta nur mit „crossed fingers“ gegeben, und es sei von dort zu hören gewesen, dass diese Charta hinterher ohnehin nicht Gültigkeit erlangen werde, weshalb der Konsens nicht aufgehalten zu werden brauche.

Keine unüberwindlichen Probleme zwischen den Fraktionen sieht Abgeordneter Dr. Khol im Hinblick darauf, dass die Einbeziehung der Institutionen der Bürgergesellschaft, der „civil society“, wichtig sein wird, sowie in Bezug auf die Rückbindung zu den nationalen Parlamenten und in der Mandatsfrage. Im heutigen Stadium komme es darauf an, dass Vorschläge unter­breitet werden, die dann weiter beraten werden können.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) fragt, wann denn, wenn nicht zu einem Zeit­punkt wie jetzt, der Hauptausschuss als Gremium der parlamentarischen Ebene in weit­gehen­dem Konsens der Fraktionen formulieren solle, worin aus seiner Sicht das Ziel eines solchen Konvents zu bestehen habe. Dort werde es um substantielle Fragen gehen, die selbst­ver­ständlich auch die Parlamentsebene betreffen werden. Würde darüber – auch vor einem infor­mellen Treffen – gar nicht mehr diskutiert werden, so könnte von einem sich selbst ernst nehmen­den Selbstverständnis der Parlamentsmitglieder nicht mehr gesprochen werden. Es müsse vermieden werden, auf parlamentarischer Ebene nur noch nach Art eines „chat rooms“ zu sprechen, nämlich ohne jeglichen Willen, Übereinkünfte zwischen den Parteien zu erzielen, die dann auch Bindungswirkung für das Verhalten der Regierung entfalten können.

Auf die Verkehrspolitik eingehend, fragt Abgeordnete Dr. Lichtenberger, welche Position Öster­reich im Hinblick darauf, dass die Beschränkungen des Zugangs zum Straßengüter­ver­kehrsmarkt häufig nur mit Bezug auf die Kabotage gesehen werden und die Frage der Kontin­gentregelungen überhaupt nicht angesprochen wird, konkret vertreten werde.

Betreffend die Beitrittsverhandlungen über das Kapitel Energie fragt Abgeordnete Dr. Lichten­berger, ob es zutreffe, dass mit der Slowakei bereits ein endgültiger Abschluss gefunden worden sei, und welche Beschlüsse es in Bezug auf das Atomkraftwerk Bohunice gegeben habe.

Auch hinsichtlich des Kernkraftwerks Temelín stelle sich die Frage, wie der Verhandlungs-„Fahrplan“ für einen vorläufigen Abschluss des Energiekapitels aussehe und von welchen Kriterien Österreich seine Zustimmung abhängig machen werde. Es seien im „Melker Prozess“ noch einige Fragen offen geblieben, und die Frage nach der österreichischen Zustimmung er­gebe sich auch auf Grund der im letzten September im Expertenbericht aufgezeigten und bisher nicht behobenen Sicherheitsmängel.

Abgeordnete Dr. Lichtenberger fragt weiters, welche Position Österreich in der Diskussion über die Definition von Terrorismus vertrete. In dieser Definition komme es besonders auf die Aspekte der Grenzziehung und der Zielsicherheit an. Wie bereits vom Abgeordneten Dr. Einem angesprochen, seien manche Länder versucht, ihre internen Probleme auf dem jetzt be­schrittenen Weg zu lösen, und dies sei nicht ungefährlich. Überdies könnte es gemäß den derzeit vorliegenden Ansätzen künftig auch möglich werden, jemanden, der die Brenner Auto­bahn blockiert, als Terroristen hinzustellen. Es werde daher notwendig sein, genau darauf zu achten, dass wirklich nur diejenigen getroffen werden, die getroffen werden sollen, und dass nicht eine Datensammlung in einem Umfang entstehe, der die Terrorismusbekämpfung wiederum erschweren würde.

Eine Angelegenheit, die an die Substanz des Verhältnisses zwischen Bürgern und Staaten rühre, werde der europäische Haftbefehl sein. In einem Entwurf sei jetzt davon die Rede, dass mit diesem Haftbefehl dem Grundsatz der Unionsbürgerschaft Rechnung getragen werde. Das Problem bestehe jedoch darin, dass es eine solche Unionsbürgerschaft noch nicht gebe, und es könne auch nicht von der Aussicht, dass es diese bald geben werde, gesprochen werden. Einen Zwischenruf des Abgeordneten Dr. Khol, dass es sehr wohl eine Unions­bürger­schaft gebe, beantwortet Abgeordnete Dr. Lichtenberger damit, dass sie nicht eine allgemeine Unionsbürgerschaft meine, sondern eine Verfasstheit mit entsprechenden Rechten und einer Schutzfunktion der Union gegenüber den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, auch für den Fall, dass diese ungerechtfertigt einer Straftat beschuldigt werden. Eine derartige Schutz­wir­kung sei derzeit noch durch die Nationalstaaten gegeben, diese werde jedoch nach Ein­führung des europäischen Haftbefehls möglicherweise nicht mehr bestehen.

Bundeskanzler Dr. Schüssel möge die österreichische Position in diesen Fragen darlegen und auch erläutern, in welcher Weise dadurch eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation, also dem Bestehen gegenseitiger Auslieferungsabkommen, herbeigeführt werde.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) äußert sich erfreut über die weitgehende Übereinstimmung zwischen den Fraktionen in der Frage eines Konvents als Rahmen der De­batte über die Zukunft Europas. Anders als im Fall des Grundrechtecharta-Konvents solle dies­mal nicht die Auffassung „Take it or leave it“ zur Anwendung kommen, sondern auch die Er­arbeitung von Optionen erfolgen. Zu begrüßen seien auch die Feststellungen von Bundes­kanzler Dr. Schüssel über eine permanente Rückkoppelung der Konventstätigkeit gegenüber den nationalen Parlamenten. Auch wenn sich Abgeordneter Dr. Einem im Hinblick auf Optionen skeptisch gezeigt habe, sei es sehr nahe liegend, dass die Arbeit nur auf diese Weise vor sich gehen werde können.

Bisher sei geplant gewesen, die nächste Regierungskonferenz erst nach den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 2004 abzuhalten. Nunmehr seien jedoch in manchen Mitgliedstaaten Stimmen laut geworden, die sich für eine Vorverlegung aussprechen. Daher stelle sich die Frage, wie die Terminfrage mehrheitlich gesehen werde.

Abgeordneter Mag. Schweitzer äußert Zweifel daran, dass es, vor allem gemessen am gegenwärtigen Verhandlungsstand, bereits binnen kurzer Zeit zum Beitritt weiterer Länder zur Europäischen Union kommen könnte. Insbesondere in den Verhandlungen mit Polen, also einem Staat, der stets als einer der ersten Beitrittskandidaten genannt werde, seien bisher erst 17 Verhandlungskapitel abgeschlossen worden, hingegen seien die Verhandlungen über die wesentlichen Kapitel zum Teil noch nicht einmal eröffnet worden. Daher sei nicht vorstellbar, dass es sehr rasch – manchmal werde dafür sogar das Jahr 2002 genannt – zu weiteren Beitritten kommen könnte. Bundeskanzler Dr. Schüssel möge seine persönliche Einschätzung dieser Frage darlegen.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel antwortet dem Abgeordneten Dr. Einem, dass auch seiner Ansicht nach im Konvent so weit wie möglich Konsens erzielt werden solle; andernfalls aber werde es sicher vernünftig sein, Optionen vorzusehen. Es wäre nicht klug, allein den Kon­sens als Ziel ins Auge zu fassen, da dies die Diskussionsmöglichkeiten im Konvent ein­schrän­ken könnte. Falsch wäre es auch, den Teilnehmern des Konvents durch eine Art Klub­zwang oder gebundenes Mandat Beschränkungen aufzuerlegen, vielmehr werde jeder Be­teiligte seine persönliche Meinung nach bestem Wissen und Gewissen dort vertreten können. Zwar werde stets eine gewisse Rückkoppelung bestehen bleiben, aber eine solche Diskussion könne nicht von außen gesteuert werden. Würde der Konvent nicht über ein gewisses Ausmaß an Freiheit und Flexibilität verfügen können, so könnte auch gleich die Regierungskonferenz selbst ein­be­rufen und allenfalls um eine Expertenrunde erweitert werden. Es werde daher, soweit möglich, Konsens angestrebt werden – auch um die nachfolgende Ratifizierung zu erleichtern –, es müsse aber trotzdem dabei bleiben, dass die nationalen Vertreter in der Regierungskonferenz das Recht haben, aus nationalen vitalen Interessen eine Entscheidung notfalls abzulehnen.

Zustimmend äußert sich Bundeskanzler Dr. Schüssel zu den Ausführungen des Abgeordneten Dr. Khol. Er selbst werde in Gent dafür eintreten, dem Konvent ein breites Mandat zu erteilen, entsprechend der Auffassung, über die sich ja auch die vier Fraktionen einig gezeigt hätten.

Viele der angesprochenen Fragen stünden derzeit noch nicht zur Diskussion, daher könne mangels vorliegender Informationen auch nicht die hier erwünschte Auskunft erteilt werden. So werde zum Beispiel in einer Untergruppe einer Ratsarbeitsgruppe gegenwärtig daran ge­arbeitet, zu definieren, was unter Terrorismus zu verstehen sei. In diesem Stadium könne der öster­reichische Regierungschef daher nicht Stellung beziehen, sondern da müssten erst die Juristen die entsprechenden Vorschläge erarbeiten. Anschließend würden diese Texte einer eingehenden Prüfung zu unterziehen sein, und erst dann könne es letztlich zu einer Be­schlussfassung kommen. Allerdings brauche sicherlich nicht befürchtet zu werden, dass künftig eine Demonstration auf der Brenner Autobahn unter die Definition von Terrorismus fallen könnte.

Was die Verhandlungen über die Kapitel Verkehr und Energie betreffe, gebe es derzeit noch keine Position der EU-Mitgliedstaaten und daher auch keine österreichische Position, sondern dazu seien bisher Übergangswünsche der Beitrittskandidatenländer vorgebracht worden, so zum Beispiel der polnische Wunsch nach einer zweijährigen Übergangsfrist für den Kabo­tageverkehr. Die Beurteilung von Ausnahmeregelungen werde schließlich im Lichte der Interessen aller Beteiligten zu erfolgen haben.

Bezüglich des Transitverkehrs führt Bundeskanzler Dr. Schüssel aus, er präferiere prinzipiell eine Lösung derart, dass sich die Europäische Kommission mit Österreich auf ein Übergangs­regime einigt, bis eine entsprechende neue Richtlinie in Kraft treten werde, oder zumindest für einen ausreichenden Zeitraum, bis diese entstehen könne. Allerdings müsse man auch den Ein­wand der Kommission verstehen, dass eine unbefristete Regelung Österreich die Möglich­keit eröffnen könnte, mit seiner Stimme zu verhindern, dass es überhaupt je zu einer ge­meinsamen Linie kommen könnte, wodurch sich also ein unbefristetes Privileg für Österreich ergeben könnte. Daher wäre es am günstigsten, eine ausreichend lange Übergangsfrist für den bestehenden Transitvertrag festzulegen, bis eine gesamteuropäische Richtlinie in Kraft treten könnte, und dann müssten die jetzigen Beitrittskandidaten so rasch wie möglich dazu über­gehen, sich etwa an die EU-Umweltvorschriften und an die Wegekostenrichtlinie zu halten.

In Österreich werde bis dahin das Road-Pricing eingeführt worden sein. Bundeskanzler Dr. Schüssel betont, es werde zum Zeitpunkt des Beitritts des ersten Erweiterungskandidaten das Road-Pricing für LKW in ganz Österreich mit Sicherheit bereits in Kraft sein. Damit werde keine Notwendigkeit mehr für spezifische Sonderregelungen aus österreichischer Sicht be­stehen. Was jedoch die Sonderwünsche der Beitrittskandidaten betreffe, liege derzeit noch keine gemeinsame Position der 15 Mitgliedstaaten vor.

In der Frage des europäischen Haftbefehls sei eine Einigung noch ausständig, dieses Thema werde Anfang Dezember in Laeken weiterzubehandeln sein. Dabei gehe es insbesondere um den Anwendungsbereich. Österreich trete für einen weiten Anwendungsbereich unter Bei­behaltung des Erfordernisses der beidseitigen Strafbarkeit ein, hingegen hätten die Euro­päische Kommission, Spanien, Portugal und Schweden den Wunsch geäußert, auf das Er­fordernis der beidseitigen Strafbarkeit als Voraussetzung zu verzichten und lediglich die Mög­lich­keit vorzusehen, dass die Mitgliedstaaten im Voraus eine Negativliste von Straftaten bekannt zu geben haben, hinsichtlich derer eine Übergabe nicht erfolgen könne.

Es stelle sich ferner die Frage, ob die Regelung auch rückwirkend Gültigkeit haben solle. Für Österreich wäre die Sachlage ohne eine rückwirkende Regelung einfacher, wie etwa das Stichwort „Tirol“ erkennen lasse. Bundeskanzler Dr. Schüssel stellt fest, seinem Verständnis nach falle dieser Bereich nicht unter den jetzt in Diskussion stehenden Begriff von Terror­bekämpfung.

Es treffe zu, dass das Kapitel Energie gegenüber der Slowakei beiseite gelegt und sozusagen vorläufig geschlossen worden sei – allerdings könne jederzeit wieder darüber gesprochen werden –, da die Slowakei den seinerzeitigen Kompromiss mit der Europäischen Kommission, lautend auf das Schließungsdatum 2006 und 2008, mit Regierungsbeschluss bekräftigt habe. Überdies habe die Slowakei inzwischen auch das Finanzrahmenabkommen mit der Euro­päischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung angenommen.

Hingegen seien die Verhandlungen mit der Tschechischen Republik noch nicht so weit ge­diehen. Bundeskanzler Dr. Schüssel stellt fest, er werde sich dazu nicht präziser äußern, weil dies die österreichische Verhandlungsposition schwächen könnte. Derzeit sei der bilaterale Dialog mit der tschechischen Seite im Gange. Im Zusammenhang damit hätten Experten eine ganze Liste von österreichischen Sicherheitswünschen erstellt – unabhängig von dem Wunsch, dass das Kernkraftwerk Temelín überhaupt nicht in Betrieb gehen sollte –, und darauf liege noch keine Antwort vor. Zwar sei in der „Atomic Question Group“ informell die Möglichkeit an­gesprochen worden, dass zwei sehr wichtige Nachrüstvoraussetzungen möglicherweise in das Beitrittskapitel übernommen werden könnten, aber auch dies sei bisher nicht formell bekräftigt worden.

Solange eine tragfähige Antwort von Seiten der tschechische Regierung ausständig sei, bestehe auch kein Grund, dieses Kapitel zu eröffnen oder gar gemeinsam beiseite zu legen. Ein Argument dafür könnte sich dann ergeben, wenn es gelänge, einige derzeit nicht bestehende Sicherheitsauflagen im Beitrittsvertrag zu verankern, aber solange Österreich „nichts in der Hand habe“, könne weder der vor einem Jahr begonnene Dialog abgeschlossen noch das Energiekapitel beiseite gelegt werden. Keine Rede könne jedenfalls von einem behaupteten „Verrat“ am Nationalfeiertag durch einen mutmaßlichen Abschluss des Energiekapitels sein; am 26. Oktober werde keine Sitzung abgehalten und das Thema auch nicht auf der Tagesordnung stehen. Bundeskanzler Dr. Schüssel rät den Grünen, auf den ihnen nahe stehenden NGO-Be­reich einzuwirken, damit von dort nicht auf solche Weise eine unangebrachte Verunsicherung der Bevölkerung betrieben werde.

Was den Termin der Erweiterung betreffe, sei derzeit nicht ausdiskutiert, welches Szenario letzt­lich gewählt werde. Österreich sei stets für Einzelbeitritte entsprechend dem jeweiligen Ent­wicklungsstand, nicht jedoch für Gruppenbeitritte eingetreten. Die Auflistung des Verhandlungs­standes gegenüber den einzelnen Beitrittskandidaten zeige ein sehr unterschiedliches Bild, dort befinde sich Polen mit 17 abgeschlossenen von insgesamt 29 Kapiteln im Mittelfeld. Es komme aus österreichischer Sicht darauf an, die einzelnen Erfolge zu bewerten. Unter dieser Voraus­setzung zeichne sich die Möglichkeit ab, dass eine erste Gruppe von Ländern unter Umständen bereits zeitgleich mit den Wahlen zum Europäischen Parlament gebildet werden könnte, voraus­sichtlich zwar noch nicht bei vollständiger Ratifizierung, aber doch mit Vertragsabschluss und einem eingeleiteten Ratifizierungsprozess. Die nächste Gruppe könnte dann ein oder zwei Jahre später folgen.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) widerspricht der Ansicht des Abgeordneten Dr. Khol, dass eine Sitzung des Hauptausschusses vor einem informellen Treffen nicht notwendig sei. Schon bisher seien in den meisten dieser Fälle – mit Ausnahme des Treffens von Tampere – solche Sitzungen abgehalten worden. Die informellen Treffen seien durchaus vergleichbar mit den informellen Räten, dies zeige sich etwa auch daran, dass die Frage der Beitrittsstrategie – wobei den entsprechenden Ausführungen von Bundeskanzler Dr. Schüssel voll beigepflichtet werden könne – zu den Themen des Treffens in Gent gehören werde. Überdies werde dort mit dem Thema Terrorismusbekämpfung eine weitere wirklich wichtige Frage besprochen werden.

Abgeordneter Schieder fragt, wie der Stand der Euro-Einführung eingeschätzt werde und ob hinsichtlich der Begleitmaßnahmen nur kleine Probleme wie etwa die Sorge darüber, dass künftig mehr Münzen im Umlauf sein werden, zur Sprache kämen oder auch größere Schritte geplant seien, um etwa zu Beginn des nächsten Jahres das Verhältnis des Euro gegenüber dem Dollar sicherzustellen.

Da also in Gent derart wichtige Themen zur Behandlung anstünden, und zwar durchaus nach Art und Weise eines informellen Rates, sei es auch notwendig, im Hauptausschuss vorher darüber zu beraten und die Standpunkte der Regierung mitgeteilt zu bekommen.

Er weist auf Punkt 16.2 des vorliegenden Dokumentes 39779/EU hin und zitiert daraus die Erwähnung einer im Vorfeld des Rates Allgemeine Angelegenheiten „zirku­lierten Note zu den Ausnahmeregelungen Dänemarks im Verteidigungsbereich. In diesem Do­ku­ment seien jene Modalitäten niedergelegt, die einen bestmöglichen Ablauf der dänischen EU-Präsidentschaft 2002 gewährleisten sollten. Der Rechtsberater des Rats, Piris, betonte aus­drücklich, dass das von DK skizzierte Modell im Einklang mit dem EU-Recht stehe.“

Diese Unterlage sei dem Hauptausschuss nicht übermittelt worden, obwohl dies erforderlich gewesen wäre. Bundeskanzler Dr. Schüssel möge dafür Sorge tragen, dass dies nachgeholt wird, und außerdem die Frage beantworten, um welche Ausnahme für Dänemark es sich handle und welchen Inhalt das zitierte Dokument betreffend die dänische Präsidentschaft 2002 habe.

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche) weist darauf hin, dass Bundeskanzler Dr. Schüssel in einer vorangegangenen Sitzung des Verfassungsausschusses bereits eine aufschlussreiche Einschätzung der Auswirkungen des Referendums in Irland auf die EU-Erweiterung abgegeben und auch hier im Hauptausschuss zum „Fahrplan“ für die Erweiterung deutlich Stellung bezogen habe. In der Öffentlichkeit werde die Frage der Erweiterung allzu oft mit der Frage nach der Subventionierung der polnischen Landwirtschaft verknüpft. Angesichts des jetzigen Verhandlungsstandes sei es sehr schwierig, noch an das Szenario zu glauben, wonach der EU-Beitritt Polens und anderer Staaten für das Jahr 2004 vorgesehen ist. Es werde wichtig sein, in den Beitrittsverhandlungen immer wieder zu betonen, was auch der Stell­ver­tretende Generalsekretär der Europäischen Kommission Zepter in dem Dokument 39709/EU fest­geschrieben hat, dass nämlich die Kandidatenländer die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen haben werden.

Abgeordneter Dr. Kurzmann fragt, bis wann aus Sicht von Bundeskanzler Dr. Schüssel die Heranführung der Türkei an die Europäische Union möglich sein werde, wie es jetzt um die Finanzierung der Erweiterung stehe und mit welchen Kosten in diesem Zusammenhang wirklich zu rechnen sei. Dazu habe ja die Dresdner Bank eine skeptische Studie erarbeitet, die als unseriös abqualifiziert worden sei.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne) erachtet eine Sitzung des Hauptausschusses vor einem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs sehr wohl für sinnvoll, da die Vergleichbarkeit mit einem informellen Rat durchaus gegeben und dieser Vergleich auch legitim sei. Entgegen der Darstellung von Bundeskanzler Dr. Schüssel sei sehr wohl im Vorhinein klar – und sei es auch nur in Form einer informellen Tagesordnung –, welche Themen dort zur Sprache kommen werden. Daher müsse auch die Gelegenheit bestehen, im Hauptausschuss über die in Gent zu vertretenden Positionen der österreichischen Bundesregierung zu disku­tieren. Leicht sei diese Diskussion aber nicht, wenn Bundeskanzler Dr. Schüssel in vielen Punkten keine klare Antwort gebe. In diesem Sinn müsse neuerlich die Forderung erhoben wer­den, dass die Bundesregierung dem Haupt­ausschuss eine Aufstellung der von ihr vertretenen Positionen auch schriftlich zur Verfügung stellen möge.

Was das angesprochene Konventmodell in Form von zwei konzentrischen Kreisen betrifft – einem Kreis, der von Vertretern der Parlamente, der Regierungen und der Kommission gebildet werde, und einem offenen Forum für die Zivilgesellschaft, die NGOs und so weiter –, stelle sich die Frage, ob mit dem Konvent allein der innere Kreis gemeint sei und ob parallel dazu ein Forum unter Einbeziehung einer breiteren Öffentlichkeit eröffnet werden solle. Wenn dies zutreffe, wäre dies erfreulich, da es in diesem Sinn bereits in den Vorgesprächen zu einer Einigung zwischen allen Fraktionen gekommen sei.

Abgeordnete Mag. Lunacek fragt, wer nach Ansicht der Bundesregierung die Geschäftsordnung für diesen Konvent erstellen solle. Nach Ansicht der Grünen müsse dies der Konvent selbst tun.

Hinsichtlich der angesprochenen Optionen wäre es nach Auffassung der Grünen die Aufgabe des Konvents, konkrete Vorstellungen zu erarbeiten, jedoch nicht als Entweder-oder-Positionen, sondern nur in Form der Feststellung von Varianten, die als Mehrheits- oder Minder­heits­meinung deklariert werden. Nur in dieser Weise sollten die Optionen beschaffen sein, die an­schließend der Regierungskonferenz vorgelegt werden, nicht jedoch von einer Art, die bedeuten würde: Es wird entweder das eine oder aber etwas ganz anderes beschlossen. Bundeskanzler Dr. Schüssel möge seinen Standpunkt im Hinblick darauf konkretisieren.

Die Einbeziehung von Parlamentariern aus den Beitrittskandidatenländern in den Konvent sollte sich nicht allein auf den Beobachterstatus beschränken, sondern sich nach Meinung der Grü­nen auch auf das Stimmrecht für Abstimmungen erstrecken, aus rechtlichen Gründen mög­licher­weise in einem getrennten Vorgang. Es sollte so verfahren werden, als ob diese Länder schon Mitglieder der Europäischen Union wären, da dies für die Zukunft Europas wirklich wichtig sei. Allerdings seien die Grünen mit der Formulierung einverstanden, die in den Vor­gesprächen festgelegt worden sei, dass nämlich die Beitrittskandidaten einbezogen werden.

Abgeordnete Mag. Lunacek ersucht Bundeskanzler Dr. Schüssel um Präzisierung der Angaben darüber, wie lange der Konvent genau arbeiten und wie groß der zeitliche Abstand zwischen der Beendigung der Konventstätigkeit und dem Beginn der Regierungskonferenz sein solle.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) stellt mit Bezug auf die vorangegangene Er­wähnung Tirols durch Bundeskanzler Dr. Schüssel fest, dass im Zusammenhang mit der Terroris­­mus­bekämpfung auch die Charta der Minderheiten einer Betrachtung unterzogen werden sollte, weil diese in Südtirol zu einer langfristigen Beruhigung der Situation geführt ha­be. Gelänge es, diese Charta in möglichst vielen Ländern als geltendes Recht zu ver­ankern, so könnte dies einen konstruktiven Beitrag zur Terrorismusbekämpfung bedeuten.

Abgeordneter DDr. Niederwieser hebt hervor, dass auf den Transitstrecken zum Teil auch Fahrzeuge unterwegs sind, die nur mehr als „Giftbomben“ bezeichnet werden könnten und die ein hohes Gefährdungspotential für den Fall aufwiesen, dass sie in die falschen Hände geraten. Er fragt, ob die Europäische Union in ihrer Verkehrspolitik ausreichendes Augenmerk darauf lege.

Neben dem Transitvertrag seien auch die für die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten in Kraft befindlichen Kontingentierungen im Güterverkehr Teil des geltenden Rechtsbestandes in Österreich. Abgeordneter DDr. Niederwieser fragt, welchen Standpunkt die Bundesregierung hinsichtlich dieser Kontingente vertrete. Überdies möge Bundeskanzler Dr. Schüssel seine Ein­schätzung der Chancen mitteilen, die dafür bestehen, dass der österreichische Vorschlag auf Fortbestand des Transitvertrags mit einer Übergangsfrist verwirklicht werde.

Mit dem Transitvertrag stehe Österreich bereits eine sehr starke Handhabe zur Verfügung, weil darin die Formel enthalten sei, dass ein nachhaltiges Erreichen der reduzierten Schad­stoff­men­gen gegeben sein müsse. Dies bedeute nichts anderes, als dass auch nach Auslaufen des Transit­vertrags der Schadstoffausstoß auf diesem niedrigen Niveau verbleiben muss, und da diese Bedingung aus Sicht der SPÖ nicht erfüllt sein werde, würden sich schon aus dem be­stehenden Vertrag gute Argumente für dessen Weiterbestand ergeben.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel beantwortet die Fragen nach dem Transitvertrag damit, dass Österreich eine gute Argumentationsbasis habe, dass es allerdings damals in den Beitrittsverhandlungen nicht möglich gewesen sei, eine längere Vertragsdauer als neun Jahre durchzusetzen, weshalb in juristischer Hinsicht keine Gewissheit über eventuelle Erfolgs­aus­sichten bestehe, auch nicht hinsichtlich der Einklagbarkeit vor dem Europäischen Gerichtshof. Diese wäre abhängig von der Bewertung der Europäischen Kommission und von der Rechts­meinung der Richter. Bundeskanzler Dr. Schüssel erinnert an das Wort des Abgeordneten Dr. Khol, dass man auf hoher See und vor Gericht stets in Gottes Hand sei. Daher solle Öster­reich aus Eigenem versuchen, die bestehende Frist auszudehnen, bis eine Lösung des Pro­blems auf europäischer Ebene erfolgen werde.

Die vom Abgeordneten DDr. Niederwieser angesprochene Frage von gefährlichen Güter­trans­por­ten müsse im Lichte der Bedrohungsszenarien nach den Geschehnissen des 11. September neu durchdacht werden. Die Europäische Kommission habe dafür jedoch noch keine Hand­habe. Eine Gewährleistung des Schutzes der Straßen finde keine Verankerung im Ge­mein­schaftsrecht, und auch in Bezug auf die Herstellung der Sicherheit in Atomkraftwerken mangle es an einem europäischen Acquis. Bundeskanzler Dr. Schüssel stellt fest, er habe deshalb die­ses Thema im letzten informellen Rat angesprochen. Es sei klar, dass nicht Dutzende Kern­kraftwerke in Europa nachgerüstet werden könnten, aber wenigstens in Zukunft müsse eine andere Vorgangsweise als bisher gewählt werden.

Was den Konvent betrifft, zeigt sich Bundeskanzler Dr. Schüssel von diesem Begriff wenig ange­tan, und zwar auch deshalb, weil dieser aus dem 19. Jahrhundert stamme. Der Grund­rechte­charta-Konvent habe jedoch ein nachahmenswertes Beispiel gegeben, weil dort die Zusam­menarbeit gut funktioniert habe, und daher gehe es in der Vorbereitung der Regierungs­konferenz jetzt weniger um die Verwirklichung des Konventmodells an sich als um eine Wiederholung dessen, was in der Erstellung der Charta der Grundrechte gelungen sei, nämlich die Koordinierung einer sehr komplexen Zusammenarbeit von 60 Teilnehmern. Dieses Vor­haben sei zwar richtig, aber der Nachteil bestehe darin, dass eine starke Ausrichtung am Kon­sens zur Unverbindlichkeit, ein Versuch einer konkreten Problemlösung hingegen sofort zu Kontro­versen führe. Letztlich sei also die Festschreibung dessen, ob mit Mehrheit entschieden worden ist oder ob es sich um „dissenting opinions“ handelt, weniger von Bedeutung, weil heute auch ein Einziger dazu ausreiche, das Zustandekommen eines Europäischen Vertrages aufzu­halten.

Verfahrensfragen und Geschäftsordnung solle der Konvent selbst beschließen. Die Staats- und Regierungschefs würden nur darauf dringen, dass es zu entsprechenden Rückkoppelungen kommt. Es müsse auch beachtet werden, dass die am Konvent Beteiligten nicht unmittelbar demo­kratisch legitimiert sind und nicht über ein Mandat dafür verfügen. Daher könne beispielsweise ein Mitglied des Europäischen Parlaments, das Österreich dort vertritt, nicht den An­spruch erheben, im Konvent für ganz Österreich zu sprechen. Die Konventsteilnehmer wür­den ihre persönlichen Meinungen vertreten, und es müsse dabei der Eindruck vermieden wer­den, dass sie das Mandat hätten, für alle anderen ebenfalls zu sprechen.

Was die Öffentlichkeitsarbeit angeht, könne als sicher angenommen werden, dass aus Be­ratungen von 60 Teilnehmern jeder einzelne Satz nach außen dringen werde. Es könne daher keine Rede davon sein, dass es im Konvent klandestin zugehen oder etwas vor der Öffent­lichkeit verborgen vor sich gehen werde.

Im ursprünglichen Terminplan sei vorgesehen, dass die Regierungskonferenz frühestens im Jänner 2004 beginnen solle. Damit stünde jedoch bis zu den Wahlen zum Europäischen Parla­ment im Juni 2004 sehr wenig Zeit zur Verfügung. Nach Ansicht von Bundeskanzler Dr. Schüs­sel wäre es daher klüger, die Vorbereitungsphase in den Spätherbst 2003 vorzu­ziehen und damit einen größeren zeitlichen Spielraum zu schaffen. Darüber werde jedoch noch zu disku­tieren sein. Würde die Regierungskonferenz erst nach den Wahlen stattfinden, so wäre mit deren Ergebnissen frühestens Ende 2004, wenn nicht Anfang 2005 zu rechnen. Auf diese Weise käme es zu einer mindestens einjährigen Verzögerung.

Nach einem Hinweis auf den Verlauf der Beitrittsverhandlungen mit Polen und den Zusam­menhang mit der dortigen Parlamentswahl stellt Bundeskanzler Dr. Schüssel fest, dass die Annäherung der Türkei an die Europäische Union von türkischer Seite sehr realistisch ein­geschätzt werde. Die Türkei brauche die europäische Perspektive und wolle sie nicht verlieren. Das türkische Parlament habe in letzter Zeit eine Reihe von Beschlüssen gefasst, die weit­gehend in Übereinstimmung mit der europäischen Richtung stünden und noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen wären, so zum Beispiel Verbesserungen in den Bereichen Straf­recht und Todesstrafe. Diese Verbesserungen seien zwar noch nicht ausreichend – und das sei den türkischen Stellen auch bewusst –, aber dieser Staat befinde sich derzeit in einer interes­santen Zwischenphase. Auf jeden Fall müsse die Türkei in eine Gesamtstrategie der Euro­päischen Union für den Mittelmeerraum eingebunden werden. Es wäre insbesondere ange­sichts der jetzt aktuell gewordenen Bedrohungsbilder gänzlich falsch, die Türkei nicht aus­drücklich als einen Kandidaten – gegebenenfalls mit einer langfristigen Beitrittsperspektive – zu bezeichnen.

Was die Frage der Finanzierung betrifft, hätten jene Studien von Seiten der Europäischen Kom­mission, wonach die Erweiterung innerhalb der Obergrenze von 1,27 Prozent des Bruttoin­landsproduktes an Beitragsleistungen vollinhaltlich finanzierbar sein werde, nach wie vor Gültig­keit. Die günstige Konjunkturentwicklung in den letzten zwei Jahren habe zu einer deutlichen Senkung der Bruttobeiträge der heutigen EU-Mitgliedstaaten geführt, und dadurch habe sich zusätzlicher Spielraum ergeben. Den Prognosen zufolge würden die Beiträge derzeit nur das Aus­maß von 1,06 Prozent erreichen. Überdies müssten die Halbzeitbilanzen in Bezug auf Re­gionalpolitik und Landwirtschaft und die darauf aufbauenden Empfehlungen der Europäischen Kommission abgewartet werden. Es sei allerdings auch nicht möglich, die Szenarien, die einen höheren Finanzaufwand prognostizieren – wie zum Beispiel die Vorschau der Dresdner Bank –, einfach vom Tisch zu wischen.

Vorläufig solle in dieser Hinsicht abgewartet werden, bis erkennbar werde, in welche Richtung die EU-Kommission tendiert. Österreich werde die Kommission um eine Revision der Vorschau auf die Finanzierung im Lichte der veränderten Konjunkturlage und der erwähnten Halb­zeit­bilanzen ersuchen, und auf dieser Grundlage werde in ungefähr einem Jahr eine seriöse Aus­einander­setzung mit diesem Thema möglich werden.

Hinsichtlich der vom Abgeordneten Schieder angesprochenen Ausnahme für Dänemark er­läutert Bundeskanzler Dr. Schüssel, dass es sich nicht um ein Dokument von Seiten der Europäischen Kommission handle, sondern um eine einseitige Darlegung einer „Special Position of Denmark“. Diese sei, wie aus Informationen aus dem Außenministerium hervor­ge­gangen sei, den Parlamentariern bereits übermittelt worden, sie könne aber auch hier noch einmal zur Verfügung gestellt werden. Es gehe dabei ausschließlich um die Frage, welche Aus­wirkungen die spezifische Position Dänemarks – mit Opting-out einerseits und verschiedenen Mitgliedschaften andererseits – auf die dänische Präsidentschaft haben werde.

Obmannstellvertreter Dr. Werner Fasslabend weist abschließend darauf hin, dass für 25. Oktober 2001, 9 Uhr, eine weitere Sitzung des Hauptausschusses in Aussicht genommen sei, und schließt die Sitzung.

Schluss der Sitzung: 16.28 Uhr

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