43/J XXI.GP
der Abgeordneten Brosz, Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Flugplatz Wiener Neustadt - Ost
Seit dem jüngsten Ausbau des Flugfeldes Wiener Neustadt - Ost klagen die Nachbarn und
Nachbarinnen dieser Anlage über unzumutbare Lärmbelästigungen. In diesem Zusammenhang
sind folgende Punkte zu thematisieren:
1. Ex lege - Änderung aller Flugfeldgenehmigungen durch die Novellierung des § 8 LFG im
Jahre 1993
Bis zum Jahre 1. Juni 1994 mußten internationale Flüge („Einflug in das Bundesgebiet und
Ausflug aus demselben“) einen Flughafen benützen, der nach der Definition des (jetzt noch
geltenden) § 64 LFG ein öffentlicher Flugplatz für den internationalen Luftverkehr ist.
Halbmayr/Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht, schreiben in ihrem Kommentar
zu § 64: „Flughäfen unterscheiden sich also nach den Bestimmungen des LFG von
Flugfeldern (§ 65 LFG) lediglich durch die für den grenzüberschreitenden Verkehr
erforderlichen Einrichtungen;..“ Der § 8 LFG idF von 1993 ermächtigte den „Bundesminister
für Wirtschaft und Verkehr“ jene Flugfelder festzulegen, für die nun auch der internationale
Luftverkehr zugelassen wird. Dies erfolgte in der Flugfelder - Grenzüberflugsverordnung 1994
(F - GÜV 1994), BGBl. 393/1994, in der auch das Flugfeld Wiener Neustadt - Ost genannt ist.
Demnach darf dieses Flugfeld seit 1. Juni 1994 international angeflogen werden.
Damit kam es jedenfalls de facto zu einer wesentlichen Änderung des Betriebsumfanges aller
in der VO genannten Flugfelder ohne daß unseres Wissens ein Bescheidverfahren abgeführt
wurde, in dem die Nachbarn dieser Anlage ihre Schutzinteressen vertreten hätten können.
Halbmayr/Wiesenwasser schreiben im Gegensatz dazu, daß „die Umwandlung eines
Flugfeldes in einen Flughafen als Errichtung eines Flughafens anzusehen (ist)“ (Anm. 11 zu §
70 LFG). Demnach wäre auch hier eine neuerliche Zivilflugplatz - Bewilligung einzuholen
gewesen.
Im Jahre 1996 wurde eine neue F - GÜV erlassen, in der die Anzahl der internationalen
Flugfelder von 22 auf 40 erhöht wurde. Eine neuerliche Erweiterung des
Anwendungsbereiches des § 8 LFG erfolgte
durch die Novellierung im Jahre 1999.
2. Mangelnde behördliche Prüfung der jüngsten Ausbaumaßnahmen des Flugplatzes
Wiener Neustadt - Ost: Sachverständigengutachten, Parteistellungen, UVP - Pflicht
Im Bescheid, mit dem der Landeshauptmann den Nachtflugbetrieb erlaubt (Abänderung der
Zivilflugplatz - Bewilligung vom 11. Dezember 1998, GZ RU6 - L - W - 215/215 - 56), wird man
vergeblich ein lärmtechnisches und ein medizinisches Gutachten suchen. Gemäß § 71 Abs 1
lit d LFG dürfen Zivilflugplatzbewilligungen sonstigen öffentlichen Interessen nicht
entgegenstehen, worunter laut Judikatur des VwGH auch die Fernhaltung störender
Einwirkungen auf Personen und Sachen und die Vermeidung vermeidbaren Geräusches fällt.
Der Bescheid ist daher rechtswidrig (wenn auch rechtskräftig), weil der Flugbetrieb
wesentlich erweitert wurde ohne daß die Zumutbarkeit der Auswirkungen auf die
Nachbarschaft im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes geprüft worden
wäre.
Laut Judikatur zum Luftfahrtgesetz haben nur Nachbarn, deren Eigentum für einen Flugplatz
in Anspruch genommen wird oder die durch eine geplante oder bestehende Sicherheitszonen -
VO Baubeschränkungen unterworfen sind, Parteistellung im Bewilligungsverfahren. In
diesem Zusammenhang ist zu klären, ob eine Sicherheitszone besteht und Nachbarn zu
Unrecht nicht zur Verhandlung geladen wurden. Den unterfertigten Abgeordneten liegt ein
Schreiben iZm einem Bauansuchen der Diamond Aircraft vom 18.8.1999 vor, wonach die
Planunterlagen für eine Antenne und einen Shelter Baubeschränkungen voraussetzen
(Gemeinde Eggendorf, GZ 131 - 9/10 - 1999).
In den Bereich der Partizipation fällt auch das in § 70 Abs 3 LFG verankerte Anhörungsrecht
der Gemeinde. In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob die betroffenen Gemeinden
ordnungsgemäß von der Luftfahrtbehörde zu den jüngsten Ausbaumaßnahmen angehört
wurden und wie die Gemeinden von diesem Anhörungsrecht Gebrauch machten.
Laut Anfragebeantwortung des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 4. 11. 1998 (NÖ
Landtag Nr. 93/A - 4/13) „handelt(e) es sich bei den baulichen Veränderungen am Wiener
Neustädter Flughafen - Ost um keine Pistenerweiterung, sondern um die Herstellung
zusätzlicher Stopflächen als Sicherungsmaßnahme“. Laut § 1 Zivilflugplatz - Verordnung 1972
sind Stoppflächen an die Piste angrenzende Flächen, auf denen das Flugzeug im Falle eines
abgebrochenen Starts zum Halten gebracht werden kann. Die Pistenlänge beträgt laut
Anfragebeantwortung 1067 m, die Pistengrundlänge daher 889 m. Dem steht eine
Werbeanzeige im Internet entgegen: „Seit Herbst 1998 verfügt LOAN (das ist der
Sportflugplatz, Wr. Neustadt/Ost, Anm. d. V.) über eine Pistenbefeuerung, der Nachtsichtflug
täglich bis 22.00 h ermöglicht. Auch die Betonpiste 10/28 wurde auf mehr als ausreichende
1450 m verlängert.“ In Wirklichkeit dürften also auch die Stoppflächen laufend als Piste
benützt werden und erfolgte nur offiziell die Deklarierung als Stoppfläche, um das LWP - G zu
umgehen, das für Pistenerweiterungen im Anhang 1 Zif 16 ein UVP - Verfähren vorsieht.
Damit wurde die Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung, die Parteistellung der Nachbarn und
von Bürgerinitiativen sowie das Umweltverträglichkeitsgutachten umgangen. In diesem
Zusammenhang sind auch den anderen baulichen Maßnahmen wie der Errichtung weiterer
Rollwege besonderes Augenmerk zu schenken, die eine bedeutende Mehrauslastung des
Flugfeldes erlauben.
3. Mißachtung der zulässigen Betriebszeiten und Flugverfahren
Wie nun den Resolutionen der betroffenen Gemeinden zu entnehmen ist, erfolgen
Platzrundenflüge und Rundflüge außerhalb der gemäß Zivilluftfahrzeug -
Lärmzulässigkeitsverordnung zulässigen Zeiten. Die im Bescheid festgelegten Flugrouten
werden nicht eingehalten. Dies wurde wiederholt gegenüber dem Flugplatzleiter und der
Austro Control GesmbH seitens der Nachbarn mitgeteilt. Bis jetzt konnten keine behördlichen
Maßnahmen gegen diese rechtswidrige Vorgangsweisen der PilotInnen, welche auch dem Flugplatzhalter anzulasten ist, beobachtet werden.
In diesem Zusammenhang richten daher die unterfertigten Abgeordneten folgende
ANFRAGE:
1. a) Inwiefern wurden vor Erlassung der Flugfelder - Grenzüberflugsverordnungen
1994, 1996 und 1999 geprüft, welche Auswirkungen die Internationalisierungen
der aufgezählten Flugfelder auf die Nachbarschaft haben könnten?
b) Wurde mit Novellierung des § 8 LFG und den Ausführungsverordnungen die
Unterscheidung von Flughäfen und Flugfeldern (§§ 64 und 65 LFG) nicht
konterkariert?
c) Kam es bei den in der F - GÜV aufgezählten Flugfeldern zu einem neuerlichen
Flugplatz - Bewilligungsverfahren und wenn nein, warum nicht?
d) Welche näheren Kriterien waren für die Aufnahme der Flugfelder in die F - GÜV
jeweils maßgeblich, warum wurde insbesondere die Anzahl der internationalen
Flugfelder mit der F - GÜV 1996 verdoppelt?
e) Wieviele Flugbewegungen jährlich hatte das Flugfeld Wiener Neustadt - Ost vor
der Internationalisierung zu verzeichnen und wieviel in den darauffolgenden
Jahren, wie hoch war die Zahl der internationalen An - und Abflüge (welche
bekanntlich gemäß § 2 Abs 2 F - GÜV der nächsten Meldestelle für
Flugverkehrsdienste bekanntzugeben sind) in den vergangenen Jahren?
f) Welche Tiroler Flugfelder, welche in der F - GÜV aufgezählt sind, verzeichnen
seither eine wesentliche Zunahme der jährlichen Flugbewegungen?
g) Wie entwickelte sich das Jahresvolumen an Flugbewegungen an den übrigen in
der F - GÜV genannten Flugfeldern seit Internationalisierung der Flugfelder?
2. a) Welche luftfahrtrechtlichen Genehmigungen wurden für den Ausbau des
Flugfeldes Wiener Neustadt - Ost in den Jahren 1998 und 1999 erteilt, um welche
baulichen Maßnahmen bzw. sonstigen Änderungen des Betriebsumfanges
handelte es sich jeweils?
b) Welche Gutachten wurden vor Erteilung der Erlaubnis für den Nachtsichtflug
(Bescheid vom 11. Dezember 1998, siehe oben) eingeholt und zu welchen
Auflagen führten diese Gutachten zum Schutz der sonstigen
öffentlichen
Interessen laut § 71 Abs 1 lit d LFG oder wurde dem Antrag vollinhaltlich
Rechnung getragen?
c) Wie lauteten die Stellungnahmen der berührten Gemeinden (§ 70 Abs 3 LFG) im
Verfahren zur Genehmigung des Nachtsichtfluges?
d) Wie lauteten die Stellungnahmen der berührten Gemeinden in den übrigen
Genehmigungsverfahren (Änderung der Zivilflugplatz - Bewilligung und
Erweiterung von Bodeneinrichtungen), welche im Zuge des Ausbaus des
Flugplatzes Wiener Neustadt - Ost abgeführt wurden?
e) Wurde für den Flugplatz Wiener Neustadt - Ost eine Sicherheitszone verordnet
oder ist eine solche in Aussicht genommen?
f) In welchen der unter 2.a. abgefragten Verfahren wurden Nachbarn des Flugplatzes
als Parteien eingebunden bzw. warum unterblieb die Ladung von Nachbarn zu den
Verhandlungen?
g) Hat die Luftfahrtbehörde jemals überprüft, ob die sogenannten Stoppflächen
ausschließlich für den Fall eines mißglückten Starts verwendet werden? Welche
Überprüfungen wird die Luftfahrtbehörde angesichts der oben zitierten
Interneteinschaltung, wonach die Pistenlänge nun 1450 m beträgt, vornehmen?
h) Welche Konsequenzen ergeben sich aus einer mißbräuchlichen Verwendung der
Stoppflächen als Piste und damit der Umgehung der UVP - Pflicht durch den
Flugplatzerhalter?
i) Wie hat sich die Auslastung des Flugplatzes im ersten Halbjahr 1999 gegenüber
dem Vorjahr entwickelt?
3. a) Wann sind bei der Behörde die ersten Anrainerbeschwerden wegen Mißachtung
der vorgeschriebenen Betriebszeiten und der Flugverfahren eingegangen?
b) Welche Kontrollen hat die Behörde durchgeführt, um die Mißachtung der
Bescheide und des Luftfahrtgesetzes und der zugehörigen Verordnungen durch
den Flugplatzbetrieb festhalten zu können?
c) Warum ist die Behörde bis dato nicht nach § 146 LFG vorgegangen und hat
derartige Übertretungen des Flugplatzerhalters und der PilotInnen
verwaltungsstrafrechtlich geahndet?