304/J XXI.GP
der Abgeordneten Brosz, Grünewald, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend einer Exmatrikulation an der Pädagogischen Akademie Innsbruck
Am 13. Juli 1999 wurde der Student Jörg B.1 mittels Schreiben der Pädagogischen
Akademie Innsbruck, Zl. 353 - 99 über seine Exmatrikulation informiert. Die
Exmatrikulation erfolgte auf Grund einer negativen Beurteilung der schulpraktischen
Ausbildung im 2. Semester. Gegen diese Exmatrikulation wurde am 30. Juli Einspruch
beim Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten erhoben.
Diesem Einspruch wurde nicht stattgegeben. Hinsichtlich der aus unserer Sicht äußerst
problematischen Prüfungsvorschriften der Pädagogischen Akademien, insbesondere
hinsichtlich der Möglichkeit zur Exmatrikulation bei der schulpraktischen Ausbildung,
wurde eine eigene Anfrage eingebracht.
Dieser Fall weist insoferne eine Besonderheit auf, als es offensichtlich sehr bald
zwischen dem Studierenden und den schulpraktischen AusbildnerInnen zu einer sehr
angespannten Situation kam. Im Gegensatz zu wahrscheinlich vielen anderen
Studierenden, hat der Student in diesem Fall aber den Mut gefasst, sich einer
inhaltlichen Auseinandersetzung mit den betreuenden LehrerInnen zu stellen. Es scheint
zumindest bemerkenswert, dass diese Bereitschaft für den Studierenden die baldige
Exmatrikulation zur Folge hatte. Da es seitens des Bundesministeriums keine inhaltliche
Auseinandersetzung mit dem Einspruch des Studenten gegen seine Exmatrikulation gab,
soll dies mit dieser Anfrage nachgeholt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Unterricht
und kulturelle Angelegenheiten folgende
ANFRAGE:
1. Das Bundesministerium begründet die Abweisung der „Beschwerde“ gegen die
Exmatrikulation mit dem Schreiben GZ 5.410/13 - Präs. A/3/99 mit rein formalen
Argumenten. Demnach sei die Exmatrikulation entsprechend den Bestimmungen
der Studienvorschriften 1995 korrekt durchgeführt worden. Es wird erläutert, dass
gemäß § 9 der Prüfungsvorschrift kein Einspruch gegen die Leistungsbeurteilung
möglich ist. § 21 dieser Prüfungsvorschrift räumt aber die Möglichkeit eines
Einspruchs beim Bundesministerium ein.
_____________________
1 Der Name ist den unterfertigten Abgeordneten bekannt, wird aber im Interesse des Betroffenen hier
nicht voll genannt. Die Aktenzahlen der zitierten Schreiben sind
angeführt.
1.1 Wieso wird in diesem Schreiben des Bundesministeriums der gemäß
Studienordnung als „Einspruch“ titulierter Verwaltungsakt als „Beschwerde“
bezeichnet?
Obwohl das Bundesministerium der Auffassung ist, daß ein Einspruch gegen die
Beurteilung nicht zulässig ist, wurde Herrn B. wie folgt mitgeteilt: „Da auch für
einen sachlich unvoreingenommenen Beurteiler keine Zweifel an den Grundlagen
der negativen Beurteilung der schulpraktischen Leistungen des ehemaligen
Studierenden entstehen (Herr B. war trotz teilweise hohen materiellen
Vorbereitungsaufwandes leider nicht in der Lage, den zu unterrichtenden Stoff in
adäquater Weise an die Schüler/innen zu vermitteln und den für die
Unterrichtserteilung und Klassenführung erforderlichen angemessenen Kontakt
mit den Schülern und SchülerInnen herzustellen), kann auch aus den
Beurteilungsgrundlagen kein Verfahrensmangel abgeleitet werden, der
Auswirkungen auf das Exmatrikulationsverfahren hätte haben können.“
1.2 Wie wurde diese offenbar aus den Unterlagen der PADAK Innsbruck
übernommene Formulierung überprüft?
1.3 Gab es irgendwelche eigenen Versuche des Ministeriums, diese Beurteilung zu
überprüfen?
1.4 Wenn ein Rechtsmittel gegen die inhaltliche Beurteilung nicht möglich ist bzw.
das Bundesministerium nach eigenen Angaben nur Verfahrensfehler prüft, warum
wurde diese Begründung überhaupt in das Schreiben aufgenommen?
1.5 Hätte aus den Beurteilungsgrundlagen ein Verfahrensmangel abgeleitet werden
können, welche Auswirkungen hätte dies auf das Exmatrikulationsverfahren
gehabt?
In der Studienordnung wird verlangt, dass ein Einspruch schriftlich und inhaltlich
begründet zu erfolgen hat.
1.6 Wäre es daher nicht auch die Aufgabe des Ministeriums, die inhaltliche
Argumentation zu überprüfen?
1.7 Wenn nicht, welchen Sinn hat dann diese Formulierung in der Studienordnung?
Sollte eine solche inhaltliche Überprüfung durch das Ministerium nicht
vorgesehen sein, ist festzustellen, dass in der Schulpraxiskonferenz, die den
Antrag auf Exmatrikulation zu stellen hat, zunächst nur die im jeweiligen
Semester mit der schulpraktischen Ausbildung befassten Mitglieder
stimmberechtigt sind. Die Studienkommission hat in der Folge über diesen Antrag
zu entscheiden, wobei diese offensichtlich auf Grund der Aussagen der
Schulpraxiskonferenz entscheidet. Wenn nun auch das Ministerium keine
inhaltliche Überprüfung vornimmt, erfolgt eine solche Exmatrikulation zumindest
de facto ausschließlich auf Basis der Beurteilung der schulpraktischen
AusbildnerInnen.
1.8 Halten Sie diese Entscheidungsmacht über den zukünftigen Beruf sehr junger
Menschen für gerechtfertigt?
1.9 Meinen Sie nicht, dass hier eine
Rechtsschutzlücke vorliegt?
Das Schreiben des Bundesministeriums, das die Abweisung der „Beschwerde“
erklärt, beinhaltet auch die Formulierung, dass es durch eine bedauerliche
Fehlinterpretation nur zur Übermittlung des negativen Überprüfungsentscheides
kam, nicht aber dessen Begründung zugestellt wurde. Da hier nicht von einem
Irrtum die Rede ist, sondern von einer Fehlinterpretation, liegt die Vermutung
nahe, dass diese Fehlinterpretation sich nicht nur auf diesen Fall bezog.
1.10 Lag diese Fehlinterpretation im Bereich der PÄDAK Innsbruck oder des
Bundesministeriums?
1.11 Welche rechtlichen Auswirkungen hatte sie?
1.12 Erfolgte diese Fehlinterpretation auch in anderen Fällen, wenn ja, wie wurde sie
„saniert“?
Im angeführten Schreiben des Bundesministeriums wird Herrn B. unter
Bezugnahme auf die Rücksendung der Praxismappe wie folgt mitgeteilt: „Aus
dem daraus ersichtlichen Aufwand, der die Fähigkeit zur intelligenten rationalen
Behandlung von Stoffgebieten demonstriert, und der offenbar gegebenen
Kontaktfähigkeit des Einspruchswerbers zu Erwachsenen kann für den Wechsel in
einen anderen Beruf durchaus eine positive Prognose abgeleitet werden.“
1.13 Hat diese Einschätzung einen rechtlichen Hintergrund?
1.14 Wenn nicht, welchen Sinn hat diese Einschätzung?
1.15 Halten Sie es Ihrer Ansicht nach für notwendig, einem Studierenden mitzuteilen,
dass er trotz seiner Exmatrikulation fähig ist, einen anderen Beruf auszuüben?
1.16 Wäre das Bundesministerium nicht zu einer positiven Einschätzung hinsichtlich
der Fähigkeit zur Ausübung eines anderen Berufs gekommen, was wäre dem
Studierenden dann mitgeteilt worden?
Es wird dem Studierenden im Schreiben des Ministeriums auch nahe gelegt,
hinkünftig Äußerungen wie auf „unwahren Behauptungen beruhende Beurteilung“
oder „verbale Unkultur“ zu unterlassen, da diese durchaus mit bestimmten
Personen in Verbindung gebracht werden könnten und „Sie den Vorwurf einer
Beleidigung bzw. üblen Nachrede sicherlich nicht auf sich ziehen wollen.“ Mit
diesen Zitierungen nimmt das Bundesministerium auf einen Brief des
Studierenden vom 25. September 1999 Bezug, wo dieser der Bundesministerin
mitteilt, dass die Beurteilung auf Grund „aus seiner Sicht unwahrer
Behauptungen“ erfolgt ist.
1.17 Haben aus Sicht des Ministeriums Lehrende grundsätzlich recht?
1.18 Wenn nicht, wie kann der Studierende zum Ausdruck bringen, dass die
Beurteilung auf Grund von Aussagen erfolgt ist, die aus seiner Sicht nicht den
Tatsachen entsprechen?
1.19 Soll dieser Satz vom Empfänger des Briefes als Drohung verstanden werden?
1.20 Wenn nicht, wie ist dieser Satz zu verstehen?
1.21 Sehen Sie es als Ihre Aufgabe an, Herrn B. vor eventueller strafrechtlicher
Verfolgung zu schützen?
1.22 Ist die Überprüfungsentscheidung des Ministeriums ein Bescheid?
1.23 Wieso wurde diese Entscheidung dem Adressaten nicht zugestellt?
Mit Schreiben vom 25. September bietet der Studierende dem
Unterrichtsministerium auch an, die aus seiner Sicht ungerechte Behandlung, die
ihm widerfahren ist, mittels einer Videoaufzeichnung zu belegen.
1.24 Wieso machte das Ministerium vom Angebot, sich diese Videoaufzeichnung
anzusehen, keinen Gebrauch?
2. Mit Schreiben vom 13. Juli 1999 wurde Jörg B. durch die PÄDAK Innsbruck von
seiner Exmatrikulation verständigt. Als Begründung wurde angeführt:
„Der Studierende Jörg B. zeigt absolutes Unvermögen, eine Unterrichtseinheit
methodisch sinnvoll aufzubereiten.
In seinen Lehrauftritten fehlen sämtliche sonderpädagogische Kriterien, die in
eine Unterrichtsstunde einzubringen sind. Schriftlich Vorbereitetes kann nicht
fach - und sachgerecht umgesetzt werden.
Vorschläge des Besuchsschullehrers bzw. des Praxisbetreuers werden nicht
angenommen, sondern als unpassende Kritik aufgefasst.
Auf konkrete Vorschläge zur Unterrichtsverbesserung reagiert Herr B. mündlich
und schriftlich mit unberechtigter Kritik am Besuchsschullehrer, am
Praxisbetreuer und der Besuchsschule. Schüler geben dem Studierenden während
des Unterrichts methodische Hinweise, wie er etwas an der Tafel gestalten könnte.
In Krisensituationen hat sich Herr B. unakzeptabel verhalten, indem er sich auf
das Schülerniveau begab.
Sein Umgang mit Schülern ist unsicher und er nimmt die Lehrerrolle
unzureichend wahr. (Auszug aus dem Protokoll der Sitzung der
Studienkommission)“
2.1 Der Studierende hat diese Beurteilung als „verbale Unkultur“ bezeichnet. Wie
würden Sie diese Beurteilung bezeichnen?
2.2 Halten Sie die Diktion dieser Beschreibung des Studierenden für angemessen?
2.3 Gewinnen Sie nicht den Eindruck, dass die Beziehung zwischen den beurteilenden
LehrerInnen und dem Studierenden in diesem Fall eine sachliche Beurteilung von
dessen Leistungen schwierig erscheinen lässt?
2.4 Gewinnen Sie nicht den Eindruck, dass die äußerst negative Beurteilung des
Studierenden im Zusammenhang mit seiner schriftlich geäußerten Kritik an den
ausbildenden LehrerInnen steht?
2.5 Handelt es sich bei diesem Auszug aus dem Protokoll der Sitzung um den
gesamten Text, der zum Fall der Exmatrikulation in diesem Sitzungsprotokoll
enthalten ist?
2.6 Wenn nicht, welche weiteren Formulierungen sind in diesem Protokoll enthalten?
2.7 Wenn nicht, wieso wurde dieser Teil des Protokolls von der schriftlichen
Begründung ausgenommen?
3. Gemäß § 8 Abs. 3 der Prüfungsordnung ist bei negativer Beurteilung dem
Studierenden auf sein Verlangen Einsicht in die Beurteilungsunterlagen mit
Ausnahme der Beratungs - und Abstimmungsprotokolle zu gewähren. Die
Begründung der Exmatrikulation erfolgte im gegenständlichen Fall über einen
Auszug aus dem Abstimmungsprotokoll der Studienkommission.
3.1 Steht diese Vorgangsweise im Einklang mit der Prüfungsordnung, oder hätte es
eine eigens formulierte schriftliche Begründung geben müssen?
4. Seitens der
ausbildenden Lehrkräfte wurde laut Schreiben des Studierenden seine
Leistung als „Frechheit“ und als „Katastrophe“ bezeichnet. Von seinen Fehlern
könne man ein ganzes Buch schreiben.
4.1 Halten Sie eine derartige Beurteilung für angemessen?
4.2 Kann der Ausdruck „Frechheit“ Ihrer Ansicht nach eine Leistungsbewertung
darstellen?
4.3 Haben Sie bzw. werden Sie Maßnahmen hinsichtlich des Stils der Beurteilung in
diesem Fall setzen?
4.4 Wenn ja, welche?
5. Im Einspruch gegen die Exmatrikulation erklärt der Studierende, dass ihm bereits
am 13. März des 2. Semesters (nach der 4. Schulstunde) mitgeteilt wurde, dass er
mit einer negativen Beurteilung zu rechnen habe.
5.1 Wie beurteilen Sie eine solche Stellungnahme seitens der ausbildenden Lehrkräfte
unmittelbar nach Semesterbeginn?
Offensichtlich wurden dem Studierenden in diesem Fall keine Möglichkeiten
eingeräumt, erste Lernfortschritte im schulpraktischen Bereich zu erzielen.
5.2 Welche Möglichkeiten hatte der Studierende im gegenständlichen Fall nach dem
13. März bis zum Semesterende noch zu einer positiven Beurteilung zu gelangen?
6. Geben Sie zu den folgenden Punkten bitte die Daten aus den letzten 5 Jahren an:
6.1 Wieviele Exmatrikulationen an Pädagogischen Akademien gab es auf Grund eines
Beschlusses der Studienkommission österreichweit (und an welchen PÄDAKS
jeweils)?
6.2 Wieviele Exmatrikulationen an der Pädagogischen Akademie Innsbruck gab es
auf Grund des Beschlusses der Studienkommission?
6.3 Wieviele dieser Exmatrikulationen betrafen österreichweit eine negative
Beurteilung der schulpraktischen Ausbildung 1) im 2. Semester, II) nach dem 2.
Semester?
6.4 Wieviele dieser Exmatrikulationen betrafen eine negative Beurteilung der
schulpraktischen Ausbildung an der PADAK Innsbruck 1) im 2. Semester, II)
nach dem 2. Semester?
6.5 Bei wievielen Fällen wurde österreichweit gemäß § 15 Abs. 1 a) der
Prüfungsordnung die bedingte Aufnahme des/der Studierenden in den 2.
Studienabschnitt beantragt, bei wievielen Fällen gemäß § 15 Abs. 1 b) die
Exmatrikulation?
6.6 Bei wievielen Fällen an der PÄDAK Innsbruck wurde gemäß § 15 Abs. 1 a) die
bedingte Aufnahme des/der Studierenden in den 2. Studienabschnitt beantragt, bei
wievielen Fällen gemäß § 15 Abs. 1 b) die Exmatrikulation?
6.7 Entsprachen die Entscheidungen der Studienkommissionen in den obigen Fällen
immer dem, was die Schulpraxiskonferenz beantragt hat?
6.8 In wievielen Fällen österreichweit entschied die Studienkommission gegen den
Antrag der Schulpraxiskonferenz?
6.9 In wievielen Fällen erfolgte eine solche Entscheidung gegen den Antrag der
Schulpraxiskonferenz an der PÄDAK Innsbruck?
7. Liegen dem
Bundesministerium Beschwerden auch von anderen Studierenden
über die ausbildenden Lehrkräfte Federspiel und Koller vor oder sind solche
Beschwerden bekannt?
7.1 Wenn ja, wieviele?
7.2 Worüber beschweren sich die Studierenden konkret?
8. Laut Schreiben der Pädagogischen Akademie bezüglich der Exmatrikulation des
Studenten Jörg B. erfolgte diese in der Sitzung vom 8. Juli 1999 einstimmig.
Gemäß Studienordnung gehört der Studienkommission ein bzw. eine von der
Studentenvertretung jedes Studienganges zu entsendende/r Studienvertreter/in an.
8.1 War beim gegenständlichen Beschluss der Studienkommission ein/e
Studentenvertreter/in anwesend?
8.2 Hat diese Person ebenfalls für die Exmatrikulation gestimmt?
8.3 Sehen Sie es als Aufgabe der Studentenvertretung an, im Falle einer
Exmatrikulation Kontakt mit der/dem Betroffenen aufzunehmen?
9. Obwohl der Einspruch gegen die Exmatilkulation fristgerecht erfolgt ist (nämlich
am 30.7.1999), wurde dem Studierenden seitens des Bundesministeriums keine
begründete Abweisung des Einspruchs übermittelt. Zum Zeitpunkt der
Übermittlung hatte der Studienbetrieb an der PÄDAK Innsbruck wieder
begenommen. Somit wurde die Exmatrikulation auf Grund der
Anwesenheitspflicht bei den meisten Lehrveranstaltungen de facto endgültig
vollzogen.
9.1 Wie beurteilen Sie diese Vorgangsweise des Ministeriums?
9.2 Ab wann ist die Exmatrikulation rechtswirksam?