791/J XXI.GP
der Abgeordneten Lunacek, Jäger
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Entschuldung armer, hochverschuldeter Entwicklungsländer
Am Kölner Gipfel 1999 wurde beschlossen, daß von den 41 „Hochverschuldeten
Armen Ländern“ (HIPCs) die Staaten mit einer untragbaren Schuldenlast eine
Reduzierung ihrer Auslandsverschuldung auf 150% Barwert des Schuldenstandes
im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen erhalten sollen. Darüber hinaus
sollen alle gegenüber diesen Ländern noch bestehenden Forderungen aus der
Entwicklungshilfe vollständig erlassen werden.
Neben zusätzlichen Erlassen durch den Pariser Club der bilateralen Gläubiger bildet
ein Entschuldungsfonds zur Finanzierung von Schuldenerlassen der multilateralen
Finanzinstitutionen das Kernstück der Initiative. Der Fonds wird von den
internationalen Finanzinstitutionen mit eigenen Mitteln oder mit der Unterstützung
von Beiträgen bilateraler Geber alimentiert. Im laufenden Jahr konnten bereits zwei
Länder, Bolivien und Uganda, entschuldet werden. Mauretanien, Mosambik und
Tansania haben den sog. „decision point“ bereits erreicht.
Künftig soll an die Stelle der bisherigen traditionellen (und häufig kritisierten)
Strukturanpassungsprogramme des IWF ein reformiertes Verfahren treten. Dessen
Kernstück soll ein Armutsbekämpfungsprogramm sein, das von der Regierung des
betroffenen Landes in Konsultation mit der Zivilgesellschaft entwickelt werden soll.
Einige Länder haben erklärt, daß sie zusätzlich zum HIPC - Erlaß auf sämtliche
bilaterale Forderungen (also auch die Forderungen aus öffentlich verbürgten
Handelskrediten) an die unter der Initiative begünstigten Länder verzichten werden.
Als erstes G7 - Land hat Kanada einen entsprechenden Schritt angekündigt. Im
November stellte dann auf Antrag von Präsident Clinton der US - Kongreß die Mittel
für einen Erlaß aller bilateralen Kredite, die vor dem 20. Juni 1999 aufgenommen
wurden, durch die USA bereit. Am 21.12.1999 erklärte Finanzminister Gordon
Brown, daß auch Großbritannien alle Forderungen an die einbezogenen HIPCs
streichen wird, Frankreichs Finanzminister Christian Sautter folgte im Januar 2000.
Anläßlich der Frühjahrstagung der von IWF und Weltbank im April 2000 kündigten
Deutschland und Japan eine 100%ige Schuldenstreichung für die ärmsten
Schuldnerländer (HIPCs) an. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.1. Wie und inwiefern werden die Kölner Beschlüsse bezüglich
Schuldenerleichterungen für die HIPCs in Österreich („Enhanced HIPC
Initiative“) umgesetzt?
1.2. Wie hoch sind die Kosten
für Österreich insgesamt?
1.3. Wie hoch sind die Kosten bei jenen hochverschuldeten Ländern, die bereits in
die „Enhanced HIPC Initiative“ aufgenommen wurden (länderweise
Auflistung)?
1.4. Wie hoch werden die Kosten bei den restlichen hochverschuldeten, armen
Ländern (HIPCs) sein (länderweise Auflistung)?
2.1 Ergeben sich durch den hohen Erlaß - Anteil der „Enhanced HIPC Initiative“
Probleme bei der von Österreich gewählten sog. Zinsen - Option des Pariser
Clubs?
2.2. Wenn ja, ist Österreich bereit, von dieser Zinsen - Option abzugehen?
3. Einige Länder haben 100 %ige Streichungen der bilateralen Schulden
angekündigt. Die USA etwa kündigten die Streichung alter sog. Pre - und Post
cut off - date - Schulden an.
3.1. Wie hoch würden sich die Kosten einer derartigen 100%igen Entschuldung von
Pre - und Post cut off date - Krediten für die alle HIPCs insgesamt belaufen?
3.2. Wie hoch wären die Kosten eines solchen Erlasses für jedes einzelne HIPC
(länderweise Auflistung)?
3.3. Um wieviel höher wären daher die Kosten einer solchen 100 %igen
Entschuldung gegenüber den Kosten der „Enhanced HIPO Initiative“
(insgesamt und länderweise)?
3.4. Würde sich durch eine derartige 100 %ige Entschuldung eine Einsparung an
Verwaltungskosten ergeben? Wenn ja, wie hoch wäre diese?
4. Einige Gläubiger, wie Kanada und die Schweiz, haben bei ihren
Entschuldungszusagen Nicht - HIPCs einbezogen. Auch
Nichtregierungsorganisationen haben immer wieder die Einbeziehung weiterer
armer Länder gefordert.
Genannt werden vor allem
Bangladesch
Ecuador
Gambia
Haiti
Jamaica
Kambodscha
Nigeria
Peru
Philippinen
Vietnam
Zimbabwe
Wie hoch wären die Kosten einer bilateralen 100%igen Entschuldung der oben
genannten Länder (bitte um eine länderweise Auflistung)?
5. Die kürzlich im Pariser Klub vereinten Gläubigerländer haben Mosambik eine
Stundung aller Schuldenzahlungen gewährt. Großbritannien, USA,
Deutschland und Finnland haben bereits angekündigt, Mosambik alle Schulden
zu streichen. Andere Länder wie Spanien, Portugal, Belgien sind bereit, über
die bisher vereinbarten Streichungen hinauszugehen. Sind Sie angesichts der
extremen Notsituation Mosambiks aufgrund der Flutkatastrophe zu einem
ähnlichen Schritt bereit? Wenn nein, warum nicht?