946/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Fischl, Firlinger, Staffaneller, Hofmann, Haigermoser

und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

 

betreffend der seinerzeitigen Vergabe des Ökopunktesystems bzw.

der derzeit laufenden Maßnahmen der ASFINAG zur Implentierung

eines flächendeckenden Mautsystems ab dem Jahr 2002

 

 

 

Im zeitlichen Ablauf der Einführung eines Systems zur automatischen Kontrolle

von Ökopunkten (Ökopunktesystem) bzw. der praktischen Erprobung der

Praxistauglichkeit eines solchen sind nach verschiedensten Informations -

quellen nach immer wieder Unregelmäßigkeiten festgestellt worden, die bis

heute keine endgültige und nachvollziehbare Klärung erfahren haben.

Das Bundesvergabeamt stellte im Mai 1997 dazu fest, daß

- die Vergabe eines Systems nicht an den Bestbieter erfolgt ist

- bei der seinerzeitigen Angebotseröffnung ein im Anbot des

  Ausschreibungsgewinners Kapsch enthaltener Preisnachlaß nicht verlesen

  worden ist

- Kapsch mit der Durchführung eines Pilotversuches im Jahr 1995 zudem

   unzulässige Wettbewerbsvorteile erlangt habe, da die Ergebnisse des

   Versuchsprojektes in die Leistungsbeschreibung der Ausschreibung

   eingeflossen sind

- der Senat ernste Zweifel dran hegt, ob die Seite 15 des Anhanges XII.8 des

   Angebotes der Firma Kapsch tatsächlich zum Zeitpunkt der Angebots -

   öffnung vorlag (... insbesondere aufgrund des unterschiedlichen Schrift -

   bildes, der nicht übereinstimmenden Lochung und....)

 

Im September 1997 dementiert die Ingenieurgemeinschaft Lässer - Feizlmayr

(ILF), welche vom Verkehrsministerium mit der Ausschreibung und

Vorbereitung der Vergabe eines elektronischen Ökopunktesystems beauftragt

war, jegliche Manipulationsvorwürfe zugunsten des Vergabesiegers Kapsch.

ILF: Daß eine Angebotsseite nicht, wie behauptet wurde, im Originalangebot

von Kapsch enthalten war, sei auszuschließen.

 

Vor allem ist bis heute nicht restlos geklärt, inwieweit und in welcher Höhe die

Öffentlichkeit durch nicht gesetzteskonformes Vorgehen bei der Vergabe

möglicherweise geschädigt wurde.

In diesem Zusammenhang beanstandet der EuGH - Generalanwalt im Juni 1999,

daß Österreichs Vergaberecht dem EU - Recht widerspreche und urteilt der

EuGH im Oktober 1999, daß Österreich sein Vergabe recht für öffentliche

Aufträge ändern muß.

Zudem wurde in diversen parlamentarischen Anfragen der XX. GP (zB. Anfrage

2517/J XX. GP, 1640/J XX. GP oder 303/J XX. GP) auf die fragwürdige

Vergabe des Ökopunktesystems und weiterer Mängel in der beabsichtigten

Mauteinführung eingegangen. Die seinerzeitigen Beantwortungen haben viele

Fragen unbeantwortet gelassen.

 

Schlußendlich wurden hinsichtlich der Vergabe des Ökopunktesystems und

der Umstände Vorerhebungen der Staatsanwaltschaft eingeleitet. Diese

Ermittlungen wurden vor kurzem laut Bericht des Magazins FORMAT(Ausgabe

18/2000, Seiten 80 und 81) mangels „strafrechtlichen Substrats“ gemäß

Vorhabensbericht von Staatsanwalt Orasche eingestellt, obwohl vielerlei Fakten

eindeutig auf klärenswerte Unregelmäßigkeiten hinweisen.

 

Zitate aus dem Gutachten des Gerichtssachverständigen Walter Jaburek:

 

... ergibt sich, daß Kapsch aktiv an der Erstellung des Ausschreibungstextes

mitgearbeitet hat.

 

Zur Auftragsvergabe an ILF betreffend Ausschreibungserstellung:

Unklar bleibt, warum das BMWVK ein Unternehmen aus einem

Nebenleistungsbereich mit der Durchführung einer technisch schwierigen

Ausschreibung beauftragt hat und warum dieses Unternehmen offenbar als

einziger Anbieter die Chance erhielt, seinen Preis nachzubessern.

 

Es liegt also der Verdacht nahe, daß sich das Ministerium nicht nur eines

gewerberechtlich unbefugten, des teuersten und auch eines Beraters bedient

hat, der von einem potientiellen Anbieter empfohlen wurde, und diesen nicht

einmal vom Projekt abzog, als dieses Naheverhältnis schon allgemein ruchbar

wurde.

 

Auch die Tatsache, daß sich in den bei Kapsch beschlagnahmten Unterlagen

eine Reihe von Vorentwürfen für die Ausschreibung des Ökopunktesystems

finden erhärtet den Verdacht, daß ein Naheverhältnis zwischen Kapsch und

dem angeblich neutralen Berater ILF bestand. Es scheint unwahrscheinlich,

daß dieses Naheverhältnis ohne Wissen der vergebenden Stelle gepflegt

wurde.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für

Verkehr, Innovation und Technologie folgende Anfrage:

 

1.)

Welche Maßnahmen werden von Ihnen ergriffen werden, um die seinerzeitige

Vergabe des Ökopunktsystems im Jahre 1996 an die Firma Kapsch unter dem

damaligen Minister Rudolf Scholten einer umfassenden und klärenden

Untersuchung zu unterziehen?

1a.)

Warum wurde im November 1994 die Errichtung eines Pilotsystems am

Brenner freihändig an die Firma Kapsch vergeben?

 

1b.)

Warum wurden die Ergebnisse des Pilotsystems Brenner den Konkurrenten

erst in den der Vergabe des Ökopunktesystems nachfolgenden Verfahren

(Beschwerdeverfahren vor dem Bundesvergabeamt) zugänglich gemacht?

 

1c.)

Warum wurde der ILF als teuerstem und ohne entsprechende Gewerbe -

berechtigung innehabendem Bieter im Oktober 1995 der Zuschlag zur

Ausschreibungsplanung erteilt bzw. folgend freihändig die Bauaufsicht

übertragen?

 

1d.)

Welche Konsequenzen sind aufgrund der Feststellungen des

Bundesvergabeamtes und der vom Gericht bestellten Gutachter, daß das

Angebot des „Gewinners“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit

nachträglich von ILF in Zusammenarbeit mit Ministerialbeamten manipuliert

wurde, zu ziehen?

 

1e.)

Wer hat bei der Vergabe des Ökopunktesystems am 5. September 1996 die

notwendige Genehmigung zur Budgetüberschreitung eingeholt?

 

1f.)

War es im Bundesministerium für Verkehr üblich, daß Schlußbrief und

Gegenbrief über eine nicht unwesentliche Investition knapp vor Mitternacht

erstellt und gezeichnet wurden und der betroffene Unternehmer dazu spät

abends in Ministerium gebeten wird?

 

1g.)

Welche Konsequenzen sind aufgrund der Feststellungen des vom Gericht

bestellten Gutachters, daß der spätere „Gewinner“ mit an Sicherheit

grenzender Wahrscheinlichkeit die Ausschreibung mitverfaß wenn nicht

überhaupt in den kritischen Teilen verfaßt hat und ILF sowie mit der Materie

befaßte Beamte dabei mitgeholfen oder zumindest davon gewußt haben,

zu ziehen?

 

2.)

Für das im Moment in Ausschreibung befindliche Mauterfassungssystem

ist die ASFINAG zuständig. Ist Ihnen bekannt, daß sich die in den Ermittlungen

der Staatsanwaltschaft genannte Firma Kapsch hiefür beworben haben?

3.)

Warum wurde die ILF mit der Planung des LKW - Mauterfassungssystems

beauftragt?

 

4.)

Welche Maßnahmen werden von Ihnen bzw. der ASFINAG grundsätzlich

gesetzt, um eine Manipulation im laufenden Ausschreibungsverfahren

garantiert auszuschließen?

 

5.)

Inwieweit werden Sie als Eigentümervertreter der Republik Ihre Kontroll -

möglichkeit bei der ASFINAG ausüben, um eine ökonomisch und ökologisch

sinnvolle Implentierung eines Mauterfassungssystems zu gewährleisten?