947/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dietachmayr

und Genossen

an die Frau Bundesminister für soziale Sicherheit

und Generationen

betreffend Ausnahme der Erntehelfer von der

gesetzlichen Pensionsversicherung

 

Die Regierungsparteien haben im Zuge der Fremdengetznovelle auch eine

Änderung des ASVG beschlossen, wonach ausländische Erntehelfer, die bis zu

sechs Wochen beschäftigt werden, von der gesetzlichen Pensionsversicherung

ausgenommen sind.

 

Abgesehen von einem tiefen Eingriff in das sozialversicherungsrechtliche Prinzip der

solidarischen Riskentragung aller Arbeitnehmer ist der Entwurf mit einer eindeutigen

Verfassungswidrigkeit behaftet;

Ausländische Erntehelfer leisten die gleiche Arbeit wie alle anderen Ausländer und

Inländer, selbst wenn sie nur bis zu sechs Wochen beschäftigt werden.

Alleine die Tatsache der kurzen Beschäftigung rechtfertigt nicht eine derartige

Ungleichbehandlung mit allen anderen Arbeitnehmern.

 

Selbst, wenn der Gleichheitsgrundsatz des § 7 B - VG nur auf Staatsbürger

Anwendung findet, verbietet das Bundesverfassungsgesetz über die Beseitigung

rassistischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/ 1973, die Ungleichbehandlung von

Ausländern untereinander.

 

Es ist zu erwarten, daß nun auch der Fremdenverkehr und in der Folge auch andere

Branchen die gleiche „Erleichterung“ verlangen werden.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesminister

für soziale Sicherheit und Generationen nachstehende

 

ANFRAGE

 

 

1. Wurde die Ausnahme der Erntehelfer von der gesetzlichen

    Pensionsversicherung auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft und zu welchem

    Ergebnis ist der Verfassungsdienst in dieser Frage gekommen?

2. Teilen Sie unsere Meinung, daß die Ungleichbehandlung von Ausländern

      untereinander (z.B. Erntehelfer im Vergleich zu Ausländer mit einer "normalen"

      Saisongewilligung oder einer sonstigen Arbeitsberechtigung) gegen das

      Bundesverfassungsgesetz über die Beseitigung rassistischer Diskriminierung,

      BGBl. Nr. 390/1373 verstößt und somit verlassungswidrig ist?

      Falls nicht, warum nicht?

 

3. Die Sonderstellung gilt nur für den Bereich der Landwirtschaft. Im

    Fremdenverkehr bleibt die Miteinbeziehung in die Pensionsversicherung

    obligatorisch, selbst wenn die Beschäftigung kürzer als sechs Wochen ist.

    Teilen Sie unsere Meinung, daß aufgrund der einseitigen verfassungswidrigen

    sozialrechtlichen Begünstigung der Arbeitgeber im Bereich der Landwirtschaft

    nun auch Arbeitgeber aus anderen Branchen wie dem Fremdenverkehr ebenfalls

    die gleiche "Erleichterung" fordern und eventuell einklagen werden?

    Falls nicht, warum nicht?

 

4. Würden Sie einer Forderung der anderen Branchen - wie der

    Fremdenverkehrsbranche - nach Befreiung ihrer Arbeitnehmer von der

    gesetzlichen Pensionsversicherung nachkommen?

 

5. Das inländische Arbeitskräftepotential (Inländer und integrierte Ausländer) wird

     aufgrund der Ausnahme der Erntehelfer von der gesetzlichen

     Pensionsversicherung durch Saisonkräfte mit geringeren ,,Lohnnebenkosten“

     ersetzt werden. Ihre Chancen am Arbeitsmarkt werden somit wesentlich

     verschlechtert.

     Teilen Sie unsere Meinung, daß die ungerechtfertigte Benachteiligung des

      inländischen Arbeitskräftepotentials am Arbeitsmarkt somit gegen den

      Gleichheitsgrundsatz des § 7 B - VG verstößt? Falls nicht, warum nicht?

 

6. Gerade jetzt, wo es gelungen ist durch die Einbeziehung aller

     Erwerbseinkommen, die Risken -  und Solidargemeinschaft in der gesetzlichen

     Pensionsversicherung so breit wie möglich zu erfassen, beschliesst diese

     Koalition auf die ArbeitgeberInnenbeiträge von tausenden ausländischen

     Erntehelferinnen in der Pensionsversicherung zu verzichten.

     Wie hoch ist der Einnahmenentfall in der Pensionsversicherung durch den Entfall

     der ArbeitgeberInnenbeiträge?

     Wie hoch ist der Entfall der in der Pensionsversicherung durch den Entfall der

     ArbeitnehmerInnenbeiträge?

 

7. Werden Sie den Pensionsversicherungsanstalten den Einnahmenentfall

     ersetzen? Falls nicht, warum nicht?

 

8. Da es sich bei den Erntehelfern großteils um Arbeiter handelt und somit die

     Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter durch den Einnahmenentfall

     gegenüber den anderen Pensionsversicherungsanstalten wesentlich geschädigt

     und somit benachteiligt wird, ist zu befürchten, daß auch diese sachlich nicht

     gerechtfertigte Differenzierung und Schlechterstellung ebenfalls gleichheitswidrig

     ist. Sind Sie der Ansicht, daß die einseitige Benachteiligung der betroffenen

     Pensionsversicherunsanstalten verfassungswidrig ist? Falls nicht, warum nicht?

9. Rehabilitation ist eine Pflichtaufgabe der gesetzlichen Pensionsversicherung.

     Wenn tausende ausländische ErntehelferInnen in der Pensionsversicherung

     ausgeschlossen sind, muss die Rehabilitation (ausser bei Arbeitsunfällen) für

     diese Personengruppe, im Falle einer Krankheit, die gesetzliche

     Krankenversicherung übernehmen. Gerade jetzt, wo die Abgangsdeckung in der

     gesetzlichen Krankenversicherung so schwierig ist, beschliesst diese Koalition

     Mehrbelastungen für die Krankenversicherung.

     Haben Sie diese Mehrausgaben für die Krankenversicherung berechnet?

     Wenn ja, wie hoch sind diese?

     Wenn nein, warum nicht?

     Werden Sie diese Mehrausgaben den Krankenversicherungen abgelten?

     Wenn ja, in welchem Ausmass?

     Wenn Nein, warum nicht?