1084/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Harntests auf Drogenkonsum bei Verkehrstauglichkeitsprüfung durch

Polizei und Gendarmerie sowie mögliche legistische Konsequenzen für

SubstitutionspatientInnen.

 

Die Fälle in denen Personen der Führerschein aufgrund von Cannabisbesitz

abgenommen wurde häufen sich. Inder Folge müssen diese Personen einen

Spießrutenlauf von Amtsarzt zu Facharzt und von Facharzt zu Verkehrspsychologe

durchmachen, um ihre Fahrtüchtigkeit durch diverse Gutachten bestätigen zu lassen.

Die Erstellung dieser Gutachten dauert einige Wochen bis Monate und kostet

zwischen 5.000,- und 6.000,- ATS. In dieser Zeit ohne Führerschein verlieren diese

Personen häufig den Arbeitsplatz und kommen aufgrund der Arbeitslosigkeit und der

Kosten für die Gutachten in finanzielle Schwierigkeiten. Ohne Führerschein gilt man

auf dem Arbeitsmarkt in handwerklichen Berufen und vor allem in ländlichen

Gebieten als unvermittelbar. Dies kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Die

Gleichstellung von Cannabisbesitz und  - konsum mit Alkoholkonsum ist daher

anzustreben.

 

Seit Jahren bereits gibt es Diskussionen über die Zuverlässigkeit und die

Konsequenzen von Harntests insbesondere beim Nachweis von Cannabiskonsum.

Im Gegensatz zu Alkohol, der im Körper bereits nach einigen Stunden vollständig

abgebaut wird sind THC (Tetrahydroxicannabinol), die Wirksubstanz in Cannabis

und Cannabisprodukten, bzw. deren Abbauprodukte, bis zu 4 Wochen nach dem

Konsum im Harn nachweisbar. Der Test läßt jedoch weder Rückschlüsse auf die

Dosis, noch auf den Zeitpunkt des Konsums zu. Die Wirkung von THC hält im

Allgemeinen ca. 8 - 20 Stunden an. Danach wird der Wirkstoff im körpereigenen

Fettgewebe eingelagert und über Leber und Darm abgebaut, und nur in geringem

Maß (ca. 20%) über die Nieren ausgeschieden. Die Halbwertszeit liegt bei ca. 8

Tagen, das heißt bis zur vollständigen Elimination vergehen im Durchschnitt bis zu

50 Tagen. Nach einigen Stunden ist die lipidlösliche Substanz so im Körperfett

eingelagert, dass sie für den Stoffwechsel nur mehr in so geringen Dosen verfügbar

ist, dass keine psychotrope Wirkung möglich ist. Die Abbauprodukte von THC sind

ebenfalls nicht psychoaktiv wirksam.

 

Es stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Harntests, die zudem nicht

quantifizieren und daher, im Gegensatz zum Alkotest, keine Rückschlüsse auf die

konsumierte Menge und somit auf die Verkehrstauglichkeit einer Person zulassen.

Auch die Häufigkeit des Konsums und damit eine möglicherweise vorhandene

Abhängigkeit lassen sich keinesfalls durch einen Harntest oder einmaligen Bluttest

nachweisen. Jegliche legistische Konsequenzen aus solchen Tests sind daher

grundsätzlich abzulehnen. Im Sinne einer Gleichstellung mit Alkoholkonsum ist

bezüglich THC - Gebrauch eine wissenschaftliche Abklärung und die Festlegung von

Grenzwerten und die Einführung zuverlässiger Testmethoden zu fordern.

 

Laut der neuesten Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung, FSG - GV BGBl. I,

Nr.120/1997 gelten SubstitutionspatientInnen grundsätzlich als nicht zum Lenken

eines Kraftfahrzeuges geeignet, es sei denn sie können eine befürwortende

fachärztliche Stellungnahme vorweisen. Da in der Subtitutionsbehandlung auch

psychotrop wirksame Substanzen verwendet werden ist eine Einzelfallregelung

sicher zielführend, eine grundsätzliche Einstufung als fahrunfähig ist aber

abzulehnen. In der Praxis werden SubstitutionspatientInnen, die häufig auch einer

Arbeit nachgehen und voll arbeitsfähig sind, immer noch stigmatisiert. Vor allem in

ländlichen Bezirken, in denen der/die Amtsarzt/Amtsärztin, der/die die

Fahrtauglichkeit bestätigen muß der/die gleiche ist, der/die auch das Dauerrezept für

die Substitution bewilligt, kommt es in der Regel zu abschlägigen Bescheiden. Dies

bedeutet für viele dieser PatientInnen, daß sie ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen

können, da sie keine Möglichkeit haben zu ihrem Arbeitsplatz zu fahren. Die Spirale

der Sucht beginnt von neuem: kein Arbeitsplatz, geringes Einkommen, Mangel an

Selbstwertgefühl, Stigmatisierung durch die Umwelt, neuerliche Sucht, finanzielle

Probleme und womöglich der Weg in die Beschaffungskriminalität sind häufig die

Folge. Es steht zu befürchten, dass die Betroffenen aus Angst vor Registrierung und

Weiterleitung der Daten öffentliche Hilfsangebote nicht mehr in Anspruch nehmen.

Dadurch wird die Effizienz der Substitutionsangebote in Österreich untergraben, was

keinesfalls im öffentliche Interesse sein kann.

 

Aufgrund der Tatsache, daß SubstitutionspatientInnen ständig unter Aufsicht des/der

behandelnden Arztes/Ärztin sind und regelmäßige Harntests die Befolgung der

Behandlungsauflagen sicherstellen, kann davon ausgegangen werden, daß die

Fahrtüchtigkeit während der Therapie gewährleistet ist. Sollte der/die Patientin

dennoch zu illegalen Substanzen während der Substitution greifen wird das vom/

von der behandelnden Arzt/Ärztin bei der routinemäßigen Untersuchung festgestellt

und dem/der Amtsarzt/Amtsärztin mitgeteilt. Es entsteht also keinerlei zusätzlicher

verwaltungstechnischer Aufwand und auch die Einführung zusätzlicher Kontrollen ist

nicht nötig.

 

Einen weiteren fraglichen Punkt stellt die Vorgangsweise gegenüber Personen, die

von Alkohol, einem Sucht -  oder Arzneimittel abhängig waren, oder damit gehäuften

Mißbrauch begangen haben dar. Diesen droht bei einer amtsärztlichen

Führerscheinüberprüfung der sofortige Entzug der Lenkerberechtigung. Dies gilt

auch für Personen, die bereits seit Jahren nachweislich abstinent sind. Diese

Maßnahme bewirkt, dass Menschen, die ihre Suchtkrankheit im körperlichen und

psychischen Bereich überwunden haben, Jahre danach noch stigmatisiert und quasi

bestraft werden würden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

 

1.)  Sind Ihnen Untersuchungen über Schwellenwerte der Konzentration von THC

      im Blut bekannt, ab denen die Substanz psychotrop wirksam ist? Wenn ja,

      welche Untersuchungen sind das und welche Schwellenwerte geben diese an?

 

2.)  Gibt es gültige Grenzwerte von THC - Konzentrationen im Harn, bei deren

      Überschreitung legistische Konsequenzen zu befürchten sind? Wenn ja, wo

      liegen diese?

 

2a.)  Halten Sie solche Grenzwerte in Anbetracht der schwankenden

        Harnkonzentration und der langen Nachweisbarkeit von THC für sinnvoll?

        Wenn ja, warum?

 

3.)  Welche legistischen Konsequenzen hat der Nachweis von THC im Harn für

       LenkerInnen von Kraftfahrzeugen?

 

4.)  In welcher Form werden Harntests bei Verkehrstauglichkeitsprüfungen

      unternommen? Gibt es standardisierte Test? Wenn ja, welche?

 

5.)  Welche Verdachtsmomente sind Voraussetzung für einen THC - Test?

 

6.)  Gibt es Folgeuntersuchungen, die die Konzentration von THC im Blut, die

      Verkehrstauglichkeit oder eine wiederholte Einnahme von THC nachweisen

       können? Wenn ja, welche? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den

       Ergebnissen?

 

7.)  Wird bei Nachweis von THC im Harn der Führerschein entzogen? Wenn ja, für

       welchen Zeitraum?

 

8.)  Unter welchen Voraussetzungen erhält der/die LenkerIn den Führerschein

       zurück?

 

9.)  Gibt es Aufzeichnungen darüber, ob ein/e LenkerIn mehrmals wegen eines

       positiven THC - Tests belangt wurde? Wenn ja, welche Konsequenzen hat das

       für den/die LenkerIn?

 

10.) Ist es richtig, dass in Folge einer Anzeige gemäß SMG automatisch die

       Verkehrszuverlässigkeit gemäß §58 StVO in Frage gestellt wird? Wenn ja,

        welche Konsequenzen (z.B. amtsärztliche Untersuchung, Entzug der

        Lenkerberechtigung, etc.) sind damit verbunden?

 

11.) Wie beurteilen Sie die derzeitige Vorgangsweise gegenüber

        SubstitutionspatientInnen? Bitte erläutern Sie Ihre Antwort.

 

12.) Wie sieht die Zusammenarbeit Ihres Ministeriums mit dem Gesundheitsamt/

        dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziales aus?

13.) Sehen Sie die Möglichkeit SubtitutionspatientInnen den Führerschein zu

        belassen, solange diese nicht gegen die Therapieauflagen verstoßen? Bitte

        erläutern Sie Ihre Antwort.

 

14.) Unter welchen Umständen erhalten SubstitutionspatientInnen derzeit Ihre

         Fahrerlaubnis zurück? Ist diese befristet?

 

14a.)Werden die PatientInnen regelmäßig auf Ihre Fahrtauglichkeit geprüft? Wenn

          ja, in welcher Form?

 

15.) Warum erhalten Personen, die Ihre Abhängigkeit von Alkohol, Sucht -  oder

         Arzneimitteln überwunden haben nicht Ihre Fahrerlaubnis zurück bzw. werden

         nicht zur Führerscheinprüfung zugelassen? Welche Voraussetzungen müssen

         diese Personen erfüllen um in den Augen Ihres Ministeriums wieder als

         fahrtauglich zu gelten?