1144/J XXI.GP
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Gesamtvertrag der Hebammen
Zwischen dem Österreichischen Hebammengremium und dem Hauptverband der
Sozialversicherungsträger wird ein neuer Gesamtvertrag verhandelt. Die ursprünglich
vorgeschlagene Fassung des § 11 Zusatzvereinbarung lautete:
„Tätigkeit am Berufssitz, Hausbesuche.
1. Ein vernehmlich wird das Ziel festgelegt, dass die Hebamme ihre Tätigkeit an ihrem Berufssitz auszuüben hat,
soweit es der Anspruchsberechtigten medizinisch zumutbar ist. Diesbezüglich sind mit der Anspruchsberechtigen
Termine zu vereinbaren. Ist die Inanspruchnahme der Hebamme an deren Berufssitz der Anspruchsberechtigten
nicht zumutbar, hat die Hebamme in der Wohnung (Haus) der Anspruchsberechtigten tätig zu werden.
2. Bis 31.3.2000 sollen jene Tätigkeiten der Hebamme, die zumutbarerweise nicht in Form von Hausbesuchen
erbracht werden müssen, in den „Ordinationen“ der Hebammen durch geführt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt
sollen alle Hebammen eine Ordination eingerichtet haben.
3. Die in Absatz 1 normierte Bestimmung wird mit 1.4.2000 verbindlich wirksam, wobei nähere Modalitäten
auch in Verbindung mit der Honorierung noch zu regeln sind.“
Die Hauptversammlung des Hebammengremiums beschloss am 31.3.2000, den § 11 der
Zusatzvereinbarung nicht in der vorgeschlagenen Fassung, sondern in einer abgeänderten
Fassung vereinbaren zu wollen. Diese gewünschte Fassung lautete:
„Ein vernehmlich wird das Ziel festgelegt, dass die Hebamme ihrer Tätigkeit an ihrem Berufssitz ausüben kann,
wenn es der Anspruchsberechtigten medizinisch zumutbar ist.“
Im Zuge dieses Beschlusses wurde auch ausdrücklich festgehalten, dass eine andere Form der
Formulierung keine Zustimmung findet.
Trotzdem wurde entgegen dieser Beschlussfassung ein abweichender Text vereinbart. Dieser
lautet:
„Einvernehmlich wird als Ziel festgelegt, dass die Hebamme ihre Tätigkeit zum Teil an ihrem Berufssitz ausübt.
Die Hebamme kann daher eine Ordination errichten und soweit es der Anspruchsberechtigten medizinisch
zumutbar ist, ihre Tätigkeit dort ausüben. Mit der Anspruchsberechtigten sind Termine zu vereinbaren, ein
Berufssitz hat entsprechend den Erfordernissen für die Ausübung der Hebammentätigkeit eingerichtet zu sein. Ist
die Inanspruchnahme der Hebamme an deren Berufssitz der Anspruchsberechtigten nicht zumutbar, hat die
Hebamme in der Wohnung (Haus) der Anspruchsberechtigten tätig zu werden.“
Diese Bestimmung steht den Berufsinteressen der freipraktizierenden Hebammen, die
Hausgeburten betreuen, entgegen, da bei Betreuung von gebärenden Anspruchsberechtigten
eine Aufrechterhaltung einer „Ordination“ aufgrund der Verpflichtung der persönlichen und
unmittelbaren Berufsausübung nicht möglich ist. Überdies ist die Vereinbarung einer solchen
Bestimmung ein Verstoß gegen den Beschluss der Hauptversammlung des
Hebammengremiums.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie lautet die geltende Fassung des § 11 der Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag
der Hebammen?
2. Welche Fassung des § 11 der Zusatzvereinbarung ist derzeit die für den neuen
Gesamtvertrag ausverhandelte?
3. Wie kann es dazu kommen, dass die Präsidentin des Hebammengremiums mit dem
Hauptverband der Sozialversicherungsträger einen anderen Text vereinbart, als die
Hauptversammlung des Österreichischen Hebammengremiums beschlossen hat?
4. Wissen Sie als Aufsichtsbehörde von den geschilderten Vorgängen?
Wenn ja: was haben Sie unternommen, um der Präsidentin des Hebammengremiums
klar zu machen, dass Entscheidungen der Hauptversammlung für ihr
Verhandlungsmandat verbindlich sind?
5. Sind Sie der Meinung, dass Hebammen, die Hausgeburten betreuen, gefördert werden
sollen?
6. Gibt es Ihrer Meinung nach irgendeinen Grund, warum Hebammen, die Hausgeburten
betreuen, gezwungen werden sollen, möglichst alle Behandlungen in ihrer „Ordination“
und nicht am Wohnort der Frau, die sie betreuen, durchzuführen?
Wenn ja: welchen?
7. Sehen Sie es nicht als Schikane - sowohl für schwangere Frauen, die eine Hausgeburt
planen als auch für die Hebammen, die sie betreuen - an, wenn bei jedem „Hausbesuch“
der Hebamme geprüft werden muss, ob der Schwangeren nicht vielleicht der
Ordinationsbesuch „medizinisch zumutbar“ war?
8. Sehen Sie nicht einen Widerspruch zwischen der - aus Gründen des psychischen
Wohlbefindens von PatientInnen, aber auch aus Kostengründen - allseits propagierten
Dezentralisierung medizinischer Behandlung einerseits und den Schwierigkeiten, die
Hebammen, die Schwangere an deren Wohnort betreuen wollen, in den Weg gelegt
werden?
9. Was werden Sie unternehmen, damit der ausgebrochene Konflikt bereinigt wird und
inwiefern werden Sie dabei die Interessen von Hausgeburt - betreuenden Hebammen
wahrnehmen?