1182/J XXI.GP
der Abgeordneten Dr. Josef Cap
und Genossen
an die Vizekanzlerin
betreffend den Regierungsbeauftragten für EU - Erweiterungsfragen
Am 17. März d.J. wurde der ehemalige Vizekanzler und ÖVP - Obmann Erhard Busek von der
Bundesregierung zum Regierungsbeauftragten für EU - Erweiterungsfragen ernannt.
Bundeskanzler Schüssel definierte es als Aufgabenstellung für den Regierungsbeauftragten,
die notwendige Kommunikationsarbeit mit den Beitrittskandidaten zu leisten (APA - Journal
Europa, 16. März 2000). Erhard Busek sei geeignet, da er gute Kontakte zu den
Beitrittskandidaten habe und durch sein Engagement sehr viele Informationen besitze,
begründete Vizekanzlerin Riess - Passer die Zustimmung der FPÖ zur Ernennung Buseks
(APA - Journal Europa, 31. August 2000).
Im Verlauf des Sommers wurde seitens der FPÖ wiederholt öffentlich Kritik an der Tätigkeit
Erhard Buseks geäußert. FPÖ - Klubobmann Westenthaler und FPÖ - Verteidigungsminister
Scheibner forderten mehrfach seine Ablöse. Eine Diskussion im Ministerrat am 29. August
d.J. führte schließlich zu einem Ergebnis, das offenbar von den Regierungsparteien
unterschiedlich interpretiert wird. Während Bundeskanzler Schüssel verkündete, daß Erhard
Busek weiter Regierungsbeauftragter für die EU - Osterweiterung bleibe, erklärte
Verteidigungsminister Scheibner, daß Busek nicht mehr das Vertrauen der FPÖ -
Regierungsmitglieder genieße. Die FPÖ sehe ihn nur mehr als Berater der Außenministerin.
Vizekanzlerin Riess - Passer meinte, Busek habe das Vertrauen zur Regierungspartei FPÖ
„vorsätzlich“ beschädigt. Die ÖVP könne sich ruhig einen eigenen Beauftragten leisten.
Regierungsbeauftragter könne aber nur jemand sein, der das Vertrauen beider Parteien habe
(Der Standard, 30. August 2000).
Der Konflikt in der österreichischen Bundesregierung über den vor knapp einem halben Jahr
ernannten Regierungsbeauftragte wurde von den internationalen Medien kritisch reflektiert.
Die FAZ etwa, die unter dem Titel „Busek ist nur noch ein halber Regierungsbeauftragter“
ausführlich berichtete, befürchtet, daß bei den Beitrittskandidaten „der Eindruck entstehen
mußte, daß hinter dem Streit
darüber, ob Busek von nun an nicht mehr für die gesamte
Regierung spricht, der Konflikt um die Sache steht, also um die Erweiterung selbst“ (FAZ, 1.
September 2000).
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Vizekanzlerin
nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie die bisherige Tätigkeit Erhard Buseks als Regierungsbeauftragter
für die EU - Erweiterung?
2. Welche inhaltlichen Gründe wurden seitens der FPÖ für die Ablöse Erhard Buseks
als Regierungsbeauftragter geltend gemacht?
3. Ist aus Ihrer Sicht der Konflikt um die Tätigkeit Erhard Buseks Ausdruck
unterschiedlicher Auffassungen der Regierungsparteien über Fragen im
Zusammenhang mit der Erweiterung, etwa hinsichtlich der Vorgangsweise bei den
Benes - Dekreten und den AVNOJ - Bestimmungen?
4. Ist Erhard Busek weiterhin Regierungsbeauftragter für die EU - Erweiterung?
5. Wie sind die Kompetenzen des Regierungsbeauftragten für die EU - Erweiterung
definiert?
6. Ist Erhard Busek legitimiert, in seinen Kontakten mit den Beitrittskandidaten für die
österreichische Bundesregierung zu sprechen?
7. Wer trägt die Kosten, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des
Regierungsbeauftragten für die EU - Erweiterung anfallen (Reisekosten etc.)?
8. Sind Sie der Auffassung, daß der über die Medien geführten Konflikt zwischen den
beiden Regierungsparteien die Glaubwürdigkeit Österreichs in der Frage der
Erweiterung stärkt?