1234/J XXI.GP
DRINGLICHE ANFRAGE
gem. § 93 Abs. 1 GOG - NR
der Abgeordneten Dr. Einem, Mag. Andrea Kuntzl, Dr. Antoni
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Einführung von Studiengebühren und Senkung der Bildungsqualität
Unter dem Titel „Neu regieren heißt: Bildung als Rohstoff des 21. Jahrhunderts zum
Mittelpunkt machen“, stellte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel in seiner
Regierungserklärung vor dem Nationalrat am 9. Februar 2000 folgendes fest:
„Ein Staat, der in Bildung, in brain - power, investiert, sichert die Lebens - und Arbeitschancen
der Menschen und stärkt die Wirtschaft. Wir werden uns deshalb mit aller Kraft der Sicherung
der Qualität und der Weiterentwicklung der Bildungsangebote widmen. Die Ressourcen für
Bildung und Wissenschaft müssen effizient eingesetzt werden, um die weitere
Internationalisierung und Technologieoffensive zu ermöglichen. Unsere Jugend soll durch
besonders gute Fremdsprachenvermittlung und durch eine ,,Computermilliarde“ die
Voraussetzungen erhalten, ihre späteren Arbeitsmarktchancen zu verbessern.“
In der „Zeit im Bild - 1" vom 3. August 2000 erklärten Sie, daß der freie Zugang zu den
Universitäten erhalten bleiben muß und es auch keine Diskussion um allgemeine
Studiengebühren gebe.
In der Sitzung des Ministerrates vom 18. September 2000 wurde unter dem Titel „Zur
Hebung der Treffsicherheit des Sozialsystems“ die Einführung eines Studienbeitrages für alle
StudentInnen in der Höhe von 5.000,- öS pro Semester beschlossen. Das ist ein klarer
Wortbruch und ein Schlag ins Gesicht der studierenden Jugend.
Es ist Tatsache, daß derzeit rund drei Viertel der StudentInnen berufstätig sind, um ihr
Studium zu finanzieren. Mehr als die Hälfte der StudentInnen stammen aus Familien mit
einem Monatseinkommen unter 30.000,- öS.
In den letzten Monaten wurde darüber hinaus über das Gesamtkürzungsziel des
Bildungsbudgets innerhalb der FPÖVP - Koalitionsregierung äußerst kontroversiell diskutiert.
So wurde am 27. Juni 2000 nach dem Ministerrat bekannt, daß Finanzminister Karl - Heinz
Grasser im gesamten Bildungsbereich 5 bis 6 Mrd. 5 Kürzungen verlangte, während Sie von
1 Mrd. öS sprachen. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel erklärte, man müsse über das
Gesamtziels eines ausgewogenen Budgets reden und nicht über ,,Micky - Maus - Themen“
(APA, 27.6.2000). Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß in mehr als 3.300 Schulklassen 30
bis 36 SchülerInnen und in dutzenden Klassen mehr als 37 SchülerInnen sitzen, sind
Kürzungen mit einem enormen Qualitätsverlust des Unterrichts verbunden. Insbesondere sind
davon die berufsbildenden höheren Schulen betroffen, wo es heuer zu Schulbeginn zu
Abweisungen von tausenden SchülerInnen gekommen ist. Im Pflichtschulbereich und im
Bereich der allgemeinbildenden höheren Schulen sind zahlreiche Unterrichtsgegenstände,
verbindliche Übungen, der Förderunterricht, die Integration von Kindern mit nichtdeutscher
Muttersprache sowie von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf gefährdet.
Damit wird der österreichische Weg der Chancengerechtigkeit im Bildungswesen verlassen
und der jahrzehntelange Aufbauweg der SPÖ zunichte gemacht.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Bildung,
Wissenschaft und Kultur nachstehende
Anfrage:
1. In welcher Höhe und ab wann sollen Studiengebühren für Studierende an österreichischen
Universitäten und Fachhochschulen eingeführt werden?
2. Betrachten Sie die Einführung von Studiengebühren als eine Maßnahme, die der sozialen
Treffsicherheit dient?
3. Welche soziale Staffelung der Studiengebühren planen Sie?
4. Welches jährliche Aufkommen aus den Studiengebühren erwarten Sie?
5. Wie hoch sind die Verwaltungskosten dieser Maßnahme?
6. Welche Reduzierung der Studentenzahlen als Folge der geplanten Einführung von
Studiengebühren erwarten Sie?
7. Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die Bundesregierung die Einführung der Lkw - Maut
ständig
hinausschiebt, aber gleichzeitig die Studierenden massiv belastet?
8. Wie können Sie die Einführung von Studiengebühren vertreten, wenn ein entsprechendes
Studienangebot für berufstätige Studierende an den Universitäten fehlt und zudem viele
Studierende mit Wartelisten für Seminar - oder Laborplätze Studienbedingungen
konfrontiert sind?
9. Welche Maßnahmen werden seitens des Ministeriums getroffen, um für die steigende
Anzahl an erwerbstätigen Studierenden Beruf und Studium vereinbar zu machen?
10. Welche Budgetmittel werden Sie den Universitäten dafür zur Verfügung stellen?
11. Inwiefern dient die Einführung von Studiengebühren der Anhebung der im internationalen
Vergleich immer noch niedrigen Akademiker - Quote in Österreich?
12. Planen Sie eine Ausweitung des Bezieherkreises von Stipendien sowie die Anhebung der
Stipendienhöhe?
13. In welchem Ausmaß wird die geplante Erhöhung der Stipendien durch die Einführung von
Studiengebühren rückgängig gemacht?
14. Durch welche Maßnahmen werden Sie den Anteil von Studierenden aus sozial
schwächeren und bildungsfernen Familien erhöhen?
15. In welchem Ausmaß ist die Finanzierung neuer Fachhochschul - Studiengänge
gewährleistet?
16. Ist die Finanzierung von Fernstudien gewährleistet und wenn ja, in welchem Ausmaß?
17. Welche Mehrkosten erwarten Sie durch die von Ihnen geplante ,,Vollrechtsfähigkeit“ der
Universitäten und wie sollen diese Mehrkosten bedeckt werden?
18. Wird im Budget 2001 die Kürzung des Investitionsaufwands der Universitäten um zwei
Drittel, wie von Ihnen bei den Beratungen zum BVA 2000 im Budgetausschuß
angekündigt, rückgängig gemacht werden?
19. Um wieviel Prozent wird das Gesamtbudget der Universitäten im Jahr 2001 über dem
Budget des Jahres 1999 liegen?
20. Wie hoch sind die Kürzungen tatsächlich im Bereich der Pflichtschulen,
allgemeinbildenden und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen?
21. Welche Unterrichtsgegenstände, unverbindliche Übungen, Förderunterricht,
Integrationsunterricht, Nachmittagsunterricht usw. müssen durch die Kürzungen
entfallen?
22. Welche Maßnahmen setzen Sie, um den nach wie vor anhaltenden Zustrom zu den
berufsbildenden höheren Schulen zu bewältigen, wie z.B. Werteinheitenzuteilungen
(Unterrichtseinheiten für LehrerInnen), Bereitstellung von Schulraum - und
Ausstattungsressourcen, Einsatz von zusätzlichen Lehrerinnen?
23. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie zur Herabsetzung der hohen
KlassenschülerInnen - Zahlen in den AHS und BMHS?
24. Wieviele LehrerInnenarbeitsplätze in Pflichtschulen, allgemeinbildenden und
berufsbildenden höheren Schulen sind von den Kürzungen
tatsächlich betroffen?
25. Wieviele Lehramtsabsolventinnen der Pädagogischen Akademien und Universitäten
können nicht in den Lehrberuf einsteigen?
26. Wann wird die im Regierungsübereinkommen versprochene ,,Computermilliarde“
tatsächlich bereitgestellt?
In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 1 GOG verlangt, diese Anfrage dringlich zu
behandeln.