1244/J XXI.GP
der Abgeordneten Helmut Dietachmayr
und Genossen
an die Frau Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend freie Wahl der Krankenversicherung
Im August 2000 wurde von Ihrem Staatssekretär Dr. Waneck wieder davon
gesprochen, daß die derzeitige solidarische Pflichtversicherung durch eine
Versicherungspflicht ersetzt werden sollte. Angeblich soll eine Expertengruppe ab
kommendem Jahr diese Frage prüfen.
Es ist eigenartig, daß Sie in der Antwort (XXI. GP. - NR 363/AB, 14.04.2000 zu 400/J)
auf meine bereits zu diesem Thema erfolgten parlamentarischen Anfrage
geantwortet haben, daß die Einführung einer Versicherungspflicht nicht zur
Diskussion steht.
Es entsteht dadurch der Eindruck, daß Ihr Staatssekretär offenbar keine Ahnung von
Ihrer Position zu diesem Thema hat oder Ihre Antwort auf meine Anfrage einfach
unrichtig war.
Da die FPÖ zu diesem so wichtigen Thema permanent die Meinung ändert und Ihr
Staatssekretär entgegen Ihrer Antwort die freie Wahl der Krankenkassen anstrebt, ist
es höchste Zeit, daß eine endgültige und verbindliche Klärung erfolgt.
Im Sozialbereich hat es schon in diesem Jahr unter Ihnen als FPÖ Sozialministerin
wesentliche Verschlechterungen im Sozialbereich gegeben. Beispielsweise sei
erwähnt die Anhebung der Rezeptgebühr, die Einführung der Ambulanzgebühren,
die geplante Anhebung des Behandlungsbeitrages, die Kürzung des
Krankengeldbezuges auf 52 Wochen für Schwerstkranke, die Selbstbehalte für
"psychologische Diagnostik", usw.. Mit dem Plan die Versicherungspflicht statt einer
Pflichtversicherung einzuführen, geht die Regierung den nächsten und
wesentlichsten Schritt zu einer Zwei - Klassenmedizin.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen die nachstehende
1. Haben Sie in Ihrer Antwort (XXI. GP. - NR 363/AB, 14.04.2000 zu 400/J) zu
meiner damaligen Anfrage betreffend „Ersatz der solidarischen
Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht“ - in der Sie die Einführung
der Versicherungspflicht ausgeschlossen haben - bewußt die Unwahrheit
gesagt?
Falls ja, warum?
Wenn nein, wie werten Sie die Aussagen Ihres Staatssekretärs über die
Einführung der
Versicherungspflicht?
2. Aufgrund der widersprüchlichen Meldungen und Aussagen in den letzten
Wochen ist es höchste Zeit, daß Sie als verantwortliche Ministerin klarstellen, ob
Sie tatsächlich das Ziel haben, die freie Wahl der Krankenversicherung
einzuführen. Streben Sie die Einführung der Versicherungspflicht statt der
solidarischen Pflichtversicherung an? Falls ja, ab wann und warum?
3. Wie soll Ihr Modell der freien Wahl der Krankenkassen konkret aussehen?
4. Nur wenn Privatversicherungen Frauen nicht diskriminieren, Angehörige
kostenlos mitversichern, für die Behandlung jeder Erkrankung aufkommen, jeden
Versicherungswilligen mit Angehörigen und auch chronisch Kranke ohne
Voruntersuchung zu gleichen sozialen Bedingungen aufnehmen müssen, die
Prämien ein gleicher fixer Prozentsatz des Einkommens sind und damit bei
Einkommensverlust niedriger werden sowie die Privatkrankenversicherungen
einnahmenseitig nicht über und leistungsseitig nicht unter den
Pflichtversicherungen liegen, würde tatsächlich ein freier Wettbewerb mit
annähernder Chancengleichheit zwischen Pflicht - und Privatversicherung
vorliegen. Wollen Sie diesen Weg gehen? Falls nein, warum nicht?
5. Private Versicherungen bevorzugen erfahrungsgemäß Junge, Gesunde,
Besserverdiener und Männer. Übrig bleiben: Familien, Altere, Frauen,
Risikogruppen (wie Bauarbeiter, Bergarbeiter, etc.) chronische Kranke und
Menschen mit niedrigem Einkommen. Sie müssen sich ihre
Krankenversicherung teuer erkaufen oder mit einem schlechteren
Leistungsangebot der privaten Versicherungen begnügen. Wie wollen Sie im
Falle der Versicherungspflicht diese negative Entwicklung verhindern?
6. Durch hohe Versicherungsprämien der Privatkrankenversicherungen werden
viele Menschen finanziell überfordert. In den USA haben aus diesem Grund über
6 Mio Menschen überhaupt keine Krankenversicherung und 40% der
Bevölkerung keine gesicherte Krankenversorgung. Wie wollen Sie den
Österreichern garantieren, daß diese amerikanische Entwicklung für unsere
Bevölkerung ausgeschlossen wird?
7. Die FPÖ kritisiert immer wieder die Kosten die der Verwaltungsapparat der
Krankenversicherungen verursacht und strebt aus diesem Grund auch eine
Zusammenlegung mancher Versicherungen an.
Welche Krankenversicherungen sollen wann zusammengelegt werden?
Ist es richtig, daß die konkurrierenden Privatversicherungen viel Geld für
Werbung ausgeben und die Verwaltungskosten der Privatversicherungen in
Wahrheit viel höher sind, als die der gesetzlichen Versicherungen?
8. Erfahrungen aus Deutschland zeigen: Selbstbehalte steigen, Leistungen werden
gekürzt. Ältere Menschen, sozial Schwache, chronisch Kranke, Behinderte und
Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie Personen mit einem erblich
bedingten höheren Erkrankungsrisiko kommen in leistungsschwächere
Versicherungen oder müssen höhere Prämien zahlen. Werden Sie sich am
deutschen Modell orientieren und wie wollen Sie diese negative Entwicklung, wie
sie in Deutschland stattgefunden hat, für Österreich ausschließen?
9. Viele entscheidende Fragen sind noch völlig unklar. Wie soll etwa im Falle einer
Versicherungspflicht die Spitalsfinanzierung künftig erfolgen oder wie wird der
Arbeitgeberanteil bei der Krankenversicherung geregelt?