1384/J XXI.GP

19-10-2000

ANFRAGE

 

der Abgeordneten DDr. Niederwieser

und Genossen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

betreffend Studienförderung

 

Bundesministerin Elisabeth Gehrer hat mit den neuesten Entwürfen zum Hochschultaxen -

gesetz und zum Studienförderungsgesetz die tröstenden Versprechen von „sozialer

Abfederung“ und „Verdoppelung des Bezieherkreises“ auf den Tisch gelegt und klargemacht,

dass auch diese Versprechen nicht mehr wert sind als jenes vom 29. Juli 2000, wonach keine

allgemeinen Studiengebühren kommen.

 

Weil diese Entwürfe in wesentlichen Punkten - z.b. Zahl der betroffenen Studierenden - den

öffentlich getätigten Aussagen der halben Bundesregierung widersprechen gab es auch kein

Begutachtungsverfahren. Damit ist auch klar, was die Regierung unter der versprochenen

Diskussion, bei der sich alle Beteiligten einbringen können, versteht: Sie findet nicht statt.

Der „neue Dialog“, von dem Ministerin Gehrer in ihrer Pressekonferenz am 9.10. in diesem

Zusammenhang gesprochen hat, ist wohl jener zwischen ihr und Kollegin Sickl.

 

Immerhin eine der vielen Ankündigungen wird auch eingehalten: Ab dem WS 2001/02 haben

alle Studierenden mit österreichischer Staatsbürgerschaft sowie ausländische Studierende, die

in den Geltungsbereich eines völkerrechtlichen Vertrags fallen, eine Gebühr von ATS 5.000,--

pro Semester zu entrichten und damit es nicht so viel aussieht wird die Gebühr nur mehr in

Euro angegeben: 363,36 €. Und zur Freude der Ausländerfeinde in der FPÖ müssen alle

anderen ausländischen Studierenden ATS 10.000,-- je Semester zu bezahlen.

 

Eine Kostenkalkulation fehlt bis dato (fiel dem Speed zum Opfer), es wird lediglich davon

ausgegangen, dass die Verwaltungskosten durch die Einnahmen wettgemacht werden.

 

Die Begleitmaßnahmen "Ausweitung der Studienförderung“ und „Schaffung eines

Darlehenssystems“ bleiben deutlich hinter den Versprechen zurück.

Für die derzeitigen rund 30.000 StipendienbezieherInnen ist keine Verbesserung gegeben,

ihnen werden lediglich die Gebühren abgegolten.

Die weiteren 10.000 Studierenden, die angeblich neu ein Stipendium bekommen sollen sind

im Gegensatz zu den öffentlichen Erklärungen von BM Gehrer lediglich 3.000, die anderen

7.000 erhalten nur eine Teilrefundierung der Studiengebühren!

Die angekündigte Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Höhe der

Studienbeihilfe um ATS 5.000,-- ist im Entwurf nicht enthalten, da offensichtlich die Kosten

dieser Maßnahme unterschätzt worden sind.

Zudem geht der Entwurf von einer automatischen Kostendämpfung (-32 Mio. 2001,

-96 Mio. 2003) durch steigende nominelle Elterneinkommen aus, dh. aufgrund der fehlenden

Indexanpassung werden die Beihilfen sinken bzw. die ,,Gebührenteilersätze“ geringer sein

oder ganz entfallen. Trauriges Faktum ist allerdings, dass die Nettoeinkommen nächstes Jahr

nicht steigen sondern sinken werden: Die Steuerquote ist so hoch wie noch nie und die gute

Konjunktur wird durch die Sparmassnahmen abgewürgt.

 

Für die große Gruppe der Studierenden, die keine Transferleistungen erhalten (bei geschätzten

140.000 bis 150.000 Studierenden rund 75.000 Personen) bedeuten Gebühren eine

Mehrbelastung von ATS 10.000,--/Studienjahr. Dieser Personenkreis beinhaltet keineswegs

nur Kinder von gutverdienenden Industriellen oder Bankmanagern, sondern zum weitaus

grösseren Teil Studierende aus Haushalten mit Einkommen zwischen 20.000. — und 40.000. —

Schilling.

 

Die pauschalen Gebühren belasten berufstätige Studierende in besonderem Maß (die Hälfte

der Studierenden arbeitet bereits jetzt während des Semesters!). Es war ein

bildungspolitisches Ziel und muss es auch bleiben, dass auch Berufstätige studieren können.

Sie haben wegen ihrer Berufstätigkeit aber eine völlig andere Studienplanung, zumal eine

ausreichende Abstimmung des Lehrangebotes selten ist. Sie verfügen - vor allem wenn sie

noch Familie haben - über weniger Zeit zum Studium und benötigen entsprechend länger. Die

volle Studiengebühr von ihnen zu verlangen ist bildungspolitischer Unfug und sicher auch

gleichheitswidrig.

 

Sozial keinesfalls „verträglich“ ist auch, dass außerordentliche HörerInnen für den Besuch

einzelner Lehrveranstaltungen ebenfalls die volle Gebühr entrichten müssen. Betroffen sind

nämlich davon all jene, die sich im Zuge des zweiten Bildungsweges beispielsweise auf die

Studienberechtigungsprüfung vorbereiten und dabei einige Lehrveranstaltungen an der

Universität besuchen.

 

Unverkennbar ist freilich das Bemühen der Bundesregierung, den Studierenden doch noch

eine kleine Freude zu bereiten. Sie dürfen jetzt (scheinbar) mehr dazuverdienen. Anstelle der

bisherigen Trennung von Einkommen während des Semesters (ATS 3.977,-- brutto maximal

pro Monat) und den Ferien (unbegrenzt Dazuverdienen) soll eine Jahresdurchrechnung

erfolgen. Die Einkommensgrenze wird nunmehr mit ATS 80.000,-- bzw.99.000,-- bei

ausschließlich unselbständiger Arbeit festgelegt. StudentInnen dürfen also mehr arbeiten,

damit sie die Gebühren bezahlen können. (Als Alternative dürfen sie sich verschulden.)Das

verlängert nachweislich die Studienzeit und widerspricht so dem erklärten Ziel der Regierung.

So viel Verzicht um der ÖH eine Freude zu bereiten verdient Beachtung!

 

Zufrieden kann auch die FPÖ sein: Die einkommensunabhängigen Leistungsstipendien (das

Geld für den Einser) sollen ausgeweitet werden. Dieses Leistungsstipendium kann auch

jemand bekommen, dessen Eltern Millionäre sind. Da wird sich der „kleine Mann“ sicher

freuen.

 

Die ebenfalls mehrfach von BM Gehrer und BM Bartenstein angekündigte besondere

Berücksichtigung von Geschwistern ist im Entwurf nicht enthalten!

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft

und Kultur daher nachstehende

 

Anfrage:

 

1.  Wieviele Studenten beziehen derzeit ein Stipendium?

2.  Wieviele Studenten beziehen derzeit kein Stipendium?

3.  Wie hoch liegen derzeit die durchschnittlichen Stipendien, gegliedert nach Beruf und

     sozialer Herkunft der Eltern?

4.  Um wieviel müßten die derzeitigen Bemessungsgrundlagen erhöht werden, damit

      tatsächlich wie von Ihnen angekündigt - weitere zehntausend Studenten Stipendien

      erhalten würden und nicht nur eine (teilweise) Refundierung der Studiengebühren?

5.  Welche Kosten würden zehntausend zusätzliche Stipendienbezieher verursachen und wie

     hoch wäre das durchschnittliche Stipendium dieser Studenten?

6.  Durch welche Maßnahmen wird parallel zur Einhebung von Studiengebühren die

     Berücksichtigung von Geschwistern verstärkt?

7.  Aus welchen Gründen treten Sie für eine weitere Verschuldung (durch „begünstigte“

     Studentenkredite) der Studenten ein, aber gleichzeitig für die Reduzierung der staatlichen

     Kreditaufnahme („Null - Defizit“)?

8.  Um welchen Betrag wurden die den Universitäten zur Verfügung gestellten Mittel im

     laufenden Jahr gegenüber 1999 gekürzt und in welchem Ausmaß soll diese Kürzung durch

     die Erträge aus den Studiengebühren ab dem Jahr 2001 kompensiert werden?

9.  Welche Reduzierung der Zahl der Studierenden ab dem Wintersemester 2001/2002

     erwarten Sie als Folge der Einführung von Studiengebühren?