1816/J XXI.GP
Eingelangt am: 31.1.2001
der Abgeordneten Heidrun Silhavy und GenossInnen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Aufforderung zum Missbrauch des Aufsichtsrechtes
Das Sozialversicherungs - Änderungsgesetz sieht eine Demokratisierung in der Zusammensetzung
der Gremien der Sozialversicherungsträger vor und ist daher ein längst fähiger Schritt, der eine
unhaltbare Situation abschafft, die es bisher gegeben hat, dass nämlich die Präsidenten der
Interessenvertretungen willkürlich nach eigenem Ermessen diese Gremien zusammengesetzt haben.
(Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Das kann in Zukunft nicht mehr passieren, denn in Zukunft ist auf das Ergebnis der demokratischen
Wahlen dieser Interessenvertretungen nach dem d‘Hondtschen System Rücksicht zu nehmen. Das
heißt, es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratisierung gesetzt worden.
Besonders wichtig ist auch das ist ein Zeichen, dass wir tatsächlich für diese Demokratisierung
einstehen - , dass gewisse Träger und die Kraft ihrer Strukturen anders beurteilt werden müssen,
wie etwa die Sozialversicherungsanstalt der Eisenbahner, wie etwa die Betriebskassen. Man war
sensibel genug und hat auch in der gesetzlichen Regelung auf‘ diese einzelne spezielle Situation
Rücksicht genommen.“ So die Stellungnahme von BM Sickl am 6.7.2000 im Parlament zur
Behandlung des SRÄG 2000.
Die FPÖ - Vizekanzlerin hat offenbar weit aus weniger Demokratieverständnis, als die abgesetzte
BM Sickl. Vom freiheitlichen Neujahrstreffen wurde u.a. berichtet:
Kritisch setzte sich die FP - Chefin in ihrer Rede auch mit dem Hauptverband der
Sozialversicherungsträger auseinander, der gegen jede Reform und jede Kontrolle energischen
Widerstand leiste. Ungeachtet dessen sei die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger jetzt
dank der freiheitlichen Regierungsbeteiligung in Gang gebracht worden. Dabei sollten im
Sozialversicherungsbereich nun nicht mehr ehrenverantwortliche Mitarbeiter mit überhöhten
Aufwandsentschädigungen das Sagen haben, sondern Experten. In Richtung
Hauptverbandspräsident Hans Sallmutter erklärte Riess - Passer: „Solche Leute brauchen wir nicht,
wir brauchen Fachleute und Experten.“ APA1745 II 0485
Weiteres kann man auf der Homepage des FPÖ Parlamentsklubs (*) nachlesen:
*Riess - Passer: Radikalreform im Hauptverband der Sozialversicherungen
Vizekanzlerin Susanne Riess - Passer hat die Ablöse der gesamten Führungsmannschaft des
Hauptverbands der Sozialversicherungsanstalten gefordert. Als Begründung führte sie an,
dass der Hauptverband sich jahrelang gegen Reformen gesträubt und stets nur
Beitragserhöhungen zur Behebung der Finanzkrisen vorgeschlagen habe.
Riess - Passer stellte dann den Hauptverband überhaupt in Frage: „Die Selbstverwaltung ist
keine heilige Kuh. *.
Mit einiger Überraschung konnte man dann einer APA Nachricht entnehmen:
Wien (APA) - Sozialminister Herbert Haupt (F) hat am Mittwoch klar gestellt, dass seine
Entscheidung über die Neubestellung des Präsidiums des Hauptverbandes der
Sozialversicherungsträger noch nicht gefallen sei. Die aus seiner Partei geäußerte Kritik an
Präsident Sallmutter, insbesondere von Parteichefin Susanne Riess - Passer, sei „kein Präjudiz“ für
dessen Ablöse, erklärte Haupt gegenüber der APA.
Der Sozialminister verwies darauf, dass es scharfe Kritik "an mehreren Herrn im Hauptverband“
gebe. Es gebe „weder in die eine noch in die andere Richtung ein Präjudiz“. In seine Entscheidung
seien verschiedene Überlegungen miteinzubeziehen. Die Entscheidung werde im Sinne der
Versicherten und im Sinne der von der Bundesregierung angestrebten Strukturreformen im
Hauptverband ausfallen. Er werde nach sachlichen Kriterien entscheiden und strebe eine „starke
und sparsame Führung“ des Hauptverbandes an. Der Hauptverband dürfe kein Gremium werden,
das auf Grund der finanziellen Probleme der Sozialversicherungen seinen gesetzlichen Aufträgen
nicht mehr nachkommen könne, meinte der
Sozialminister.
Schließlich erfahren am 30.1.2001 die Versicherten, dass der Herr Bundesminister eigenmächtig
ihre höchsten Vertreter absetzt!
OTS283 5 II 0340 PWB001 30. Jän 01
Pressestimmen/Vorausmeldung/Politik ***OTS - PRESSEAUSSENDUNG***
Kommentar 31.1.2001, Gesundheitspolitik krankt am Haupt,
von Gerhard Marschall =
Wien (OTS) - ...... Da stürzt ein Minister aus einer Regierungssitzung und
verkündet das exakte Gegenteil dessen, was er kurz zuvor, beim
Hineingehen, gesagt hat. War da für ihn Hans Sallmutter auch
weiterhin als Hauptverbands - Präsident vorstellbar gewesen, so war
derselbe Sallmutter wenig später hochkantig gefeuert. Und mit ihm
auch gleich seine beiden Vizepräsidenten. Noch kurioser als der
plötzliche Sinneswandel die Begründung: Ihm sei, so der Minister, in
der Zwischenzeit zu Ohren gekommen, dass die Hauptverbandsspitze in
puncto ihrer eigenen Neu - oder Wiederbestellung eine andere
Rechtsauffassung vertritt als er. Wo kommen wir da hin, wenn eine
selbstverwaltete Körperschaft in einer Formalfrage eine eigene
Meinung hat!
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Soziale Sicherhheit und
Generationen nachfolgende
ANFRAGE:
1. Wie sind die gesetzlichen Bestimmungen über Arten und Zusammensetzung der
Verwaltungskörper des Hauptverbandes?
2. Wie lauten die im ASVG definierten Aufgaben des Verbandspräsidiums?
3. Welchen Zeitraum umfasst die Amtsdauer der Verwaltungskörper des
Hauptverbandes nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen des ASVG?
4. Wie stehen Sie zu der im ASVG niedergeschriebenen demokratischen
Willensbildung?
5. Wie beurteilen Sie angesichts, der Äußerungen der Vizekanzlerin, die Aussagen Ihrer
Amtsvorgängerin zum SRÄG 2000?
6. Dem stenographischen Protokoll ist zu entnehmen, dass Sie zum Zeitpnnkt der
parlamentarischen Behandlung diesem SRÄG die Zustimmung gegeben haben. Ist
daraus der Schluß zu ziehen, dass Sie sich zu diesem Gesetz inhaltlich bekennen, auch
wenn der Wählerwille nicht den Erwartungen der FPÖ entsprochen hat?
7. Zählen für Sie als zuständiger Bundesminister die Interessen der Versicherten, oder
sind Sie gezwungen eine Politik nach Zurufen der Vizekanzlerin zu exekutieren?
8. Sind Sie der Meinung, dass Mitglieder der im ASVG definierten Verwaltungskörper,
zur Abwendung eines Schadens für die Versicherten oder deren Institution, die
Versicherten auf diesen möglichen Schaden aufmerksam zu machen haben?
9. In der Plenardebatte am 6.7.2000 haben Sie als Sozialsprecher der FPÖ argumentiert,
dass die Regierungsparteien die Verwaltung der Ambulanzgebühren dem
Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger überantwortet haben,
weil der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger mit 3,5
Prozent Verwaltungsanteil den geringsten Verwaltungsanteil aller öffentlichen und
nicht öffentlichen Körperschaften in Österreich hat. Haben Sie damit nicht, neben der
demokratiepolitischen Errungenschaft einer Selbstverwaltung, deren wirtschaftliche
Zweckmäßigkeit selbst argumentiert?
10. Welche Initiativen ssetzen Sie zur Sicherstellung unseres hochwertigen
Gesundheitssystems als zuständiger Bundesminister
a) durch Sofortmaßnahmen?
b) mittelfristig?
c) langfristig?
11: Wie stellen Sie sicher, dass die Selbstverwaltung vor politischen Willkürakten durch
die
Bundesregierung geschützt wird?
12. Sind nachfolgende Aussagen aus Ihrer Sicht ein Beweis sozialpolitischer Kompetenz?
a) Gaugg hatte, wie berichtet, in einem Interview mit der ,,Kärntner Tageszeitung“ das
Wort „Nazi“ mit ,,Neu.Attraktiv.Zielstrebig.Ideenreich“ buchstabiert. (APA 13,
19.11.1993)
b) Ich wehre mich immer gegen Vordenker in Sozialfragen, insbesondere dann,
wenn sie von Links kommen, denn dann sind sie besonders gefährlich und
besonders beachtenswert. (Stenographisches Protokoll, XXI. GP., 28. Sitzung,
18.5.2000, S 27)
c) Mir ist es noch immer lieber, eine Frau ist von ihrem Mann abhängig als von der
SPÖ. (Stenographisches Protokoll, XXI. GP., 28. Sitzung, 18.5.2000, S 27,Abg.
Gaugg))
d) Die ÖBB waren ein Hort für Mitarbeiter, die in der Privatwirtschaft nicht
untergekommen sind. Wenn sie dort nichts bekommen haben, dann sind sie zu
den ÖBB gegangen. (Abg. Gaugg, 25. Sitzung, Stenogr. Protokoll)
13. Entspricht es der Tatsache, dass die 58. ASVG Novelle am 30.1.2001 nicht im
Ministerrat beschlossen wurde? Wenn ja: Was waren die Gründe dafür?