1818/J XXI.GP
Eingelangt am: 31.1.2001
der Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Ausserfernbahn
Die Ausserfernbahn in Tirol mit grenzüberschreitenden Anschlüssen nach Bayern ist
fester Bestandteil aller von den ÖBB in den letzten Jahren unter den Augen des
Eigentümers Bund ventilierten Einstellungspläne im sogenannten „Nebenbahnnetz“.
Dies, obwohl stets deklariertes Interesse der regionalen Wirtschaft an nicht nur
Aufrechterhaltung, sondern Verbesserung des Güterverkehrs vorlag und weiterhin
vorliegt und obwohl im Personenverkehr mehrere hunderttausend Fahrgäste jährlich
befördert werden. Die Strecke wurde jedoch zuletzt über Jahre hinaus ausgehungert
und unattraktiv gemacht, was auch nötige Investitionen auf deutscher Seite
erschwert hat.
Spätestens seit Frühjahr 2000 suchen die ÖBB vehement nach Möglichkeiten, aus
dem Betrieb der Strecke der Ausserfernbahn in Tirol auszusteigen. Die Verpflichtung
zur Weiterführung des Personenverkehrs auf der Schiene wurde allerdings in einem
bis 2007 aufrechten Verkehrsdienstevertrag zwischen ÖBB und dem Land Tirol
festgelegt. Wie LH Weingartner mehrmals betont hat, will das Land Tirol die
Bundesbahnen nicht aus dieser Verantwortung entlassen und das beabsichtigte Aus
der Ausserfernerbahn notfalls vor Gericht bekämpfen. Die weitere Beibehaltung
dieser Landeslinie zugunsten der Aufrechterhaltung der Ausserfernerbahn als
einzige akzeptable, wintersichere Verbindung des gesamten Bezirkes Reutte mit
dem Tiroler Zentralraum haben auch die Fraktionen im Tiroler Landtag durch einen
einstimmigen Beschluß Nachdruck verliehen. Dennoch ist derzeit der elektrisch
betriebene Personen - und Güterverkehr auf der Schiene eingestellt. Während der
Güterverkehr notdürftig im Dieselbetrieb geführt wird, soll im Personenverkehr der
aufgrund der Staus und Witterungsanfälligkeit auf der Fernpaßstrecke völlig
unzumutbare derzeitige Zustand des Betriebs im Schienenersatzverkehr bis zur noch
in diesem Jahr vorgesehenen endgültigen Einstellung fortgesetzt werden. Lediglich
auf eine kurze Teilstrecke zwischen Reutte und Ehrwald soll der Personenverkehr im
Februar wieder aufgenommen werden, um den großen Attraktivitätsverlust für die
dortige Tourismuswirtschaft, aufweichen die Grünen wiederholt hingewiesen haben,
in Grenzen zu halten.
Im Jänner 2000 wurde das Ergebnis der INTERREG - Studie „Zukunft der
Ausserfernerbahn - Machbarkeits- und Marketingstudie“ präsentiert. Diese, von der
Bayerischen Eisenbahngesellschaft, dem Amt der Tiroler Landesregierung, der ERA
Regio Ausserfern finanzierte und von der EU kofinanzierte Studie kommt zum
Schluß: „Vor allem, wenn es gelingt, gemeinsam mit den regionalen
Entscheidungsträgern aus Politik,
Tourismus und Verkehr, den Bahnverwaltungen
und den Aufgabenträgern bzw. Mitfinanzierern des Schienenpersonennahverkehrs
die touristischen Potentiale durch ein zielgruppenspezifisches Marketing verstärkt zu
akquirieren, sowie die Konkurrenzsituation zwischen Bus und Bahn aufzuheben, sind
die Aussichten für die Ausserfernbahn als sehr positiv einzuschätzen.“
Mit diesen unter nennenswertem Einsatz öffentlicher Mittel belegten
Zukunftsaussichten wäre es weder volkswirtschaftlich noch verkehrspolitisch oder
regionalpolitisch vertretbar, die bestehende Eisenbahninfrastruktur zu zerschlagen.
Vielmehr sind die in der oben erwähnten Studie angeführten Lösungsmöglichkeiten
mit den in Betracht kommenden Partnern zu realisieren. Dabei sollte der Bund als im
Studienergebnis unmittelbar angesprochener zentraler Mitverantwortungsträger
zusammen mit dem Land Tirol als Motor die Umsetzung aktiv vorantreiben.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Welche Gütermengen und welche Zahl an Fahrgästen wurde in den Jahren 1997,
1998,1999 und 2000 jeweils befördert? Bitte geben Sie auch die Quelle der von
Ihnen genannten Zahlen sowie die jeweilige Zahl der zB durch Lawinengefahr
bedingten Tage mit Streckensperren bekannt.
2. Falls die Zahlen zu beförderten Gütermengen und Fahrgästen von den ÖBB
stammen: Welche Untersuchungen, Studien oder andere Aktivitäten haben Sie bzw.
Ihre Vorgänger gesetzt oder beauftragt, um die angegebenen Zahlen zu verifizieren,
was waren die Ergebnisse dieser Aktivitäten und welche von dritter Seite
angefertigten Fahrgastzählungen oder Güterstatistiken sind Ihnen bekannt?
3. Welche Einnahmen und Ausgaben sind für die Ausserfernbahn in den Jahren
1997,1998,1999 und 2000 jeweils bekannt?
4. Falls die Zahlen zu Einnahmen und Ausgaben von den ÖBB stammen: Welche
Untersuchungen, Studien oder andere Aktivitäten haben Sie bzw. Ihre Vorgänger
gesetzt oder beauftragt, um die angegebenen Zahlen (zB im Hinblick auf die
Zurechnung von Personalkosten zu dieser Strecke) zu verifizieren, was waren die
Ergebnisse dieser Aktivitäten, welche von dritter Seite angefertigten Einnahmen -
oder Ausgabenberechnungen oder - schätzungen sind Ihnen bekannt und worin
unterscheiden sich deren Ergebnisse von den Angaben der ÖBB?
5. Sind Sie auch der Meinung, dass es nicht angeht, einen ganzen Bezirk vom
österreichischen Bahnnetz zu isolieren, zumal die einzige verbleibende Verbindung
nach Tirol (Fernpaß - Straße) durch Witterungsbedingungen und Staus nicht
gewährleistet ist und somit keine Alternative darstellen kann.
6. Soll Ihrer Meinung nach der Betrieb des Güterverkehrs auf der Ausserfernbahn
weiterbestehen, wenn ja, warum, wenn nein,
warum nicht?
7. Soll Ihrer Meinung nach der Betrieb des Personenverkehrs auf der
Ausserfernbahn weiterbestehen, wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?
8. Wenn nein, für welchen Zeitpunkt ist die Einstellung beabsichtigt?
9. Wenn ja, wie und unter Verwendung welcher Bundesmittel soll dieser
Weiterbestand gesichert werden?
10. Wurde mit dem Land Tirol Kontakt aufgenommen, um diesen Weiterbestand zu
gewährleisten und mit welchen Ergebnissen?
11. Wurde mit Deutschland, der Deutschen Bahn AG, der Bayerischen
Eisenbahngesellschaft oder anderen deutschen Stellen Kontakt aufgenommen, um
diesen Weiterbestand zu gewährleisten und mit welchen Ergebnissen?
12. Inwieweit wurden die Ergebnisse der INTERREG - Studie zur Erhaltung der
Ausserfernbahn in die Diskussion bzw. Entscheidungsfindung einbezogen?
13. Gibt es Zusagen von Seiten des Bundes, des Landes Tirol oder Dritter, sich an
Betrieb, Aufrechterhaltung und Neuinvestitionen für die Ausserfernbahn zu
beteiligen, und wenn ja, in welcher Weise (finanziell, organisatorisch, ...) und in
welchem Umfang?
14. Wenn ja, welcher Art und Weise und welchen finanziellen oder sonstigen
Umfangs wäre/n diese Beteiligung/en des Bundes, des Landes Tirol oder Dritter?
Falls genaue Zahlen nicht oder noch nicht verfügbar sein sollten, bitte um als solche
gekennzeichnete Schätzungen aufgrund der gegebenen Zusagen.
15. Der derzeitige Schienenersatzverkehr auf der Ausserfernbahnlinie bringt
erhebliche Verschlechterungen für die Fahrgäste (erschwertes Umsteigen, ständige
Verspätungen, keinerlei Anschlußsicherheit, mangelnde Beschilderung, mangelnder
Informationsfluß, Haltestellen ...) und verärgert diese in hohem Maße. Sind Sie auch
der Meinung, daß durch diese Umstände die Anweisung vom 30.8.2000 von Minister
Schmid an ÖBB Gen Dir Draxler, alles zu unterlassen, was den Wert dieser Bahnlinie
mindern könnte, vom zuständigen ÖBB Vorstand in grober Weise vernachlässigt
wird?
16. Wenn ja, welche Gegenmaßnahmen haben Sie wann ergriffen bzw. werden Sie
wann ergreifen?
17. Welche Gegenmaßnahmen wurden bzw. werden von Ihrer Seite wann ergriffen,
um die Konkurrenzsituation Bus - Bahn auf dieser Relation aufzuheben?
18. Wurde bzw. wird aufgrund der offenkundigen Unwilligkeit der ÖBB eine
Interessentensuche durchgeführt (gemäß den für den Fall der Einstellungswilligkeit
gegebenen gesetzlichen Erfordernissen) und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
19. Liegen Ihnen innerhalb oder außerhalb einer im Sinne von Frage 18
durchgeführten Suche ernstzunehmende Interessensbekundungen österreichischer
nicht - bundeseigener Eisenbahnunternehmen zum Weiterbetrieb dieser Strecke vor,
und wenn ja, welches Verkehrsangebot umfassen
diese im einzelnen?
20. Ist für den Weiterbetrieb des Personenverkehrs auf der Ausserfernbahn ein
Ausschreibungsverfahren in Vorbereitung oder Umsetzung?
21. Wenn ja, durch wen und mit welchem Zeithorizont?
22. Wenn nein, warum nicht?