1856/J XXI.GP
Eingelangt am: 2.1.2001
der Abgeordneten Helmut Dietachmayr
und Genossen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Abfertigung
Die jetzige Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsübereinkommen zum Ziel
gesetzt, die Abfertigung in eine Zusatzpension umzuwandeln. Die Forderungen,
Abfertigungsansprüche verpflichtend in eine Pensionskasse einzubringen und die
Abfertigung in einer Übergangsphase erhöht zu besteuern, sind für uns inakzeptabel.
Außerdem sind dies die Vorbereitungen für weitere Verschlechterungen in der
Pensionsversicherung.
Nach den Plänen der FPÖVP zahlen die Arbeitgeber statt der bisherigen Rücklagen,
die sie für die Abfertigung bilden, eine gewisse Summe in eine Pensionskasse ein,
sodass Zusatzpensionen aufgebaut werden. Die Pläne sehen weiters vor, dass die
Betriebe erst nach einem Jahr in die Pensionskasse einzahlen. Das bedeutet im
Ergebnis, dass es einen Abfertigungsanspruch erst nach dem ersten Dienstjahr gibt.
Grundsätzlich soll 25 Jahre lang in die Pensionskasse eingezahlt werden.
Wer gekündigt wird, soll die Wahl zwischen Geld oder Anspruch auf Zusatzpension
haben. Bei Selbstkündigung oder einvernehmlicher Lösung soll das Geld in der
Pensionskasse veranlagt bleiben.
Es ist unklar, welche Regelungen es für die Ansprüche von Personen gibt, die in
Pension gehen. Die versicherungsmathematisch zu errechnende Summe, die die
Unternehmen veranlagen müssen, ist noch offen.
Um tatsächlich für Arbeitnehmer/Innen ein besseres Abfertigungssystem zu
erreichen, darf es zu keinem Abfertigungsverlust durch bestimmte Arten der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen! Die Abfertigung darf auch nicht zur
Ersatzpension umfunktioniert werden. Es ist die Einzahlung für den
Abfertigungsanspruch ab dem ersten Tag sicherzustellen und es ist zu garantieren,
dass die erworbene Abfertigung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, aber
auch nach längeren Beschäftigungszeiten ausbezahlt wird. Ein zwangsweises
Ansparen bis zum Pensionsalter ist abzulehnen. Die Begrenzung der
Beitragsleistung auf 25 Beschäftigungsjahre - wie im ÖVP - Abfertigungs - Modell -
wird abgelehnt. Das würde für Arbeitnehmer mit Unterbrechungen, insbesondere für
Frauen, eine zusätzliche Benachteiligung am Arbeitsmarkt bedeuten.
Über eine Million Arbeitnehmer sind jährlich von der Beendigung ihres
Arbeitsverhältnisses betroffen. Nur jeder fünfte erhält eine Abfertigung, weil drei
Viertel der Arbeitsverhältnisse kürzer als drei Jahre dauern. Bei einem Drittel
vernichtet die Auflösungsart einen Anspruch. Das geltende Recht schließt die
Mehrheit der Arbeitnehmer von der Abfertigung aus und behindert ihre Mobilität. Es
motiviert Arbeitgeber zu Kündigungen und zur Konstruktion von
Entlassungsgründen. Es begünstigt Unternehmen mit schlechten
Arbeitsbedingungen und hoher
Mitarbeiterfluktuation.
Die Abfertigung ist kein „Privileg“, sondern ein Lohnbestandteil. Die Abfertigung ist
ein Entgelt, das durch die Arbeitsleistung bereits verdient worden ist. Daher haben
alleine die Arbeitnehmer zu entscheiden, ob sie eine Zusatzpension oder eine
Abfertigung nach Beendigung eines Dienstverhältnisses wollen.
Ein kontinuierliches Anwachsen des Anspruches ab Beginn des Arbeitsverhältnisses
ist daher eigentlich selbstverständlich. Die einjährige Wartefrist des ÖVP -
Abfertigungs - Modells würde alle Arbeitnehmer mit kurzfristigen Arbeitsverhältnissen,
insbesondere Saisonarbeitnehmer, ausschließen.
Das SPÖ - Modell sieht daher die Einbeziehung aller Arbeitsverhältnisse in das
Abfertigungssystem vor, da ab dem ersten Arbeitstag Abfertigungsanwartschaften
erworben werden. Damit wird die Benachteiligung von Beschäftigten in
Saisonbranchen und von kurzen Arbeitsverhältnissen beseitigt.
Wir lehnen die Abschaffung des begünstigten Steuersatzes von sechs Prozent ab!
Die Auslagerung an Abfertigungskassen muss alleine dem Ziel der Sicherung der
Ansprüche dienen. Die Beitragsleistung der Arbeitgeber muss so hoch sein, dass
keine Kürzung der Abfertigung eintreten kann. Die Mitbestimmung der
Arbeitnehmer/Innen in den Abfertigungs - Kassen ist sicherzustellen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nachstehende
1. Wie sieht das von Ihnen propagierte neue Abfertigungsmodell, das in den
nächsten Monaten beschlussreif sein soll, konkret aus?
2. Wollen Sie die Abfertigung in eine Zusatzpension umwandeln, sodass
Abfertigungsansprüche verpflichtend in eine Pensionskasse eingebracht werden
müssen? Falls ja, welche Vorteile für die Arbeitnehmer bzw. Unternehmer
versprechen Sie sich davon?
3. Bekennen Sie sich dazu, dass die Abfertigung ein Lohnbestandteil ist und daher
alleine die Arbeitnehmer zu entscheiden haben, ob sie eine Zusatzpension oder
eine Abfertigung nach Beendigung eines Dienstverhältnisses wollen? Falls nein,
warum nicht?
4. Soll die einjährige Wartefrist - wie im ÖVP - Abfertigungsmodell - kommen, obwohl
alle Arbeitnehmer mit sehr kurzen Arbeitsverhältnissen, insbesondere
Saisonarbeitnehmer, von der Abfertigung ausgeschlossen würden? Falls ja, wie
rechtfertigen Sie die Schlechterstellung dieser großen Gruppe der Arbeitnehmer?
5. Wird das neue Abfertigungsmodell so gestaltet, dass es zu keinem
Abfertigungsverlust durch bestimmte Beendigungsarten des Arbeitsverhältnisses
kommt? Falls nein, warum
nicht?
6. Falls nein, durch welche Beendigungsarten des Arbeitsverhältnisses wird es zu
einem Abfertigungsverlust kommen und wie begründen Sie diese Haltung?
7. Warum soll bei Selbstkündigung oder einvernehmlicher Lösung das Geld in der
Pensionskasse veranlagt bleiben und den Arbeitnehmern nicht das Wahlrecht
zwischen Geld oder Weiterverbleib in der Kasse eingeräumt werden?
8. Wird es im Falle der Auslagerung an Abfertigungskassen zu einer Kürzung der
Abfertigungen kommen? Falls ja, warum und in welcher Höhe?
Falls nein, wie hoch muss der Beitragssatz sein, damit es zu keinen Kürzungen
kommt?
9. Wird die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Abfertigungskassen
sichergestellt? Falls ja, wie soll diese konkret aussehen?
10.Wie wird die Abfertigungsregelung für jene Personen aussehen die in den
nächsten Jahren in Pension gehen?
11 .Wie hoch ist der versicherungsmathematische Beitrag bzw. die Summe, die die
Unternehmen veranlagen müssen, um die Abfertigungen ausreichend zu
dotieren?
12. Soll es tatsächlich zu einer Begrenzung der Beitragsleistung auf 25
Beschäftigungsjahre kommen, obwohl dies für Arbeitnehmer mit Unterbrechungen
- insbesondere für Frauen - eine zusätzliche Benachteiligung am Arbeitsmarkt
bedeuten würde? Falls ja , wie rechtfertigen Sie diesen Schritt gegenüber diesen
Arbeitnehmern?
13. Wird es zu einer Abschaffung des begünstigten Steuersatzes von sechs Prozent
kommen? Falls ja, wie hoch wird der Steuersatz in Zukunft sein?