1858/J XXI.GP
Eingelangt am: 2.1.2001
der Abgeordneten Helmut Dietachmayr,
und Genossen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Berufsfeuerwehr
Nach einer wissenschaftlichen Studie des Hamburger Arbeitsmediziners Dr. Jürgen
Tempel, Lehrbeauftragter an der Universität Bremen für „Medizinische Grundlagen
der Gesundheitswissenschaften“, mit dem Titel ‚,Lebensarbeitszeit der
Feuerwehrleute - Betroffenheitsanalyse“ aus dem Jahr 1998, haben
Berufsfeuerwehrleute in Deutschland wegen ihrer hohen Arbeitsbelastung und des
berufsbedingten Gefährdungsrisikos eine um sieben Jahre verkürzte
Lebenserwartung. Danach werden Feuerwehrleute im Durchschnitt nur 65,4 Jahre
alt, während andere Männer in Deutschland eine Lebenserwartung von 72,7 Jahre
haben. Es ist anzunehmen, dass die Situation der Berufsfeuerwehrleute in Österreich
vergleichbar ist.
Einem äußerst harten Berufsleben, geprägt von ständigem Schichtdienst mit allen
negativen Auswirkungen auf soziale Bindungen (Familie, Freundeskreis),
Schwerstarbeit mit oft akuter Gefahr für Leib und Leben (Giftstoffe, Explosionen)
sowie hohen psychischen Belastungen (bizarre Selbstmordfälle, Tod von Kindern),
steht ein durch die geringere Lebenserwartung verkürzter Ruhestand gegenüber.
In den letzten Jahren wurde das Personal der Berufsfeuerwehren in Österreich kaum
mehr pragmatisiert sondern zunehmend nach dem ASVG beschäftigt.
So gibt es zum Beispiel in Klagenfurt seit 1998 und in Innsbruck seit 01.01.1999
generell keine Pragmatisierung mehr. Dies hat zur Folge, dass in Innsbruck 34
Feuerwehrleute nach dem ASVG beschäftigt und 62 pragmatisiert sind. In Klagenfurt
gibt es überhaupt nur mehr einen pragmatisierten und 54 nicht pragmatisierte
Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr!
Diese Entwicklung führt zu einer fehlenden Absicherung im Alter. Da kein
Kündigungs - u. Versetzungsschutz bei Branddienstuntauglichkeit existiert, droht den
Feuerwehrleuten der Verlust des Arbeitsplatzes, falls sie aufgrund ihres Alters und
gesundheitlichen Problemen den schwierigen Anforderungen nicht mehr gewachsen
sind.
Durch die Änderungen im Pensionsrecht wurde auch die Situation für die
Angehörigen eines Berufsstandes verschlechtert, die ohnehin eine wesentlich
kürzere Lebenserwartung und daher auch eine verkürzte Pensionszeit vor sich
haben. Feuerwehrmänner und - frauen müssen nach Ihren Vorstellungen bis 61 1/2
Jahren mit schweren Atemschutz arbeiten. Unsere Vorstellung lautet, die
Bestimmungen des Nachtschwerarbeitsgesetzes anzuwenden. Dies würde eine
Angleichung an die international üblichen Standards bedeuten.
Die Berufsfeuerwehrleute fordern die Schaffung eines Berufsbildes
,,Feuerwehrmann“. Bei den sechs Österreichischen Berufsfeuerwehren wird nur
jemand mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung aufgenommen. Nach dem
Eintritt muss der Einzelne noch über sechs Jahre den Beruf ,,Feuerwehrmann/frau“
erlernen. Das heißt, dass ein
zusätzlicher neuer Beruf erlernt werden muss. Doch
genau dafür gibt es kein anerkanntes Berufsbild. Daher haben alle sechs
Österreichischen Berufsteuerwehren ihre Ausbildung völlig gleichgeschaltet, um auf
diese Weise den Grundstein für das Berufsbild ,,Feuerwehrmann/frau“ zu legen.
Seitens Ihres Ministeriums wurde die Einrichtung eines Lehrberufes für den Bereich
der Berufsfeuerwehr angeregt um den Berufsschutz im Sinne des §255 ASVG
sicherzustellen. §255 Abs.1 ASVG bestimmt in seiner ersten Tatbestandsalternative
als Voraussetzung für den Status „berufsunfähig / invalid" eines Versicherten, dass
dieser überwiegend in einem erlernten Beruf tätig gewesen sein muss.
Für den Begriff des erlernten Berufes enthält das Gesetz keine Definition. Zu den
erlernten Berufen gehören alle Berufe, für die ein bestimmter Ausbildungslehrgang
vorgeschrieben ist, dessen erfolgreicher Abschluss Voraussetzung für die Ausübung
dieses Berufes ist. Erlernter Beruf ist ein Beruf, auf den ein Lehrverhältnis vorbereitet
hat. Ich halte es jedoch nicht für sinnvoll, die Feuerwehrleute in eine Lehre zu
schicken, da eine abgeschlossene Berufsausbildung ohnehin Anstellungserfordernis
für die Tätigkeit bei der Berufsfeuerwehr ist.
Um gegebenenfalls den Status ,,berufsunfähig/ invalid“ zu bekommen, reicht auch,
dass der Versicherte überwiegend in einem angelernten Beruf tätig war. Der Begriff
des angelernten Berufes ist im Gesetz selbst definiert (§255 Abs.2 ASVG). Handelt
es sich daher um Fähigkeiten, für die eine Ausbildung in Form eines
Lehrverhältnisses nicht vorgesehen ist, wird daher die Feststellung notwendig sein,
dass eine solche Tätigkeit nach den in Betracht kommenden Voraussetzungen im
allgemeinen eine ähnliche Summe besonderer Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert
wie die Tätigkeit in einem erlernten Beruf.
Es wäre daher sinnvoll, ein anerkanntes Berufsbild des ,,Berufsfeuerwehrmannes“ zu
schaffen, welches die Voraussetzungen des angelernten Berufes im Sinne des
ASVG erfüllt, dadurch wäre der Berufschutz im Sinne des ASVG sichergestellt ohne,
die Feuerwehrleute neuerlich in die Lehre zu schicken.
Die Erlassung von Vorschriften, die die Berufsausübung regeln, obliegt dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Die Angelegenheiten des
Feuerwehrwesens fallen jedoch grundsätzlich in die Kompetenz der Länder. Diese
haben jedoch bisher in dieser Angelegenheit keine Fortschritte erzielt.
Aufgrund der kompetenzrechtlichen Situation im Bereich des Feuerwehrwesens in
Zusammenhang mit der Bestimmung des §5 BAG kann auf der Grundlage des
Berufsausbildungsgesetzes ein Berufsbild Feuerwehrmann nicht geschaffen bzw. ein
entsprechender Lehrberuf nicht eingerichtet werden.
Um eine bundesweit gleich qualifizierte Ausbildung zu garantieren und eine
schnellere und einheitliche Vorgangsweise zugunsten der Berufsfeuerwehrleute zu
erreichen wird angeregt, die Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich des
Berufsfeuerwehrwesens in einem Staatsvertrag nach Art.15a B - VG festzulegen. Dies
würde auch dem Wunsch der Regierung nach Verwaltungsvereinfachung
entgegenkommen.
In den letzten Jahren wurde kein einziger Antrag auf Berufsunfähigkeits -
Invaliditätspension für Berufsfeuerwehrleute gestellt. Diese Situation wird sich jedoch
in einigen Jahren aufgrund der Beschäftigung der Feuerwehrleute nach dem ASVG
ändern. Es ist daher höchste Zeit für eine pensions - und sozialrechtliche Absicherung
und Besserstellung.
(Hinweis: Diese Anfrage wurde auch an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
gerichtet.)
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen nachstehende
1. Woran ist die Schaffung eines Berufsbildes „Feuerwehrmann/frau“ bisher
gescheitert?
2. Werden Sie sich für die Schaffung eines Berufsbildes „Feuerwehrmann/frau“
einsetzen? Falls nein, warum nicht? Falls ja, auf welche Art und Weise?
3. Wie wollen Sie sicherstellen, dass ältere Feuerwehrmänner/frauen und solche mit
gesundheitlichen Problemen ihren Arbeitsplatz nicht verlieren, wenn sie nicht mehr
pragmatisiert werden?
4. Wie hoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung der Berufsfeuerwehrmänner
und - frauen in Österreich? Haben diese auch eine um sieben Jahre verkürzte
Lebenserwartung?
5. Was werden Sie unternehmen, um zu verhindern, dass die Mitarbeiter der
Berufsfeuerwehr eine kürzere Lebenserwartung haben, als die übrigen
Österreicher?
6. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Pensionsantrittsalter der
Feuerwehrmänner und - frauen auf den international üblichen Standard von 55
Jahren verkürzt wird, da der geringeren Lebenserwartung auch ein verkürzter
Ruhestand gegenübersteht? Falls nein, warum nicht?
7. Soll Ihrer Meinung nach die Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr wirklich mit 61 1/2
Jahren mit schweren Atemschutz oft unter akuter Gefahr für Leib und Leben
arbeiten?
8. Werden Sie sich für eine Verfassungsänderung dahingehend einsetzen, dass das
Feuerwehrwesen in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz des
Bundes fällt, sodass für ganz Österreich die Ausbildung einheitlich geregelt und
ein Berufsbild des ,,Feuerwehrmannes“ geschaffen werden kann, welches
zumindest die Voraussetzung des angelernten Berufes erfüllt? Falls nein, warum
nicht?
9. Welchen anderen Weg würden Sie vorschlagen, um das Berufsbild des
,,Feuerwehrmannes“ zwecks Sicherstellung des Berufsschutzes zu ermöglichen?
10. Werden Sie sich bei den Landeshauptleuten für die Umsetzung der Forderungen
der Berufsfeuerwehr einsetzen, was Ihnen ja nicht schwer fallen kann, da die
meisten Landeshauptleute in Österreich von der ÖVP und FPÖ gestellt werden?
Falls nein, warum nicht? Falls ja, auf welche Weise?
11. Wie viele Berufsfeuerwehrmänner/frauen sind in den letzten 15 Jahren im Dienst
verstorben bzw. schwer verletzt worden?
12. Wie viele Berufsfeuerwehrmänner/frauen werden in den nächsten Jahren in
Pension gehen? Wie viele Berufsfeuerwehrmänner/frauen sind bisher aus
welchen Gründen vorzeitig in Pension gegangen?