1967/J XXI.GP

Eingelangt am: 21.2.2001

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Tarifdschungel bei der ÖBB

In der 47. Verordnung Ihres Ministeriums über die allgemeinen

Beförderungsbedingungen für den Kraftfahrlinienverkehr (Kfl - Bef. Bed) befindet sich

in Anlage 1 zu diesen Beförderungsbedingungen die Zusammenstellung der

Personengruppen, die Anspruch auf eine Fahrpreisermäßigung im

Kraftfahrlinienverkehr haben.

Wie seit Jahren versprochen, kommt es auch in dieser Novelle zu keiner

Vereinheitlichung der Tarife der ÖBB Schienenbeförderung und der ÖBB

Linienbeförderung. Dies führt weiterhin zu undurchschaubaren Tarifen für die

BenutzerInnen von Verkehrsmitteln der ÖBB.

 

Weder die Schalterbeamte noch Verfasser der Tarifbestimmungen können eine

verständliche Auskunft über Fragen zu diesem Tarifdschungel den Kunden geben.

Auf die Frage der Kunden: Warum gibt es dass“? kommt die, für mich berechtigte,

Antwort des ÖBB Personals: „Ja, so ist es halt, da können wir nichts dafür, dass

machen die da oben“. Mit „die da oben“, sind Sie als zuständige Ministerin gemeint.

 

So passierte Frau F. folgendes:

                Frau F. hat eine ÖBB Vorteilscard und fuhr am 19.2.01 von Wien nach

                Seitenstetten und retour. Sie kauft sich in Wien ihre 50 % ermäßigte Fahrkarte

                von Wien West nach Seitenstetten und retour.

                Von Wien bis Amstetten fährt sie mit der ÖBB Schiene, alles okay! In Amstetten

                muß sie in den ÖBB Bus nach Seitenstetten umsteigen: Als sie dem ÖBB

                Busfahrer die Karte vorweist, teilt dieser ihr mit, die ÖBB Zugkarte gelte für den

                Anschluß nach Seitenstetten nicht, und wenn sie jetzt mitfahren wolle, dann

                muß sie die Buskarte von Amstetten nach Seitenstetten kaufen. Frau F.

                bezahlte daraufhin die Fahrt von Amstetten nach Seitenstetten ein zweites mal.

                Auf die Frage von Frau M.:“ Fahre ich hier nicht mit der ÖBB weiter“?,

                antwortete der Busfahrer: „Ja schon, aber hier bin ich im Linienverkehr

                unterwegs und da gilt ihre Karte leider nicht“!

 

                Bei der Rückfahrt am abend traf Frau F. auf den Fahrer von mittag. Ohne

                Aufforderung wollte sie sich die Fahrt von Seitenstetten nach Amstetten ein

                zweites mal kaufen. Der Fahrer erklärte ihr aber, da er ja Frau F. schon kannte,

                diesmal brauche sie nicht bezahlen, denn jetzt fahr ich im Schienenersatz -

                verkehr und da gilt ihre Zugkarte.

                Dass die Verwunderung von Frau F. groß war, ist verständlich. Nicht nur der

                Busfahrer, sondern auch der Bus vom vormittag war der gleiche.

Herr P. machte mit seiner Tochter folgende unerklärliche Erfahrung mit der ÖBB:

                Bei einer Reise mit seiner Tochter in Oberösterreich war Herr P. via

                Familienvorteilscard unterwegs. Als er vom Zug in den ÖBB Bus umsteigen

                mußte, war plötzlich seine Familienvorteilscard ungültig. Die Begründung des

                Busfahrers: „Bei uns gibt es andere Spielregeln", mit einem Kind sind sie

                sowieso keine Familie und wo ist denn ihre Frau“? Herr P. mußte den vollen

                Preis bezahlen, weil er nur mit einem Kind unterwegs war, Herr P. hat nur eine

                Tochter und nach dem Studium der Beförderungsbedingungen für den

                Kraftfahrlinienverkehr des Bundes mußte er im Abschnitt „genehmigte

                Fahrpreisermäßigungen“ unter Punkt 8 feststellen, dass er gar keine Anspruch

                auf Tarifermäßigung lt. diesen Bestimmungen habe, denn wie unter Punkt 8

                festgehalten, ist eine Familie nur dann eine Familie, wenn sie zumindest

                2 Kinder (mit Anspruch auf Familienbeihilfe) hat und der zweite Elternteil mit

                Herrn P. und zumindest einem dieser Kinder gemeinsam reisen.

                Für Herrn P. ist nicht nachvollziehbar, warum eine 1 Kind Familie keine Familie

                ist.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.Können Sie sich vorstellen, generell auch im Kraftfahrlinienverkehr jene Tarife

    bzw. Tarifbegünstigungen und Tarifermäßigungen einzuführen, wie sie im

    Schienenverkehr angeboten werden?

    Wenn ja: Wie werden Sie konkret wie verändern?

    Wenn nein: Warum nicht?

 

2. Sind Sie auch der Meinung, dass der derzeitige Tarifdschungel nur dazu führt,

    dass dieser von BenutzerInnen der öffentlichen Verkehrsmittel der ÖBB weder

    nachvollzogen werden kann, noch sinnvoll ist?

    Wenn ja: Wann wird es endlich einheitliche und nachvollziehbare

    Tarifbestimmungen für die öffentlichen Verkehrsmittel des Bundes geben?

 

3. Sind Sie auch der Meinung, dass der derzeitige Tarifdschungel nur enormen

    Personal und Verwaltungsaufwand erzeugt und eine Vereinheitlichung der

    Tarife von Schiene und Linie der ÖBB nicht nur wesentliche Erleichterungen,

    sondern auch erhebliche Einsparungen bringen würde?

    Wenn ja: Woran liegt es, dass diese hausgemachten Kosten noch so intensiv

    aufrechterhalten werden?

    Wenn nein: Warum nicht?

 

4. Können Sie Frau F. eine logisch nachvollziehbare Antwort anbieten?

    Wenn ja: Wie lautet diese konkret?

    Wenn nein: Was ist der Grund dafür?

5. Können Sie Herrn P. eine logisch nachvollziehbare Antwort anbieten?

    Wenn ja: Wie lautet diese konkret?

    Wenn nein: Warum sind Sie dazu nicht in der Lage?

 

6. Welche Überlegungen sind vorausgegangen, damit das Ergebnis der 47.

    Verordnung: Allgemeine Beförderungsbedingungen für den

    Kraftfahrlinienverkehr (Kfl - Bef. Bed.) so ist wie sie ist?

 

7. Ist diese Richtlinie im Sinne des Regierungsübereinkommens, nämlich

    Vereinheitlichung, transparent und schlanker Staat, etc. entstanden?

    Wenn ja: Wie begründen Sie diese drei selbstgesteckten Ansprüche anhand

    dieser Verordnung?

    Wenn nein: Warum wurde in diesem Fall das Übereinkommen nicht

    eingehalten?

 

8. Sind Sie mit dem Ergebnis dieser 47. Verordnung zufrieden?

    Wenn ja: Was macht Sie so zufrieden?

    Wenn nein: Sind Sie bereit, diese Verordnung rasch durch eine neue,

    brauchbare und transparente Verordnung, also der 48. Verordnung zu

    ersetzen?

    Wenn ja: Wann werden Sie die 48. Verordnung erlassen?