2122/J XXI.GP

Eingelangt am: 15.03.2001

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend die Regierungsvorlage zu einem Kriegsgefangenen -

Entschädigungsgesetz (Budgetbegleitgesetz 2001 Art. 70)

 

Im Koalitionsabkommen von FPÖ und ÖVP haben die beiden Regierungsparteien

erklärt, sie würden sich um „sachgerechte Lösungen" für NS - ZwangsarbeiterInnen

und "in Fragen der österreichischen Kriegsgefangenen sowie der in der Folge der

Benes - Dekrete und Avnoj - Bestimmungen nach Österreich vertriebenen

deutschsprachigen Bevölkerung“ bemühen.

Im Juli 2000 erklärte der Obmann des Kameradschaftsbundes und frühere

ÖVP - Parlamentarier Otto Keimel, dass er dabei an eine monatliche Rente für

ehemalige Kriegsgefangene denke, die für Mindestrentner zwischen 300 und 500

Schilling betragen könnte.

Keimel erklärte am 16.7.2000 gegenüber der APA, dass verurteilte Kriegsverbrecher

aus der Regelung ausgenommen werden sollten, sprach sich aber dafür aus, dass

Angehörige der Waffen - SS "etwas bekommen“ sollten, weil die Waffen - SS - so

Keimel - nicht als verbrecherisch gewertet werden könne.

Sie werden von der APA am 11. Oktober 2000 aus Anlass des

Regierungsbeschlusses zum Kriegsgefangenen - Entschädigungsgesetzes mit den

Worten zitiert: "Die Regierung wolle sehr differenziert vorgehen“. Dem Kreis der

Empfänger sollen nur jene angehören, die nach dem Krieg sich nicht einer

Entnazifizierung unterziehen mussten bzw. jene Österreicher in sowjetischer

Kriegsgefangenschaft, die rehabilitiert wurden.“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1) Welche Passage der Regierungsvorlage zum Kriegsgefangenen -

    Entschädigungsgesetz (Budgetbegleitgesetz 2001 Art. 70) stellt sicher, dass

    ehemalige NationalsozialistInnen nicht in den Genuss einer Zusatzzahlung

    nach dem Kriegsgefangenen - Entschädigungsgesetz kommen?

 

2) Die §§ 1, 2 der Regierungsvorlagen sind fast wortident dem Gesetz über

    Finanzielle Hilfeleistungen an Spätheimkehrer (BGBl. Nr. 128/1958)

    entnommen. Sind Ihnen Beispiele bekannt, bei denen AntragstellerInnen nach

    diesem Gesetz die Zahlung einer finanziellen Hilfeleistung aufgrund ihrer

    NS - Mitgliedschaft, einer Funktion in der NSDAP oder eines Kriegsverbrechens

    verweigert wurde?

3) Ist es richtig, dass der Mitarbeiter des Stabes Eichmann Josef Weiszl, der

     direkt an „Judenaushebungen" in Wien, Prag, Paris und Lyon beteiligt

     gewesen war und sich dabei schwerer Misshandlungen schuldig gemacht

     hatte, deswegen in Frankreich zu lebenslanger Haft verurteilt worden war,

     nach seiner Begnadigung und Rückkehr nach Österreich seitens des

     Bundeskanzleramtes mitgeteilt wurde, dass er unter die Bestimmungen der

     Spätheimkehrer falle und in der Folge auch von der Heimkehrer - Fürsorge

     erfasst wurde?

 

4) Stellt die Nachbildung des Kriegsgefangenen - Entschädigungsgesetzes nach

     dem Gesetz über die Finanzielle Hilfeleistung an Spätheimkehrer sicher, dass

     Menschen, die sich nach 1945 einer Entnazifizierung unterziehen mussten

     oder sich vor 1945 schwerer Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben, vom

     Erhalt einer Zusatzzahlung und der damit verbundenen "Würdigung der

     Verdienste der Kriegsgeneration" (wie es Vizekanzlerin Riess - Passer in einer

     Aussendung vom 11. Oktober 2000 formulierte) ausgeschlossen sind?

 

5) Halten Sie es für möglich, dass Ansprüche nach dem Kriegsgefangenen -

    Entschädigungsgesetz zu einem früheren Zeitpunkt ausbezahlt werden als

    Zahlungen aus dem Versöhnungsfonds?

 

6) Werden durch das Kriegsgefangenen - Entschädigungsgesetz Angehörige der

     SS bzw. Waffen - SS vom Bezug einer Leistung nach dem Kriegsgefangenen -

     Entschädigungsgesetz ausgeschlossen?

     6a) Wenn nein, warum nicht?

 

7) Nach wie vor sind im Opferfürsorgegesetz (im Unterschied zum

     Nationalfondsgesetz) bestimmte Opfergruppen der NS - Gewaltherrschaft (i.e.

     Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden,

     Zwangssterilisierte und sogenannte „Asoziale“) vom Geltungsbereich dieses

     Gesetzes ausgeschlossen und daher von der Republik Österreich nicht als

     Opfer der NS - Herrschaft anerkannt. Werden Sie bzw. die österreichische

     Bundesregierung eine Initiative zur Anerkennung dieser NS - Opfer im

     Opferfürsorgegesetz setzen?

     7a) Wenn nein, warum nicht?

 

8) Halten Sie es für möglich, dass Opfer des Nationalsozialismus die genannte

    Regierungsvorlage als Affront empfinden?

 

9) Was werden Sie Menschen sagen, die das Kriegsgefangenen -

    Entschädigungsgesetz in Form der vorliegenden Regierungsvorlage als

    Beleidigung der Opfer des NS - Regimes ansehen?