2168/J XXI.GP
Eingelangt am: 20.03.2001
der Abgeordneten Lunacek, Brosz, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Führerscheinentzug an einem homosexuellen Niederösterreicher
Verschiedenen Medienberichten zufolge hat das Amt der NÖ - Landesregierung per
Bescheid eine Berufung eines Wr. Neustädters abgelehnt, die sich gegen den Entzug des
Führerscheines durch die Bundespolizei Wr. Neustadt gewendet hatte.
Der Mann war - laut Medienberichten - zweimal wegen Verstoßes gegen § 209 StGB
(freiwilliger, homosexueller Verkehr von Erwachsenen Männern mit Minderjährigen im
Alter zwischen 14 und 18 Jahren) verurteilt worden. Als die Polizei einer weiteren Anzeige
nachging (die zu einem Prozess führte, der mit Freispruch endete), leitete sie auf Grund
der bereits verbüßten Haftstrafen ein Führerscheinermittlungsverfahren ein und entzog
dem Mann den Führerschein per Bescheid. Die Berufung gegen diesen Bescheid wurde
durch einen Bescheid des Amtes der NÖ - Landesregierung abgewiesen. Der Mann hat
mittlerweile auch seinen Arbeitsplatz verloren.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Entspricht die Faktenlage der in der Begründung dargestellten
Medienberichterstattung?
2. Teilen Sie die in den Medienberichten wiedergegebene Meinung der Polizei, die in dem
erstinstanzlichen Bescheid angeblich meinte, dass auf Grund der „Sinnesart“ des
Betroffenen davon ausgegangen werden müsse, „dass er sich weiterer strafbarer
Handlungen schuldig mache, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert
werden“?
3. Wenn ja, halten Sie auch einen schwulen homosexuellen 19 - Jährigen, der
beispielsweise mit einem 17 - Jährigen in einem Auto geschlechtlichen Kontakt hat für
„nicht verkehrszuverlässig“?
4. Halten Sie heterosexuelle Personen, die im Auto geschlechtlich verkehren für „nicht
verkehrszuverlässig“? Wenn nein, warum dann bei homosexuellen Menschen?
5. Wie rechtfertigen Sie den Führerscheinentzug im gegenständlichen Fall, obwohl laut
Führerscheingesetz hinsichtlich der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs. 2 in
Verbindung mit Abs. 4 Z 2 FSG der § 209
StGB nicht genannt wird?
6. Auf Grund welcher gesetzlichen Grundlage wurde im gegenständlichen Fall die
Verkehrsunzuverlässigkeit festgestellt, zumal nach § 7 Abs. 5 eine Wertung nur bei den in
Abs. 3 angeführten Tatsachen vorzunehmen ist?
7. Werden Sie dafür sorgen, dass in Hinkunft wegen homosexuellen Kontakten zwischen
Männern in einem Auto der Führerschein nicht mehr entzogen wird?
8. Wieviele Fälle sind Ihnen bekannt, in denen wegen homosexuellen Verkehrs zwischen
Männern im Auto in den letzten 5 Jahren der Führerschein entzogen wurde?
9. Was werden Sie unternehmen, um sicherzustellen, dass der im gegenständlichen Fall
betroffenen Person der Führerschein wieder ausgefolgt wird?
10. Halten Sie aufgrund der bestehenden Gesetze den Führerscheinentzug für
rechtswidrig?