2189/J XXI.GP
Eingelangt am: 21.03.2001
des Abgeordneten Lackner
und GenossInnen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Gesundheitssystem und Krankenkassen
Österreich gehört zu den zehn reichsten Ländern der Welt und gibt nur 8,3 Prozent des BIP
oder 2.000 Dollar pro Kopf für die Gesundheit aus. 70,6 Prozent der Österreicherinnen und
Österreicher sind mit der medizinischen Versorgung sehr zufrieden oder zufrieden. Im
Europadurchschnitt sind 41 Prozent der Menschen zufrieden. Tatsächlich wird derzeit nicht
nur in Österreich, sondern auch in anderen Staaten eine Debatte über die Finanzierung des
Gesundheitssystem geführt. Das zeigt, dass es nicht nur um das Defizit der Krankenkassen
geht. Fast überall warnen Experten vor steigenden Gesundheitsausgaben. Vergleicht man aber
die Gesundheitssysteme selbst, schneidet Österreich überraschend gut ab. Zu diesem Ergebnis
kommt nun auch eine EU - Studie der Weltgesundheitsorganisation, der Weltbank, der
Europäischen Investitionsbank und der renommierten London School of Economics and
Political Science.
Bei den öffentlichen Ausgaben liegt Österreich unter dem EU - Schnitt. Gemessen am BIP ist
der öffentliche Anteil mit 5,9 Prozent sogar unter dem Wert der USA von 6 Prozent. Auch auf
der Ergebnisseite sieht die Bilanz durchaus positiv aus. Die Lebenserwartung der älteren
Menschen steigt sogar fast stärker als in anderen Ländern. Gleichzeitig sinkt die frühzeitige
Mortalität - sprich die Quote der Sterbefälle vor der Pension - stark. Man kann deshalb
durchaus sagen, dass das System effizient arbeitet. Selbstverständlich gibt es im
österreichischen Gesundheitswesen auch bekannte Schwachstellen und neue
Herausforderungen. Doch wie die blau - schwarze Koalition jetzt das Problem angeht, führt
nicht zu einer Weiterführung und Optimierung des hervorragenden Systems sondern zur
Zerschlagung der Kassen und des Solidaritätsprinzips. Jeder Kranke soll gezwungen werden,
sich das Kranksein zu finanzieren. Es werden primär ältere und kranke Menschen zur Kasse
gebeten. Die Höhe und Struktur der Gesundheitsausgaben hängt stark vom Alter und
Gesundheitszustand der Patienten ab. So fällt ein beträchtlicher Teil (zwischen einem Drittel
bis zur Hälfte) der individuellen Gesundheitsausgaben in den letzten Jahren eines
Menschenlebens an. Bezieher relativ niedriger Einkommen und kinderreiche Familien werden
wesentlich stärker betroffen sein. Durch Selbstbehalte laufen gerade sozial benachteiligte
Menschen in Gefahr, in die Spirale noch kranker und noch ärmer zu werden. Insgesamt sei zu
bemerken, dass die Versicherungsprämien bei privaten Versicherern überproportional steigen,
das Preis - Leistungs - Verhältnis jedoch schlechter ist. Während Private nur 75 Prozent der
Prämien wieder ausschütten, sind dies in der österreichischen Versicherungslandschaft
90 Prozent.
Die SPÖ orientiert sich an dem Gesundheitssystem, das solidarisch organisiert ist und
Selbstbehalte widersprechen diesem Solidaritätsprinzip. Oberstes Ziel der Gesundheitspolitik
in einem sozialstaatlichen System ist es den freien Zugang zu Gesundheitsgütern und
Dienstleistungen zu gewähren. Es darf zu keiner Zwei - Klassen - Medizin kommen. Niemand
soll von der medizinischen Behandlung ausgeschlossen werden, weil er/sie sich die
medizinische Versorgung, oder die Versicherungsprämie nicht leisten kann oder wenn ihm
seine Versicherung aus z.B. Alters - oder Gesundheitsgründen die volle Risikodeckung
verweigert.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
1. Ist ein Abgehen von der Pflichtversicherung hin zur Versicherungspflicht geplant?
2. Ist Ihrerseits ein klares Bekenntnis zu bewährten Sozialversicherung mit
Pflichtversicherung zu erwarten?
3. Ist die Arbeitsgruppe, die im Regierungseinkommen geplant ist zur Überprüfung ob ein
Wechsel in dieser wichtigen Angelegenheit möglich ist, bereits installiert?
4. Wenn ja, gibt es bereits erste Erkenntnisse?
5. Wenn nein, aufgrund welcher Tatsachen wird davon Abstand genommen?
6. Ist seitens der Regierung geplant, ein Reformkonzept zu erarbeiten, oder wird diese Arbeit
ausschließlich den Sozialpartnern und der Opposition überlassen?