2437/J XXI.GP

Eingelangt am: 10.05.2001

 

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend berichtete Übergriffe von Polizistinnen auf Journalistinnen, Passantinnen

sowie Teilnehmerinnen der Demonstration am Abend des 22. Februar 2001.

 

Im Zuge der Auseinandersetzungen um die von der Behörde aufgelösten

Demonstration vom 22. Februar 2001 ist es - wie folgenden Berichten entnommen

werden kann - seitens der Polizei zu einer Reihe von Übergriffen gegen

Journalistinnen, PassantInnen und DemonstrationsteilnehmerInnen gekommen. Die

folgenden Berichte sind der URL http://www.ballhausplatz.at entnommen und seit

mehreren Wochen über das Internet einsehbar.

 

1) Der Fall Thomas S.*

 

ca. 20:50: ich gehe am rande des demonstrationszuges mit, der sich gerade zum

schwarzenbergplatz begibt. ich sehe einen schwall von behelmten polizisten samt

schild und knüppel vom ring höhe hotel imperial ausfallen, prügelnd und rempelnd

spalten sie die demonstration und treiben einen teil richtung stadtpark.

 

ich gehe am gehsteig zügig in diese richtung und sehe einen teil der versprengten

demonstrantInnen ca. 15 meter von einer polizeikette entfernt. eine frau brüllt die

beamten an, ob sie sich überlegen, für wen sie hier eigentlich stehen. aus den reihen

der beamten (meiner wahrnehmung nach alles wega - beamte) höre ich sprüche wie

„die greifen wir uns“, „die holen wir jetzt“, etc. einige beamte laufen in richtung dieser

frau, ob sie sie wirklich erreichen weiß ich nicht, denn als ich mich durch die polizei

durchbewegen will - mit dem presseausweis in der erhobenen hand - lässt mich der

erste beamte zwar durch, doch sein „kollege“ schlägt mir ansatzlos mit dem schild

ins gesicht. als ich ihm den ausweis vor seine augen halte, brüllt er nur „schleich

dich“, garniert mit etlichen beschimpfungen. ich habe mich dann entlang der

aggressiven beamten richtung gehsteig begeben und kehrte dann richtung

schwarzenbergplatz um.

 

2) Der Fall Andreas H.

 

Schwarzenbergplatz: Polizei läuft Sturm gegen die Demonstranten rennt nieder alle

die nicht rechtzeitig genug flüchten können. Am Boden liegende Personen (auch

Pensionisten) werden mit Fußtritten „bearbeitet“. Einige Platzwunden sind die Folge

Auch ich habe nicht rechtzeitig flüchten können (leichtes Zahnfleischbluten).

 

Nach diesem unnötigen Polizeiansatz zog dann die Demo weiter. Die Polizei

verfolgte weiter.

Nach einigen brennenden Mülltonnen gings dann weiter zur Mariahilferstraße wo

Wasserwerfer warteten. Ein Baustellengitter wurde von Demonstranten dazu

verwendet, um die Straße zu sperren.

 

Mariahilferstraße: Einige zerbrochene Fensterscheiben. Weiter Richtung Apollokino

Kettenbrückengasse - und eine „Hasenjagd“ ohne Chance auf Entkommen Richtung

Margaretenstraße.

 

Margaretenstraße/Ziegelofengasse(Filmcasino). Dort bemerkte ich die ersten

Verhaftungen. Am bodenliegende Leute wurden hinter Autos gezerrt mit Knüppel und

Schuh bearbeitet. Ein Fotograph war anwesend, der auch von der Polizei verjagt

wurde. Ich stand dabei (gegenüberliegende Straßenseite) und hatte das ganze mit

Schrecken beobachtet und wollte mit Handy Rechtshilfe anrufen.

 

Kommen auch ein paar Polizisten auf mich zu, wollten mich wegdrängen und rissen

mir das Handy aus der Hand. Ich wollte das Handy aufheben was mir erst nach

mehrmaligen Versuch gelang. Zwischendurch bekamm ich ein paar Schläge ab.

Bilanz des dortigen Einsatzes für mich (Prellung auf rechter Schulter, rechter

Mittelfinger leicht geschwollen, Schwellungen in Höhe der linken Augenbraue und am

Hinterkopf hinterm rechten Ohr, Ein Polizist hat mir auch in die Hoden mit dem Knie

getreten was kurzzeitig recht heftige Schmerzen verursachte).

 

3) Der Fall Michaela K.*

 

Ich bin bei der Demo ebenfalls von PolizistInnen geschlagen worden. Ich bin keine

Person die mit Gegenständen oder sonstigen Dingen auf etwas schmeißt - egal für

mich ist eine Welt zusammengebrochen am Schwarzenbergplatz.

 

Ich bin am Ende des Demozuges gegangen, als ich den Schwarzenbergplatz

erreichte, war der Platz frei, ich merkte nur das eine komische Situation ist, in

Richtung Stadtpark gehend sah ich einen Menschen, den ich von den

Donnerstagsdemos kenne. Er war blutüberströmt im Gesicht, sein Foto ist übrigens

im Standard, ich bin zu ihm gelaufen und wollte ihn helfen, da ich zu Beginn der

Demo ein Infoblatt mit der Telefonnummer der Rechtshilfe bekommen habe,

versuchte ich diese wiederzufinden.

 

Leider hatte ich den Zettel verloren, der Mann sagte er hätte mit dem Knüppel von

der Polizei eine bekommen. Während wir sprachen, waren wir bei einer

Polizeisperrung angekommen, der Verletzte wurde von einem Freund zur Seite

gebracht, ich wollte zu meinen FreundInnen Richtung Schwarzenbergplatz

zurückgehen.

 

Plötzlich sah ich wie die PolizistInnen auf eine Frau einschlugen, ich lief schreiend

hin und schrie „Sie sollen sofort aufhören auf die Frau einzuschlagen.“ Worauf einige

PolizistInnen auf mich zurannten und mir mit den Knüppel zuerst eine am Oberarm

verpaßten, sie schmießen mich am Boden ein Polizist schimpfte furchtbar und wollte

mich weiter knüppeln, sein Kollege hielt ihn jedoch zurück. Er sagte er soll mich ihn

Ruhe lassen.

 

Ich schrie und weinte hatte einen totalen Schock - eine Welt wurde zerstört. E. und

C. haben mir aus der Situation geholfen und mich zur Seite gebracht. Ich war zuerst

bei der Rechtshilfe, die haben mich informiert1 da mein Arm ziemlich ‚1taub‘ war und

schmerzte sind anschließend 5. und M. mit mir in das AKH gefahren, wo wir

ebenfalls auf Verletzte der Demo getroffen haben.

 

4) Der Fall Josef Z.*

 

Eine Donnerstagsdemo wie jede andere auch, nur, dass wieder einige mehr Leute

gekommen waren.

 

Nach einem Kurzen Zug durch die Stadt, die Zugänge zur Oper waren

selbstverständlich gesperrt, gelangten wir, zum Ring beim Schwarzenbergplatz. Kurz

davor wurde ein Fenster bei der Trigon Bank eingeworfen.

 

Nach dem eine Gruppe von Demonstranten auf die Polizeiabsperrung zugelaufen

waren und es geschafft haben, ein Gitter weg von der Polizei zu zerren, kamen mehr

Polizisten hinter die Absperrungen. Ich ging zu diesem Zeitpunkt mit einigen

Pressephotographen vor den Demonstranten und der Polizei auf und ab und machte

einige Photos mit meiner Digitalkamera. Zu diesem Zeitpunkt warfen auch schon

einige Demonstranten Gegenstände in Richtung Schilder und Helme welche die

Polisten trugen.

 

Plötzlich, ich machte gerade ein Photo, griffen einige Polizisten (ca. 5) eine

Demonstranten an. Ich ging näher, da ich versuchte, Bilder davon zu machen, Kurz

darauf stürmten schwarz uniformierte Polizisten, auf die Demonstranten zu, mit

schwingenden Schlagstöcken und ohne Rücksicht auf ältere, jüngere, oder weibliche

Demonstrationsteilnehmer. Ich fühlte mich zwar nicht wohl in dem Moment, doch als

die ersten Polizisten an mir vorbei waren, ich glaube wegen meiner Kamera, ging es

mir besser.

 

Fast im selben Moment bekam ich auch schon einen Schlag auf den Hinterkopf, und

sank zu Boden. Zusammengekauert lag ich nun auf der Ringstrasse und hoffte, so

verschont zu bleiben, doch dem war nicht so. Tritte trafen meine Beine und meinen

Rücken, (ein größere „Blauer Fleck" auf dem rechten Oberschenkel wird sicher noch

länger zu betrachten sein), begleitet wurden diese Maßnahem von Aussagen wie

,,steh auf g‘schissener“ und ähnlichen. Kurz darauf rappelte ich mich auf und

humpelte vom Schlachtfeld. Als auch schon der nächste Angriff der schwarz

uniformierten Beamten kam und mich und andere nicht „besonderes freundlich“ von

der Strasse stießen, zu einer jungen Frau die am Boden kauert wurde nur: „Steh auf

und spühl die nett so deppat“ geschrieen.

 

Völlig verstört ging ich zum einem höher dekorierten Polizisten den ich seit

unzähligen Demos kenne, auf die Frage, dass das ja nicht die vom Minister so

gelobte Deeskalation sein kam, bekam ich als Antwort nur so was ähnliches wie: „wir

haben ja nicht angefangen... und die Scheibe bei der Bank...“

 

Naja scheinbar war das dann der Ultimative Vergeltungsschlag. Bei einem Krieg

würde die Weltbevölkerung aufschreien, den da wären da Bombardements von

Zivilisten.

Der Zweite Vorfall ereignet sich etwas später in der Operngasse. Zwischen

Absperrungsgitter (der Polizei) und dem Großteil der Demonstranten war in etwa ein

Loch von rund 20m, dazwischen nur vereinzelt Photographen und ein paar

„Anarchos“, die Versucht haben die Gendarmen und Polizisten zu provozieren, lange

Zeit auch ohne Erfolg. Doch die Situation kippte irgendwann, wie genau, kann ich

nicht sagen, doch plötzlich liefen wieder die Polizisten mit der selben Uniform wie

davor auf die Demonstranten zu.

 

Ich konnte durch die Attacken von vorher nicht so schnell laufen, und geriet relativ

schnell in die Masse der Polizisten, meine Reaktion darauf war beide Hände, in der

rechten hatte ich noch meine Kamera, weit in die Höhe zu strecken, und somit frei

nach „Hände hoch oder ich schieße“ meinen Pazifismus kund zu tun. Einige der

Polizisten nahmen das zur Kenntnis, und verschonten mich doch plötzlich bekam ich

ein Schlag auf meinen rechten Zeigefinger welcher sich noch auf dem Auslöser

befand (die sogenannte Blaumeise ist sicher auch noch einige Tage wenn nicht

Wochen gut sichtbar).

 

Durch den Schmerz sackete ich wieder kurzfristig zusammen. Dieses mal wurde ich

nicht getreten. Dafür wieder mit Höflichkeiten überschüttet. Im Endeffekt konnte ich

mich zwischen Autos retten und dort kurz ausharren, dort stellt ich auch fest, dass

meine Kamera in Mitleidenschaft gezogen worden war, sie funktioniert nicht nur nicht

mehr, es sind auch äußere Schäden sichtbar. Wie viel der Schaden ausmacht kann

ich noch nicht beziffern.

 

5) Der Fall Michael W.

 

Meine Freundin und ich erreichen um ca. 20:30 Uhr den Ballhausplatz, die

Demonstranten waren schon unterwegs, ein kurzes Telephonat mit einem Freund,

und ich erhalte die Information: ,,Demo zieht Richtung Schwarzenbergplatz“

 

Meine Freundin und ich bewegen uns durch die Stadt und treffen am

Schwarzenbergplatz zu der Demonstration. Dort verweilten wir einige Zeit, dann

setzte sich die Demonstration in Richtung Karlsplatz in Bewegung.

 

Karlsplatz/ Operngasse:

 

Einige vermummte Demonstranten beginnen Flaschen in Richtung der

Polizeiabsperrung zu werfen, treffen diese aber nicht, Entfernung ca. 20 - 30 Meter

 

Wir distanzieren uns von diesen Provokateuren (wie fast alle Demonstranten)

 

Polizei beginnt vorzurücken (ca. 21:30 Uhr) und drängt die Demonstranten Richtung

Naschmarkt ab, es kommt zu ersten Übergriffen der Polizei (Schlagstockeinsatz) die

Demonstranten „flüchten“ über die ,,2“er Linie in Richtung Mariahilferstraße.. (Nach

Telefonat korrigiert auf „Getreidemarkt“)

 

Dann ging alles sehr schnell ...

Ich blieb kurz stehen um mich nach meiner Freundin umzusehen, da ich Sie in

diesem Durcheinander nicht verlieren wollte, plötzlich wurde ich von einem Polizisten

zu Boden gestoßen,

 

ich wollte aufstehen und weglaufen, doch der Polizist gab mir ein paar Fußtritte,

worauf ich versuchte mich zu schützen, indem ich mich „einrollte“

 

Knie zur Brust und die Hände um meinen Kopf,.

 

Als ich kurz aufblickte sah ich mehrere Polizisten, (3 - 5 ? ), konnte jedoch

niemanden erkennen, da sie mit Visierhelmen, Schlagstöcken und Schildern

ausgerüstet waren.

 

Ich spürte unzählige Fußtritte auf meinem ganzen Körper, Die meisten Tritte bekam

ich in den Rücken, (Wirbelsäule) und auch einige Tritte gegen meinem Kopf, den ich

zum Glück mit meinen Armen etwas schützen konnte, Das ganze passierte Wortlos,

keine Aufforderung die Demonstration zu verlassen, keine Aufforderung mich

auszuweisen, Im Krankenhaus (AKH) wurde diagnostiziert:

 

Zahlreiche Prellungen - die meisten im Bereich der Wirbelsäule Ein gebrochener

Daumen, linke Hand (war zwischen Stiefel und meinen Kopf ! )

 

Da ich selbständiger Unternehmer bin ist das nun besonders schlimm: 3 Wochen

Gips am linken Unterarm = 3 Wochen Arbeitsunfähig = kein Einkommen

 

6) Augenzeuginnenbericht

 

Ich stand zusammen mit einer Wiener Wissenschaftlerin am Schwarzenbergplatz

hundert Meter hinter der Absperrung, als plötzlich die

DemonstrationsteilnehmerInnen auf uns zu zu rennen begannen. Ich habe nicht

gesehen, was vorne los war und auch nicht gehört, daß die Demo aufgelöst sein soll.

Ich habe auch nicht gesehen, daß bis zu diesem Zeitpunkt nennenswerte

Auseinandersetzungen gegeben hätte, aber ich war auch zu weit weg. Später habe

ich von einem anderen Demoteilnehmer gehört, daß Leute Steine geworfen hätten,

was es übrigens bisher noch auf keiner einzigen Donnerstagsdemo gegeben hat.

 

Die Demoteilnehmer rannten also auf uns zu. Meine Begleiterin wäre nicht in der

Lage gewesen, zu rennen, also stellte ich mich vor sie, mit dem Rücken zu den

Heranrennenden. Die Demonstranten kamen an uns vorbei, ohne uns zu berühren,

es war ja genug Platz. Als die Polizisten kamen, rannten sie uns beide einfach um.

Meine Begleiterin knallte voll mit dem Hinterkopf auf die Straße.

 

Ich kniete noch neben ihr, um zu sehen, ob sie aufstehen könne, als die Polizisten

zurückkehrten. Ich sage ihnen, man hätte uns einfach mit Absicht umgerannt. Die

Polizisten antworteten, daß wir uns mit *diesem Gesindel* eben nicht bewegen

dürften. Hier sei jetzt „Aktionszone“. Da ich mich um meine verletzte Begleiterin

kümmern mußte, war ich nur noch in der Lage, mich gegen die Bezeichnung

„Gesindel“ zu verwahren. Schließlich haben nicht 1000 Leute Steine geworfen (was

IMHO nicht in Ordnung ist). Die Leute sind ohnedies schon weggerannt, zur

*Gesindeljagd* bestand kein Anlaß.

„Das Gesindel“ war zuvor durch die Innenstadt gezogen, keineswegs mordend und

brandschatzend, wie sich das der ORF - gewohnte Zuschauer vielleicht vorstellt. In

der Kärntnerstraße gab es die erste Sperre. Die Demonstration wich in eine

Nebengasse aus (ein übliches Ritual). Das sich nach etwa 200 Metern widerholte,

bevor die Demonstration am Schwarzenbergplatz ankam. Wo dann besagter

Sturmangriff erfolgte.

 

Daß es mehr um „Gesindeljagd“ ging als um Deeskalation, scheint wahrscheilich:

Das - gewöhnlich sehr faktentreue - Tatblatt spricht einem der brutalsten Anti - Demo -

Einsätze seit Jahren. Gruppen von Demonstranten sei in der Folge regelrecht

aufgelauert worden - zwecks Verprügelung und Festnahme. Manche Polizisten

rochen offenbar freie Bahn, nachdem sie ein Jahr lang keine Grund zum Einschreiten

gehabt hatten.

 

Auffallend war, daß diesmal viele sehr junge Leute demonstrierten, von denen die

meisten eher jünger als 20 Jahre waren. Im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz

ist daher zu bedenken, daß die Polizei vorwiegend gegen Jugendliche brutal vorging.

Und gegen friedliche Demonstranten.

 

Ich selbst habe einen Aktivisten mit blutendem Kopf gesehen, der schon das ganze

Jahr demonstriert, ohne die leisesten Anzeichen von Gewaltbereitschaft.

Augenzeugenberichten zufolge soll auch auf Leute eingeschlagen und getreten

worden sein, die bereits am Boden lagen.

 

Die österreichische Öffentlichkeit wird sich trotzdem hauptsächlich um beschädigte

Autos oder Auslagenscheiben sorgen. Nicht etwa um Jugendliche oder

Nichtjugendliche oder gar um die sektglastrinkende Gesellschaft, die sich gerade so

schön auf Kosten einer Million Armer in Österreich *normalisiert*.

 

7) APA - Bericht von einer Pressekonferenz am 6. März 2001

 

Wien (APA) - Knapp zwei Wochen nach der Demonstration anlässlich des Wiener

Opernballs am 22. Februar, die mit 42 Festnahmen und 21 verletzten Polizisten

geendet hatte, übten heute, Dienstag, eigenen Angaben zufolge friedliche

Teilnehmer der Demo, Angehörige beziehungsweise Personen, die bloß zufällig an

einen der Schauplätze des Geschehens geraten waren, trotzdem aber Prügel

bezogen hatten, massive Kritik an der Vorgehensweise der Exekutive. Klagen über

die Polizei hatten bereits mehrere Aktivisten der allwöchentlichen Demo am

Donnerstag vergangener Woche geäußert.

 

Eine junge Frau, regelmäßige Teilnehmerin an den Donnerstag - Demonstrationen,

berichtete vor Journalisten, dass sie am Schwarzenbergplatz - Schauplatz der ersten

Eskalation - von einem Polizisten an einem Arm geschlagen und zu Boden gestoßen

worden sei, nachdem sie eher zufällig in das Geschehen geraten sei, beobachtet

hätte, wie eine andere Frau geprügelt wurde und „aufhören“ gerufen habe. „Ich sehe

nicht ein, dass fünf oder sechs Polizisten auf eine Frau einschlagen müssen“, sagte

die Kundgebungsteilnehmerin.

Mag. Andreas K. bekam, wie er berichtete, überhaupt als völlig Ahnungsloser

Polizeigewalt zu spüren: Er hatte bis 22.15 Uhr gearbeitet, ging dann durch die

Margaretenstraße und trat auf dem Gehsteig in eine von einer Bank stammende

zersplitterte Auslagenscheibe, als plötzlich von hinten eine Gruppe Polizisten auf ihn

zugelaufen kam und ihn anrempelte. Er sei beschuldigt worden, die Scheibe

zertrümmert zu haben, geschlagen und getreten worden. Er sei später zur Polizei

gegangen, dort sei bereits ein Akt über ihn aufgelegen, mit einer Anzeige wegen

Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt, begangen um 21.50

Uhr an der Ecke Getreidemarkt - Mariahilfer Straße - zu einem Zeitpunkt, als er sich

nachweislich noch an seinem Arbeitsplatz aufhielt.

 

Ein anderer junger Mann berichtete vom Verlust seines 30 Zentimeter langen Zopfes,

nachdem man ihm Handschellen angelegt und geschlagen hatte. Zunächst habe die

Polizei versucht, ihm den Zopf auszureißen, dann sei er abgeschnitten worden „ich

glaube, mit einem Messer“, berichtete der Demo - Teilnehmer. Anschließend sei er in

einen Polizeiwagen verfrachtet und mitgenommen worden.

 

Der Vater eines Demonstranten berichtete, dass sein Sohn - der keine Gegenwehr

leistete - mit Schlagstöcken am ganze Körper malträtiert und nach einem Schlag in

die Hoden gefragt worden sei: „Kannst net g‘rad stehen? Bis leicht a Epileptiker?“. Er

glaube an den Staat, der Vertrauensgrundsatz sei jetzt aber gestört, sagte der Mann,

der von Beruf Lehrer ist. Wenn er Schüler nach Provokationen schlagen würde, zöge

man ihn zur Verantwortung, einem prügelnden Polizisten passiere jedoch nichts.

Sein Sohn sei nach wie vor im Krankenstand. (Schluss)

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Sind oder waren die angeführten Berichte Gegenstand von Erhebungen gegen

    Beamtinnen der Polizei?

 

1.1. wenn ja:

1.1.1. Richten sich die Ermittlungen gegen konkrete BeamtInnen bzw.

           BeamtInnengruppen (Bitte um konkrete Beantwortung der Frage mit Bezug zu

           den konkreten Vorwürfen und zu jedem der angeführten Berichte)?

1.1.2. Gibt es in Zusammenhang mit den Ermittlungen bereits erste

           Ermittlungsergebnisse, die die Einleitung disziplinärer Maßnahmen oder eine

           Anzeige bei der Staatsanwaltschaft notwendig machten?

1.1.3. Wann ist mit der Vorlage konkreter Ergebnisse der Ermittlungen zu rechnen?

 

1.2. wenn nein:

1.2.1. Warum nicht?

 

2. Wieviele Verfahren wurden gegen BeamtInnen auf Grund von Vorfällen in

     Zusammenhang mit der Opernballdemonstration eingeleitet?

 

3. ist es richtig, dass im Zuge der Opernballdemonstration Menschen von

    PolizistInnen strafbarer Handlungen beschuldigt wurden, die sie nicht begangen

    haben konnten?

4. Ist es richtig, dass Menschen im Zuge der Opernballdemonstration

     entwürdigender Behandlung seitens PolizistInnen ausgesetzt gewesen waren

     (Abschneiden der Haare, Schlagen nach erfolgter Festnahme,

     Beschimpfungen, ...)

 

5. Welche Fälle entwürdigender Behandlung von Personen durch PolizistInnen am

     Abend des 22. Februar 2001 sind Ihnen bekannt?

 

6. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesen Vorfällen?

 

7. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um dem Misstrauen gegenüber der

     Polizei, das den oben angeführten Berichten zu entnehmen ist,

     entgegenzuwirken?

7.1. Werden Sie oder eine in entsprechend hohem Rang stehende BeamtIn der

        Bundespolizeidirektion Wien eine öffentlich wahrnehmbare

        Entschuldigungserklärung für polizeiliche Übergriffe am Abend des 22.

        Februar 2001 abgeben?

7.2. Werden Sie oder eine in entsprechend hohem Rang stehende BeamtIn der

        Bundespolizeidirektion Wien an die Opfer von Polizeiübergriffen am Abend

        des 22. Februar 2001 persönlich herantreten, um eine

        Entschuldigungserklärung abzugeben bzw. persönlich das Bedauern 

        auszusprechen?

 

8. Der Wiener Polizeipräsident Stiedl hat auf die Berichte von Mißhandlungen

     seitens der Polizei mit den Worten reagiert, dass er "grundsätzlich keine Schuld

     bei der Polizei" sehe, weil es „wahnsinnig schwierig ist, schon auf Grund des

     Outfits der betreffenden Personen zwischen Gut und Böse zu unterscheiden".

     Bei unangemeldeten Demonstrationen ohne Ordner müsste jedem Teilnehmer

     klar sein, dass es zu Ausschreitungen kommen kann, die seine Gesundheit

     gefährden.

 

     Quelle: http://wien.orf.at/oesterreich.orf?read=detail&channel=1&id=98446

 

     Wie ist diese Aussage vereinbar mit der Tatsache, dass - ihren Angabe auf einer

     Pressekonferenz am 3. November 2000 zufolge - die Polizei eine

     Menschenrechtsschutzorganisation ist?

 

9. In der Kronenzeitung vom 4. März 2001 findet sich auf Seite 25 ein Photo von

     zwei PolizeibeamtInnen, die eineN BesucherIn des Ernst - Kirchweger - Hauses zu

     Boden drücken. Ist dieses Vorgehen der BeamtInnen angesichts eines

     Verhältnisses von zehn PolizistInnen zu einer im Haus anwesenden Person zum

     Zeitpunkt des Einsatzes sowie angesichts der Tatsache, dass gegen die

     BesucherInnen des EKH - Beisls kein wie auch immer gearteter konkretisierbarer

     Tatverdacht vorlag gerechtfertigt und als „Achtung der Menschenwürde“

     anzusehen? Wurde gegen diese BeamtInnen ein Verfahren eingeleitet?

 

10. In einem offenen Brief an den Generaldirektor der Wiener Sicherheitswache

       beschweren sich die BewohnerInnen des Ernst - Kirchweger - Hauses, nicht nur

       keine Ansprechperson im Zuge des Polizeieinsatzes in den frühen

       Morgenstunden des 23. Februar 2001 gefunden zu haben, sondern auch

        unerträglichen sexistischen und menschenverachtenden Beschimpfungen und

        Schmähungen ausgesetzt gewesen zu sein. Unter anderem seien einige

        HausbewohnerInnen gezwungen gewesen, nackt und unter Schmähungen

        seitens eingesetzter BeamtInnen ihre Zimmer zu verlassen.

 

10.1. Sind diese Vorfälle Ihres Erachtens als „Wahrung der Menschenwürde“ zu

          bezeichnen?

10.2. Wurde auf Grund des Berichts der HausbewohnerInnen eine Untersuchung

          eingeleitet?

10.2.1. Wenn ja: mit welchem Ergebnis?

10.2.2. Wenn nein: Warum nicht?

10.3. Wird es seitens des Bundesministeriums bzw. der Bundespolizeidirektion

          Wien zu einer offentlichen Entschuldigung für diese Vorfälle kommen?