2479/J XXI.GP
Eingelangt am: 17. 05. 2001
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend soziale Auswirkungen durch die Umstrukturierung der Telekom Austria
Die Ausgliederung und Privatisierung der Telekom Austria führte im Zuge der
verschiedenen Liberalisierungsmaßnahmen zu einer vergleichsweise rücksichtslosen
Vorgangsweise bei dem „Abbau“ der Zahl der Beschäftigten, die weder aus
wirtschaftlichen noch aus unternehmenspolitischen Gründen erforderlich erscheint.
Bis zum Jahr 2003 sollen insgesamt bis zu 5.000 Beschäftigte, bis zum Jahr 2005
weitere 5.000 Beschäftigte, somit insgesamt ca. 10.000 Beschäftigte, darunter 80
Prozent definitiv gestellte (pragmatisierte) BeamtInnen, durch ,,Outsourcing“ von
Tätigkeitsbereichen und andere Maßnahmen „abgebaut“ werden. Da die
entbehrlichen Angestellten und provisorischen Beamte (= zB Beamte ohne
Dienstprüfung, Definitivstellungserfordernisse nicht erfüllt ...) geringeren
Kündigungsschutz hatten/haben und dadurch aus der TA bereits eliminiert
(abgebaut, gekündigt) worden sind, richten sich alle
Personalrestrukturierungsmaßnahmen vornehmlich gegen Beamte, daher die
Fragestellungen insbesonders diesbezüglich. Teilweise werden die Betroffenen erst
am Vortag von der Tatsache verständigt, dass sie ihren Arbeitsplatz zu verlassen,
ihre Betriebsmittel abzugeben haben. Diese Art des Umganges mit langjährigen und
qualifizierten MitarbeiterInnen widerspricht jeglichem modernen
Unternehmenskonzept und löste nicht nur massive psychische Belastungen aus,
sondern führte auch in einigen Fällen zu Suiziden. Bei der Beschränkung auf
selbstdefinierte Kernaufgaben und des Outsourcen von zentralen Geschäftszweigen
des Netzes geht dem Unternehmen auch wesentliches Know - how verloren.
Von diesen rechtlichen Fürsorgepflichten will sich die TA durch rechtlich fragwürdige
Maßnahmen zum Nachteil der Mitarbeiter entbinden
- Durch Herauslocken aus dem Beamtenstatus mit lächerlichen „Golden
Handshake“ - Angeboten inklusive Versteuerungsfalle dieser
Abschlagszahlungen (je nach Variante ca. 50 Prozent statt ca. 6 Prozent),
physischer und psychischer Druck und dadurch schlechtes Betriebsklima bzw
Mobbing am Arbeitsplatz, um die Mitarbeiter zu Selbstkündigung
(Dienstverzicht) zu bewegen.
- Die Leute stehen meist als ältere Arbeitnehmer, die am Arbeitsmarkt geringste
Chancen
haben, ohne Nachfolgejob und oft ohne
Arbeitslosenversicherungsschutz, ohne Sozialversicherung, ohne
Pensionsanspruch, oft als Notstandsempfänger kurze Zeit später auf der
Straße.
- Persönliche Verzweiflungshandlungen wie Selbstmord sind (auch der
Telekomfirmenleitung, Gewerkschaft und AK) schon bekannt.
Nachdem die Republik Österreich nach wie vor 47,8 Prozent der Eigentumsanteile an
der Telekom Austria AG hält, tragen Sie als Eigentümervertreterin ebenfalls
Verantwortung für die Modalitäten des Personalabbaus, dem die „menschliche
Komponente“ nach Ansicht der Betroffenen gänzlich fehlt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden Sie sich für eine menschliche Form des Umganges mit dem Personal
der Telekom Austria AG (kurz: TA) engagieren?
2. a) In welcher Form werden Sie sich für eine menschlich korrekte
Vorgangsweise im Zuge des Personalabbaus der Telekom Austria AG
einsetzen?
b) Wenn nein, warum nicht?
3. In der aktuellen Regierungserklärung vom Jahr 2000 ist eine 100 Prozent
Privatisierung der TA vorgesehen. Wie verträgt sich dies mit dem
Beamtenstatus der Telekom - Mitarbeiter, die (noch) zu ca. 80 Prozent Beamte
sind?
4. a) Zu welchem Zweck dient die Rechtskonstruktion ,,TAP“ (TAP: Telekom
Austria Personalmanagement GmbH, eine 100 Prozent Tochter der TA,
die außer Personal keinerlei Aktiva besitzt)?
b) Ist die TAP rechtskonform und auf welche Rechtsgrundlagen stützt sie
sich?
5. a) Wieviele Personen (Beamte!) sollen im TAP - Personalpool ausgelagert
verbleiben?
b) Wer trägt die Personalkosten der nicht rückführbaren Mitarbeiter und
unter welchen Titel werden sie verbucht?
6. a) In welcher Form ist der Weiterbestand der TAP gewährleistet?
b) Ist diese Rechtskonstruktion TAP mittel - und langfristig konkursgefährdet
und was geschieht im Falle eines solchen mit dem noch in der TAP
befindlichen
Personal (Beamte!)?
7. Wie hoch lag der Aufwand für externe Personalberatungsfirmen in den Jahren
seit der Ausgliederung (seit 1996, siehe Strukturanpassungsgesetz PTSG
1996)?
8. In welcher Form wurden die PersonalreferentInnen (Mitglieder des
Personalamtes der Unternehmenszentrale (UZ) der Telekom Austria AG)
geschult, die Entlassungen und Versetzungen durchzuführen? Von welchen
Personalberatungsfirmen und zu welchem Kostenaufwand?
9. Welche vorbeugende, begleitende und nachfolgende Rechtsberatung wird den
Bediensteten angeboten? Gibt es diesbezüglich von ÖGB, GPF (Gewerkschaft
Post - und Fernmeldebedienstete), AK, AMS, Broschüren oder über Internet
konkrete Informationen, Rechtshilfe (durch Juristen!) und
Verfahrensanweisungen, um den vom Arbeitsplatzverlust bedrohten (5000)
Personen Unterstützung angedeihen zu lassen?
10. Aus welchen Gründen werden die Beamten nicht einfach zurück an das
Finanzministerium gegeben, sondern teilweise in ihrer Dienstpostenbewertung
zurückgestuft?
11. Sollen nicht kooperationswillige Beamte (die langfristig nicht auf ihren
wohlerworben definitiven (= pragmatisiert) Beamtenstatus verzichten wollen) bis
in PT9 (= Hilfsarbeitereinstufung, - bewertung) zurückgestuft werden?
12. Wie verhält es sich rechtlich und in der Praxis, wenn Beamte zur
Arbeitsleistung an private Firmen (Arbeitskräfteüberlassung zu „Dritten“ siehe
Punkt 3.1.8 und 3.2.5 im Sozialplan betreffend Personalrestrukturierung vom
18. Oktober 2000) entsandt werden?
13. Wie lässt sich diese Vorgangsweise rechtlich mit dem abgeleistetem Diensteid
(,,Treuegelöbnis“) der Beamten vereinbaren, die neben dem Strafrecht und dem
Zivilrecht auch dem Disziplinarrecht unterliegen?
14. Ist für die Beamten noch der Vertrauensschutz (zB in B.D.G) gegeben, wenn in
ihr wohlerworbenes, bestehendes Recht, teils rückwirkend, eingegriffen wird, da
sie bei geringen Anfangsbezügen auf sichere Arbeitsplätze und Pensionen
vertrauten?
15. Wie hoch ist derzeit der Anteil der neu angestellten Teilzeitbeschäftigten im
Vergleich zu den früher Beschäftigten (1996 - 2001)?
16. Sind angebotene Teilzeitarbeitsplätze konform mit den Öffnungszeiten von
Kinderbetreuungsplätzen und Schulen?
17. Wie rechtfertigen Sie den Know - how - Verlust aufgrund der zahlreichen
Kündigungen, insbesonders den Wissensverlust für die TA durch Abgang von
erfahrenen älteren MitarbeiterInnen?
18. Wie ist die Zusammenarbeit und das Betriebsklima zwischen den älteren
MitarbeiterInnen
(Beamten) und den neueingestellten MitarbeiterInnen
(Führungskräften) die naturgemäß nicht diese Firmenverbundenheit,
Firmentreue aufweisen?
19. a) Können Sie ausschließen, dass der Status des Beamtentums -
insbesonders bei Ausgliederungen aus dem öffentlichen Bereich - wie der
Telekom Austria - und sinken des Eigentumsanteil des Bundes unter 25
Prozent - nicht durch einfachgesetzliche Regelungen aufgehoben wird?
b) Wenn nicht, warum nicht?
20. ist eine neuerliche Novellierung (letzte Novellierung 28. Februar 2001 - BGBl
Nr. 10 des Poststrukturgesetzes geplant oder liegt in ihrem Ministerium bereits
ein Entwurf vor, der den geänderten/zu erwartenden geringeren Bundesanteil
an der TA, möglicherweise unter 25 Prozent bis Null Prozent bei
Totalprivatisierung der TA, Rechnung trägt und damit eine rechtliche
Schlechterstellung der betroffenen MitarbeiterInnen (Beamte) als auch der
Personalvertretung der TA bedeutet?
21. Auf welche Weise werden Sie verhindern, dass mit der Möglichkeit „negativer
Leistungsfeststellung“ ... Missbrauch betrieben wird, um bei zweimaliger
hintereinanderliegender negativer Leistungsfeststellung von Beamten, diese
ohne jeden Rechtsanspruch kündigen (siehe Beamtendienstrechtsgesetz) zu
können?
22. Wie hoch waren die Versetzungen/Zuteilungen des Personals an neue
Dienstorte außerhalb der Telekom Austria (an andere Bundesdienststellen etc.)
in den letzten vier Jahren?
23. Wie hoch sind die realen Chancen der im TAP - Pool verbliebenen
(freigesetzten) Beamten über die Job - Börse des Bundeskanzleramtes unter
Wahrung ihres Beamtenstatus, linear (gleiche Bewertung, Einstufung) auf
Arbeitsplätzen in anderen Bundesdienststellen unterzukommen?
24. Wie sollen sich diese Betroffenen über den angeboten Telekom internen
Arbeitsmarkt (Jobangebote) als auch über den externen privaten Arbeitsmarkt
informieren, wenn ihnen die dazu notwendigen Betriebsmittel wie Diensttelefon,
Dienst - PC, Internet und firmeninternes INTRANET etc. bei Einzug ihres
Arbeitsplatzes entzogen wird (Diese Mitarbeiter sind von jeder wesentlichen
Firmeninformation in elektronischer und Papierform abgeschnitten!)?