2482/J XXI.GP

Eingelangt am:17.05.2001

 

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

 

betreffend die Unterrichtung des Nationalrates gem. Art. 23 e B - VG über den Bericht

des französischen Vorsitzes über die Europäische Sicherheits - und

Verteidigungspolitik.

 

Dem Art. 23 e Bundes - Verfassungsgesetz folgend, hat das „zuständige Mitglied der

Bundesregierung den Nationalrat (..) unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen

der Europäischen Union zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme

zu geben“ Diesem Informationsrecht des Nationalrates wird üblicherweise auf dem

Wege des elektronischen Datenverarbeitungssystems Parlinkom entsprochen.

 

Die dem Vertrag von Nizza angeschlossene „Erklärung zur Europäischen

Sicherheits - und Verteidigungspolitik“ besagt:

„Gemäß den vom Europäischen Rat in Nizza gebilligten Texten bezüglich der

Europäischen Sicherheits - und Verteidigungspolitik (Bericht des Vorsitzes mit

Anlagen) ist es das Ziel der Union, möglichst bald einsatzbereit zu sein“.

Dieser im Klammerausdruck angeführte Verweis macht deutlich, dass der Bericht

des französischen Vorsitzes Bestandteil der Beschlüsse von Nizza darstellt.

Darüberhinaus stellt dieser Bericht die Grundlage für den Aufbau und die Einrichtung

europäischer Streitkräfte zum internationalen Krisenmanagement dar.

Es handelt sich also zweifelsfrei um ein „politisches Vorhaben im Rahmen der

Europäischen Union“ das dem Art. 23 e (1) B - VG zufolge dem Nationalrat

„unverzüglich“ zugeleitet hätte werden müssen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1. Warum wurde der Bericht des französischen Vorsitzes über die Europäische

    Sicherheits - und Verteidigungspolitik bis dato dem Nationalrat nicht zugeleitet?

 

2. Auf welcher Basis (unter Einbeziehung einer etwaigen Stellungnahme des

    Nationalrates nach entsprechender Information) konnte Verteidigungsminister

    Scheibner beim informellen Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel am

    6.April 2001 eine verfassungsmäßig zustande gekommene Position der

    österreichischen Bundesregierung einbringen?

 

3. Auf welcher Basis soll der Nationalrat die Verfassungsnovelle zum Vertrag von

    Nizza verhandeln, wenn die sicherheitspolitischen Resultate des Gipfels von

    Nizza dem Nationalrat nicht zugeleitet und damit die Bestimmungen des Art. 23 e

    B - VG gröblichst verletzt wurden?