2484/J XXI.GP
Eingelangt am:17.05.2001
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Konzentrationsprozess der Druckmedien
Nach Ansicht verschiedener in - und ausländischer Experten weist Österreich einen
Konzentrationsprozess der Druckmedien auf, wie er in keinem anderen
demokratischen Staat anzutreffen ist. Der Auflage nach sind 63 Prozent der
Tageszeitungen, 100 Prozent der politischen Wochenmagazine und 62 Prozent aller
Wochenpublikationen verschiedener Fachrichtungen nun unter einem Verlagsdach
versammelt. Zieht man die Reichweiten - wie viele ÖsterreicherInnen diese
Publikationen lesen - in Betracht, erhöht sich der Prozentsatz, der die Konzentration
widerspiegelt, noch erheblich.
Diese demokratiepolitisch und auch wirtschaftlich (Anzeigenpreise) höchst
bedenkliche und besorgniserregende Entwicklung ist nicht allein auf die Kleinheit des
Marktes oder Aspekte der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit zurückzuführen.
Denn die gegenseitige Kapitalbeteiligung stellt nach internationalen Maßstäben eine
Übernahme der unfreundlichsten Art dar und ist ein Resultat äußerst mangelhafter
österreichischer Kartellgesetzgebung. Diese Tatsache wird durch die
Urteilsbegründung des Kartellgerichts (67 von 72 Seiten gegen die Verschränkung)
verdeutlicht und findet in den Äußerungen der Richterin ihre Bestätigung.
Sozialpartnerschaftliche Strukturen (Laienrichter) verunmöglichen ein internationalen
juristischen Maßstäben entsprechendes Vorgehen. Auch von Seiten Ihres
Ministeriums wurde aufgrund Ihrer Entscheidung die Möglichkeit zu einem Rekurs
gegen den Spruch des Kartellgerichts nicht wahrgenommen. Der Verzicht, juridische
Bedenken gar nicht ausjudizieren zu lassen, muss als gravierender Mangel an
demokratischem Rechtsverständnis
ausgelegt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Die Financial Times Deutschland hat über die „neue Medienlage in Österreich“
festgestellt: „Ärger als in Österreich, ist die Presselandschaft europaweit nur in
Weißrußland, Kroatien und Moldavien.“ Teilen Sie die Meinung, dass die
Medienkonzentration in Österreich ein unerträgliches Ausmaß erreicht hat?
2. Wie vereinbaren Sie den Verzicht auf den Rekurs gegen das Urteil des
Kartellgerichts 1. Instanz mit dem Auftrag Ihres Bundesministeriums,
Kernaufgaben des demokratischen Rechtsverständnisses zu wahren, pflegen
und auszubauen?
3. Aus welchen konkreten Gründen verspielen Sie die Möglichkeit, erstmals als
Angehöriger des freiheitlichen Teils der Bundesregierung für die Wahrung
demokratischer Prinzipien - Meinungsvielfalt - einzutreten? Warum hatten Sie
nicht den „Mut zur Verteidigung des Rechtsstaates“?
4. Mit welchen Argumenten sprachen sich die Vertreter (je
Arbeitnehmer/Arbeitgeberseite) der Sozialpartner für die Zurkenntnisnahme der
Pressekonzentration aus?
5. Als Begründung für Ihren Verzicht auf den Rekurs stand in der Presse
(1.3.2001, S2) zu lesen: Die Sache sei „von großer Rechtsunsicherheit
geprägt“. Sind Rekurse in Rechtsstaaten nicht dazu da, um Rechtsunsicherheit
zu beseitigen?
6. Welche Rechtsunsicherheiten meinten Sie?
7. Sowohl Wirtschafts - als auch Arbeiterkammer haben Ihre Aussagen über
einen Verzicht auf den Rekurs „scharf“ zurückgewiesen (Hans Peter Hanreich:
„Dieser Vorwurf ist eines Justizministers nicht würdig. Er unterstellt den
Gerichten (...) ihre Amtspflichten zu verletzen.“ Werner Muhm: "Wir haben von
der Politik monatelang nichts gehört. Die waren auf Tauchstation.“). Welche
Gründe waren für Ihre Entscheidung, trotz vorheriger Ankündigung keinen
Rekurs einzubringen tatsächlich entscheidend?
8. Hat es diesbezüglich Empfehlungen Ihrer Partei gegeben?
9. Wurde dies von Klubobmann Westenthaler und der Vizekanzlerin Susanne
Riess - Passer im Gespräch mit den Fellners (Wolfgang oder Helmut)
vereinbart?
10. Wie hoch wäre der von Ihnen im Ausschuss am 13.3.2001 angesprochene
wirtschaftliche Schaden gewesen?
11. Welche Schritte werden Sie zur
Generalreform des Kartellrechts setzen?
12. Werden Sie sicherstellen, dass diese Behörde ähnlich dem Bundeskartellamt in
Deutschland, die nach dem Prinzip der amtswegigen Wahrheitsforschung
vorgeht und weitreichende Einsichtsrechte, Nachforschungsmöglichkeiten und
amtswegige Prüfungsbefugnisse erhält, eingerichtet wird?
13. Wird bei der Missbrauchsaufsicht wie beim Fusionskontrollverfahren für
betroffene Unternehmen (Wettbewerber) eine Antragsmöglichkeit geschaffen
werden
14. Wird in Ergänzung zu den Sonderbestimmungen betreffend die Medien die
Möglichkeit zum Einschreiten der Missbrauchsaufsicht (incl der Erteilung von
Entflechtungsaufträgen) auch bei Vorliegen publizistischer Missbräuche und
nicht nur wirtschaftlicher/wettbewerblicher im Gesetz verankert werden?
15. Wie soll das zentrale Kriterium „marktbeherrschende Stellung“ definiert
werden?
16. Werden Sie die Möglichkeit einer nachträglichen Entflechtung von Kartellen
schaffen?
17. Wenn nein, warum nicht?
18. Laut Experten gibt es die Möglichkeit den Zusammenschluss bei der EU -
Kommission zu hinterfragen. Diese könnte prüfen, ob alle Rechtsmittel
ausgeschöpft werden konnten und ob insgesamt eine effiziente
Wettbewerbskontrolle möglich ist. Werden Sie im Sinne dieser
Expertenmeinung diesen Fall vor die EU - Kommission bringen zumal nach Ihren
Argumenten die Rechtsmittel nicht wirklich ausgeschöpft werden konnten?