2495/J XXI.GP

Eingelangt am: 23.05.2001

 

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Partik - Pablé

und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Entschädigungszahlungen

 

Beginnend 1971 bis 1986/87 haben hunderte Hepatitis - C - Opfer bei den drei Plasmaherstellern

der Firma Seroplas Gesellschaft für Plasma - Forschung und Plasma - Gewinnung

Gesellschaft m.b.H. (im folgenden kurz „Fa. Seroplas“ genannt), nunmehr mit Sitz 8. Mai -

Straße 6, 9020 Klagenfurt, in 1190 Wien, Gatterburggasse 8, in 4020 Linz, Harrachstraße 26,

und in 9020 Klagenfurt, Sterneckstraße 3, ihr Blutplasma gespendet.

 

Die Plasmaspender haben Schadenersatzklagen gegen die Fa. Seroplas eingebracht. Nachdem

zwei Gutachter die Kausalität zwischen den Plasmaspenden einerseits und der Hepatitis - C

Erkrankung der Spender andererseits festgestellt hatten, wurde über die Fa. Seroplas und zwar

über deren eigenen Antrag vom Landesgericht Klagenfurt am 24.02.2000 zu 41 S 60/00 x - 3

der Konkurs eröffnet und zum Masseverwalter Herr Dr. Georg Schuchlenz, Rechtsanwalt,

Waaggasse 18/3, 9020 Klagenfurt, bestellt.

 

Fast alle Hepatitis - C - Opfer werden von Herrn RA Dr. Hans Otto Schmidt, 1030 Wien,

Hegergasse 9, vertreten und er hat in diesem Konkursverfahren namens der von ihm

vertretenen Geschädigten Gesamtforderungen in der Höhe von 1.149.134.816,-- angemeldet.

Diesbezüglich sind derzeit Prüfungsprozesse anhängig, da der Masseverwalter die Ansprüche

vorerst bestritten hat.

 

In drei Musterprozessen konnte RA Dr. Hans Otto Schmidt ein dem Grunde nach

klagestattgebendes Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom

25.10.2000 zur Zahl 7 Cg 8/99v in I. Instanz erwirken. Diesbezüglich ist derzeit über

Berufung der beklagten Partei ein Berufungsverfahren anhängig.

 

Zwei der drei Kläger der Musterprozesse, nämlich Herr Mag. Ennsberger und Herr Mag.

Hummelbrunner, sind während des Verfahrens gestorben, sodaß diese Verfahren nunmehr

von den Verlassenschaften fortgesetzt werden.

 

Dr. Hans Otto Schmidt hat ferner namens seiner 246 Klienten die gleichen Forderungen auch

gegen die Fa. Aventis, vormals Fa. Hoechst AG, erhoben, da in den Verfahren gegen die Fa.

Seroplas hervorgekommen ist, daß hinter allen Aktivitäten der Hoechst - Konzern stand, der

auch auf die gesamte Gebarung bei der Plasmapherese durch von ihm entsandte

Geschäftsführer sowie durch Finanzierungen einen entscheidenden Einfluß ausübte und das

wissenschaftliche Personal für die Durchführung der Plasmapherese akquirierte. Im übrigen

war der Hoechst Konzern Alleineigentümer der Fa. Seroplas zwischen 1976 und 1992.

 

Darüber hinaus hat der Hoechst Konzern den risikobehafteten Teil des Blutgeschäftes,

nämlich die Plasmapherese, einer kleinen Ges.m.b.H., nämlich der Seroplas überlassen,

während sie hingegen den gewinnträchtigen Teil, nämlich den Handel mit dem von den

Spendern gewonnenen Blutplasma, sich selbst oder einem weiteren Tochterkonzern

vorbehielt.

 

Nunmehr hat die Wiener Städtische Versicherung AG (im folgenden kurz Wiener Städtische)

mit Schreiben vom 04. 12.2000 ein Vergleichsanbot an die Hepatitis - C - Opfer gerichtet, daß

zu nahezu 100% innerhalb der von der Wiener Städtischen gesetzten Frist, 31.03.2001,

angenommen wurde.

 

Umso unverständlicher ist es, daß die Wiener Städtische, nunmehr sich nicht mehr an ihr

Anbot vom 04.12.2000 samt den mündlichen Modifizierungen anläßlich der Besprechung

mit Hepatitis - C - Opfervertretern vom 29.01.2001 halten will und die vereinbarte

Schadenersatzauszahlung offenbar noch weiter hinauszögern will.

 

Aus diesem Grunde stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für

Finanzen folgende

 

Anfrage:

 

1.) Ist Ihnen bekannt, daß RA Dr. Schmidt namens der Geschädigten Plasmaspender eine

      Eingabe an das Bundesministerium für Finanzen, Sparkassenaufsichtsbehörde, gerichtet

      hat, in der er auf schwere Unzukömmlichkeiten im Zusammenhang mit den

      Vergleichsgesprächen zwischen den Geschädigten und der Wiener Städtischen gekommen

      ist, die in der Eingabe im einzelnen aufgezählt wurden?

 

2.) Werden Sie irgendwelche Weisungen in einer Richtung erteilen?

 

3.) Was gedenken Sie zu veranlassen, falls sich die in der Eingabe erhobenen

      Anschuldigungen gegen die Wiener Städtische als richtig erweisen?

 

4.) Sollten durch den von der Fa. Seroplas mit der Wiener Städtischen abgeschlossenen

      Haftpflichtversicherungsvertrag vom 30.09.1971 mit der Polizzennummer:

      08 - H360.292, sämtliche Schäden im Rahmen der Blutplasmagewinnung abgedeckt

      werden?

 

5.) Welche Haftungssummen waren pro Person, pro Personenereignis und für

      Sachbeschädigung vereinbart und wie hoch war die Summe für das Personenereignis für

      die Schäden während der Dauer eines Versicherungsjahres?

 

6.) Wie hoch ist die Versicherungssumme insgesamt?

 

7.) Warum hat die Wiener Städtische erst nach eineinhalbjähriger Prozeßdauer gegen die Fa.

      Seroplas bzw. den Hoechst Aventis Konzern zugegeben, daß sie die

      Haftpflichtversicherer der Firma Seroplas ist?

 

8.) Warum hat die Wiener Städtische im Sommer 2000, bereits nach Vorliegen der beiden

      kausalitätsbejahenden Gutachten lediglich ATS 20.000.000,-- angeboten?

9.) Warum hat die Wiener Städtische, die an dem gegenständlichem

      Haftpflichtversicherungskonsortium zu 50% beteiligt ist, bei gleichzeitiger Beteiligung

      der Generali Versicherung AG ehemalige Erste Allgemeine und die Uniqua

      Versicherungen AG zu je 25%, intern mit einer Pauschalschadenssumme, die sie auch

      über die Medien verbreiten ließ von lediglich ATS 100.000.000,-- gerechnet, obwohl die

      Versicherungssumme offenbar ATS 200.000.000,-- betrug?

 

10.) Warum hat die Wiener Städtische in ihrem Vergleichsanbot vom

        04.12.2000 zwar eine Unterteilung der Geschädigten in drei Gruppen, nämlich

 

Gruppe 1: HCV positiv - PCR negativ (= Hepatitis C infiziert, nicht daran

                    erkrankt)

 

Gruppe 2: HCV positiv - PCR positiv (= an chronischer Hepatitis C erkrankt)

 

Gruppe 3: Leberzirrhose/Lebertransplantation wegen Hepatitis C

 

An Entschädigung wurden angeboten:

 

Gruppe 1: ATS 100.000,--

Gruppe 2: ATS 500.000,--

Gruppe 3: ATS 1.000.000,--

 

vorgenommen, aber die Gründung eines „Härtefonds“ für Lebertransplantierte und

Betroffene, die aufgrund ihrer Erkrankung in ihrer wirtschaftlichen Existenz schwerstens

beeinträchtigt wurden und dadurch einen hohen Verdienstentgang erlitten haben, der anläßlich

des Vergleichsgespräches vom 29.01.2001 mit Hepatitis - C - Opfern in Aussicht gestellt

wurde, bisher nicht durchgeführt?

 

11.) An wen wurde das Vergleichsanbot der Wiener Städtischen erstellt?

 

12.) Warum hat die Wiener Städtische aufgrund ihres Anbotes vom 04.12.2000, daß von

        den Opfern zu nahezu 100% aufgrund der Modifizierung vom 29.01.2001

        angenommen wurde, noch nicht bezahlt?

 

13.) Beharrt die Wiener Städtische weiterhin auf ihrer rechtsirrigen Meinung, daß alle

        Geschädigten dem Vergleich zustimmen müssen, obwohl sie im Vergleichsgespräch

        vom 29.01. eine Toleranzgrenze von bis zu 6 den Vergleich ablehnenden Hepatitis - C -

        Opfern akzeptierte und in ihrem Schreiben vom 22.03.2001 an den Hepatitis - C -

        Anwalt - Dr. Hans Otto Schmidt zum Ausdruck brachte, daß der Vergleich auch nicht

        an der mangelnden Zustimmung nur einer oder einiger weniger Personen scheitern

        wird?

 

14.) Warum hat die Wiener Städtische in Abänderung ihres Vergleichsanbotes nunmehr

        auf dem Rücken der bedauernswertesten Hepatitis - C - Opfer, nämlich den bereits an

        Leberzirrhose Erkrankten eine Rückreihung von Gruppe drei auf Gruppe zwei

vorgenommen mit der abstrusen Behauptung, daß in Gruppe drei nur jene Hepatitis - C - Opfer

einzustufen wären, die an Leberzirrhose erkrankt und unmittelbar vor einer

Lebertransplantation stünden?

 

15.) Warum will die Wiener Städtische, die anläßlich des Vergleichsgespräches vom

        29.01.2001, durch Dr. Reisinger, dem Leiter der Schadensabteilung die Zusage auf

        Zahlung eines Honorarbeitrages in der Höhe eines mindestens zweistelligen

        Millionenbetrages an den Hepatitis - C - Opferanwalt RA Dr. Schmidt für seinen nahezu

        dreijährigen intensiv geführten Rechtskampf gemacht hat, nicht einhalten; dies unter

        Berücksichtigung, daß sein bisheriges Gesamthonorar ATS 20.370.559,53,-- beträgt,

        wovon auf Verfahrenshilfen ATS 4.310.549,39,--, auf Rechtsschutzklienten ATS

        3.467.971,86,-- entfallen und daß in der Gesamtsumme Umsatzsteuer in der Höhe von

        ATS 3.080.049,40,-- und Gerichtskostenmarken in der Höhe von ATS 1.780.402,50,--

        enthalten sind?

 

16.) Warum hat der Generaldirektorstellvertreter der Wiener Städtischen Dr. Lauer mit

        handschriftlichem Fax vom 19.04.2001 an das Hepatitis - C - Opfer, Herr

        Staatssekretär a.D. Dr. Ernst Eugen Veselsky das Honorar des Hepatitis - C -

        Opferanwaltes RA Dr. Hans Otto Schmidt zwar in Abänderung zum schriftlichen

        Anbot vom 04.12.2000 um 2 Millionen auf 7 Millionen erhöht, aber doch die Zusage

        des Herrn Dr. Reisinger in Höhe des mindestens zweistelligen Millionen Honorars

        vom 29.01.2001 bis heute nicht eingehalten?

 

17.) Ist auch der Hoechst Aventis Konzern bzw. dessen Haftpflichtversicherung finanziell

        am Vergleichsanbot vom 04.12.2000 beteiligt?

        Wenn ja, mit wieviel Prozent?

 

18.) Hat der Hoechst Aventis Konzern im Zusammenhang mit den gegenständlichen

        Blutplasmaspenden eine Haftpflichtversicherung angeschlossen?

        Wenn ja, welche?

 

19.) Hat das Versicherungskonsortium bzw. die daran beteiligten Versicherer Wiener

        Städtischen, Generali und Uniqua Rückversicherungen abgeschlossen?

        Wenn ja, welche und wie hoch sind die diesbezüglichen Versicherungssummen?

 

20.) Warum hat Dr. Reisinger anläßlich des Vergleichsgespräches am 29.01.2001 die

        Frage, der Hepatitis - C - Opfer - Delegation, ob auch ein Vergleich ohne den Hoechst

        Aventis Konzern möglich sei bejaht und darüber hinaus hinzugefügt, daß in diesem

        Falle das Vergleichsangebot von ca. 100 Millionen um 40% auf ca. 60 Millionen

        reduziert werde?

 

21.) Warum hat die Wiener Städtische dieses in Frage 17 formulierte mündliche Angebot

        mit Schreiben vom 02.02.2001 an den Opferanwalt RA Dr. Schmidt dahingehend

        widerrufen, daß ein Vergleich unter Ausgliederung des Hoechst Aventis Konzernes

        nicht stattfinden könne?

 

22.) Verbleiben nunmehr in dem modifizierten Vergleichsanbot der Wiener Städtischen

        vom 19.04.2001 an Dr. Veselsky, das aber noch immer nicht den Angebot vom

        04.12.2000 samt Modifizierung vom 29.01.2001 und korrespondierender Annahme

        durch die Hepatitis - C - Opfer entspricht, die hundert Millionen  - oder werden davon

        noch die Regreßansprüche der Sozialversicherungsträger abgezogen?

23.) Was gedenkt die Aufsichtsbehörde zu tun?

 

24.) Wie und in welcher Form gedenken Sie bzw. das Bundesministerium für Finanzen die

        Opfer der Hepatitis - C - Affäre in ihrem Kampf gegen die Giganten Versicherung und

        ihre Weigerung zu ihrer Versicherungspflicht zu stehen, konkret zu unterstützen?