2563/J XXI.GP
Eingelangt am: 07. 06. 2001
ANFRAGE
Der Abgeordneten Heidrun Silhavy und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend geplante Änderungen des Öffnungszeitengesetzes, des Arbeitsruhegesetzes und der
Gewerbeordnung
Mit Schreiben vom 5.April 2001 ‚wurde ein Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das
Öffnungszeitengesetz. das Arbeitsruhegesetz und die Gewerbeordnung geändert in die
Begutachtung ausgesendet. Die zwischenzeitlich eingegangenen Stellungnahmen sind größtenteils
total ablehnend. Es werden verfassungsrechtliche Bedenken. vermehrte Kosten für die öffentliche
Hand. arbeitnehmerInnenfeindliche Arbeitzeitbedingungen Unvereinbarkeit von Beruf und
Familie. aber auch Wettbewerbsnachteile für die Nahversorgung als Gründe für die Ablehnung
angeführt. So heißt es beispielsweise in einer Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen
Landesregierung:
"Das Land Steiermark lehnt - in Übereinstimmung mit den Interessensvertretungen der
Arbeitnehmer und Arbeitgeber - die im übermittelten Entwurf vorgesehene Liberalisierung
und Ausweitung der Öffnungszeiten und die damit verbundenen Gesetzesänderungen ab.
Diese wurden nämlich einerseits zu einer eklatanten Verschlechterung der Schutzinteressen
der Arbeitnehmer (Probleme für Familien und Alleinerziehende bei der Kinderbetreuung.
Abbau von Vollzeitarbeitsplätzen zu Teilzeitarbeitsplätzen mit damit verbundenem
Einkommensverlust, niedrigerem Lebensstandard und somit verminderter Kaufkraft) und
andererseits zu einer Gefährdung der Nahversorgung (vor allem auch für alte und immobile
Menschen), die die Funktionsfähigkeit der Stadt - und Ortskerne gewährleistet, führen.
Profitieren würden nur - auf Grund ihres größeren Personalstandes - die Großbetriebe.
während Klein - und Mittelbetriebe und letztlich auch deren Arbeitnehmer infolge des durch
die beabsichtigten Gesetzesänderungen bedingten starken Kaufkraftabflusses, was in weiterer
Folge auch mit dem Verlust von Arbeitsplätzen verbunden ist, die Leidtragenden wären."
An einer anderen Stelle lautet die Stellungnahme:
"Die vorgesehene Regelung in Abs.2 (dass Arbeitnehmer in Betriebseinrichtungen von
Dienstleistungsbetrieben, die mit Betriebseinrichtungen gemäß § 1 - 3 ÖZG vergleichbar sind,
an Samstagen auch bis 17 Uhr beschäftigt werden dürfen) entbehrt einer näheren eindeutigen
Konkretisierung, sodass dies unter Umständen zu einer weiteren Ausdehnung der
Wochenendarbeit führen könnte.
Die geplante Neuregelung in Abs.3 bringt laut Wirtschaftskammer einerseits für den Handel
mit der Durchrechnung von 26 Wochen eine ungenügende Entlastung andererseits aber eine
zusätzliche Belastung für Betriebe die nur am ersten Samstag eines Monats nach 13.00 Uhr
offen halten, sofern diese nicht wie bisher durch Kollektivvertrag davon ausgenommen wären.
Die 4 Samstage vor dem 24. Dezember sind nicht berücksichtigt.
Auf Seiten der Arbeitnehmer bedeutet die beabsichtigte Neuregelung eine Schlechterstellung.
vor allem in Handelsbetrieben. Wie die Praxis oft zeigt, können oder wollen viele
Arbeitnehmer aus Angst, gekündigt zu werden ihre Rechte nicht geltend machen.
Die Regelung würde auch eine effiziente Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat unmöglich
machen, wären doch viele Delikte bei einer (meist nachträglichen) Kontrolle mangels einer
gleichzeitigen entsprechenden gesetzlichen Regelung (z.B. die Verlängerung der
Verjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG auf 1 Jahr) bereits verjährt und würden somit dem
Missbrauch keine wirksamen Gegenmittel entgegenstehen.
Oder aus der Stellungnahme des Bundeskanzleramtes
1. Eingangs wird daran erinnert, dass für Gesetzes - wie auch für
Verordnungsentwürfe eine Begutachtungsfrist von mindestens sechs Wochen
eingeräumt werden sollte (s. Rundschreiben des Bundeskanzleramtes -Verfassungsdienst
vom 10. Dezember 1958; GZ 49.008 - 2a/58; vom 13. November
1970. GZ 44.863 - 2a/70, und vom 19. Juli 1971, GZ 53.567 - 2a/71)."
Weiters heißt es in der Stellungnahme:
„3.1. Wenngleich nicht verkannt wird,
dass mit dem vorliegenden Entwurf die maximal
zulässige wöchentliche Öffnungszeit um sechs Stunden von 66 Stunden auf
72 Stunden und damit die Dispositionsmöglichkeit der Unternehmer nicht
unbeträchtlich erweitert wird, so könnte die in § 2 Abs. 3 des vorliegenden
Entwurfs vorgesehene Verordnungsermächtigung des Landeshauptmannes
insbesondere im Lichte der Erkenntnisse Vfslg. 1 1.55S/1987 12.094/1989 und
12.492/1990 (s. auch VfSlg. 13.318/1992) den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum
des Gesetzgebers überschreiten. In der angeführten Rechtsprechung
hatte es der Verfassungsgerichtshof als unverhältnismäßigen und durch die vom
Gesetzgeber angestrebten öffentlichen Interessen nicht zu rechtfertigenden
Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit von Handelsgewerbetreibenden
angesehen, dass der Landeshauptmann eine Verlängerung der zulässigen
Offenhaltezeit - ohne allerdings die Gesamtoffenhaltezeit zu verlängern - vorsehen
konnte, wenn dies die Einkaufsbedürfnisse etwa der berufstätigen Bevölkerung
erforderten. Wurde also einem Verwaltungsorgan (und nicht dem Träger des
Grundrechts auf Erwerbsfreiheit) die konkretisierende Entscheidung über eine
vom Gesetz - angesichts einer besonderen Nachfragesituation - als prinzipiell
notwendig anerkannte Möglichkeit der Verlängerung der Offenhaltezeit
überantwortet, so wurde dies als nicht adäquat im Sinne der Rechtsprechung zum
verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung
gewertet."
ObwohI sowohl der Bundeskanzler als auch die steirische Frau Landeshauptmann von der ÖVP
gestellt werden, also quasi Parteifreunde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit sind üben
beide massive Kritik an dem Entwurf, insbesondere auch aus verfassungsrechtlicher Sicht.
Die Sorge um den Wettbewerbsnachteil der Nahversorgungsbetriebe findet sich nahezu in allen
Stellungnahmen und auch die Unverhältnismäßigkeit der Belastungen der ArbeitnehmerInnen.
Deshalb stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit folgende
Anfrage:
1. Der ÖGB bezieht sich in seiner Stellungnahme auf eine 1998 im Auftrag des
Wirtschaftsministeriums erstellte Studie welche die Anfang 1997 neue
Öffnungszeitenregelung analysiert hat und dabei auch die Verschlechterung für
Beschäftigte im Handel aufzeigt.
Dabei wird festgestellt, dass 34 % der unselbständig Beschäftigten die gesetzliche Freizeit
am Samstag verweigert wurde.
Ebenso erhielten 24 % der Beschäftigten die kollektivvertraglichen vereinbarten Zuschläge
nicht.
Was wird seitens ihres Ressorts getan um die Einhaltung der derzeit geltenden
gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen für die Beschäftigten im Handel
sicherzustellen?
2. Wie viele Arbeitsverhältnisse gab es Ende 1996 im Handel
a) auf der Basis einer Vollzeitarbeit
b) auf Basis einer Teilzeit und
c) in geringfügigen Beschäftigungen
3. Wie viele Arbeitsverhältnisse gab es Ende 2000 im Handel
a) auf der Basis einer Vollzeitarbeit
b) auf Basis einer Teilzeit und
c) in geringfügigen Beschäftigungen
4. Wie viele Nahversorgungsbetriebe gab es in Österreich im Handel im Jahr 1996?
5. Wie viele Nahversorgungsbetriebe gab es in Österreich im Handel im Jahr 2000?
6. Wie viele Handelsketten gab es in Österreich im Jahr 1996 und wie hoch war deren
Anteil
am Gesamtumsatz des Österreichischen Handels?
7. Wie viele Handeisketten gab es in Österreich im Jahr 2000 und wie hoch war deren
Anteil am Gesamtumsatz des Österreichischen Handels?
8. In welchem Ausmaß werden die derzeit gültigen maximalen wöchentlichen
Öffnungszeiten genutzt?
9. Wie viele Stunden sind im Durchschnitt die wöchentlichen Offenhaltezeiten
a) bei Geschäften von Handelsketten
b) bei kleinen und mittelständischen Handelsunternehmen?
10. Welche Dienstleistungsbetriebe sind explizit unter "mit dem Handel vergleichbar"
gemeint?
11. Wie sind weitere Verschlechterungen hinsichtlich des Arbeitsruhegesetzes bzw. auch im
Bereich Nachtarbeit für ArbeitnehmerInnen mit ihrer Zuständigkeit für den
ArbeitnehmerInnenschutz zu vereinbaren?