2604/J XXI.GP
Eingelangt am: 27.06.2001
der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Ulrike Lunacek, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend „Gleich viel Recht für gleich viel Liebe“
PartnerInnenschaften zwischen zwei Frauen beziehungsweise zwei Männern sind
derzeit in Österreich weitgehend völlig rechtlos. Gleichgeschlechtliche PartnerInnen
sind in Österreich vor dem Gesetz „Fremde“, die Beziehung gilt nicht einmal als
nichteheliche Lebensgemeinschaft.
Gleichgeschlechtliche PartnerInnen haben deshalb z.B. keine Möglichkeit zur
Pflegefreistellung oder zum Eintritt in einen Mietvertrag, besonders auch nicht im
tragischen Fall des Todes ihrer Partnerin bzw. ihres Partners. Sie haben weiters
keine Möglichkeit zum gemeinsamen Erwerb einer Eigentumswohnung oder zur
Familienzusammenführung im Fremdenrecht. Sie haben kein gesetzliches Erbrecht
und sie unterliegen einer exorbitant erhöhten Erbschafts - und Schenkungssteuer.
Einzig in der Strafprozeßordnung steht lesbischen und schwulen PartnerInnen das
Zeugnisentschlagungsrecht zu - nicht jedoch in der Zivilprozeßordnung und im
Verwaltungsstrafverfahren.
All dies stellt eine massive Ungleichbehandlung gegenüber den verschieden -
geschiechtlichen Beziehungen dar, die in Österreich in bestimmter Weise rechtlich
anerkannt und abgesichert sind (Rechtsinstitut der Ehe, nichteheliche Lebens -
gemeinschaft).
• Der österreichische Nationalrat und Familienminister Dr. Martin Bartenstein
haben bereits in Österreichischen Familienbericht 1999 diese Problematik
erkannt und im internationalen Rechtsvergleich (insbesondere mit den
skandinavischen Ländern) Lösungsvorschläge dargelegt. (vlg. 4. Öster -
reichischer Familienbericht, November 1999, XXI. GP, III - 47 d. B., S 214f.)
• Einige österreichische Bundesländer und Gemeinden haben bereits Beschlüsse
gefaßt, die eine Gleichbehandlung homosexueller PartnerInnenschaften fordern:
• Deklaration für Gerechtigkeit und Gleichbehandlung der Gemeinderäte von
Bludenz (20. März 1996), Linz (16.Dezember 1999), Wien (7. Juni 2000) und
Salzburg (9. November 2000)
• Ausschußbericht des Oberösterreichischen Landtages über eine neue
Landesverfassung. Vom O.Ö. Landtag beschlossen am 7. Dezember 2000.
. Entschließung des
Steirischen Landtages vom 20. März 2001.
• Der Europarat hat am 26. September 2000 eine umfassende Entschließung zu
Homosexuellenrechten beschlossen, in der die Mitgliedsstaaten zur Absicherung
gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch das Rechtsinstitut der
Eingetragenen PartnerInnenschaften aufgefordert werden (Entschließung Nr.
1474/2000).
. Sowohl der EG - Vertrag nach Amsterdam (Artikel 13) als auch die Charta der
Grundrechte der Europäischen Union (Artikel 21 Abs. 1) enthält ein Verbot der
Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung.
• Der Rat der EU - SozialministerInnen hat am 27. November 2000 eine „Beschäf -
tigungsrichtlinie“ (RL 2000/78/EG) beschlossen, die gemäß Artikel 13 EG - Vertrag
nach Amsterdam die Gleichbehandlung homosexueller Menschen im Arbeitsrecht
festschreibt. Diese Richtlinie ist bis 2. Dezember 2003 in nationales Recht
umzusetzen.
• Die Rechtsordnungen zahlreicher Mitgliedsstaaten der Europäischen Union
enthalten eigene Rechtsinstitute zur Absicherung gleichgeschlechtlicher
Lebensgemeinschaften (z.B. Eingetragene PartnerInnenschaften in Dänemark,
Schweden und den Niederlanden, Ziviler Solidaritätspakt PACS in Frankreich,
LebensparterInnenschaften in Deutschland). Die Niederlande haben zudem seit
1. April 2001 die standesamtliche Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet.
Zahlreiche Organisationen, darunter die BürgerInnen - Initiative zur rechtlichen
Gleichstellung hetero - und homosexueller PartnerInnenschaften fordern seit Jahren:
• Zugang für gleichgeschlechtliche Paare zu allen Rechten und Pflichten der Ehe
• Gleichstellung verschieden - und gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften
ohne Trauschein
• Gleichzeitig zügige rechtliche Fortentwicklung von Ehe und Lebensgemein -
schaften an den Grundsätzen der persönlichen Selbstbestimmung, der Partner -
Innenschaftlichkeit und der Gleichbehandlung
Um diese Diskriminierungen endlich auch in Österreich zu beseitigen, fordert die
BürgerInnen - Initiative ein öffentliches Hearing oder eine parlamentarische Enquete,
um die Beiziehung und umfassende Hörung von ExpertInnen aus den verschieden -
sten Bereichen der Wissenschaft, der Rechtspflege und der Gesellschaft zu
ermöglichen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie beurteilen Sie die rechtliche Stellung von lesbischen Frauen und schwulen
Männern in der österreichischen Rechtsordnung?
2. Was halten Sie generell von der Forderung "Gleich viel Recht für gleich viel
Liebe“?
3. Gibt es Ihrerseits grundsätzliche Bedenken hinsichtlich diskriminierender
Bestimmungen in der österreichischen Rechtsordnung für homosexuelle
PartnerInnenschaften?
Wenn ja: Worin bestehen diese Bedenken?
Wenn nein: Was ist der Grund dafür?
4. Gibt es in Gesetzen, die Ihr Ministerium betreffen, noch diskriminierende
Bestimmungen für homosexuelle PartnerInnenschaften?
Wenn ja: Detaillierte Auflistung der diskriminierenden Gesetze und der
entsprechenden Paragraphen
5. Sind Sie bereit, jene gesetzlichen Bestimmungen, die Ihr Ressort betreffen,
dahingehend zu ändern, daß die rechtliche Gleichstellung von hetero - und
homosexuellen PartnerInnenschaften sichergestellt ist?
6. Sind Sie für die rechtliche Gleichstellung hetero - und homosexueller
PartnerInnenschaften und damit für die Verwirklichung der Forderungen der
BürgerInnen - Initiative?
Wenn ja: Welche Maßnahmen werden Sie bis wann setzen?
Wenn nein: Warum nicht?
7. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Entschließung zu Homosexuellen -
rechten des Europarates endlich auch in Österreich umgesetzt wird?
Wenn ja: Was werden Sie dafür konkret bis wann tun?
Wenn nein: Warum nicht?
8. Wie bewerten Sie die den Artikel 13 EG - Vertrag (Amsterdam) sowie den Artikel
21 Abs.1 der Charta der Grundrechte der EU?
9. Sind Sie bereit, sich dafür einzusetzen, dass es auch in Österreich ein Verbot
der Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung geben muß?
Wenn ja: Was werden Sie dafür konkret bis wann tun?
Wenn nein: Warum nicht?
10. Sehen Sie es auch als unumgängliche Notwendigkeit, dass es auch in
Österreich eigene Rechtsinstitute zur Absicherung gleichgeschlechtlicher
Lebensgemeinschaften geben muß?
Wenn ja: Was werden Sie dafür konkret bis wann tun?
Wenn nein: Warum nicht?
11. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es im Herbst 2001 eine
parlamentarischen Enquete oder ein öffentliches Hearing (lt. Vorschlag der
BürgerInnen - Initiative) geben wird?
Wenn ja: Was werden Sie dafür konkret bis wann unternehmen?
Wenn nein: Warum nicht?