2631/J XXI.GP
Eingelangt am: 04.07.2001
der Abgeordneten Dr. Jarolim
und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Strafverfahren beim LG Innsbruck 28 Vr 904/97, 28 Hv 109/99.
Über das Vermögen der Baufirmengruppe P., über ihren Eigentümer DI Dr. Wilhelm P. und
seine Gattin wurde 1985 der Konkurs eröffnet. Parallel dazu wurde auf Veranlassung des
Masseverwalters gegen DI Dr. P. das Strafverfahren u.a. wegen §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1
und Abs. 3, 133 StGB, § 33 FinStrG und § 114 ASVG eingeleitet.
Das Urteil des Landesgerichtes Wels wurde vom OGH wegen Befangenheit des Richters
aufgehoben und das Verfahren an das LG für Strafsachen Innsbruck weitergeleitet. Am
14.5.1999 regte die dortige Staatsanwaltschaft die Abolition des Verfahrens an. Das
Bundesministerium für Justiz lehnte dies am 8.7.2000 ab und ordnete die Durchführung der
Hauptverhandlung an.
Mit Urteil vom 24.11.1999 (!) wurden über DI Dr. P. 6 Jahre Haft und eine Geldstrafe von
ATS 74.000.000 verhängt. Da sich DI Dr. P. seit November 1999 nicht mehr in Österreich
aufhält, wurde über ihn ein Haftbefehl verhängt. Gegen das Urteil wurde am 2.5.2000
Nichtigkeitsbeschwerde beim OGH eingebracht. Diese blieb erfolglos, die schriftliche
Ausfertigung ist noch ausständig. Die gleichzeitig eingebrachte Berufung wurde vom OGH an
das OLG Innsbruck zuständigkeitshalber übermittelt. Eine Entscheidung ist noch nicht
ergangen.
Der Masseverwalter ermittelte den Schaden, den die Baufirmengruppe erlitten hat, mit
ATS 2 Mrd., diese Summe wurde als Schadenersatzforderung im persönlichen Konkurs des
DI Dr. P. angemeldet. DI Dr. P. klagte diesen Betrag in Amtshaftungsverfahren zugunsten der
Konkursmasse ein, da er meinte beweisen zu können, dass der Konkurs sowohl rechtswidrig
eröffnet als auch geführt wurde. Diese Amtshaftungsklage wurde vom Gericht als
Prozessbetrug gewertet. im Haftbefehl werden die Versuche des Angeklagten zu seinem
Recht zu kommen sogar explizit als Gefahr für Österreich genannt: ,,.. muss die Gefahr bejaht
werden, der Angeklagte werde auf freiem Fuß zumindest versuchen, mithilfe weiterer
unrichtiger Beweismittel in den diversen Amtshaftungsverfahren seine falschen
Behauptungen zu untermauern und den versuchten Prozessbetrug zum Nachteil der Republik
Österreich fortzusetzen ...". DI Dr. P. erhielt daraufhin ein vorläufig befristetes politisches
Asyl bis 2003 in den U.S.A., welches amtsbekannt nur sehr selten und nur in äußerst
schwerwiegenden Fällen gewährt wird.
DI Dr. P. wurde am 21. 6 2001 in den U.S.A. aufgrund eines österreichischen
Auslieferungsbegehrens inhaftiert. Dies trotz laufender Berufung und eines offenen
Wiederaufnahmeantrags.
In Sorge um den Rechtsstaat regen die unterzeichnenden Abgeordneten eine Hinterfragung
der Aufrechterhaltung der Anklage und des Verfahrens und gegebenenfalls die Erhebung der
Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an und gehen davon aus, dass der
Bundesminister für Justiz in diesem Sinne tätig wird.
Das Verschwinden von Aktenteilen und Beweismitteln, die Nichterhebung von Beweisen und
eine in diesem Zusammenhang
möglicherweise bestehende Verletzung der
Unschuldsvermutung ist Prüfungsgegenstand des Berufungsverfahrens, dem nicht
vorgegriffen werden soll.
Zur Klärung von rechtsstaatlich bedenklichen Umständen stellen die unterzeichnenden
Abgeordneten jedoch folgende
Anfrage:
1. Warum wurde während des Jahres die Geschäftsverteilung am LG für Strafsachen
Innsbruck geändert?
2. War dieser Beschluss des Personalsenates im Sinne des Art 83 Abs. 2 B - VG gedeckt?
3. Können Sie die Einhaltung des § 14 Geschworenen - und Schöffengesetzes bei der
Bestellung dieses Schöffensenates für jede einzelne Person, die während des Verfahrens
Mitglied des Schöffensenats war, nachvollziehen und darlegen?
4. Mit welchen Argumenten sprach sich der damalige Justizminister gegen die von der
Staatsanwaltschaft Innsbruck geforderte Niederschlagung des Strafverfahrens aus?
Beruhte diese Entscheidung auch auf einer Stellungnahme der Finanzprokuratur?
5. Hatte der Umstand, dass DI Dr. P. zu diesem Zeitpunkt Amtshaftungsklagen gegen die
Republik Österreich auf eine Schadenssumme von ATS 2 Mrd. verfolgte, darauf Einfluss?
Bitte begründen Sie Ihre Antwort.
6. Haben Sie Bedenken aufgrund des Umstandes, dass der Haftbefehl die Möglichkeit der
Aufrechterhaltung der Forderungen gegen die Republik durch den Flüchtigen in der
Begründung anführt?
7. Wie lautet die Begründung des Auslieferungsbegehrens?
8. Wie lange dauern Strafverfahren in Österreich im Durchschnitt?
9. Sehen Sie aufgrund der langen Verfahrensdauer das Recht auf den gesetzlichen Richter
und auf ein faires Verfahren bedroht?
10. Wenn nein, warum nicht?
11. Wie oft wurde Österreich bisher vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
wegen überlanger Verfahrensdauer verurteilt? Wie viele Verfahren sind diesbezüglich
anhängig?
12. Finden Sie es rechtsstaatlich wünschenswert, dass ein für das Verfahren freigestellter
Richter, der an der Sache ein Jahr arbeitet und vier Monate Zeit zur Urteilsausfertigung
benötigt, der Verteidigung jedoch nur vier Wochen für das Rechtsmittel zur Verfügung
stehen?
13. Wenn nein, haben Sie Pläne eine Möglichkeit einzuführen, Rechtsmittelfristen in
schwierigen Verfahren zu erstrecken?