2681/J XXI.GP
Eingelangt am:06.07.2001
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Tierschutz im Stall - Vollzugsdefizite
Der Bericht des ersten im Juni 2000 vom EU - Inspektionsteam, GD Gesundheit und
Verbraucherschutz, durchgeführten Kontrollbesuchs im Bereich landwirtschaftlicher
Nutztierhaltung in Österreich hat zahlreiche Vollzugsdefizite in der
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung aufgezeigt. Besucht wurden 6
Tierhaltungsbetriebe (Schweine - u. Kälberhalter) in NÖ und OÖ. Überprüft wurden
die Umsetzung des bezughabenden Gemeinschaftsrechts, die Anwendung dieser
Rechtsvorschriften durch die einzelnen Betriebe sowie die Kontroll - und Vollzugsakte
der österreichischen Behörden. Die Kontrollore übten massive Kritik:
Unterlassene Beanstandungen trotz Vorliegen mangelhafter Haftungsbedingungen:
Fehlende Einstreu und Tränke in Isolierboxen für Schweine, überhöhte
Umgebungstemperatur, Unzweckmäßigkeit der Futtertröge für Ferkel,
Verletzungsgefahr durch Trennwände, fehlende Wasserversorgung von in Iglus
gehaltenen Kälbern, Fehlen des erforderlichen Raufutters in Kälbermastbetrieben,
systematische Anbindehaltung abgesetzter Kälber : Mängel, die von den
österreichischen Amtstierärzten im Beisein des EU - Inspektionsteams nicht
beanstandet wurden.
Fehlende behördliche Aufträge trotz Beanstandungen:
Selbst wenn die Amtstierärzte Mängel beanstandeten, wurden mitunter keine oder
nicht hinreichend konkretisierte Maßnahmen angeordnet. Keine behördlichen
Aufträge wurden bei zu geringem Platzangebot für Eber, bei fehlendem Raufutter
trotz festgestellten Hämoglobinmangels der Kälber erteilt.
Nichtthematisierung richtlinienrelevanter Fragen:
Nicht thematisiert wurden von den Amtstierärzten die Euthanasie in
Schweinehaltungsbetrieben, Verstümmelung von Schweinen (Stutzen der
Schwänze, Abkneifen der Zähne, Kastrationen), Fehlen von Einstreu bei
Jungschweinen, Zweckdienlichkeit vorhandener Belüftungsanlagen; nur
ausnahmsweise wurde die Trinkwasserqualität überprüft. Fehlende Aufzeichnungen
über den Einsatz von Medikamenten und über Todesfälle wurden mit Zeitmangel
begründet.
Diese Mängel und die Annahme, dass im Beisein eines Inspektionsteams Kontrollen
im allgemeinen genauer vorgenommen werden als im Routinefall, läßt das Ausmaß
des mangelhaften Vollzugs
tierschutzrechtlicher Bestimmungen erahnen. An einer
Stelle spricht der Bericht von der „Rechtsunkenntnis der anwesenden Personen".
Die Tierärzte seien hinsichtlich des Umfangs und Zwecks der ihnen obliegenden
Kontrollen nicht hinreichend informiert, wodurch sich Abweichungen hinsichtlich der
Beanstandungen ergeben. Unsicherheit bestehe hinsichtlich verfahrensrechtlicher
Grundsätze, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von Beweisen etc. Zweifelhafte
Angaben von Landwirten wurden zur Kenntnis genommen, ohne Einsicht in
Beweismittel (Herdenbuch) zu nehmen. Rechtsunsicherheit bestehe aber auch auf
höchster Behördenebene. Der Bericht stellt fest : „Die diversen Vertreter der
Behörde konnten sich erst nach geraumer Zeit der Suche darauf einigen, dass die
Umstellung der Anbindehaltung trocken gestellter Muttersauen vor dem 1.1.2006 zu
geschehen habe“.
Die unübersichtliche Gestaltung des Tierschutzrechts und das Fehlen detaillierter
Anweisungen für Tierschutzkontrollen führen zu dieser uneinheitlichen,
mangelhaften Vollziehung.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Welche Maßnahmen wurden seit der EU - Kritik vor einem Jahr von Ihrem Ressort
getroffen, um die im Bericht der EU - Inspektion aufgezeigten massiven Mängel zu
beheben?
2. Was haben Sie in Ihrem Kompetenzbereich seither unternommen, damit die EU -
Richtlinien in den einzelnen Betrieben auch umgesetzt werden?
3. Wie beurteilen Sie, dass seitens der Amtstierärzte mangelhafte
Haltungsbedingungen nicht beanstandet wurden und welche Maßnahmen haben
Sie bisher gesetzt, dass dieser Mangel behoben wird?
4. Wie beurteilen Sie, dass seitens der Amtstierärzte bei Beanstandungen keine
oder keine hinreichend konkreten Maßnahmen angeordnet wurden und welche
Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt, dass dieser Mangel behoben wird?
5. Welche Maßnahmen haben Sie angeordnet, damit künftig genaue
Aufzeichnungen über den Einsatz von Medikamenten und über Todesfälle
geführt werden?
6. Was haben Sie unternommen, um der Kritik an der Rechtsunkenntnis auf
höchster Behördenebene zu begegnen?
7. Was haben Sie unternommen, um der Unsicherheit bei verfahrensrechtlichen
Grundsätzen zu begegnen?
8. Werden Sie sich für eine Vereinheitlichung der Rechtsvorschriften im Tierschutz
(bundeseinheitliches Tierschutzgesetz) einsetzen? Wenn ja, in welcher Form,
wenn nein, warum nicht?
9. Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um den von der EU - Inspektion
kritisierten uneinheitlichen, mangelhaften Vollzug zu verbessern?