2683/J XXI.GP
Eingelangt am:06.07.2001
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Tierschutz im Stall - Vollzugsdefizite
Der Bericht des ersten im Juni 2000 vom EU - Inspektionsteam, GD Gesundheit und
Verbraucherschutz, durchgeführten Kontrollbesuchs im Bereich landwirtschaftlicher
Nutztierhaltung in Österreich hat zahlreiche Vollzugsdefizite in der
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung aufgezeigt. Besucht wurden 6
Tierhaltungsbetriebe (Schweine - u. Kälberhalter) in NÖ und OÖ. Überprüft wurden
die Umsetzung des bezughabenden Gemeinschaftsrechts, die Anwendung dieser
Rechtsvorschriften durch die einzelnen Betriebe sowie die Kontroll - und Vollzugsakte
der österreichischen - Behörden. Die Kontrollore übten massive Kritik:
Unterlassene Beanstandungen trotz Vorliegen mangelhafter Haltungsbedingungen:
Fehlende Einstreu und Tränke in Isolierboxen für Schweine, überhöhte
Umgebungstemperatur, Unzweckmäßigkeit der Futtertröge für Ferkel,
Verletzungsgefahr durch Trennwände, fehlende Wasserversorgung von in Iglus
gehaltenen Kälbern, Fehlen des erforderlichen Raufutters in Kälbermastbetrieben,
systematische Anbindehaltung abgesetzter Kälber : Mängel, die von den
österreichischen Amtstierärzten im Beisein des EU - Inspektionsteams nicht
beanstandet wurden.
Fehlende behördliche Aufträge trotz Beanstandungen:
Selbst wenn die Amtstierärzte Mängel beanstandeten, wurden mitunter keine oder
nicht hinreichend konkretisierte Maßnahmen angeordnet. Keine behördlichen
Aufträge wurden bei zu geringem Platzangebot für Eber, bei fehlendem Raufutter
trotz festgestellten Hämoglobinmangels der Kälber erteilt.
Nichtthematisierung richtlinienrelevanter Fragen:
Nicht thematisiert wurden von den Amtstierärzten die Euthanasie in
Schweinehaltungsbetrieben, Verstümmelung von Schweinen (Stutzen der
Schwänze, Abkneifen der Zähne, Kastrationen), Fehlen von Einstreu bei
Jungschweinen, Zweckdienlichkeit vorhandener Belüftungsanlagen; nur
ausnahmsweise wurde die Trinkwasserqualität überprüft. Fehlende Aufzeichnungen
über den Einsatz von Medikamenten und über Todesfälle wurden mit Zeitmangel
begründet.
Diese Mängel und die Annahme, dass im Beisein eines Inspektionsteams Kontrollen
im allgemeinen genauer vorgenommen werden als
im Routinefall, läßt das Ausmaß
des mangelhaften Vollzugs tierschutzrechtlicher Bestimmungen erahnen. An einer
Stelle spricht der Bericht von der "Rechtsunkenntnis der anwesenden Personen“.
Die Tierärzte seien hinsichtlich des Umfangs und Zwecks der ihnen obliegenden
Kontrollen nicht hinreichend informiert, wodurch sich Abweichungen hinsichtlich der
Beanstandungen ergeben. Unsicherheit bestehe hinsichtlich verfahrensrechtlicher
Grundsätze, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von Beweisen etc. Zweifelhafte
Angaben von Landwirten wurden zur Kenntnis genommen, ohne Einsicht in
Beweismittel (Herdenbuch) zu nehmen. Rechtsunsicherheit bestehe aber auch auf
höchster Behördenebene. Der Bericht stellt fest:„Die diversen Vertreter der
Behörde konnten sich erst nach geraumer Zeit der Suche darauf einigen, dass die
Umstellung der Anbindehaltung trocken gestellter Muttersauen vor dem 1.1.2006 zu
geschehen habe".
Die unübersichtliche Gestaltung des Tierschutzrechts und das Fehlen detaillierter
Anweisungen für Tierschutzkontrollen führen zu dieser uneinheitlichen,
mangelhaften Vollziehung.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Welche Maßnahmen wurden seit der EU - Kritik vor einem Jahr von Ihrem Ressort
getroffen, um die im Bericht der EU - Inspektion aufgezeigten massiven Mängel zu
beheben?
2. Was haben Sie in Ihrem Kompetenzbereich seither unternommen, damit die EU -
Richtlinien in den einzelnen Betrieben auch umgesetzt werden?
3. Welche Maßnahmen haben Sie gegen die Mängel bei den Haltungsbedingungen
getroffen (z.B. Investitionsförderungen für artgerechte Tierhaltung, Änderung der
Förderrichtlinien)?
4. Ist eine Streichung der Investitionsförderungen für nicht artgerechte
Haltungssysteme geplant? Wenn nein, wie rechtfertigen Sie das?
5. Sind neben dem „gehobenen Tiergerechtheitsstandard für die bäuerliche
Nutztierhaltung“ auch Mindeststandards als Kriterium für den prinzipiellen Erhalt
von Investitionsförderungen vorgeschrieben? Wenn ja, welche, wenn nein, wie
begründen Sie das?
6. Nach Ihren Angaben wurden hinsichtlich der Kriterien für eine artgerechte
Nutztierhaltung und Stallsysteme ExpertInnen beigezogen. Gibt es schon ein
Ergebnis dieser ExpertInnenrunden, wenn ja, welches, wenn nein, wann ist mit
einem solchen zu rechnen?
7. Ab wann soll es offizielle Prüfungen von Aufstallungsformen geben?
8. Was werden Sie unternehmen, dass Betriebe, die Investitionsförderungen
erhalten haben, laufend auf die Einhaltung der vorgegebenen Richtlinien
überprüft werden?