2708/J XXI.GP
Eingelangt am:11.07.2001
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim, Mag. Gisela Wurm
und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz
wegen Aufenthalt psychisch kranker Häftlinge in Justizanstalten und sich häufender
Selbstmorde in der Justizanstalt Stein
Die Medien berichteten über den Tod eines psychisch kranken Häftlings und den Selbstmord
dreier weiterer psychisch kranker Häftlinge in der Justizanstalt Stein. Dadurch wurde erneut
das Augenmerk auf den Umgang mit psychisch kranken Häftlingen in Österreichs
Justizanstalten gelenkt.
Es ist bekannt, dass es zu wenige Unterbringungsmöglichkeiten für diese Personen gibt. Desto
größer muss das öffentliche Interesse an der Lebenssituation psychisch kranker Personen in
den nicht eigens dafür vorgesehenen Justizanstalten sein.
Alle Justizanstalten leiden unter Personalmangel. Dies und weitere Einsparungsmaßnahmen
der Regierung führen zu einer starken Belastung der Lebens - und Arbeitssituation der
Häftlinge und Justizwachebeamten. Wenn schon psychisch gesunde Häftlinge über Übergriffe
und Beschimpfungen seitens der Justizwachebeamten, über fehlende
Beschäftigungsmöglichkeiten und mangelnde Betreuung wegen der Personalknappheit, über
rigide Bestrafungsmaßnahmen, die auf eine Überforderung der Beamten zurückzuführen sind
und über überschießende Einsparungen bei Warmwasser - und Essensrationen klagen, so stellt
sich die Frage, wie der Gefängnisalltag von psychisch kranken Häftlingen erlebt wird.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen im Hinblick auf die Situation in den
österreichischen Justizanstalten und die Überforderung der Justizwachebeamten durch
Kürzungen des Personalstandes unter besonderer Berücksichtigung der Unterbringung
psychisch kranker Häftlinge folgende
Anfrage
1. Wie viele Selbstmorde und Selbstmordversuche werden jährlich in Österreichs
Justizanstalten verübt? Bitte schlüsseln Sie diese Zahlen nach Justizanstalten auf.
2. Wieviele der betroffenen Personen waren zu diesem Zeitpunkt in Einzel haft oder
waren eben erst aus der Einzelhaft entlassen worden?
3. Wie viele Selbstmorde und Selbstmordversuche werden jährlich in den Justizanstalten
Göllersdorf und
Mittersteig verübt?
4. Wieviele der betroffenen Personen waren zu diesem Zeitpunkt in Einzelhaft oder
waren eben erst aus der Einzelhaft entlassen worden?
5. Waren die betroffenen Häftlinge in den Justizanstalten im Zeitpunkt ihres
Selbstmordes oder Selbstmordversuches in Einzel haft?
6. Waren diese Häftlinge in psychischer Behandlung zu diesem Zeitpunkt?
7. Wie ist das Zahlenverhältnis Justizwachebeamte Insassen, aufgeschlüsselt für jede
österreichische Justizanstalt?
8. Halten Sie dieses Zahlenverhältnis für zufriedenstellend?
9. Wie viele Ärzte, unter Angabe der Wochenarbeitszeit getrennt von
Bereitschaftsdienst, sind für wie viele Häftlinge, aufgeschlüsselt nach den
österreichischen Justizanstalten, zuständig?
10. Halten Sie diese Zahl für ausreichend?
11. Welche Zusatzausbildungen haben diese Ärzte?
12. Nach welchen Kriterien werden Ärzte in den Anstaltsdienst aufgenommen? Müssen
sie zum Beispiel einschlägige Qualifikationen was Drogenmissbrauch oder psychische
Erkrankungen betrifft vorweisen können?
13. Wie viele Psychiater und Psychotherapeuten, unter Angabe der jeweiligen
Wochenarbeitszeit, stehen in den einzelnen Justizanstalten wie vielen Häftlingen
gegenüber?
14. Halten Sie diese Anzahl für ausreichend?
15. Wie viele Sozialarbeiter, unter Angabe der jeweiligen Wochenarbeitszeit, sind für
jeweils wie viele Häftlinge zuständig (aufgeschlüsselt nach den österreichischen
Justizanstalten)?
16. Halten Sie diese Anzahl für ausreichend?
17. Befinden sich psychisch kranke oder auffällige Häftlinge in den österreichischen
Justizanstalten?
18. Wenn ja, aufgeschlüsselt nach Justizanstalten, wie viele?
19. Stehen diese Personen unter Betreuung eines Psychiaters oder Therapeuten?
20. Wird die Einnahme der verschriebenen Medikamente kontrolliert?
21. Wie oft werden diese Personen einer Untersuchung unterzogen?
22. Was passiert mit diesen Personen im Falle eines ungewöhnlichen Verhaltens?
23. Wie oft haben diese Personen Kontakt zu
Betreuern?
24. Welche Möglichkeiten haben die Häftlinge um zu ihrem Betreuer oder einer anderen
Ansprechperson in Kontakt zu treten?
25. Besteht diese Möglichkeit auch nachts und am Wochenende?
26. Hat das Wachpersonal Erfahrung und Ausbildung für den Umgang mit psychisch
kranken Personen?
27. Planen Sie die Unterbringungsmöglichkeiten für psychisch kranke Häftlinge
quantitativ und qualitativ zu verbessern?
28. Wenn ja, wie?
29. Werden die Justizwachebeamten dahingehend geschult eine etwaige
Selbstmordgefährdung zu erkennen?
30. Einer der Selbstmörder, Daniel N., befand sich im Zeitpunkt seines Todes laut
Zeitungsberichten in einem psychotischen Schub. Warum war er in Einzelhaft?
31. Entspricht es der ärztlichen Empfehlung psychisch kranke Personen während eines
psychotischen Schubes zu isolieren?
32. War dies im Falle des Daniel N. eine Routinemaßnahme oder beruhte diese Isolierung
auf einem Vergehen des Daniel N.?
33. Kündigte Daniel N. seinen Selbstmord an?
34. Wurde die Anstaltsleitung von Personen außerhalb der Justizanstalt von
Selbstmordplänen des Daniel N. verständigt?
35. Wenn ja, wie wurde darauf reagiert?
36. Warum wurde der Mutter des Daniel N., die einen Brief mit Selbstmordabsichten von
ihrem Sohn erhielt, der Besuch ihres Sohnes verwehrt?
37. Unter welchen Voraussetzungen kann ein Besuchsverbot verhängt werden?
38. War über Daniel N. ein Besuchsverbot verhängt worden?
39. Wenn ja, warum?
40. Befand sich Daniel N. im Zeitpunkt seines Todes im kalten Entzug?
41. Wurde Daniel N. nach allen Regeln der ärztlichen Kunst behandelt?
42. Befand sich Gerald H. im Zeitpunkt seines Todes in Einzelhaft?
43. Wenn ja, womit wurde diese Maßnahme begründet?
44. Warum und wann wurde Anstaltsarzt Dr. S.
suspendiert?
45. Welche Vorwürfe bestehen gegen Dr. S., welchen wird nachgegangen?
46. Wann ist mit dem Bericht über Dr. S. zu rechnen?
47. Ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Dr. S.?