2755/J XXI.GP
Eingelangt am: 12.07.2001
der Abgeordneten Dr. Cap
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend Zusammentreffen des damaligen Wirtschaftsministers Wolfgang Schüssel mit dem
Lobbyist der Waffenfirma Thomson am 16. August 1994
Die SPÖ hat in der Angelegenheit Beschaffung von Radargeräten bei der Firma Thomson am
4. Juli 2001 die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangt, der folgenden
Gegenstand untersuchen soll:
- Aufklärung der Vorwürfe bezüglich Geldflüsse und Manipulationen des
Vergabeverfahrens im Zuge der Vergabe des Lieferauftrages über Radaranlagen an das
Österreichische Bundesheer in den Jahren 1994 und 1995.
- Aufklärung einer möglichen Einflussnahme des damaligen Wirtschaftsministers und
nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel auf die Zuschlagserteilung an das
Unternehmen Thomson.
- Aufklärung des Vorwurfes der Annahme von Provisionszahlungen durch an der
Vergabe beteiligte Personen.
- Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang
mit diesen Sachverhalten.
Der gegenständliche Untersuchungsausschuss - Antrag war wie folgt begründet:
"Um den Zuschlag an das Unternehmen Thomson für die Beschaffung von Radaranlagen für
das Österreichische Bundesheer besteht seit Jahren der Verdacht, dass es dabei zu
Provisionszahlungen gekommen sei bzw. ist erwiesen, dass der Sozialdemokratischen Partei
20 Mio. Schilling an Provision angeboten wurden. Der damalige Parteivorsitzende Dr.
Vranitzky hat diesen Sachverhalt umgehend
der Staatsanwaltschaft angezeigt.
Unklar bleibt, ob und in welcher Höhe solche Zahlungen der ÖVP bzw. Vertretern dieser
Partei angeboten wurden, die ja bei dieser Vergabe (Wirtschaftsminister Schüssel und
Landesverteidigungsminister Fasslabend) maßgeblich waren.
Nunmehr wurde bekannt, dass nach Aussagen des Vermittlers Karl - Heinz Schreiber dieser
Bundeskanzler Dr. Schüssel als Zeuge in einem Rechtsstreit mit dem Unternehmen Thomson
beantragt hat. Bei dieser Causa handelt es sich um eine Forderung Schreibers gegen
Thomson in der Höhe von 1,25 Mio. Schweizer Franken (rund 10 Mio. Schilling), gewidmet
als Vermittlerprovision aus der gegenständlichen Beschaffung von Radargeräten im
Auftragswert von 1,3 Mrd. Schilling.
Auffällig ist die Parallelität vieler Vorgänge zum deutschen CDU Spendenskandal (Dico - Soft)
aber auch die Identität der involvierten Personen. Im Terminkalender Schreibers scheinen
mehrmals die Namen des damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel und des Leiters der
Ausschreibung des gegenständlichen Beschaffungsauftrages auf.
Unterlagen aus dem in der Schweiz stattfindenden Gerichtsverfahren zwischen Schreiber und
Thomson belegen laut dem Magazin News, wie Thomson unmittelbar vor dem entscheidenden
Hearing über Vermittlung von Karl - Heinz Schreiber - direkt mit Schüssel zusammentraf
im Terminkalender Schreibers findet sich auch eine Notiz mit dem Wortlaut "Wiesheu wg.
Schüssel S 100 T 30 M 25 K 25", ein ähnliches Kürzel ,,LK 1" wurde durch die deutschen
Steuerbehörden als Vermerk über eine Zahlung von 1 Mio. DM an CDU - Schatzmeister
Walter Leisler Kiep entschlüsselt.
Der Verdacht liegt somit sehr nahe, dass auch Zahlungen an den damaligen
Wirtschaftsminister nunmehrigen Bundeskanzler Dr. Schüssel stattgefunden haben bzw.
entsprechende Gespräche geführt wurden.
Eine Prüfung des Beschaffungswesens des Österreichischen Bundesheeres durch den
Rechnungshof beschäftige sich ausschliesslich mit der Vergabe und Abwicklung des Auftrages
und stellte diesbezüglich Mängel in allen Bereichen der Beschaffung fest.
Mögliche Parteifinanzierungen bzw. Geldflüsse außerhalb des Ankaufs dieser Radaranlagen
wurden seitens des Rechnungshofes nicht
überprüft.“
Die Süddeutsche Zeitung publizierte am 28. Juni 2001 einen Artikel mit folgendem Titel:
„Schreibers Türöffner Wiesheu - Der flüchtige Großspender benennt den österreichischen
Kanzler als Zeugen“
In diesem Artikel beißt es u.a.:
"Thomson Merk jammerte derweil beim Türöffner Schreiber, Ericsson habe
das Geschäft so gut wie im Sack, alle Mühen von Thomson seien vergebens, „weil die
nicht an den Schüssel rankämen. Sie brauchten einen Termin“ bei ihm, sagt Schreiber.
Leute jubelten. In Firmenunterlagen heißt es: „Absolut begeistert, wie K. Schreiber
Probleme anpackt.“ Merk erhielt von Schüssels Ministerbüro eine Einladung und schon
am 16. August 1994 kam es zum Gespräch mit dem Minister. „Besprechung in Wien
sehr positiv verlaufen“ wurde intern notiert."
Der in dem Artikel dargestellte Sachverhalt zwingt den Verdacht auf, dass die wesentlichen
Entscheidungen für Thomson durch den damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel in
Folge der Intervention Merk‘s am 16. August 1994 getroffen wurden. Es gilt daher, diese
Umstände aufzuklären, da der Verdacht der Annahme von „Nützlichen Aufwendungen“ durch
den Bundeskanzler dieser Republik nicht ungeklärt im Raum stehen bleiben darf
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1. Welche Termine sind in Ihrem Terminkalender als damaliger Wirtschaftsminister am
16. August 1994 eingetragen?
2. Wann hat die Besprechung mit Josef Maria Merk am 16. August 1994 stattgefunden?
3. Wie lang hat diese gedauert?
4. Wer wer außer Ihnen und Josef Maria Merk bei dieser Besprechung anwesend?
5. Welche Themen wurden bei dieser Besprechung
behandelt?
6. Gibt es ein Protokoll?
Wenn ja, wie lautet dieses im Wortlaut?
7. Gibt es sonstige Aufzeichnungen?
Wenn ja, wie lauten diese im Wortlaut?
8. Haben Sie mit Vertretern der Firma Thomson (Josef Maria Merk, Karlheinz
Schreiber, Peter Muchitsch oder anderen) Sitzungen abgehalten bzw. Telefonate vor
dem 16. August 1994 geführt?
9. Haben Sie mit Vertretern der Firma Thomson (Josef Maria Merk, Karlheinz
Schreiber, Peter Muchitsch oder anderen) Sitzungen abgehalten bzw. Telefonate nach
dem 16. August 1994 geführt?
10. Welche Themen wurden dabei besprochen?
11. Mit welchen Firmenvertretern wurden allfällige Nachbesserungen der Angebote
Thomson und Ericsson besprochen?
12. Wer hat diese Gespräche geführt?
13. Wer hat die diesbezüglichen Aufträge erteilt?
14. Wie lauteten diese Aufträge?
15. Welche Kontakte hatten Sie zu Ihrem damaligen bayrischen Amtskollegen Otto
Wiesheu?
6. Wurde dabei über die Beschaffung von Radargeräten und insbesondere die Firma
Thomson gesprochen?
17. Wie lautete der konkrete Auftrag an den Chef des WIFO Helmut Kramer betr. die
Überprüfung der Kompensationsangebote?
18. Welche Kosten sind dem Ministerium
für diesen Auftrag entstanden?
19. Wurde der Auftrag ausgeschrieben?
Wenn nein, warum nicht?
20. Ist Ihnen bekannt, ob im Rahmen dieser Beschaffung Provisionszahlungen geleistet
bzw. angeboten wurden?