2784/J XXI.GP

Eingelangt am: 13.07.2001

 

 

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Grünewald, Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

 

betreffend Studienbeitrags - Erstattungsverordnung

 

 

Die Bundesregierung hat in der Frage der Befreiung Studierender aus

Entwicklungsländern von Studiengebühren einen undurchschaubaren Kurs

eingeschlagen. Nachdem zunächst kolportiert wurde, dass Studierende aus

Entwicklungsländern generell von der Zahlung der Studiengebühren ausgenommen

werden, hieß es später, dass eine allgemeine Ausnahmeverordnung nicht sinnvoll

sei. Das wurde von Frau Bundesministerin Gehrer u.a. mit dem Argument begründet,

dass durch eine generelle Ausnahmeverordnung Kinder reicher Eitern bevorzugt

werden.

 

Nun liegt der Entwurf einer Verordnung über die Studienbeitrags - Erstattung vor. Als

Beilagen 1 und 2 der Verordnung wird die Länderliste der OECD (Development

Assistant Committee, DAC) herangezogen. Insbesondere die in Anlage 2 genannten

sog. Entwicklungs -  bzw. Schwellenländer fallen durch überaus hohe

Einkommensunterschiede zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsschichten

auf. Dies bedeutet, dass ungerechte soziale Strukturen der Heimatländer zu einer

Schlechterstellung Studierender in Österreich führen.

 

Tatsache ist, dass Studierende aus Entwicklungs -  bzw. Schwellenländern, die nicht

auf der Liste der ausgenommenen Länder stehen, ab Wintersemester 2001/02

Studiengebühren in der Höhe von ATS 10.000.-- pro Semester bezahlen müssen.

Das macht ein Drittel des durchschnittlichen Jahreseinkommens ausländischer

Studierender in Österreich aus. Eine zahlenmäßig wichtige Gruppe von Studierenden

werden in den Kofinanzierungsprogrammen der katholischen Kirche und des Bundes

gefördert. Nach Angaben von Stipendienauszahlenden Institutionen des Bundes und

der Kirchen ist nicht mit einer Erhöhung der Stipendien zu rechnen. Die

durchschnittliche Stipendienhöhe beträgt ca. ATS 5.000. - pro Monat. Davon müssen

etwa ATS 2.000.- für Unterkunft, ATS 350.- für öffentliche Verkehrsmittel, ATS 250.-

für Sozialversicherung und rund ATS 1.800.- für Essen ausgegeben werden. Mit dem

verbleibenden Geld läßt sich die Studiengebühr kaum bezahlen.

 

Es gibt nun nach dem Hochschultaxengesetz sechs Kategorien von Studierenden:

a) solche, die 0,- bezahlen,

b) solche, die 5.000,- bezahlen,

c) solche, die 10.000,- bezahlen,

d) solche, die 5.000,- bezahlen und denen 5.000,- auf Grund Ihrer Teilnahme an

     einem Mobilitätsprogramm wieder erstattet werden,

e) solche, die 10.000,- bezahlen, und denen, da sie in Österreich die Reifeprüfung

     abgelegt haben, 5.000,- zurückgezahlt werden,

f) solche, die 10.000,- bezahlen und die 10.000,- auf Grund Ihrer

     Staatsbürgerschaft zurückerhalten.

Weiters gibt es vier Kategorien auf Grund der Inländergleichstellung für die

Studienzulassung nach dem UniStG:

a) Personen, die in Österreich die Schule besucht und eine Reifeprüfung abgelegt

    haben,

b) Personen mit Zeugnissen österreichischer Auslandschulen, Angehörige von in

     Österreich seit fünf Jahren Ansässigen, Angehörige von akkreditierten

     Diplomatinnen und JournalistInnen,

c) Studienwillige aus EU - Ländern,

d) andere.

Dies ergibt vierundzwanzig (24!) verschiedene Arten der Einteilung von

Studierenden, wobei unklar ist, wie die Zugehörigkeit zu mehr als einer Kategorie zu

gewichten ist, z.B. Doppelstaatsbürgerschaft, Status eines Konventionsflüchtlings in

einem anderen EU - Land, EU - Staatsbürgerschaft bei Besuch einer Universität in

einem Nicht - EU - Land, das ÖsterreicherInnen die Studiengebühren erlässt, usw.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Ist es im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung, wenn

    Studienbeiträge erst einbezahlt werden, dann aber über Antrag wieder an

    die EinzahlerInnen rückerstattet werden? Wieviele Personen sind an der

    Administration der Studienbeitragserstattung beteiligt (Rektorate,

    Universitätsdirektionen, Studienabteilungen, Bundesrechenzentrum, BMBWK,...)?

 

2. Warum wurden bereits im Juni Zahlscheine ausgesandt, obwohl in vielen

     Fällen noch nicht klar ist, ob 0,-, 5.000,-oder 10.000,- öS zu

     bezahlen sind bzw. ob mit einer Rückzahlung von 5.000,- oder 10.000,- zu

     rechnen ist, da die Höhen der Ein -  bzw. Rückzahlung u.a. von der

     Staatsbürgerschaft, dem Ort der Reifeprüfung und dem Bezug von

     Stipendien abhängen?

 

3. Wem obliegt die Beweislast bei der reziproken Befreiung von

    Studierenden: den antragstellenden Studierenden oder dem BMBWK, das eine

    Liste jener Staaten und Universitäten evident hält, die österreichischen

    StaatsbürgerInnen den Studienbeitrag erlässt?

 

4. Wenn es sinnvoll ist, Personen, die in Österreich die Reifeprüfung

    abgelegt haben, 5.000.- zurückzuzahlen (sie somit ÖsterreicherInnen

    gleichzustellen), warum gilt dies nur für die UMIC - (Upper Middle Income Countries) -

    Staaten, nicht aber z.B. für jemanden aus Israel oder Zypern (MAD - More Advanced

    Developing Countries and Territories)?

 

5. Dass Österreich mit seinem Entwicklungshilfebudget unter vergleichbaren

    Nationen einen beinahe letztrangigen Platz einnimmt, könnte durch einen

    großzügigen Erlaß der Studiengebühren für Studierende aus

    Entwicklungsländern zumindest teilweise kompensiert werden. Weshalb wird

    diese Chance einer besseren Reputation Österreichs nicht genutzt und weiterhin

    eine unverständlich restriktive Haltung eingenommen?

 

6. Wie soll die vielfach geforderte Internationalisierung der österreichischen Studien -

    und Forschungslandschaft gewährleistet werden?

 

7. Sog. Entwicklungs -  bzw. Schwellenländer fallen durch überaus hohe

    Einkommensunterschiede auf. Dies bedeutet, dass ungerechte soziale Strukturen

    der Heimatländer zu einer undifferenzierten Schlechterstellung in Österreich

    führen. Die Ermittlung von Durchschnittseinkommen ist daher als valider Indikator

    der Bedürftigkeit völlig ungeeignet. Warum halten Sie trotzdem am BIP und

    Durchschnittseinkommen als einzigem, wenngleich ungeeigneten Maßstab fest?

 

8. Wie hoch berechnen Sie die Höhe der Einnahmensausfälle des Österreichische

    Staates bzw. der Universitäten, welch durch eine großzügigere Handhabung und

    Auslegung bezüglich Studiengebührenbefreiung Studierender aus

    Entwicklungsländern entstünden?

 

9. Stehen die erwarteten Einnahmen aus der Bezahlung von Studiengebühren

    Studierender aus Entwicklungsländern in einem gerechtfertigten Verhältnis zur

    vergebenen Chance, die Reputation Österreichs im Bereich der

    Entwicklungszusammenarbeit zu verbessern?

 

10. Für österreichische Studierende ist es ein Gewinn, wenn sie mit möglichst vielen

       ausländischen Studierenden in Kontakt stehen können. Warum werden hier die

      mögliche Chancen zur Erhöhung der Mobilität und interkultureller Kommunikation

      nicht wahrgenommen?