2870/J XXI.GP
Eingelangt am: 26.09.2001
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend FGG - Studie und Konsequenzen für zukünftige Ausgliederungen
In der Anfragebeantwortung 2203/AB blieben einige Aspekte ungeklärt. Außerdem
widersprechen sich Aussagen der Antwort Graphiken der Studien. Die
Untersuchungen des Rechungshofes und der Arbeiterkammer bewerten darüber
hinaus die untersuchten Ausgliederungen kritischer als die FGG.
Insgesamt ortete der Rechnungshof wesentliche und grundsätzliche Fehler im
Zusammenhang mit Ausgliederungen und zog entsprechende Schlussfolgerungen,
die im Sinne einer seriösen und erfolgsorientierten sowie auf Evaluierungen
aufbauenden Haushaltsplanung berücksichtigt werden sollten.
VII. Wesentliche, grundsätzliche vom Rechnungshof festgestellte Fehler im Zusammenhang mit
Ausgliederungen
Aufgrund der von ihm durchgeführten Prüfungen von Ausgliederungsvorhaben musste der
Rechnungshof eine ganze Reihe von Fehlern feststellen, die mit mehr oder minder großer Häufigkeit
auftreten und von denen im Folgenden die Wichtigsten angeführt sind:
1. Fehleinschätzung der rechtlichen Rahmenbedingungen
So wurden zB im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Bundesrechenzentrum GmbH die
vergaberechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union nicht berücksichtigt, was die
Erreichung des für den ausgegliederten Rechtsträger vorgegebenen Zieles, am freien Markt
Aufträge zu akquirieren, zunichte machte.
2. Zu großer Zeitdruck bei der Vornahme von Ausgliederungen
Eine unter Zeitdruck stehende oder infolge des Zeitdrucks überhaupt unterlassene Analyse des
bestehenden Zustandes des auszugliedernden Rechtsträgers und seiner Chancen nach
erfolgter Ausgliederung führt in der Regel zu Pannen im Ausgliederungsprozess, zu
Anlaufschwierigkeiten der ausgegliederten Einrichtung und zu nachträglich nur mühsam zu
beseitigenden Problemen.
Auch insoweit ist als Beispiel hiefür die Ausgliederung der Bundesrechenzentrum GmbH, aber
auch der Bundesversuchswirtschaften und der Austro Control GmbH zu nennen.
3. Fehlendes Ausgliederungskonzept
Zumeist als Folge des Zeitdrucks konnte der Rechnungshof feststellen, dass es in einigen
Fällen zu Ausgliederungen ohne Ausgliederungskonzept kam.
Dies war beispielsweise bei der Ausgliederung der Bundesversuchswirtschaften der Fall.
4. Fehlende Prüfung von Alternativen
Dieser Mangel war zB dafür mitentscheidend, dass es zur Ausgliederung der Austro Control
GmbH und nicht zu der vom Rechnungshof schon seit vielen Jahren empfohlenen
Zusammenlegung der drei Wetterdienste kam, die einen Beitrag zu einer echten
Verwaltungsreform geleistet hätte.
Auch werden Ausgliederungen vorgenommen, ohne dass - wie zB im Zusammenhang mit der
Ausgliederung der Bundesversuchswirtschaften - zuvor der Frage nachgegangen wurde, ob
die dem ausgegliederten Rechtsträger überantwortete Aufgabe für die öffentliche Hand
verzichtbar erscheint und aus der staatlichen Angebotspalette eliminiert werden könnte.
Letzteres würde allerdings voraussetzen, dass sich die Politiker endlich einmal dazu
durchringen, einen Katalog der für sie unverzichtbaren staatlichen Kernaufgaben zu erstellen,
der im Übrigen der Ausgangspunkt für eine weiterführende Aufgaben - und Strukturreform sein
müsste.
5. Mangel an klaren Zielvorgaben für den ausgegliederten Rechtsträger
Bisweilen ist nicht erkennbar, welche Ziele mit der Ausgliederung erreicht werden sollen; soll
damit beispielsweise etwa eine Budgetentlastung oder aber eine Verbesserung der
betriebswirtschaftlichen Bedingungen für den ausgegliederten Rechtsträger erzielt werden?
Der Nachteil einer unterlassenen Zielsetzung führt dazu, dass in der Folge keine echte
Evaluierung des ausgegliederten Rechtsträgers vorgenommen und später die Behauptung
aufgestellt werden kann, die Ausgliederung habe sich „bewährt“, obwohl jegliche Parameter für
die Vornahme einer solchen Beurteilung fehlen.
Dieser Mangel war in der Anfangszeit der Ausgliederungen häufig zu registrieren, ist jedoch
heute seltener anzutreffen.
6. Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
Der Rechnungshof konnte die Feststellung treffen, dass von den Politikern die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen falsch eingeschätzt und dem ausgegliederten Rechtsträger ein Ziel
vorgegeben wurde, das bei realistischer Einschätzung nicht oder kaum erreichbar erscheint, zB
weil am Markt keine privatwirtschaftliche Nachfrage nach der angebotenen Leistung besteht.
Unter diesem Mangel haben zB die ausgegliederten Bundesversuchswirtschaften zu leiden.
7. Systemfremde Motive für Ausgliederungen
Ausgliederungen, die - wie dies in der Intention der Bundesregierung liegt - nur deshalb
vorgenommen werden, um die Zahl der öffentlich Bediensteten abzubauen, begegnen
verständlicherweise der Skepsis des Rechnungshofes, weil er hierin keinen wirklich rational
nachvollziehbaren Gesichtspunkt zu erblicken vermag.
Wenn die Regierung tatsächlich der Meinung sein sollte, dass es zu viele öffentlich Bedienstete
gibt, dann sollte sie besser eine grundlegende Strukturreform unter Einbindung der
Beamtenschaft - angehen.
8. Unterlassung einer Kosten - Nutzen - Analyse
Einer der bei Ausgliederungen am häufigsten anzutreffenden Fehler besteht darin, eine
realistische Kosten - Nutzen - Analyse der zukünftigen Entwicklung des auszugliedernden
Rechtsträgers zu unterlassen. Vielfach werden in den Erläuternden Bemerkungen zum
betreffenden Ausgliederungsgesetz nur die echten oder scheinbaren Vorteile, nicht aber auch
die zu erwartenden Nachteile angeführt. Diese können betriebswirtschaftlicher,
volkswirtschaftlicher, ökologischer, gesellschaftspolitischer oder auch ganz anderer Art sein.
Schließlich sollte unter diesem Gesichtspunkt auch nicht außer Betracht bleiben, dass der mit
Ausgliederungen vielfach verbundene Auftrag, der neue Rechtsträger möge sich auf die Suche
nach kapitalkräftigen Sponsoren begeben, das Problem der möglichen Abhängigkeit staatlicher
Einrichtungen von - bekanntlich nicht uneigennützigen - privaten Geldgebern aufwirft. In
vielleicht etwas überzogener Schärfe, vom Ansatz her jedoch nicht unzutreffend, wird in diesem
Zusammenhang auch schon davon gesprochen, der Staat würde seine Einrichtungen „auf den
Strich“ schicken.
9. Vernachlässigung der Verlierer von Ausgliederungen
Nicht selten fällt Betroffenen von Ausgliederungen die Rolle der Verlierer zu; in der Regel sind
dies die Bediensteten, deren dienstrechtliche Stellung sich verschlechtert. Zumeist ist dies dann
der Fall, wenn die Belegschaft nicht in das Ausgliederungsverfahren einbezogen wurde und
keine Möglichkeit der Mitsprache hatte. Damit ist aber auch für den ausgegliederten
Rechtsträger ein eklatanter Nachteil verbunden, da demotivierte Mitarbeiter ein denkbar
schlechtes Humankapital darstellen.
Das Verständnis der Bediensteten für die Verschlechterung ihrer Situation wird noch geringer,
wenn - was gleichfalls vielfach anzutreffen ist - die Leiter der ausgegliederten Einrichtungen
ihr Gehalt gegenüber dem Zeitpunkt vor der Ausgliederung nicht unbeträchtlich steigern. Auch
kommt es nicht selten zu einer Verdoppelung oder sogar Verdreifachung der Zahl der
Spitzenfunktionäre, ohne dass hiefür eine einsichtige Begründung gegeben werden könnte.
Andererseits ist aber auch zu beobachten, dass sich nach erfolgter Ausgliederung beachtliche
gehaltsmäßige Verbesserungen auch für die Belegschaft ergeben.
VIII. Vor - und Nachteile von Ausgliederungen
Beim Versuch, sich aufgrund der Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofes einen Überblick über
die Vor - und Nachteile der Ausgliederungen zu verschaffen, ergibt sich ein sehr differenziertes Bild.
So ziemlich allen Ausgliederungen ist gemeinsam, dass sie den ihnen zugedachten Vorteil von mehr
Staatsferne und Lösung von den stringenten Regeln des Haushaltsrechts nützen und damit mehr
Flexibilität in der Personalwirtschaft sowie in betriebswirtschaftlicher Hinsicht entwickeln konnten.
Die erwähnte Staatsferne hat allerdings auch für die meisten Ausgliederungen die Einschränkung der
parlamentarischen Kontrollrechte und der Prüfungszuständigkeit der Volksanwaltschaft mit sich
gebracht, ein demokratie - und kontrollpolitisches Phänomen, das aber - soweit dies überblickbar
ist - von Seiten der Politiker, ja selbst der Parlamentarier kaum in Diskussion gezogen wird. Darin
manifestiert sich eine - auf längere Sicht - nicht unproblematische Priorität ökonomischer vor demo -
kratiepolitischen Interessen.
Neben diesen auf nahezu alle Ausgliederungen zutreffenden Vor - und Nachteilen genereller Natur
lassen sich im Übrigen aber kaum mehr allgemein gültige Aussagen treffen. Die vom Rechnungshof
vorgenommenen Prüfungen erbrachten vielmehr ein sehr heterogenes Ergebnis. Die dabei
festgestellten Vorteile sind höchst unterschiedlich, desgleichen die Nachteile. Bisweilen überwiegen
jene, bisweilen diese. Eine dahin gehende Aussage, die bisherigen Ausgliederungen seien
grundsätzlich von Vorteil oder von Nachteil, lässt sich mit Sicherheit nicht treffen. Vielmehr gilt es,
jeden Einzelfall zu untersuchen, daraus die jeweiligen Feststellungen zu treffen und die
entsprechenden Beurteilungen vorzunehmen.
In einer Erkenntnis allerdings wurde der Rechnungshof aufgrund seiner Prüfungen bestätigt:
Ausgliederungen stellen keinen Wert an sich dar; es ist daher falsch zu meinen, Probleme, die sich da
und dort in der
Verwaltung stellen, einfach dadurch lösen zu können, dass man
Zuflucht zu
Ausgliederungen nimmt, und anzunehmen, damit schon die Problemlösung gefunden zu haben. Eine
derartige Fehlannahme verleitet leicht zu dem weiteren Trugschluss, Ausgliederungen würden in
jedem Fall nur oder doch überwiegend Vorteile mit sich bringen, und in weiterer Folge zu der vom
Rechnungshof schon seit jeher kritisierten „Ausgliederungseuphorie".
Angesichts der in jüngster Zeit beschlossenen und in naher Zukunft noch beabsichtigten, auch
keineswegs auf den Bundesbereich beschränkten Vielzahl an Ausgliederungen scheint allerdings die
Annahme nicht unbegründet, dass man auf Seiten der Politik in Ausgliederungen das Allheilmittel
sowohl zur Erreichung des Nulldefizits als auch einer Verwaltungsreform erblickt.
Der Rechnungshof kann vor einer solchen Einstellung nur dringend warnen. Inwieweit die
Ausgliederungen nun tatsächlich einen Beitrag leisten können, das Nulldefizit zu erreichen, muss in
letzter Konsequenz der Entscheidung in Brüssel vorbehalten bleiben. Die Annahme, sich mit
Ausgliederungen eine Verwaltungs - und Strukturreform ersparen zu können, wäre trügerisch und mit
negativen Konsequenzen für künftige Budgets sowie mit steuerlichen Belastungen verbunden, die
angesichts deren gegenwärtig schon beachtlicher, europaweit im Spitzenfeld liegender Höhe für
niemanden, weder für die Bevölkerung noch für die Wirtschaft tolerabel erscheinen.
IX. Schlussfolgerungen
Aufgrund der Prüfungserfahrungen kommt der Rechnungshof im Zusammenhang mit dem
Problemkomplex Ausgliederungen zu folgendem Resümee:
1. Die bisherigen Ausgliederungen waren teils erfolgreich, teils weniger erfolgreich und teils nicht
erfolgreich.
2. Der Rechnungshof anerkennt daher einerseits, dass Ausgliederungen durchaus zweckmäßig
sein können, warnt aber andererseits davor, diese Einschätzung ganz generell auf alle
Ausgliederungen zu übertragen.
3. Ausgliederungen als bloßer Selbstzweck haben daher zu unterbleiben.
4. Vor jeder Ausgliederung sind Alternativen bis hin zum Verzicht auf die auszugliedernde Aufgabe
oder deren Privatisierung zu prüfen.
5. Jeder Ausgliederung hat eine Überprüfung auf ihre rechtliche Zulässigkeit unter Bedachtnahme
auf die einschlägige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vorauszugehen.
6. Vor jeder Ausgliederung ist eine exakte Kosten - Nutzen - Analyse der betreffenden
auszugliedernden Einrichtung sowie ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
mit der Zielsetzung vorzunehmen, ob die Ausgliederung im Einzelfall erfolgversprechend ist oder
aber das anzustrebende Ziel nicht auch in der öffentlichen Verwaltung zumindest ebenso
kostengünstig und zweckmäßig erreicht werden kann. Dabei ist auch der mit jeder
Ausgliederung üblicherweise verbundenen Schmälerung der demokratie - und kontrollpolitischen
Rechte der gebührende Stellenwert einzuräumen.
7. Im Falle der Entscheidung für die Ausgliederung ist ein schlüssiges Ausgliederungskonzept
unabdingbar, das der auszugliedernden Einrichtung klare, realistische und überprüfbare Ziele
vorzugeben hat.
8. Die zu wählende Rechtsform für den ausgegliederten Rechtsträger hat sich danach zu
orientieren, ob dessen Aufgabenstellung eine hoheitliche, eine gemeinwirtschaftliche oder eine
privatwirtschaftliche ist.
9. In die Vorbereitung und in die Erstellung des Ausgliederungskonzepts sind die Bediensteten
einzubeziehen.
10. Jeder ausgegliederte Rechtsträger ist in regelmäßigen Abständen vom Eigentümer hinsichtlich
der Erreichung der vorgegebenen Ziele zu evaluieren.
Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Beurteilung muss auch berücksichtigt
werden, dass der öffentliche Eigentümer dem ausgegliederten
Rechtsträger vielfach bessere
Bedingungen einräumt als der Einrichtung, solange sie noch in der öffentlichen Verwaltung
angelagert war. Bei einem Vergleich zwischen dem ausgegliederten Rechtsträger und seiner
Vorläufereinrichtung in der Verwaltung muss daher Chancengleichheit bestehen. Nur dadurch
lässt sich seriöserweise eine echte Aussage darüber treffen, ob die Ausgliederung tatsächlich
einen Vorteil gebracht hat oder ob nicht das angepeilte Ziel ebenso gut ohne Ausgliederung
hätte erreicht werden können.
11. Der öffentlichen Hand muss stets bewusst sein, dass die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben
nicht die Beendigung ihrer Verantwortung für deren ordnungsgemäße Erfüllung bedeutet, ohne
dass damit ein Qualitätsverlust verbunden sein darf. Dies wahrzunehmen und sicherzustellen,
ist unveräußerlich, keiner Ausgliederung zugänglich und eine unabdingbare Verpflichtung für
das Gemeinwohl.
(Dr. Franz Fiedler 11. Juni 2001)
Nachdem im Herbst die Ausgliederung diverser Bundesinstitute aus dem Agrar - und
Lebensmittelbereich erfolgen sollen, erhebt sich die Frage, inwieweit die
Erfahrungen und Evaluierungen in dieses zukünftige Ausgliederungskonzept der
Agentur für Ernährungssicherheit einfließen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Aus welchen Gründen verweigern Sie die Publikation der gesamten Studie, da
aus Datenschutzgründen ev betriebswirtschaftliche Details entfernt werden
könnten?
2. Wann werden die Evaluierungen von Ausgliederungen der ÖBB, Post und
Telekom nachgeholt?
3. Aus welchen Gründen beschönigten Sie in Ihrer Antwort die Aussagen der
Diagramme und Bewertungsprofile der einzelnen Projekte?
4. Aus welchen Gründen verzichteten Sie auf einen Vergleich zwischen
reformierten Verwaltungssystemen (Kostenrechung, . .) mit ausgegliederten
Betrieben?
5. Sowohl der Rechnungshof als auch die Arbeiterkammer stellten eine
Personalreduktion als Ursache für verbesserte Bilanzen der ausgegliederten
Unternehmungen fest, warum verzichteten Sie in der Beantwortung der Frage 1
(2203/AB) auf die Erwähnung diese Tatsache, die Sie in Frage 9 sehr wohl
erwähnen? Auf welche Art kam es zu einer "Steigerung des
Beschäftigtenstandes“ (Teilzeit, geringfügig Beschäftigte,...?)?
6. Auf welche Weise errechneten Sie das Ausmaß der Ersparnisse von 5 Mrd
ATS, von denen wahrscheinlich ein Großteil auf die BIG und die Austro Control
zurückgehen?
7. Wie
lauten die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Frage 12 von 2205/J)?
8. Wie wurde die wirtschaftliche „Performance“ der ausgegliederten Betriebe
bewertet (Ergänzung zur Antwort 2203/AB auf Frage 14 von 22051J)?
9. Wie beurteilen Sie folgende Feststellung des Rechnungshofes:
„Mit Ausgliederungen ist im Allgemeinen eine Beschränkung der parlamentarischen
Budgethoheit verbunden, weil sich die Einflussnahme des Parlaments zumeist auf das
Errichtungsgesetz des ausgegliederten Rechtsträgers beschränkt; sein weiteres finanzielles
Handeln unterliegt nicht - wie dies beim Bundeshaushalt der Fall ist - der jährlichen
parlamentarischen Willensbildung bzw Genehmigung. Darüber hinaus werden die
vorgegebenen Budgetgrundsätze geschmälert bzw beeinträchtigt, weil zB
(1) der Bundeshaushalt nicht mehr vollständig ist, da im Wesentlichen nur noch die Dotierungen
der ausgegliederten Einrichtungen als Ausgaben des Bundeshaushalts aufscheinen;
(2) der Grundsatz der Budgetklarheit (Gliederungsvorschriften des Bundeshaushalts) nicht auf
das ausgelagerte finanzielle Handeln übertragen wird;
(3) die zumeist mit Haftungsübernahmen des Bundes langfristig eingegangenen
Verbindlichkeiten der ausgegliederten Rechtsträger entgegen dem Grundsatz der
Budgetwahrheit nicht als Finanzschulden des Bundes ersichtlich gemacht sind („Graue
Finanzschuld“), womit die am Stand bzw am Neuzugang der Finanzschulden des
Bundeshaushalts („Budgetdefizit“) ausgerichteten Kennzahlen (zB im Vergleich zum
Bruttoinlandsprodukt) zur Beurteilung des Fortschreitens der Budgetkonsolidierung nur
eingeschränkt zutreffen und tatsächlich erheblich ungünstiger sind;
(4) sich die freie verfüg - bzw einsetzbare Wirtschaftskraft („Manövriermasse“) der öffentlichen
Hand entgegen dem Grundsatz der Budgeteinheit zunehmend vom Bundeshaushalt auf die von
ihm ausgegliederten Rechtsträger verlagert und sich in diesem Ausmaß die Bedeutung des
Budgets als wirtschaftspolitisches Instrument zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts im Sinne des Art 13 Abs 2 des Bundes - Verfassungsgesetzes (B - VG) verringert,
während
(5) die finanziellen Verpflichtungen der ausgegliederten Rechtsträger zeitversetzt auf den
Bundeshaushalt zurückfallen, womit sich der vermeintliche Ausweg aus der Budgetenge vielfach
nur als Umweg in spätere Budgets darstellt.“
10. In welcher Form werden Sie dieser Kritik berücksichtigen?
11. Wie beurteilen Sie folgende Problemsicht des Rechnungshofes, welche
Konsequenzen werden Sie ziehen?
• Die ausgegliederten Gesellschaften verbleiben in der Regel weiterhin zu 100 % im
Staatsbesitz (d.h. die öffentliche Hand gibt daher in Wahrheit keine Aufgaben ab).
• Die Aufsicht und Kontrolle über die Gesellschaften bereiten Schwierigkeiten, da einige
Gesellschaften ein „Eigenleben“ entwickeln.
• Durch die Ausgliederungen gehen die Vorteile einer einheitlichen Bundes -
haushaltsführung (Veranschlagung und Verrechnung, Fremdmittelaufnahme und -
verwaltung, Wirtschaftspolitik) wieder verloren. Damit ergibt sich die Gefahr eines
Rückfalls in die zersplitterte Fonds - und Kassenwirtschaft, wie sie bis etwa zur ersten
Hälfte des 18. Jahrhundert bestanden hat.
• Bei Anerkennung der Tatsache, dass Ausgliederungen im Einzelfall durchaus
zweckmäßig sein können, empfahl der Rechnungshof im TB 1991.
• den Nutzen einer Aufgabenübertragung (Ausgabeneinsparung, Steigerung der Effizienz,
verstärkte Gebührenfinanzierung) genau darzustellen.
• „Fluchtversuche“ aus der öffentlichen Finanzkontrolle von Vornherein zu unterbinden;
• statt formaler Ausgliederungen eine echte Abgabe von öffentlichen Aufgaben zu erwägen
(„Entschlackung“ der öffentlichen Verwaltung).“
12. Inwieweit ist für Sie“die Durchbrechung der Einheit des Bundeshaushalts und
die damit Hand in Hand gehende Einschränkung der Rechte des Parlaments“
angesichts der teilweise negativ ausgefallenen Evaluierung erfolgter
Ausgliederungen ein zu hoher demokratiepolitischer Preis für vergleichsweise
geringe budgetäre Vorteile (5 Mrd ATS)?
13. Da sich die Ausgliederung der Bundesversuchswirtschaften (RH TB 1999,
S 251 ff) nicht bewährt hat und die budgetären Erwartungen nicht erfüllt
wurden, erscheint eine sorgfältigere Abwägung der Ausgliederung diverser
Anstalten der Landwirtschaft und Lebensmittelkontrolle durch das
Ernährungssicherheitsgesetz dringend erforderlich. Die Kritik des RH aus 1999
• die zu knappe Phase der Vorbereitung für die Ausgliederung,
• das fehlende Ausgliederungskonzept und
• die fehlende Überlegung von Alternativen.
Die ausgegliederte Gesellschaft wiederum konnte die mit der Ausgliederung verbundenen
budgetären Erwartungen nicht erfüllen. Entgegen der ursprünglichen Annahme war eine
privatwirtschaftliche Nachfrage nach Forschungs - und Versuchsleistungen der Gesellschaft
kaum gegeben, sodass sie auf Aufträge des Bundes angewiesen war“.
trifft in vollem Umfang auch auf das oben genannte Ausgliederungsvorhaben
zu. Warum werden die Fehler von 1997 wiederholt und damit der Ruin einer
effizienten Lebensmittelkontrolle riskiert?
14. Auf welche Weise werden Sie die vom RH konstatierten Fehler (vgl
Begründung) in Hinkunft vermeiden?
15. In welcher Form werden Sie die Schlussfolgerungen (vgl Einleitung) des
Rechnungshofes konkret berücksichtigen?
16. In welcher Form werden Sie die Schlussfolgerungen (vgl Einleitung) des
Rechnungshofes beim Ernährungssicherheitsgesetz berücksichtigen?