2880/J XXI.GP

Eingelangt am:26.09.2001

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

 

betreffend Sicherheitsmängel des AKW Temelin

 

 

Nach offiziellen Angaben der belgischen Ratspräsidentschaft sollen bis Ende 2001

die Verhandlungen des Energiekapitel mit den Beitrittskandidaten abgeschlossen

werden. Laut einstimmigem Beschluss des österreichischen Nationalrates vom 5.

September 2000 ist die österreichische Bundesregierung gebunden, einem

vorläufigen Abschluss des Energiekapitels mit Tschechien ohne ausreichenden

Nachweis über die aktuellen Sicherheitsstandards entsprechend dem aktuellen

Stand der Technik auf EU - Ebene nicht zuzustimmen.

 

Der österreichische Expertenbericht zum AKW Temelin („Austrian Technical Position

Paper - Safety Aspects of Temelin Nuclear Power Plant, July 2001“) kommt zu dem

Schluss, dass „wichtige Sicherheitsfragen nicht gelöst wurden“ und dass „nach

europäischer Genehmigungspraxis weder Temelin Block 1 noch Block 2 betrieben

oder auch nur mit Brennstoff beladen werden dürften“. Der Bericht hält fest, dass

„somit bislang nicht als nachgewiesen betrachtet werden kann, dass die nukleare

Sicherheit des KKW Temelin dem Stand der Technik, wie er in den Mitgliedsstaaten

der Europäischen Union zur Anwendung kommt, entspricht.“ Der österreichische

Expertenbericht kommt weiter zum Schluss, dass in Schlüsselfragen des AkW

Temelin notwendige Analysen ausständig sind, um endgültige Aussagen über die

Sicherheit von Temelin machen zu können. Umso fragwürdiger erscheint in diesem

Zusammenhang die Einschätzung von Experten der EU, wonach Temelin als

nachrüstbar bezeichnet wird und die Beseitigung „einiger Mängel“ bis Ende Oktober

2001 erfolgen solle.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.   Werden Sie dem vorläufigen Abschluss des Energiekapitels mit der

      Tschechischen Republik im Eu - Außenministerrat noch in diesem Jahr Ihre

      Zustimmung geben, auch wenn die Bedingungen des Entschließungsantrag des

      Parlamentes vom 5. September (ausreichender Nachweis über den aktuellen

      Sicherheitsstandards entsprechend dem aktuellen Stand der Technik auf EU -

       Ebene und der UVP des KKW Temelin) nicht eingehalten werden? Wenn ja,

       warum?

 

2.   Was bedeutet in diesem Zusammenhang für die österreichische

      Bundesregierung ‚ausreichender Nachweis‘ sowie ‚aktueller

      Sicherheitsstandard‘?

 

3.   Ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung bei der Prüfung des

      Sicherheitsstandards des KKW Temelin - wie im Aktionsplan der österreichischen

      Bundesregierung „Österreichische Anti  - Atompolitik im europäischen

      Zusammenhang“ und im Regierungsprogramm Februar 2000 festgehalten -

      deutsche Sicherheitsstandards als Grundlage für den Stand der Technik auf EU -

      Ebene heranzieht? Wenn ja, ist die Stellungnahme des deutschen

      Umweltministeriums zur „Gesamt“ - UVP zum AKW Temelin aus Ihrer Sicht

      ausreichend, um festzustellen, dass Temelin nicht dem Stand der Technik in der

      EU entspricht?

 

4.   Welche Vorraussetzungen müssen bezüglich der offenen Sicherheitsfragen in

      Temelin erreicht sein, damit Sie Ihre Zustimmung zum vorläufigen Abschluss des

      Energiekapitels mit der Tschechischen Republik erteilen?

 

5.   Welche Sicherheitsprobleme müssen Ihrer Meinung nach als Bedingung vor dem

      vorläufigen Abschluss des Energiekapitels behoben worden sein?

 

6.   Würde aus Sicht der österreichischen Bundesregierung eine Zusicherung der

      Tschechischen Republik ausreichen, wonach die offenen Sicherheitsprobleme

      des KKW Temelin erst in Zukunft behoben werden, um dem vorläufigen

      Abschluss des Energiekapitels bereits jetzt zuzustimmen (also die Vereinbarung

      einer sogenannten ‚Nuklearklausel‘)?

 

7.   Was genau müsste in einer solchen Nuklearklausel festgehalten werden, damit

       sie dem vorläufigen Abschluss des Energiekapitels zustimmen würden.

 

8.   Welche Konsequenzen wären aus Sicht der österreichischen Bundesregierung

       bei Nichteinhaltung der in einer solchen Nuklearklausel festgehaltenen

      Bedingungen vorstellbar.

 

9.   Zu welchem Zeitpunkt wurde der österreichischen Bundesregierung, und in

      speziellem Ihrem Ressort, der österreichische Expertenbericht zum KKW Temelin

      („Austrian Technical Position Paper - Safety Aspects of Temelin Nuclear Power

      Plant, July 2001“) vorgelegt. Bitte nennen Sie das genaue Datum.

 

10. Zu welchem Zeitpunkt wurde dieser österreichische Experten bericht der

      österreichischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bitte nennen Sie das genaue

      Datum.

 

11. Wie erklären Sie sich die große Verzögerung in der Veröffentlichung des

       österreichischen Expertenberichtes?