2894/J XXI.GP
Eingelangt am:04.10.2001
des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur
betreffend Demokratie und Mitbestimmung an den Universitäten
Bedenklich, wenn auch bei dieser Bundesregierung nicht wirklich überraschend, ist
die Einstellung zu Demokratie und Mitbestimmung an den Universitäten. Im Zuge der
geplanten Ausgliederung sollen demokratische Strukturen und Möglichkeiten der
Mitbestimmung der Mehrheit aller Universitätsangehörigen und mit ihnen auch der
Studierenden einschneidend reduziert werden. Unter dem Deckmantel der
„Konzentration und doppelten Legitimation führt dies zu massiver Rückschritten im
Bereich demokratischer Meinungsbildung, Mitgestaltung, Partizipation und
Transparenz. Laut Wissenschaftsministerin Gehrer (16.8 2001) sind
„demokratische Entscheidungen an sich noch kein Qualitätsmerkmal". Gilt für die
Bundesregierung nun Entdemokratisierung schon als Qualitätsmerkmal und
Qualitätsgarantie?
Rezente Managementkonzepte fordern flache Hierarchien und eine möglichst breite
Beteiligung von MitarbeiterInnen. Die geplante Ausgliederung sieht praktisch das
Gegenteil vor. Das Gerede um die erweiterte Autonomie ist letztlich durch den
massiven Einfluss der Politik auf den geplanten Universitätsbeirat, der sich
ausschließlich aus universitätsexternen Personen zusammensetzt, sowie die de
facto Entmachtung der Senate ein purer Etikettenschwindel.
Die Frage, was die Regierung mit der Ausgliederung der Universitäten wirklich
bezweckt, wurde abgesehen von sich ständig wiederholenden Stehsätzen und
Phrasen über „Konkurrenz und Wettbewerb, Weltklasse und betriebsähnlich“ nie
wirklich ausreichend beantwortet. Die Mehrzahl aller Aufgaben könnten auch im
Rahmen der existierenden Teilrechtsfähigkeit (UOG 93) bestens bewältigt werden.
Darunter selbstverständlich auch notwendige Strukturreformen im
Verwaltungsbereich. Weiterhin unbeantwortet bleibt die Frage, warum bis dato die
Mehrkosten der Ausgliederung so hartnäckig negiert werden? Vergleiche und
Erfahrungen mit anderen Ausgliederungen zeigen diese Gefahren deutlich.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Wenn demokratische Strukturen als ineffizient, mühsam und zeitraubend
bezeichnet werden, weshalb bekennen Sie sich nicht gleich dazu autokratische
Entscheidungen als
optimal einzustufen?
2) Sehen Sie Entdemokratisierung als Qualitätsmerkmal?
3) Glauben Sie, daß auch das Parlament und seine Entscheidungsfindungen unter
den Nachteilen der Demokratie leiden und hier betriebsähnlichere Strukturen
einzuführen wären?
4) Welche „Beweise“ liegen dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur vor, nach denen hierarchische Entscheidungsstrukturen zu mehr Effizienz
führten?
5) Wie stehen Sie zu der aus der Organisationspsychologie bekannten Tatsache,
dass Mitbestimmung Motivation und Kreativität der MitarbeiterInnen fördert?
6) Wenn letztlich Senatsmitglieder vornehmlich beratende Funktionen haben und
selbst RektorInnen ohne Universitätsrat keine autonomen Entscheidungen fällen
können, wer wird sich für diese Aufgaben und zeitraubenden Arbeiten noch zur
Verfügung stellen.
7) Wie legitimieren Sie die viel kritisierte Zusammensetzung des Universitätsrates?
8) Wie können Sie den Vorwurf des politischen Einfluss der Politik auf den
Universitätsrat entkräften?
9) Die Entscheidungsgewalt der Universitätsrates erfordert höchste Professionalität
und ist wohl auch einem „full time Job“ gleichzusetzen. Glauben Sie, dass
inklusive Bezahlungsproblemen sich dafür die nötige Anzahl von SpezialistInnen
finden werden?
10)Wie wollen Sie garantieren, dass das Ministerium durch Entsendung von 2
Mitgliedern des fünfköpfigen Universitätsrates keinen direkten Einfluss auf die
Entscheidungsebene der Universität ausübt?
11)Was gedenken Sie zu tun, um die in repräsentativen Umfragen an den
Universitäten erhobene Unzufriedenheit der Mehrheit der
Universitätsangehörigen über die geplante Ausgliederung zu reduzieren?
12)Welches Ziel verfolgen Sie mit der Ausgliederung und mit welchen
wissenschaftlichen Argumenten können Sie das untermauern?
13)Was spricht dagegen, das UOG 93 als Grundlage weiterer, notwendiger
Strukturreformen zu verwenden?
14)Viele Universitätsangehörige haben durch die Implementierung des UOG 93 erst
seit kurzer Zeit eine Strukturreform hinter sich. Wie können Sie diesen
WissenschaftlerInnen erklären, dass die Zeit und die Ressourcen, die sie in den
Umstrukturierungsprozess investiert haben, völlig sinnlos waren?